Käfertal (Mannheim)

Bezirk von Mannheim
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Käfertal ist ein Stadtbezirk von Mannheim in der Metropolregion Rhein-Neckar und gliedert sich in die Stadtteile Käfertal-Mitte, Speckweggebiet, Käfertal-Süd, Sonnenschein und Franklin.

Käfertal
Stadt Mannheim
Wappen von Käfertal
Koordinaten: 49° 31′ N, 8° 31′ OKoordinaten: 49° 30′ 45″ N, 8° 31′ 4″ O
Fläche: 10,73 km²
Einwohner: 28.062 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 2.615 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1897
Postleitzahl: 68309
Vorwahl: 0621

Geographie Bearbeiten

Käfertal liegt im Nordosten Mannheims. Angrenzende Stadtbezirke sind Vogelstang, Feudenheim, Wohlgelegen und Waldhof. Im Nordosten liegt die Stadt Viernheim (Landkreis Bergstraße).

Geschichte Bearbeiten

1175 wurde Käfertal erstmals in einer Schenkungsurkunde des Wormser Bischofs an das Kloster Lorsch urkundlich erwähnt. Die erste datierte Erwähnung des Dorfs Käfertal erfolgte am 30. April 1227 als Keverndal in einer Urkunde des Pfalzgrafen Ludwig I. für das Kloster Schönau.[2] Im Laufe der Geschichte wurden die Schreibweisen Cheverndal, Keverndal, Kefferndal, Kefferthal und Käferthal verwendet. Der Name leitet sich von Keverendale (Tal der Kiefern), der Lage am Rand des „Käfertaler Waldes“, ab. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde Käfertal kurpfälzisch. 1689 wurde das Dorf von den Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört. 1784 zählte man 484 Einwohner. 1803 wurde Käfertal badisch.

Jahr Einwohner
1439 90
1577 225
1727 310
1818 1060
1852 1828
1875 4036
1895 6661

Lebten bisher ausschließlich alteingesessene Bauern- und Handwerkerfamilien hier, kamen durch die Industrialisierung zahlreiche Fabrikarbeiter hinzu. 1882 vollzog man einen Gemarkungstausch mit der Stadt Mannheim: die Spiegelfabrik auf dem Waldhof blieb bei Käfertal, dafür wurde der Luzenberg abgetreten. Als Ausgleich erhielt Käfertal die Felder nördlich des Speckwegs. 1884 erteilte man Mannheim die Erlaubnis, im Käfertaler Wald ein Wasserwerk zu bauen.

Eine bessere Verkehrsanbindung ermöglichte ab 1887 der Bahnhof Mannheim-Käfertal an der von Herrmann Bachstein erbauten, schmalspurigen Bahnstrecke Mannheim–Weinheim, die 1897 in die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) und 1911 in die Oberrheinische Eisenbahn-Gesellschaft (OEG) überging. Diese unterhielt auch ein Anschlussgleis zum Wasserwerk sowie ab 1909 die in Käfertal beginnende Zweigstrecke über Wallstadt nach Heddesheim.

1897 folgte die Eingemeindung nach Mannheim. Ab 1903 verkehrte die Mannheimer Straßenbahn auf der extra hierfür elektrifizierten SEG-Strecke. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden Siedlungshäuser in Käfertal-Süd gebaut. Die Überlassung erfolgte teilweise auf Rentenbasis für Kriegsversehrte. Noch heute stehen viele Häuser auf Grundstücken mit städtischem Erbbaurecht.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs rückten die amerikanischen Truppen durch den Käfertaler Wald vor. Am Mittwoch, dem 28. März 1945, handelte Gretje Ahlrichs (* 15. Oktober 1917 in Lütetsburg; † 6. März 2012 in Mannheim), damals Telefonistin der Stadt Mannheim, über eine intakt gebliebene Leitung von der Innenstadt zum Wasserwerk Käfertal mit den im Wasserwerk befindlichen Amerikanern eine Feuerpause aus. Diese konnte sie nutzen, um einen der wenigen noch nicht geflohenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung ans Telefon zu holen, der befugt war, die Kapitulation der Stadt auszuhandeln. Vermutlich war dies die erste telefonische Kapitulation in der Geschichte. Nach dem Krieg befand sich, mit dem Benjamin-Franklin-Village und mehreren Kasernen, bis zum Truppenabzug (2007 bis 2014) ein großer Stützpunkt der US-Armee in Käfertal. In den 1990ern wurde mit dem Rott ein eigenständiges Wohngebiet gebaut.

