Frank Hanebuth

deutscher Hells Angel der Hannoveraner Halbwelt

Frank Armin Hanebuth (* 12. September 1964[1] in Garbsen-Osterwald), genannt „Steintorkönig“ oder „Der Lange“,[2] ist ein hannoverscher Bordellbetreiber. Er war Präsident des mittlerweile aufgelösten Hells-Angels-Charters von Hannover.

Herkunft und Karriere als Bikerfunktionär Bearbeiten

Hanebuth stammt aus einer bürgerlichen Familie, der Vater war Berufsschuldirektor, die Mutter Chefsekretärin. Hanebuth entschied sich schon als Zimmermannslehrling für eine Rotlichtkarriere.[3] Ab 1983 war er im Steintorviertel tätig, dem hannoverschen Rotlichtbezirk.[4] Zudem bestritt er zwischen 1991 und 1996 vier Profikämpfe[5] als Schwergewichtsboxer. 1995 wurde er Mitglied des Bones MC, des damals größten deutschen Motorrad-Clubs. Er wurde Präsident des Chapters Hannover und betrieb 1999 maßgeblich den Anschluss der Bones an den international tätigen Motorrad- und Rockerclub Hells Angels.[4] Als Präsident des Hells-Angels-Charters Hannover gehörte er zu den einflussreichsten Mitgliedern der deutschen Sektion. Bei den „Friedensverhandlungen“ mit dem konkurrierenden Bikerclub Bandidos zu Pfingsten 2010 war er der Verhandlungsführer der Hells Angels.[6][7][8] Laut dem Hells-Angels-Aussteiger Ulrich Detrois[9] versuchte Hanebuth, für sich den Posten eines „Deutschland-Chefs“ zu schaffen, scheiterte aber damit.[10]

Kriminelle Laufbahn und sozialer Aufstieg Bearbeiten

 
Reitwallstraße im Rotlichtviertel am Steintor in Hannover-Mitte

Schon während seiner Zeit als Anführer der hannoverschen Bones hatte Hanebuth im Rotlichtviertel am Steintor in Hannover-Mitte seinen Einfluss vergrößert. Im Jahr 2000 versuchten er und seine Rocker, ihren Einflussbereich nach Lüneburg und Hamburg auszudehnen, wo sie sich zunächst in mehreren Laufhäusern festsetzten. Diese Ausdehnung wurde allerdings von der Hamburger Polizei unterbunden, die Hanebuth Ende des Jahres 2000 vorläufig festnahm. Wegen schwerer Körperverletzung verbrachte er nach Rechtskraft des entsprechenden Urteils die nächsten dreieinhalb Jahre im Gefängnis.[11] Nach seiner Freilassung beschränkte er seine Aktivitäten wieder auf Hannover. Über mehrere Tochtergesellschaften kontrolliert er den Großteil der Tanzclubs, Bordelle, Sexshops und Pornokinos am Steintor, seine Hells Angels haben zudem ein lokales Monopol im Bereich der Türsteherdienste errichtet.[12] Im Konflikt mit den Bandidos bauten die hannoverschen Hells Angels ihre Führungsposition im norddeutschen Raum aus.

Seit der Jahrtausendwende konnte sich Hanebuth nach und nach den Ruf einer gesellschaftlichen Größe in Hannover erarbeiten. Grundlage dafür war seine „Befriedung“ des zuvor zwischen Albanern, Russen und Türken umkämpften Steintors, die ihm einigen Respekt – auch von Teilen der Polizei – einbrachte.[13][14] Durch das Engagement von Journalisten der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und der Neuen Presse als freie Mitarbeiter für seine Szenemagazine – wie zum Beispiel die Steintornews[15] – konnte er zudem die Lokalpresse auf seine Seite bringen, in der er seitdem wiederholt als „geläuterter Mensch“ und „geachteter Mann“ bezeichnet wurde. Zuletzt konnte sich Hanebuth auch ein Netzwerk unter den Honoratioren der Stadt aufbauen. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei sein Anwalt Götz-Werner von Fromberg ein, der selbst Immobilien im Steintorviertel besitzt und der ihn in die „einflussreichen Kreise“ einführte, die Medien auch als „Hannover-Connection“ bezeichnen.[4] Kritik an diesen Verbindungen wurde zunächst fast ausschließlich von auswärtigen Medien vorgebracht, vor allem durch Recherchen der Journalistin Christine Kröger und ihre Reportagen im Bremer Weser-Kurier sowie durch Berichte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der taz Nord.[4][16][17]

