Flammersbach (Haiger)

Ortsteil von Haiger

Flammersbach ist ein Stadtteil von Haiger im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis.

Flammersbach
Stadt Haiger
Koordinaten: 50° 44′ N, 8° 10′ OKoordinaten: 50° 43′ 43″ N, 8° 10′ 28″ O
Höhe: 358 m ü. NHN
Fläche: 3,27 km²[1]
Einwohner: 896 (31. Dez. 2017)[2]
Bevölkerungsdichte: 274 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1970
Postleitzahl: 35708
Vorwahl: 02773
Flammersbach von oben
Flammersbach von oben

Geographische Lage Bearbeiten

Flammersbach liegt in den nordöstlichen Ausläufern des Westerwalds an der Nahtstelle zum nördlich angrenzenden Rothaargebirge am Flammersbach. Flammersbach grenzt an die folgenden Gemarkungen: Langenaubach im Südosten, Oberdresselndorf im Südwesten, Niederdresselndorf im Westen, Holzhausen im Westen, Allendorf im Norden, sowie die Stadt Haiger, an welche der Ort direkt anschließt, im Nordosten. Am östlichen Ortsrand verläuft die Landesstraße 3044. Durch den Ort fließt der gleichnamige Bach knapp zwei Kilometer lange Flammersbach, welcher südlich von Haiger in den Aubach mündet.

Geschichte Bearbeiten

Ortsgeschichte Bearbeiten

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Flammersbach erfolgte unter dem Namen Fframersbach im Jahr 1447 in einem Viehschatzungsregister und Renteirechnung der Grafschaft Nassau-Dillenburg.[3]

Der Ortsname leitet sich vermutlich von dem Eigennamen Flamero oder Framero ab und geht wie viele Dorfnamen der Umgebung vermutlich auf das 5. bis 6. Jahrhundert nach Christus zurück. In einer nassauischen Karte aus dem Jahr 1819 taucht für Flammersbach der Name Mammelsbach auf.[4]

In einer älteren Urkunde wird davon berichtet, dass ein Oberflammersbach (Obernflamerspach) und ein Niederflammersbach (Nedernflarnerspach) existieren[5]. Oberflammersbach entspricht demzufolge wohl dem heutigen Ortskern von Flammersbacher, welcher wesentliche Merkmale eines Gemeng- oder Haufendorfes aufweist. Niederflammersbach hingegen wurde vermutlich bereits im 16. Jahrhundert zur Wüstung. Es wird berichtet, dass zwei Familien nach Oberflammersbach zogen. Es soll sich gemäß mündlicher Überlieferung „Uff der Linn“ bzw. „Linn's Eck“, d. h. bei der Linde, etwa am heutigen Abzweigpunkt der Flammersbachstraße[6] von der Landesstraße 3044 zwischen Haiger und Langenaubach befunden haben. Bauern sollen dort in früherer Zeit beim Pflügen auf Steine von Grundmauern gestoßen sein.[7]

Die Menschen lebten in früheren Zeiten überwiegend von der Landwirtschaft, teilweise auch von der Haubergswirtschaft. Manch Arbeiter aus Flammersbach nahm auch den einstündigen Arbeitsweg (Fußweg) zur Braunkohlegrube Haas nach Rabenscheid auf sich, um ein Auskommen zu haben.[7] Arbeit gab es ab 1836 aber auch in der Langenaubacher Eisenerzgrube Constanze. Ebenso sind in der Flammersbacher Gemarkung einige Bodenschätze nachzuweisen, darunter Braunkohle und Ton, Blei, Kupfer, Eisenstein, Schwefelkies und Zink. Allerdings wurden diese, wenn überhaupt, nur in kleineren Mengen abgebaut. Bedeutend war allerdings der Abbau von Basalt, der vielen Einwohnern über Jahrzehnte hinweg (von 1893 bis 1966) ein Einkommen sicherte. Zum Abtransport des Basaltgesteins auf dem Bernbergskopf kam ab 1926 eine Seilbahn zum Einsatz, welche über das Dorf hinweg verlief. Das Gestein wurde zuvor mit Fuhrwerken bis zum haigerer Bahnhof gebracht.

