Ernst Woit

deutscher Philosoph und Hochschullehrer

Ernst Woit (* 11. August 1932 in Aschersleben; † 8. Februar 2021 in Dresden[1]) war ein deutscher Philosoph, Politikwissenschaftler und Friedensforscher.

Er wirkte als berufener Hochschuldozent (1978) und außerordentlicher Professor (1981) an der Technischen Universität Dresden (1978–1991) und vordem in den Jahren 1968 bis 1978 als berufener Hochschuldozent (1970) an der Militärakademie „Friedrich Engels“ der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik in Dresden (1968–1978).[2]

Leben Bearbeiten

Herkunft und Ausbildung Bearbeiten

Ernst Woit wurde am 11. August 1932 in Aschersleben geboren. Er beendete die Schule mit dem Zeugnis der Mittleren Reife. Mit seinem freiwilligen Eintritt im Januar 1950 wurde er Angehöriger der Kasernierten Volkspolizei (KVP) der DDR. Nach einer Grundausbildung in der 8. VP-Bereitschaft (Kochstedt/Dessau) war er von 1951 bis 1956 als Klubleiter und Kulturinstrukteur in verschiedenen KVP-Dienststellen tätig. Woit wurde Anfang 1956 in die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR als Angehöriger einer Motorisierten Schützendivision (MSD) übernommen.

Militärische und wissenschaftliche Laufbahn Bearbeiten

In den Jahren 1956/57 besuchte er einen Weiterbildungskurs an der Politschule der NVA in Berlin-Treptow. Dieser beruflichen Weiterbildung folgten ab 1957 Dienststellungen in den Politabteilungen eines Flak-Regiments und einer Mot.-Schützendivision.

In den Jahren 1958 bis 1963 absolvierte Ernst Woit ein Fernstudium der Gesellschaftswissenschaften am Franz-Mehring-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig, das er als Diplomlehrer abschloss.

Von 1962 bis 1968 war er im Stab des Militärbezirkes III (Leipzig) eingesetzt. Berufsbegleitend absolvierte er eine außerplanmäßige Aspirantur und wurde im Jahr 1967 an der Karl-Marx-Universität Leipzig zum ersten akademischen Titel Doktor der Philosophie (Dr. phil.) promoviert – mit einer Dissertation über Veränderungen im antikommunistischen Feindbild der Bundeswehr.

Im Herbst 1968 begann seine Laufbahn als Hochschullehrer und Wissenschaftler an der Militärakademie „Friedrich Engels“ (MAFE)[3] der NVA. Woit hat dort als Fachgruppenleiter Spezialpropaganda zur Theorie und Praxis spezieller Streitkräftepropaganda[4] gelehrt und geforscht.

Im Jahr 1970 wurde er zum Hochschuldozenten[5] für Philosophie berufen.[2][6]

Im Jahr 1976 folgte seine Promotion B zum Doktor der Politikwissenschaften (Dr. sc. pol.) – mit einer Gemeinschaftsdissertation zu Problemen der Spezialpropaganda. Im August 1978 musste er mit dem Dienstgrad Oberst aus formalen Sicherheitsgründen aus dem aktiven Dienst der NVA ausscheiden.

Im September 1978 wurde Ernst Woit an die Technische Universität Dresden berufen – als Hochschuldozent für Geschichte und Kritik der bürgerlichen Philosophie des 19./20. Jahrhunderts. Hier konzentrierte er seine wissenschaftlichen Aktivitäten auf philosophische Aspekte der Krieg-Frieden-Problematik und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts.

Im Jahr 1981 wurde Woit zum Außerordentlichen Professor berufen.

Politisches Wirken Bearbeiten

Der Analytiker und Denker auf seinem wissenschaftlichen Arbeitsgebiet wurde im Jahr 1987 in den Wissenschaftlichen Rat für marxistisch-leninistische Philosophie berufen. Ernst Woit wurde im Jahr 1988 in den Wissenschaftlichen Rat für Friedensforschung an der Akademie der Wissenschaften der DDR berufen, um – mit anderen – in gemeinsamer, interdisziplinärer Anstrengung wissenschaftliche Vorleistungen für eine „Politik gemeinsamer Sicherheit vor Krieg und atomarem Inferno“ zu schaffen.

Im Februar 1989 entstand auf Initiative von Ernst Woit der Interdisziplinäre Arbeitskreis Friedensforschung Dresden (IAFD), an dessen Aktivitäten auch Wissenschaftler der Militärakademie teilnahmen.[7] Die von ihm maßgeblich initiierten Veranstaltungen brachten den Beweis, dass Friedensforschung und Militärwissenschaft sehr wohl für ein gemeinsames Ziel wirken können. Zugleich engagierte er sich für eine tabufreie breite Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte.[8]

Im Jahr 1991 wurde Ernst Woit per „Abwicklung“ an der Technischen Universität Dresden aus der Hochschullaufbahn entfernt. Er blieb seiner humanistischen Haltung als Kriegsgegner treu. Er arbeitete aktiv in verschiedenen gesellschaftlichen Gremien, so in der Sächsischen Friedensinitiative Dresden, in der Gemeinschaft für Menschenrechte im Freistaat Sachsen (1. Sprecher der GMS).

Seit dem Jahr 1992 beteiligte er sich an der Arbeit der Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (DSS) und publizierte eigene Beiträge in 40 Heften der DSS-Arbeitspapiere.[9]

Im Jahr 1993 regte Ernst Woit gemeinsam mit Wolfgang Scheler an, eine breitere Publizität für Friedensforschung zu gewinnen und öffentliche Veranstaltungen in Dresden inhaltlich zu gestalten. Das geschah im Rahmen der Sächsischen Friedensinitiative Dresden als Dresdner Friedenssymposium (1993–2010) und als Podium zum Weltfriedenstag (1993–2013), die in der Folge jährlich stattfanden. Das kann man als den Beginn der Kooperation der Friedensinitiative mit der Studiengemeinschaft DSS e. V. ansehen, in der Woit maßgeblich wirkte.