Politik, Verwaltung Bearbeiten

 
Käfertaler Rathaus

Nach der Hauptsatzung[3] der Stadt Mannheim hat jeder Stadtbezirk einen Bezirksbeirat, dem 12 dort wohnende Bürger angehören, die der Gemeinderat entsprechend dem Abstimmungsergebnis der Gemeinderatswahl bestellt. Sie sind zu wichtigen Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, zu hören und beraten die örtliche Verwaltung sowie Ausschüsse des Gemeinderats.

Partei 2019[4] 2014 2009 2004 1999 1994
SPD 3 3 5 5 5 5
CDU 2 4 4 5 7 5
GRÜNE 1 1 1 1 0 1
Mannheimer Liste 1 1 1 1 0 1
FDP 1 1 1 0 0 0
Die Linke 1 1 0 0 0 0
AFD 1 1 0 0 0 0

Als einer der elf äußeren Stadtbezirke besitzt Käfertal ein Gemeindesekretariat, dem örtliche Verwaltungsaufgaben obliegen.[3]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Laurentiuskirche im Weinbrenner-Stil

Die Mannheimer Straße ist die Haupteinkaufsstraße Käfertals, beidseitig gesäumt von Geschäften, Banken, Kulturhaus und Gastronomie. Das 1967 in Betrieb genommene Kulturhaus liegt im Stempelpark, der nach dem früheren Besitzer des Grundstücks und Ökonomen Ludwig Stempel benannt wurde. Im Käfertaler Kulturhaus fanden früher zahlreiche Konzerte von Rock- und Popgruppen statt, darunter von Bon Jovi im Rahmen ihrer ersten Deutschland-Tournee 1985,[5] Metallica (1984),[6] Die Toten Hosen (1987),[7] Slayer (1987) und Mink DeVille. Die Ortsmitte besitzt eine ungewöhnliche Dichte von Bauten im Stil des Friedrich Weinbrenner. Das Rathaus (erbaut 1818/1819), die katholische St.-Laurentius-Kirche (1834/1835) und das Langhaus der evangelischen Unionskirche zeigen den für Baden typischen zurückhaltenden, aber wuchtig-körperhaften Klassizismus.

Käfertal ist zudem eine über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Fastnachtshochburg. Sein Straßenfest ist eines der ältesten Feste dieser Art in der Region.

Käfertaler Wald Bearbeiten

 
Der Karlsternpavillon im Käfertaler Wald
 
Käfertaler Kulturhaus (2021)

Im Norden liegt der Käfertaler Wald, der größte Wald Mannheims, mit verschiedenen Wildgehegen rund um den Karlstern. Der Käfertaler Wald war ursprünglich ein Jagdgebiet. Die Nutzung als Jagdrevier endet, als der kurfürstliche Hof von Mannheim nach München zieht, um sein bayerisches Erbe anzutreten. Danach wird der Käfertaler Wald zunehmend als Naherholungsgebiet genutzt. Ab ca. 1912 gibt es eine Gaststätte und ein Wildgehege am Karlstern. Das Wildgehege wird 1936 den Betreibern eines Wanderzirkus zur Verfügung gestellt. Es gab dort Pumas, Löwen, Affen, Bären und Schakale. Dieser Tierpark bestand bis 1956.[8] Heute ist der Käfertaler Wald ein beliebtes Ausflugsziel am Wochenenden. Am Karlstern gibt es Wildgehege, einen Vogelpark, einen Spielplatz, eine Minigolfanlage mit dazugehörigen Bistro und ein Restaurant.