In den Wirren des Zweiten Weltkrieges ging die Flammersbacher Ortschronik, von der nicht bekannt ist, in welcher Form und Genauigkeit sie bestand, verloren. Friedrich Schwarz, Schulleiter von 1950 bis 1963, versuchte in späteren Jahren eine nachvollziehende, aber sicherlich unvollständige Niederschrift. Diese befindet sich heute im Besitz der Stadtverwaltung Haiger. Weitere Urkunden bzw. alte Dokumente zu Flammersbach lagern im Staatsarchiv Wiesbaden.[5]

Die Amerikaner besetzten am 29. März 1945 Flammersbach. Die benachbarten Orte Holzhausen und Niederdresselndorf hingegen gehörten in der Nachkriegszeit der britischen Besatzungszone an. Bis zur Währungsreform 1948 blühte der Tausch und Schwarzhandel. Selbstgebrannter Schnaps wurde u. a. bei den Amerikanern gegen Schokolade, Tabak, Wäsche und andere schwer erhältliche Dinge eingetauscht. Als Folge des Zweiten Weltkriegs mussten viele Menschen fliehen bzw. wurden vertrieben. 146 Heimatvertriebe und Flüchtlinge erreichten 1946 Flammersbach und mussten untergebracht werden. Die Wohnungsnot war so groß, dass sogar Steinbruchgebäude und der Backes als Wohnung dienten.[7]

Die Gemeinde hatte schon früh einen Löschwasserteich, der auch als Badeweiher diente. Dieser wurde später ausgebaut und von 1966 bis 2013 als städtisches Freibad betrieben. Bis dahin war es das einzige Freibad der Stadt Haiger.

Flammersbach hatte einen Haltepunkt an der im September 1997 stillgelegten Eisenbahnlinie Bahnstrecke Haiger–Breitscheid, die 1926 eröffnet wurde. Die talüberspannende, 18 Meter hohe und 140 Meter lange Brücke gehört mit sieben Bögen mit je 15 Metern Spannweite zu den markanten Ansichten des Ortes.

Ehemalige Bergwerke

Siehe Liste von Bergwerken in Haiger

Schule

1902 wurde die neue Schule gebaut. Bis dahin war die Schulstube im Backes bereits 167 Jahre lang untergebracht, nachdem die erste Schule 1735 weichen musste.[5] Ein weiterer Schulneubau wurde am 26. April 1952 eingeweiht. Dort wurde bis zum 31. Juli 1973 unterrichtet. Seitdem besuchen Flammersbacher Grundschüler die Grundschule in Langenaubach und müssen mit dem Bus dorthin pendeln.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Flammersbach am 1. Januar 1970 auf freiwilliger Basis in die Stadt Haiger eingegliedert.[8] Ein Ortsbezirk wurde für Flammersbach nicht errichtet.

Verwaltungsgeschichte im Überblick Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Herrschaftsgebiete und Staaten, in denen Flammersbach lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[9][10][11]

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Flammersbach 996 Einwohner. Darunter waren 75 (7,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 174 Einwohner unter 18 Jahren, 432 zwischen 18 und 49, 204 zwischen 50 und 64 und 186 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 402 Haushalten. Davon waren 96 Singlehaushalte, 120 Paare ohne Kinder und 141 Paare mit Kindern, sowie 33 Alleinerziehende und 12 Wohngemeinschaften. In 69 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 261 Haushaltungen lebten keine Senioren.[12]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Aus einer Schatzungsurkunde des Jahres 1447 geht hervor, dass in Flammersbach lediglich zwei steuerpflichtige Familien wohnen (eventuelle Leibeigenen und steuerbefreite Personen ausgenommen).[7]

Flammersbach: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2017
Jahr  Einwohner
1834
  
238
1840
  
242
1846
  
247
1852
  
238
1858
  
245
1864
  
249
1871
  
259
1875
  
262
1885
  
286
1895
  
291
1905
  
326
1910
  
340
1925
  
370
1939
  
397
1946
  
629
1950
  
642
1956
  
583
1961
  
577
1967
  
669
1970
  
696
1985
  
?
1995
  
?
2005
  
993
2011
  
996
2017
  
896
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [9]; nach 1970: Stadt Haiger: [13][14]; Zensus 2011[12]

Religionszugehörigkeit Bearbeiten

• 1885: 268 evangelische (= 93,71 %), keine katholischen, 12 andere Christen (= 4,20 %), sowie keine jüdischen und 6 andere (= 2,10 %) Einwohner[9]
• 1961: 479 evangelische (= 83,02 %) und 80 katholische (= 13,86 %) Einwohner[9]
• 2005: 564 evangelische (= 56,80 %), 112 katholische (= 11,28 %) und 374 sonstige (= 37,66 %) Einwohner[13]
• 2017: 424 evangelische (= 47,32 %), 85 katholische (= 9,59 %) und 385 sonstige (= 42,97,55 %) Einwohner[14]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Kulturdenkmäler Bearbeiten

Siehe Liste der Kulturdenkmäler in Haiger-Flammersbach

Naturdenkmäler Bearbeiten

Siehe Liste der Naturdenkmäler in Haiger-Flammersbach

Sport Bearbeiten

Ein erster Fußballverein (SSV Flammersbach) wurde im Jahr 1930 gegründet. Nach einer zweiten Neugründung im Jahr 1950, fand 1956 die dritte Neugründung eines Fußballvereins, des Sportvereins FC 66 Flammersbach statt.[15][5] Sowohl die 1. als auch die 2. Mannschaft nutzen für ihre Heimspiele das nahe gelegene Haselnussstadion.

Literatur Bearbeiten

  • Hubert-Georg Quarta: Flammersbach. Aus der Geschichte eines kleinen Dorfes. [Selbstverl.] 1975
  • Die hundertjährige Geschichte der J. Reeh AG im Spiegel der Zeit, Weidenbach, Dillenburg
  • Norbert Triesch: Die betriebliche Entwicklung der Firma J. Reeh AG, 1959/1960
  • H.-G. Quarta: Flammersbach, Aus der Geschichte eines kleinen Dorfes, Dillenburg-Eibach 1975
  • Karl Löber: Westerwald – Land und Leute, einst und jetzt. Frankfurt, 1958
  • Literatur über Flammersbach nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks Bearbeiten

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Das Herzogtum Nassau war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als Vorläufer des Deutschen Reichs.
  2. Abtrennung der Justiz (Justizamt Dillenburg) bis 1854.
  3. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs.
  4. Endgültige Trennung zwischen Justiz (Amtsgericht Dillenburg) und Verwaltung.
  5. Am 1. Januar 1970 wurde Flammersbach als Stadtteil in die Stadt Haiger eingegliedert.

Einzelnachweise

  1. Fläche nach Stadtteilen. In: Webauftritt. Stadt Haiger, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. April 2016; abgerufen im März 2018.
  2. Einwohnerstatistik. (PDF) In: Webauftritt. Stadt Haiger, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. März 2018; abgerufen im März 2018.
  3. HHStAW Bestand 171 Nr, S. 2944 a In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen).
  4. Karte vom Herzogthum Nassau : von den im Jahr 1819 geschehenen Aufnahmen längs der Preussischen und Hessischen Gränzen etc. ; orientiert nach Parallelen vom Meridian und Perpendikel von Paris. Paris 1819.
  5. a b c d Hubert Georg Quarta (Hrsg.): Flammersbach in alten Ansichten. Europäische Bibliothek, Zaltbommel/Niederlande, Flammersbach 1986, ISBN 978-90-288-3388-3, S. 80.
  6. Straßen mit F in Haiger In: www.meinestadt.de
  7. a b c d Geschichtl. Arbeitskreis Haiger (Hrsg.): Haigerer Geschichtsblätter - Heft nr - 57 - Dorfchronik Flammersbach. Geschichtl. Arbeitskreis Haiger, Haiger 2011.
  8. Eingliederung der Gemeinde Flammersbach in die Stadt Haiger, Dillkreis vom 17. Dezember 1969. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 1, S. 5, Punkt 7 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,0 MB]).
  9. a b c d Flammersbach, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  10. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. HHStAW Bestand 360/187: Zugehörigkeit von Haiger In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen).
  12. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 14 und 54, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  13. a b Einwohnerzahlen 2005. In: Webauftritt. Stadt Haiger, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen im Februar 2019.
  14. a b Einwohnerstatistik. (PDF) In: Webauftritt. Stadt Haiger, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. März 2018; abgerufen im Januar 2021.
  15. Kleinen Informationsschrift und Chronik zum lOjährigen Bestehen des FC Flammersbach. Flammersbach 1976.