Im November 2011 kündigte Hanebuth seinen Rückzug aus dem Sicherheitsgewerbe im Steintorviertel an.[18] Zuvor hatte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann den hannoverschen Polizeipräsidenten Christian Grahl abgesetzt, weil dieser in einer Steintorbar gefeiert hatte.[19]

Am 24. Mai 2012 durchsuchten Beamte des Landeskriminalamtes Niedersachsen und der GSG 9 im Rahmen einer Razzia das Anwesen Hanebuths in der Wedemark.[20] Über ein Dutzend Spezialeinsatzkräfte der GSG 9 seilten sich aus einem Hubschrauber in Hanebuths Garten ab und stürmten die Villa.[21] Im Juni 2012 beschloss der Niedersächsische Landtag einstimmig, ein Verbotsverfahren gegen die Rockerbande zu prüfen.[22] Eine Woche später löste sich das Hells-Angels-Chapter Hannover auf.[23]

Im April 2013, knapp ein Jahr nach der Durchsuchung seines Hauses, stellte die Staatsanwaltschaft Kiel die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Auftragsmord gegen Hanebuth mangels hinreichenden Tatverdachts ein.[24] Im Mai 2014 entschied das Amtsgericht Kiel, dass Hanebuth einen Anspruch auf Entschädigung für die Zerstörungen auf seinem Grundstück im Rahmen der Durchsuchung hat. Die Höhe der Entschädigung wird durch die Kieler Staatsanwaltschaft geprüft.[25]

Festnahme und Untersuchungshaft in Spanien Bearbeiten

Hanebuth wurde am 23. Juli 2013 auf Mallorca festgenommen.[26] Als Kopf des Hells-Angels-Charters „Spain“ werden ihm und den Mitgliedern unter anderem Bildung einer kriminellen Vereinigung, Förderung illegaler Prostitution, Drogenhandel und Geldwäsche vorgeworfen.[27][1] Nach vier Wochen Einzelhaft kam er im September in normale Untersuchungshaft[28] und wurde im Oktober mit 17 weiteren Verdächtigen nach Madrid überstellt.[29] Im Dezember 2013 wurde er in den Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses im südspanischen El Puerto de Santa María verlegt.[30] Bei einem Haftprüfungstermin am 22. Juni 2015 entschied ein Ermittlungsrichter, dass Hanebuth weiter in Untersuchungshaft bleiben muss, die in Spanien bis zu vier Jahre dauern kann.[31] Es bestehe die Gefahr, dass der Rocker Zeugen beeinflussen, Beweismaterial vernichten oder fliehen könnte.[32] Zwei Jahre nach seiner Festnahme auf Mallorca wurde Hanebuth im Juli 2015 gegen eine Kaution von 60.000 Euro aus der Untersuchungshaft entlassen. Zunächst musste er sich täglich bei der spanischen Polizei melden.[33] Seit Juli 2016 sehen die Meldeauflagen vor, dass Hanebuth nur noch einmal in der Woche bei der Polizei erscheinen muss.[34]

Im Juli 2017 heiratete Hanebuth in Bissendorf bei Hannover seine langjährige Freundin Anne Sarah Naumann.[35] Im Juni 2018 kehrte Hanebuth mit der Eröffnung einer neuen Bar in der Scholvinstraße in den hannoverschen Rotlichtbezirk zurück.[36]

Im Februar 2019 erhob die spanische Staatsanwaltschaft Anklage gegen Hanebuth. Ihm drohten bis zu 13 Jahre Haft. Mit ihm wurden 45 weitere Personen angeklagt.[37] Nach Angaben des Nationalen Staatsgerichtshofs in Madrid begann der Prozess gegen Hanebuth und gegen 46 weitere mutmaßliche Ex-Mitglieder und Helfer der Hells Angels am 23. Januar 2023.[38][14] Am 26. September 2023 sprach der spanische Nationale Gerichtshof Frank Hanebuth aus Mangel an Beweisen in allen Anklagepunkten frei.[39]

