Die Europäische Frauenlobby (EFL); auf Englisch: European Women's Lobby (EWL); auf Französisch Lobby Européen des Femmes (LEF), ist eine internationale, auf europäischer Ebene agierende Lobbyorganisation für die Interessen von Frauen. Sie genießt beratenden Status im Europarat und im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, sowie Beobachterstatus im Beratenden Ausschusses für Chancengleichheit bei der Europäischen Kommission.

Geschichte und Ziele Bearbeiten

Verschiedene Vordenker hatten sich im Vorfeld für die Einrichtung einer Frauenlobby auf europäischer Ebene eingesetzt, und ab 1982 fanden Konferenzen von den Mitgliedsstaaten der EWG statt, bei denen es zunächst zur Konfrontation zwischen Feministinnen, traditionellen Frauenorganisationen sowie Vertreterinnen staatlicher Institutionen kam. Zu prominenten Figuren der Gründungsphase gehörten unter anderen Fausta Deshormes und Hilde Albertini (Informationsdienst für Frauenfragen), Odile Quitin (Generaldirektion V der Europäischen Kommission), Liliana Richetta, Helga Thieme, Jacqueline de Groote. Seitens des Deutschen Frauenrates waren Irmgard Blättel und Marlies Kutsch an dem Vorhaben beteiligt. Die Gründung der EFL wurde 1987 auf einer Konferenz in London beschlossen und in den Folgejahren bis 1990 umgesetzt.[1] Das gesetzte Ziel war die Teilnahme von Frauen und die Berücksichtigung von deren Interessen bei politischen Entscheidungen (legislativer oder administrativer Art) auf europäischer Ebene, bei denen etwa der innere Markt oder das gesellschaftliche Leben betroffen sind. So soll die EFL als Ansprechpartner eine Vermittlerrolle zwischen Bürgern und EU-Institutionen schaffen und zugleich eine Kontrollfunktion gegenüber den Institutionen wahrnehmen. Umgekehrt soll die EFL zugleich ihre Mitgliedsverbände über anstehende Entscheidungsprozesse informieren.[2]

Zu den vorrangigen Zielen gehört bei dieser Interessenwahrung die Förderung von Gender-Mainstreaming, Gleichstellung der Geschlechter, Menschenrechten von Frauen sowie die Bekämpfung von sexistischer Diskriminierung. Neben parlamentarischem Lobbyismus veranstaltet die EFL öffentliche Kampagnen.[3]

Gefördert wird die EFL von der Europäischen Kommission, die der neuen Organisation seit 1990 ein Sekretariat in Brüssel finanziert. Im Gründungsjahr 1990 gab es 12 nationale Dachverbände und 17 europaweit tätige Nichtregierungsorganisationen, die als Gründungsmitglieder der EFL zählen.

Mitglieder Bearbeiten

Aktuell zählen 19 internationale und 31 nationale Verbände zu den institutionellen Mitgliedern der EFL, sowohl aus Mitgliedsländern der Europäischen Union wie auch aus Beitrittskandidaten. Diese Dachverbände wiederum organisieren insgesamt mehr als 2500 Frauenorganisationen.[3] In mehreren EU-Staaten gab es keinen gemeinsamen Dachverband, der gemeinsame Interessen von nationalen Frauenverbände vertreten durfte, weshalb sich zur nationalen Zusammenarbeit Koordinierungsstellen bildeten, die eine solche Aufgabe wahrnehmen konnten.

Weitere 10 meist nationale Frauenverbände werden als unterstützende Mitglieder gezählt, da sie weder der nationale Dachverband eines Landes sind, noch eine Aktivität in ausreichend vielen Mitgliedsstaaten in der EU aufweisen.