Im Jahr 1997 wurde er Vereinsmitglied und ab dem Jahr 2001 zum Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden der DSS e. V. gewählt.[10]

Ernst Woit war Ideengeber, Organisator und einer der Referenten der Dresdner Symposien „Für eine globale Friedensordnung“ (1996–2013), an denen in- und ausländische Wissenschaftler mitwirkten.[8] Woit war Referent und Publizist bei wissenschaftlichen Veranstaltungen und Gesprächspartner.

Ernst Woit verstarb am 8. Februar 2021 in Dresden im Alter von 88 Jahren und wurde auf dem Heidefriedhof (Dresden) am Teich der Erinnerung beigesetzt.

Würdigung Bearbeiten

Der Wissenschaftshistoriker und Philosoph Volker Bialas schrieb in einem Nachruf, dass das Netzwerk Friedenskooperative (Network of the German Peace Movement) „einen guten Freund verloren [hat]“ und würdigte Ernst Woit in der Zeitschrift FriedensForum mit den Worten:

„Der zentrale Begriff für sein Denken war in humanitärer Gesinnung die Würde des Menschen, der für ihn in enger Beziehung zu den Menschenrechten steht. Ernst Woit sprach nicht nur von Idealen, er lebte sie auch in seiner kritikfähigen Geradlinigkeit, in seiner dialogbereiten Mitteilsamkeit und seiner Offenherzigkeit im persönlichen Umgang.“[11]

Literatur Bearbeiten

  • Joachim Klopfer (Red.) et al.: Analysieren und Denken für Frieden und Menschenrechte. Ernst Woit zum 70. Geburtstag. Festschrift. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2002, Heft 62, S. 3. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-389025
  • Ernst Woit: Friedensforschung in Dresden. Der Interdisziplinäre Arbeitskreis Friedensforschung Dresden (IAFD) 1989 – 1990. Rückblicke (9). (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 1998, Heft 42. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-390401

Weblinks Bearbeiten

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Traueranzeige, in: Sächsische Zeitung vom 13. Februar 2021.
  2. a b Siehe Biografische Daten von Ernst Woit. In: Jochen Klopfer (Red.), Vorwort zur Festschrift – Kurzporträt Ernst Woit. Analysieren und Denken für Frieden und Menschenrechte. Ernst Woit zum 70. Geburtstag. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2002, Heft 62, S. 3. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-389025
  3. Abkürzung in: ZMSBw: Standortdatenbank NVA und GT/DDR. [1]
  4. Anmerkung zur „speziellen Streitkräftepropaganda“: Im Unterschied zur allgemein üblichen Propaganda wandte sich die „Spezialpropaganda“ der NVA an spezielle Zielgruppen im bewaffneten Kampf – Truppen und Bevölkerung des militärischen Gegners. Siehe: Herbert Müller: Geheime Verschlussache: Die Spezialpropaganda der Nationalen Volksarmee. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (DSS), DSS-Arbeitspapiere, Heft 37, Dresden 1997, S. 3 ff. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-390418
    Vergleiche demgegenüber die Zielrichtungen der „Psychologischen Kampfführung“. In: Martin Kirsch: Die „Psychologische Verteidigung“ der Bundeswehr bis 1990. (Hrsg.) Informationsstelle Militarisierung e. V., IMI-Studie, Nr. 14, ISSN 1611-2571, Tübingen 2014. URL: http://www.imi-online.de/download/2014_07_kirsch_web.pdf
  5. In der DDR gehörten seit der Hochschulreform von 1968 Hochschuldozenten und Professoren zur Gruppe der vom Minister für das Hoch- und Fachschulwesen berufenen Hochschullehrer. Siehe: Hochschullehrerberufungsverordnung (HBVO) vom 6. November 1968, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil II, S. 997–1003.
  6. Siehe: Berufene Hochschullehrer an der Militärakademie. In: Wolfgang Demmer/ Eberhard Haueis: Militärakademie „Friedrich Engels“ 1959 bis 1990. Eine Dokumentation. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V., Dresden 2008, S. 123. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-321551
  7. Siehe Ernst Woit: Friedensforschung in Dresden. Der interdisziplinäre Arbeitskreis Friedensforschung Dresden (IAFD) 1989–1990. In: (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 1998, Heft 42, 24 S. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-390401
  8. a b Siehe Rolf Lehmann: Ernst Woit – Weggefährte, Partner, Freund. In: Analysieren und Denken für Frieden und Menschenrechte. Ernst Woit zum 70. Geburtstag. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Dresden 2002, Heft 62, S. 7–10. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-389025
  9. Siehe Autoren der DSS-Arbeitspapiere. In: Für Entmilitarisierung der Sicherheit. 25 Jahre Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V. Ein Resümee. Sammelband, DSS-Arbeitspapiere, Heft 115, Dresden 2015, S. 244. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-321465
  10. Siehe Die Mitglieder der Studiengemeinschaft. In: Für Entmilitarisierung der Sicherheit. 10 Jahre Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., Sammelband, DSS-Arbeitspapiere, Heft 50, Dresden 2001, S. 63 und 74. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-327003
  11. Volker Bialas: / Abschied von Prof. Dr. Ernst Woit (1932-2021). In: Netzwerk Friedenskooperative (Hrsg.): Zeitschrift FriedensForum, Ausgabe 3/2021, Bonn 2021, ISSN 0936-0565. S. 23. Abruf 20. Mai 2021.