Trivia Bearbeiten

Die im Dezember 2012 im ersten Programm der ARD ausgestrahlte Doppelfolge der Krimiserie Tatort mit den Titeln Wegwerfmädchen und Das goldene Band enthält in der Figur des Rotlichtkönigs und Rockerführers „Uwe Koschnik“ deutliche Anspielungen auf Hanebuth.[40][41] Auf die Filme angesprochen, sagte Strafverteidiger Götz-Werner von Fromberg „Ich bin seit 37 Jahren als Rechtsanwalt in dieser Stadt tätig, aber das Thema Zwangsprostitution, um das es in dem Krimi geht, ist mir in Hannover in all diesen Jahren in dieser Form noch nicht begegnet“.[42]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Frank Hanebuth drohen 23 Jahre Gefängnis. Archiviert vom Original; abgerufen am 15. April 2023.
  2. Jörg Diehl, Claas Meyer-Heuer: Frank Hanebuth: Hells Angel feiert Geburtstag im Knast. In: Der Spiegel. 12. September 2014, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  3. Hängepartie in den Flitterwochen. 24. Juli 2017, abgerufen am 15. April 2023.
  4. a b c d Philip Eppelsheim, Hannover: Netzwerke in Hannover: Ein Nachmittag im Steintorviertel. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 15. April 2023]).
  5. Besir Ay holt BDB-Gürtel - Ben Hanebuth siegreich beim Debüt als Box-Profi. Abgerufen am 15. April 2023.
  6. Bandidos und Hells Angels verkünden Frieden. Abgerufen am 15. April 2023.
  7. Markus Deggerich, Jörg Diehl: (S+) Banditen unter Engeln. In: Der Spiegel. 21. Februar 2010, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  8. Susanne Stichler: Waffenstillstand im Rockerkrieg? In: Menschen und Schlagzeilen, NDR Fernsehen, 7. April 2010.
  9. Sebastian Beck: "Eine kriminelle Vereinigung? Zu hundert Prozent". Abgerufen am 15. April 2023.
  10. Ulrich Detrois: Höllenritt. Ein deutscher Hells Angel packt aus. Econ, Berlin 2010, ISBN 978-3-430-20106-3.
  11. Hells Angels: Chef der Rockerbande muss ins Gefängnis. In: Der Spiegel. 14. November 2001, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  12. Das Netzwerk der Höllenengel. Abgerufen am 15. April 2023.
  13. Teuflische Handlanger | WESER-KURIER. 10. Mai 2010, archiviert vom Original am 10. Mai 2010; abgerufen am 15. April 2023.
  14. a b Claas Meyer-Heuer, Thomas Heise: Ex-Rockerboss Frank Hanebuth vor Gericht: 13 Jahre Knast oder Freispruch? - SPIEGEL TV. In: Der Spiegel. 18. Februar 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. Februar 2023]).
  15. Impressum der Steintornews (Memento vom 28. Oktober 2010 im Internet Archive)
  16. Kai Schöneberg: Hells Angels vor Gericht: Die Höllenengel von Hannover. In: Die Tageszeitung: taz. 12. Dezember 2008, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  17. Der lange Schatten des Frank H. | WESER-KURIER. 16. April 2010, archiviert vom Original am 16. April 2010; abgerufen am 15. April 2023.
  18. Hells-Angels-Chef Hanebuth: "Das Maß ist voll" Hannover / NP - Neue Presse. 17. November 2011, archiviert vom Original am 17. November 2011; abgerufen am 15. April 2023.
  19. Nach Feier am Steintor – Innenminister setzt Grahl als Polizeipräsidenten ab – HAZ – Hannoversche Allgemeine. 18. September 2016, archiviert vom Original am 18. September 2016; abgerufen am 15. April 2023.
  20. Razzia bei Hells Angels – GSG 9 seilt sich über Hanebuths Villa ab - die Bilder / Meine Stadt / Hannover - NP - Neue Presse. 7. März 2016, archiviert vom Original am 7. März 2016; abgerufen am 15. April 2023.