Name des Verbands Nationalität vertretene Verbände/Vereine Gegründet Mitgliedschaft seit
Avrupa Kadın Lobisi Türkiye Koordinasyonu (Türkische Koordinierungsstelle für die EFL) Türkei 1997
Belgische Koordinierungsstelle für die EFL Belgien 2 Landesteile (Conseil Des Femmes Francophones de Belgique und Nederlandstalige Vrouwenraad), mit jeweiligen Mitgliedsverbänden 1974 1990
Bulgarische Koordinierungsstelle für die EFL Bulgarien noch kein geschlossener Dachverband 2005 2005
Business and Professional Women Europe multinational Europa-Ableger des weltweiten Netzwerks 1930
BUPL (Dänische Union für frühkindliche Erzieher) Dänemark unterstützendes Mitglied 1973 -
CESI (Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften) multinational 22 Gewerkschaftsverbände 1990
Česká ženská lobby (Tschechische Frauenlobby) Tschechien 32 Verbände 2001 2005
CLEF (Französische Koordinierungsstelle für die EFL) Frankreich 75 Verbände, kein geschlossener Dachverband 1991 1990
Conseil National des Femmes du Luxembourg (Nationalrat der Frauen von Luxemburg) Luxemburg 12 Verbände 1975 1990
Coordinadora Española para el Lobby europeo de Mujeres (Spanische Koordinierungsstelle für die EFL) Spanien 15 Verbände 2016 1990
Coordinamento Italiano della Lobby Europea delle Donne (Italienische Koordinierungsstelle für die EFL) Italien 16 Verbände 1994 1990
COPA-COGECA (Europäischer Bauernverband und Verband Europäischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften) multinational vertreten mit seinem Women's Committee 1958
Cyprus Women’s Lobby (Το Κυπριακό Λόμπυ Γυναικών) Zypern 16 Verbände 2008 2008
Deutscher Frauenrat Deutschland 56 Verbände 1969 1990
Eesti Naisteühenduste Ümarlaud (Runder Tisch der estnischen Frauengesellschaften) Estland 55 Verbände 2003 2003
ECICW (Europäisches Zentrum des Internationalen Frauenrats) multinational 22 Dachverbände (darunter: Deutscher Frauenring, Bund Österreichischer Frauenvereine, Alliance F) 1961 1990
ECWF (Europäischer Rat der WIZO-Föderationen) multinational 1994 1994
Europäische Blinden-Union (European Blind Union) multinational unterstützendes Mitglied 1984 -
EDF (Europäisches Behinderten-Forum) multinational 29 Nationale Dachverbände, 25 europaweite Verbände 1996 1996
ENoMW (Europäisches Netzwerk von Frauen mit Migrationshintergrund) multinational >40 nationale Verbände 2012
ETUC (Europäischer Gewerkschaftsbund) multinational 99 Mitgliedsverbände 1973 1990
FEFAF (Fédération Européenne des femmes Actives en Familles; deutsch etwa: Europäische Föderation von Eltern daheim) multinational 14 nationale Verbände 1983
Federation of Romani and Traveller Women multinational
Femmes en Détresse (Frauen in Not) Luxemburg unterstützendes Mitglied 1979 -
Fraen an Gender - Centre de Information et de Documentation Femmes (Zentrum für Frauen-Information und Dokumentation) Luxemburg unterstützendes Mitglied 1992 -
Griechische Koordinierungsstelle von Frauen-NGOs für die EFL (ΕΥΡΩΠΑΪΚΟ ΛΟΜΠΥ ΓΥΝΑΙΚΩΝ) Griechenland >50 Verbände 1990 1990
Institute for Gender Studies Malta unterstützendes Mitglied 1981 -
International Alliance of Women multinational >50 Organisationen 1904 1990
International Council of Jewish Women (Internationaler Jüdischer Frauenrat) multinational 1912 1990
International Federation of Women in Legal Careers (Internationale Föderation von Frauen in Rechtsberufen) multinational 1928