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Die Brown, Boveri & Cie. (BBC), aus der 1988 durch Fusion mit der schwedischen ASEA die Asea Brown Boveri (ABB) hervorging, gründete 1900 ihre deutsche Tochtergesellschaft in Mannheim und errichtete auf einem circa 85.000 m² großes Areal in Käfertal eine Fabrik. Gefertigt wurden Turbinen, Generatoren, Motoren und Transformatoren sowie Lokomotiven (zum Beispiel Baureihen 110, 140 und 141) in steigenden Stückzahlen, unter anderem Transformatoren für die Städtischen Elektrizitätswerke und Großkraftwerke in Mannheim, Frankfurt, Elberfeld, Elverlingsen und Hannover. Das Werk liegt verkehrstechnisch sehr günstig und es können über eine entsprechende Straßenanbindung Schwerlasten bis ca. 500 t in die nahegelegenen Rheinhäfen Mannheim bzw. Lampertheim transportiert werden.

Kurz vor der Fusion zur ABB beschäftigte BBC in Mannheim (Hauptwerk Käfertal und Lokomotivbau im Werk Süd) über 12.000 Mitarbeiter. Innerhalb weniger Jahre ging infolge verschiedener Restrukturierungsmaßnahmen die Mitarbeiterzahl bei ABB in Käfertal auf unter 800 zurück. Zum einen wurden Teile des Werks bzw. Produktionen geschlossen (zum Beispiel Transformatorenfabrik, Motorenfabrik, Klein- und Mittelmechanik etc.) oder verkauft (zum Beispiel Turbinen- und Generatorfabrik). Heute beschäftigt ABB rund 2200 Mitarbeiter in Mannheim-Käfertal. Unter anderem wird von hier aus das ABB-Geschäft in Deutschland und der Region Zentraleuropa geführt. Die meisten Mitarbeiter arbeiten für die Division Energietechnik-Systeme und Prozessautomatisierung. Das Werk-Süd gehört heute zu Bombardier und im ehemaligen Stammwerk (ca. 1700 Mitarbeiter, Stand 2008) befindet sich noch die Turbinenmontage und Großmechanik von Alstom.

Öffentlicher Verkehr Bearbeiten

 
Bahnhof Mannheim-Käfertal

Der Bahnhof Mannheim-Käfertal liegt an der Riedbahn von Frankfurt am Main nach Mannheim. Am Bahnhof halten montags bis freitags zwei Regionalbahnen der Linie RB 62 am Nachmittag. Ein Zug verkehrt nach Biblis, der andere Zug zum Mannheimer Hauptbahnhof. Die östliche Riedbahn soll in die S-Bahn Rhein-Neckar mit einbezogen werden, sodass der Bahnhof künftig stündlich bedient wird. Die Straßenbahn-Linien 5, 5A und 15 der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) queren Käfertal im Südosten. Während sich die Linien 5 und 5A stadtauswärts am Bahnhof Mannheim-Käfertal RNV in Richtung Viernheim/Weinheim/Heidelberg und Heddesheim auftrennen, fährt die Linie 15 lediglich bis Wallstadt Ost. Mehrere Buslinien der RNV verbinden den Stadtteil mit dem Bahnhof Mannheim-Käfertal RNV und dem benachbarten Waldhof.

Wohnquartier Franklin Bearbeiten

Im Rahmen der Konversion ehemaliger US-amerikanischer Wohn- und Kasernenflächen entsteht unter der Bezeichnung „Franklin“ im Nordosten des Stadtteils Käfertal ein neues Wohnquartier für etwa 8000 Menschen.[9] Aktuell handelt es sich um die größte Konversionsfläche in Mannheim. Das Gebiet umfasst mit 144,3 Hektar den nach dem Zweiten Weltkrieg genutzten Bereich des Benjamlin-Franklin-Village, der ehemals größten Wohnsiedlung der US-Streitkräfte in Deutschland, der Offizierssiedlung sowie der ehemaligen US-Kasernen Sullivan Barracks und Funari Barracks. Südöstlich davon verläuft die Bundesstraße 38 mit dem angrenzenden Stadtteil Vogelstang, nordöstlich die Grenze zu Viernheim in Hessen.