  21. Jörg Diehl, Hendrik Ternieden: GSG 9-Einsatz bei Chef der Hells Angels Frank Hanebuth. In: Der Spiegel. 24. Mai 2012, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  22. Umstrittene Rockergruppe – Landtag will Verbot von Hells Angels prüfen – HAZ – Hannoversche Allgemeine. 8. Juli 2017, archiviert vom Original am 8. Juli 2017; abgerufen am 15. April 2023.
  23. Hells Angels: "Der wird nicht wieder eröffnet" Meine Stadt Hannover / NP - Neue Presse. 7. Juli 2012, archiviert vom Original am 7. Juli 2012; abgerufen am 15. April 2023.
  24. Verfahren gegen Rocker-Chef Hanebuth eingestellt Aus der Stadt Hannover / HAZ - Hannoversche Allgemeine. 28. April 2013, archiviert vom Original am 28. April 2013; abgerufen am 15. April 2023.
  25. NDR: Nachrichten aus Hannover und dem Weser-Leinegebiet. Abgerufen am 15. April 2023.
  26. WELT - Aktuelle Nachrichten, News, Hintergründe & Videos. Abgerufen am 15. April 2023.
  27. Jörg Diehl, Claas Meyer-Heuer: Hells Angels auf Mallorca: Hanebuth bleibt im Gefängnis. In: Der Spiegel. 25. Juli 2013, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  28. Hells Angel Hanebuth kommt in normale Untersuchungshaft. In: Der Spiegel. 24. August 2013, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  29. Hells Angels - Hanebuth: Mehr als 10.000 Seiten Ermittlungsakten – NP - Neue Presse. 13. Juni 2018, archiviert vom Original am 13. Juni 2018; abgerufen am 15. April 2023.
  30. Fluchtgefahr? Hanebuth erneut verlegt / Meine Stadt / Hannover - NP - Neue Presse. 31. Dezember 2013, archiviert vom Original am 31. Dezember 2013; abgerufen am 15. April 2023.
  31. Verlängerte U-Haft für Hanebuth - aus Mangel an Beweisen. Abgerufen am 15. April 2023.
  32. Hamburger Abendblatt: Frank Hanebuth ist noch nicht aus dem Schneider. 22. Juni 2015, abgerufen am 15. April 2023 (deutsch).
  33. Ehemaliger Hells Angels Präsident in Spanien: Frank Hanebuth ist wieder frei - Prozess für Ex-Rocker-Boss offen. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  34. Höllenengel im Paradies gefangen. Abgerufen am 28. Juli 2016.
  35. Ex-Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth heiratet kirchlich in Bissendorf – HAZ – Hannoversche Allgemeine. 25. Juli 2017, archiviert vom Original am 25. Juli 2017; abgerufen am 15. April 2023.
  36. Hannoversche Allgemeine Zeitung: Steintor: Frank Hanebuth eröffnet neue Bar. Abgerufen am 15. April 2023.
  37. NDR: Nachrichten aus Hannover und dem Weser-Leinegebiet. Abgerufen am 15. April 2023.
  38. Frank Hanebuth: Prozess gegen Rockerboss in Spanien beginnt Anfang 2023. In: Der Spiegel. 27. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  39. Martin Dahms: Frank Hanebuth: Ex-Rockerboss aus Hannover in Spanien freigesprochen. In: RND Redaktionsnetzwerk Deutschland. 26. September 2023, abgerufen am 26. September 2023.
  40. Christian Buß: Tatort "Wegwerfmädchen" und "Das goldene Band": Wulffs Revier. In: Der Spiegel. 7. Dezember 2012, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2023]).
  41. Dany Schrader: Sonntagskrimi - Hannover-Tatort: Das Netzwerk des Bösen – HAZ – Hannoversche Allgemeine. 10. Dezember 2012, archiviert vom Original am 4. August 2020; abgerufen am 15. April 2023.
  42. Tobias Morchner: Wie Frank Hanebuth den Hannover-"Tatort" findet. Abgerufen am 15. April 2023.