Latvijas Sieviesu Organizaciju Sadarbibas tikls (Kooperationsnetzwerk der Lettischen Frauenorganisationen) Lettland 37 Verbände und 7000 Privatmitglieder 2003 2003
Lietuvos Moterų Lobistinė Organizacija (Litauische Frauenlobby-Organisation) Litauen
Kvinderaadet (Frauenrat) Dänemark 45 Verbände (repräsentiert > 1 Mio. Mitglieder) 1899 1990
Magyar Nöi Erdekérvényesitö Szövetség (Ungarische Allianz der Frauenverbände) Ungarn 19 Verbände 2003 2003
Malta Confederation of Women’s Organisations (Maltesische Konföderation der Frauenorganisationen) Malta
Mazedonische Frauenlobby (Македонското женско лоби) Mazedonien 2001 2001
Medical Women’s International Association (Weltärztinnenbund) multinational 1919
Mreza za Evropski Zenski Lobi (Serbisches Netzwerk für die EFL) Serbien 2009 2013
National Council of Women of Malta (Nationaler Frauenrat von Malta) Malta unterstützendes Mitglied 1964 -
National Women’s Council of Ireland (Nationaler Frauenrat von Irland) Irland >170 Verbände 1973 1990
Nederlandse Vrouwen Raad (Niederländischer Frauenrat) Niederlande >50 Verbände (vertritt > 1 Mio. Mitglieder) 1898 1990
Network of East-West Women Polska (Netzwerk West-östlicher Frauen, Polen) Polen 9 Verbände 1991 2003
Nytkis (Koalition der Finnischen Frauengesellschaften) Finnland 11 Verbände (8 parteinahe und 3 universitäre) 1988
Österreichischer Frauenring (ÖFR) Österreich > 40 Verbände (aus Parteien, Berufsständen, Gewerkschaften, Kirchen, Unabhängigen: > 1 Mio. Mitglieder) 1969
Plataforma Portuguesa para os Direitos das Mulheres (Portugiesische Plattform für Frauenrechte) Portugal 18 Verbände 2004 1990
Romanian Women’s Lobby (Rumänische Frauenlobby) Rumänien 2007 2007
Soroptimist International of Belgium Belgien unterstützendes Mitglied 1939 -
Soroptimist International of Europe multinational 1924
SOS Sexisme Frankreich unterstützendes Mitglied -
Sveriges Kvinnolobby (Schwedische Frauenlobby) Schweden 49 Verbände 1997 1997
Terre des Femmes Deutschland unterstützendes Mitglied 1981 -
UK Joint Committee on Women (Frauenkomitee-Verbund des Vereinigten Königreichs) Vereinigtes Königreich 4 Landesteile (National Alliance of Women’s Organisations; Northern Ireland Women’s European Platform; Engender; Women’s Equality Network Wales), jeweilige Mitgliedsverbände unterschiedlich 1990
University Women of Europe multinational 1981 1990
WOCAD - Women's organizations committee on Alcohol and Drug Issues (Komitee der Frauenorganisationen gegen Alkohol- und Drogenprobleme) Schweden unterstützendes Mitglied 1943 -
Women’s International League for Peace and Freedom multinational 1919
World Association of Girl Guides and Girl Scouts multinational 62 Pfadfinderverbände aus 39 EU-Ländern 1928 1990
Europäische YWCA multinational 24 nationale YWCA-Verbände 1990
Ženská Loby Slovenska (Slowakische Frauenlobby) Slowakei 27 Verbände
Ženska mreža Hrvatske (Frauennetzwerk Kroatien) Kroatien 39 Verbände (repräsentiert nach fünf Regionen) 1996
Ženski lobi Slovenije (Slowenische Frauenlobby) Slowenien 8 Verbände 2006 2009

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Angela Icken: Der Deutsche Frauenrat. Etablierte Frauenverbandsarbeit im gesellschaftlichen Wandel. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-366-30959-65 Digitalisat
  2. EFL-Webseite: Herstory (25 years of European Women's Lobby)
  3. a b G. Abels: Europäische Frauenlobby (EFL). In: Das Europalexikon, 2., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2013. Zitiert von bpb.