Das Konzept sieht in einem Zeithorizont von 2016 bis 2025 ein neues Stadtquartier mit einem Mix aus Wohnraum im Grünen, Arbeitsmöglichkeiten, Freizeitangeboten, Bildungseinrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten vor. Franklin ist in fünf Bereiche gegliedert: Das an der B 38 gelegene Columbus-Quartier ist als Standort für großflächigen Einzelhandel und kleinteiligeres Gewerbe ausgewiesen. Es bildet gleichzeitig die Kontaktstelle zum Stadtteil Vogelstang, östlich der B 38. Franklin-Mitte bildet als Zentrum des neuen Bereichs eine räumliche Einheit, in der teilweise bestehende Gebäude energetisch saniert und modernisiert werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Daneben werden auf weiteren Baufeldern in unterschiedlicher Art neue Gebäude errichtet. Im Dezember 2017 zogen die ersten Bewohner dort ein. Der Teilbereich Sullivan (ehemalige Sullivan Barracks) liegt ganz im Nordosten am Rand eines ausgedehnten Waldgebiets und soll im Westen in eine großflächige öffentliche Parkanlage übergehen. Die Bebauung als attraktivster Wohnraum mit individuellen Gestaltungsmöglichkeiten erfolgt mit Mehrfamilienhäusern sowie 64 individuellen Einfamilienhäusern. Die Offizierssiedlung besteht als ehemalige Wohnanlage der Offiziere und Generäle aus großen Grundstücken mit zweigeschossigen Doppel- und Einzelhäusern mit teilweise nachträglicher Parzellierung und Nachverdichtung unter Beibehaltung des Baumbestands. Den Südwesten bildet der Bereich Funari (ehemalige Funari Barracks) mit Reihenhäusern und Townhouses als Neubauten. Daneben bleiben Bestandsgebäude eines Gebäudeensembles aus den 1930er Jahren erhalten.[10]

Literatur Bearbeiten

  • Lorenz Klingert: Festbuch zur Siebenjahrhundert-Feier der ehemaligen Gemeinde Käfertal 1227–1927. Mannheim 1927.
  • Günter Bertschmann: Käfertal: 750 Jahre Käfertal 1227–1977. Mannheim 1977.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Statistische Daten 2021. Käfertal. Datenstand: 31.12.2020. (PDF; 454 kB) In: mannheim.de, abgerufen am 11. Mai 2023.
  2. Friedrich Teutsch: Käfertal I, Zurück zu den Quellen. In: Hansjörg Probst (Hrsg.): Mannheim vor der Stadtgründung. Teil II, Band 2: Die Mannheimer Vororte und Stadtteile. Pustet, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7917-2022-7, S. 104–121.
  3. a b Hauptsatzung der Stadt Mannheim. (PDF; 234 kB) VII. Stadtbezirke und Bezirksbeiräte, § 22. Stadt Mannheim, 28. April 2009, S. 10, abgerufen am 10. April 2018.
  4. SessionNet | Stadt Mannheim Bezirksbeirat Käfertal. Abgerufen am 6. November 2019.
  5. Bon Jovi, Kulturhaus Mannheim-Käfertal, 10.5.1985. In: facebook.com, eingescannte Eintrittskarte (veröffentlicht 7. Mai 2015), FB-Seite Kulturhaus Mannheim Käfertal, abgerufen am 16. Juni 2017.
  6. Metallica, Kulturhaus Mannheim-Käfertal, 3.12.1984. In: metallica.com, past tour dates, abgerufen am 16. Juni 2017.
  7. Die Toten Hosen, Kulturhaus Mannheim-Käfertal, 1.7.1987. In: dth-dta.de, Tour-Archiv, abgerufen am 16. Juni 2017.
  8. Wochenende – Das Jagdrevier. In: Mannheimer Morgen. 22. Mai 2021, S. 5 (1 S., mannheimer-morgen.de).
  9. Franklin – ein Stadtteil derZukunft. Stadt Mannheim, 29. April 2015, abgerufen am 20. März 2018.
  10. Projektseite Franklin. In: franklin-mannheim.de, abgerufen am 20. März 2018.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Käfertal (Mannheim) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien