Feuchtgebiet

Gebiet, das im Übergangsbereich von trockenen zu dauerhaft feuchten Ökosystemen liegt
(Weitergeleitet von Feuchtbiotop)

Ein Feuchtgebiet oder Feuchtbiotop ist ein Gebiet, das im Übergangsbereich von trockenen zu dauerhaft feuchten Ökosystemen liegt. Der Begriff des Feuchtgebiets umfasst verschiedene Lebensraumtypen der Flora und Fauna wie Aue, Bruchwald, Feuchtwiese, Moor, Ried, Sumpf und Marschland, die an den ganzjährigen Überschuss von Wasser angepasst sind.

Feuchtgebiete haben eine hohe Bedeutung für Ökologie, Klimaschutz und Hochwasserschutz. Die von der UNESCO angestoßene Ramsar-Konvention soll eine internationale Zusammenarbeit beim Schutz von Feuchtgebieten gewährleisten. 74 Prozent der Feuchtgebiete sind gefährdet.[1] Bedeutende noch existierende Feuchtgebiete sind beispielsweise das Pantanal, die Überschwemmungsebenen des Bahr Aouk und Salamat, die Everglades, das Okavango-Delta, die Bayous und das Wattenmeer.

Mit der Annahme der UN-Resolution 75/317 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im August 2021 den 2. Februar des Jahres als World Wetland Day ausgerufen („Welttag der Feuchtgebiete“).[2]

Definitionen Bearbeiten

 
Feuchtgebiet in Marshall County, Indiana, USA

Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs „Feuchtgebiet“ existiert nicht. Der Begriff beziehungsweise seine anderssprachigen Entsprechungen (z. B. das englische „wetland“) werden in den europäischen Ländern je nach nationaler Tradition unterschiedlich interpretiert.[3]

Die Definition in der Ramsar-Konvention lautet: „Feuchtgebiete im Sinne dieses Übereinkommens sind Feuchtwiesen, Moor- und Sumpfgebiete oder Gewässer, die natürlich oder künstlich, dauernd oder zeitweilig, stehend oder fließend, Süß-, Brack- oder Salzwasser sind, einschließlich solcher Meeresgebiete, die eine Tiefe von sechs Metern bei Niedrigwasser nicht übersteigen.“[4]

Im deutschen Sprachraum wird die Definition traditionell enger gefasst. Meist werden hier marine Lebensräume nicht zu den Feuchtgebieten gerechnet. In Bezug auf das Wattenmeer ist der Sprachgebrauch uneinheitlich. Bezeichnungen des Wattenmeers als Feuchtgebiet erfolgen aber meist im Rahmen der Ramsar-Konvention.[5]

In der Vegetationskunde ist der Begriff im Allgemeinen nicht üblich. In den anerkannten Standardlehrbüchern (z. B. Ellenberg)[6] taucht der Begriff nicht auf.

Definitionen des Begriffs können von drei Blickwinkeln aus erfolgen:[7]

  1. Hydrologie: Sättigung des Terrains bis zur Landoberfläche mit Wasser über einen längeren Zeitraum des Jahres
  2. Substrat/Boden: Gebiet mit hydrischen Bodentypen (z. B. Gley)
  3. Vegetation: Gebiet mit nässegeprägten Vegetationstypen, z. B. Mooren, Röhricht, Nassgrünland/Feuchtwiesen.

Ob offene Gewässer „Feuchtgebiete“ darstellen, wird ebenfalls je nach Autoren unterschiedlich gehandhabt. In der breiten Definition der Ramsar-Konvention sind sie eingeschlossen. Die meisten deutschsprachigen Autoren rechnen nur Übergangsbereiche zwischen offenen Gewässern und Landlebensräumen zu den Feuchtgebieten. Kleinere Gewässer wie Tümpel und Weiher oder temporäre und periodische Gewässer werden jedoch üblicherweise mit eingeschlossen. Seen oder Flüsse und Bäche gelten allgemein nicht als zu den Feuchtgebieten gehörig, obwohl hier anerkanntermaßen bedeutsame Wechselwirkungen bestehen und diese Gewässer oft von Feuchtgebieten umschlossen werden.

Bedeutung für Ökologie und Klimaschutz Bearbeiten

Feuchtgebiete sind von großer ökologischer Bedeutung, da sie für Wasser- und Watvögel als Rast- und Überwinterungsplatz dienen. Feuchtgebiete bedecken rund sechs Prozent der Erdoberfläche und erbringen 24 Prozent der Nettoprimärproduktion – sie sind also hochproduktive Ökosysteme. Außerdem dienen sie als Grundwasserfilter und als Überschwemmungsschutz. Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung (zum Beispiel für den Vogelschutz) sind daher nach der Ramsar-Konvention unter Schutz gestellt.

Eine besondere Bedeutung haben Feuchtgebiete für den Klimaschutz, da sie als Kohlenstoffsenke wirken und weltweit große Mengen an Kohlenstoff speichern. Sie können damit zur Reduzierung des Treibhauseffekts beitragen.[8] Da viele Feuchtgebiete gleichzeitig Netto-Emittenten des starken Treibhausgases Methan sind, ist ihr tatsächlicher Beitrag aber vom Einzelfall abhängig und gegebenenfalls schwer feststellbar.[9][10][11] Wenn Moore entwässert werden, emittieren sie Teile des gespeicherten Kohlenstoffs in Form von Kohlendioxid und Lachgas, was den Treibhauseffekt verstärkt.[12][13][14]

Bedeutung als Wasserspeicher Bearbeiten

 
Salzwiese East Chidham, südliches England

Eine weitere Bedeutung der Feuchtgebiete liegt in ihrer Funktion als Wasserspeicher: Moore und Sümpfe z. B. können große Mengen Wasser aufnehmen und langsam und zeitversetzt wieder abgeben. Damit helfen sie, in unterliegenden Gebieten die Gefahr von Hochwässern zu reduzieren. Andererseits können sie den Niedrigwasserabfluss stützen und damit Austrocknungsphasen verhindern.

Außerdem dienen Feuchtgebiete als Senke für Schadstoffe und Nährstoffeinträge und können so unterliegende Gebiete und Gewässer entlasten. Durch die Nährstoff-Senkenfunktion sind viele Feuchtgebiete außergewöhnlich produktiv.

Beispiele Bearbeiten

Deutschland Bearbeiten

International Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Michael Succow, Lebrecht Jeschke: Deutschlands Moore: Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft. Natur & Text, Rangsdorf 2022, ISBN 978-3-942062-41-1.
  • Claus-Peter Hutter (Hrsg.), Alois Kapfer, Peter Poschlod: Sümpfe und Moore. Biotope erkennen, bestimmen, schützen. Weitbrecht Verlag, Stuttgart/Wien/Bern 1997, ISBN 3-522-72060-1.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Feuchtgebiete – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sandra Kirchner: Feuchtgebiete auf dem Trockenen. In: Klimareporter. 2. Februar 2021, abgerufen am 4. Februar 2021 (deutsch).
  2. World Wetlands Day 2. Februar 2022. In: worldwetlandsday.org. Abgerufen am 10. Februar 2022.
  3. Kap. 2.1: Was ist ein Feuchtgebiet? (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive) im Leitfaden Feuchtgebiete der EU zur Wasserrahmenrichtlinie (PDF; 442 kB).
  4. Artikel 1.1 der Ramsar Convention. Siehe Text des Übereinkommens in der Fassung von 1987: PDF-Download der deutschen Übersetzung www.ramsar.org.
  5. Beispiel: Wattenmeer ist Weltnaturerbe Pressemitteilung der Deutschen UNESCO-Kommission, 26. Juni 2009.
  6. Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-2696-6.
  7. Hannes Müller Schmied: Integrative Ableitung hydrologischer Funktionen von Feuchtgebieten am Beispiel des „Wipfragrund“, oberes Gera-Einzugsgebiet, Thüringen. Diplomarbeit am Institut für Geographie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2008.
  8. Coastal Wetland Protection. In: Project Drawdown. 6. Februar 2020, abgerufen am 13. September 2020 (englisch).
  9. William J. Mitsch et al.: Wetlands, carbon, and climate change. Landscape Ecology 2013; 28 (4), S. 583–597. doi:10.1007/s10980-012-9758-8.
  10. J. Hommeltenberg, H. P. Schmid, M. Drösler, P. Werle: Can a bog drained for forestry be a stronger carbon sink than a natural bog forest? Biogeosciences 2014; 11, S. 3477–3493. doi:10.5194/bg-11-3477-2014.
  11. Kenneth A. Byrne et al.: EU Peatlands: Current Carbon Stocks and Trace Gas Fluxes. Carboeurope GHG, Report 4/2004. PDF.
  12. Michael Trepel (2008): Zur Bedeutung von Mooren in der Klimadebatte. Jahresberichte des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08, 12: S. 61–74.
  13. Umwelt im Unterricht: Feuchtgebiete und Moore sind wertvoll (Memento des Originals vom 19. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.umwelt-im-unterricht.de Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, 1. Februar 2012.
  14. Sind die Moore weg, ist’s fürs Klima schlecht Interview mit Gert Michael Steiner, wissenschaftlicher Beirat der Ramsar Convention, in: derstandard.at, 25. Juni 2007.