Ernst Majer-Leonhard

deutscher Pädagoge und Oberstudiendirektor

Ernst Majer-Leonhard (* 13. Juli 1889 in Frankfurt am Main; † 9. Juli 1966 in Falkenstein im Taunus) war ein deutscher Pädagoge und Oberstudiendirektor.

Ausbildung und Wirken Bearbeiten

 
Denkmal auf dem Grundstück des abgerissenen „Alten Schülchens“ am Klärchenweg in Königstein. (Bronzestatue von Eike Stielow, 1996[1])

Majer-Leonhard besuchte das Lessing-Gymnasium in Frankfurt am Main, wo er 1908 die Abiturprüfung ablegte. Anschließend studierte er alte Sprachen, antike Kunst und evangelische Religion in München, wo er 1913 zum Dr. phil. promoviert wurde. Im Ersten Weltkrieg diente er in der Abteilung Kriegsgeschichte des Generalstabes.[1]

Nach 1918 gehörte er zu den Gründern der studentischen Volksbildungsbewegung und engagierte sich für die Arbeiterbildung. Er hielt regelmäßig Vorlesungen für den Frankfurter Bund für Volksbildung und war bis 1938 pädagogischer Berater der Frankfurter Zeitung. 1921 wurde er nach kurzer Assessorzeit Studienrat am Frankfurter Goethe-Gymnasium, wechselte jedoch im gleichen Jahr an das altsprachliche Lessing-Gymnasium, seine ehemalige Schule. Dort wurde er 36-jährig 1926 Direktor als Nachfolger von Friedrich Neubauer. Er war der erste gebürtige Frankfurter in diesem Amt.

Majer-Leonhard wollte das humanistische Bildungsideal dieses traditionsreichen Frankfurter Gymnasiums fördern, indem er es mit Gedanken der preußischen Schulreformer verband. In seiner Amtszeit nahm die Schule als eines der ersten Frankfurter Gymnasien auch Mädchen auf.[1] Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung widersetzte sich Majer-Leonhard der Gleichschaltung. Wegen „Judenfreundlichkeit“ sowie wegen der Aufführung einer Schuloper von Paul Hindemith versetzte die Schulbehörde ihn 1933 an das Reformgymnasium in Höchst und 1937 zwangsweise in den Ruhestand.[1][2] Auch war Majer-Leonhards Frau Emma Jüdin; sie nahm sich 1937 das Leben.[3]

Danach unternahm Majer-Leonhard ausgedehnte Studienreisen und wirkte zeitweise an den Hermann-Lietz-Schulen auf Spiekeroog und in Schloss Bieberstein.[4] Nach Kriegsende wiederbegründete er 1945 die Taunusschule in Königstein im Taunus, die er bis zu seiner Pensionierung 1957 leitete.[1][5]

Am 30. Mai 1959 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.[1] Die Verehrung für den Königsteiner Schuldirektor Ernst Majer-Leonhard als Lehrer aus Leidenschaft[6] sowie „Humanist und Pädagoge aus Leidenschaft“ wirkte lange nach: 1995[7] schuf die rheinland-pfälzische Künstlerin Eike Stielow eine lebensgroße Bronzeskulptur, die 1996 am Standort der ehemaligen Schule am Klärchenweg aufgestellt wurde. Die Inschrift lautet: „Dr. Ernst Majer-Leonhard 1889 - 1966 / Begründer des Gymnasiums an Klärchenweg / Humanist und Pädagoge aus Leidenschaft / Eine Stiftung ehemaliger Schüler“.[8] Die dargestellte Haltung Majer-Leonhards soll das „heimliche Programm“ der Schule nach 1945 symbolisieren: „Die (Latein-) Bücher im festen Griff, der gerade Blick, der feste Stand sowie die rhetorische Geste und der wehende Mantel drücken die Leitvorstellungen seiner Bildungsziele aus.“[9]

Majer-Leonhard liegt – zusammen mit seiner Frau Emma und seiner Tochter Anneliese – auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.[1][3]

Familie Bearbeiten

Ernst Majer-Leonhard war Sohn des Frankfurter Industriellen Johann Friedrich Majer-Leonhard (1853–1925) und dessen Ehefrau Emma geb. Koch; sein Bruder war der Frankfurter Jurist und Genealoge Hans Majer-Leonhard,[1] sein Sohn der Theologe und NS-Verfolgte Fritz Majer-Leonhard (1915–1995).

Schriften Bearbeiten

  • Agrammatoi in Aegyto qui Litteras Sciverint Qui Nesciverint Ex Papyris Graecis Quantum Fieri Potest Exploratur puis prima Seorsum Expressa, Diekmann, Francofurti ad Moenum 1913.[10] („scripsit Ernestus Majer-Leonhard“)
  • Deutsches Schul-Theater. In: Zeitschrift für Deutschkunde, 2, 1921, S. 346–348.[11]
  • Cissarz als Architekt. In: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, 1923, S. 208–217.[12]
  • Das Jugendliche im platonischen Phaidon. Antrittsrede bei der Einführung als Direktor des Lessing-Gymnasiums zu Frankfurt a. M. am 17. April 1926. Englert & Schlosser, Frankfurt am Main 1926.[13]
  • Ein Lesebuch in Einzelheiten. Jugend und Bühne. In: Zeitschrift für Deutschkunde, 4, 1926, S. 307–308.[14]
  • Unterricht im Schullandheim. Auf der Oberstufe der höheren Schule. In: Das Schullandheim. Beltz, Langensalza 1926, S. 77–83.[15]
  • Die Kunst im Gymnasium. In: Musikpädagogische Gegenwartsfragen. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig 1928, S. 200–205.[16]
  • Kitsch und Kunst. 2 Stunden im Kunstlehrgang. In: Musikpädagogische Gegenwartsfragen. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig 1928, S. 206–208.[17]
  • Kunsterziehung. In: Wesen und Wege der Schulreform. Weidmann, Berlin 1930, S. 202–210.[18]
  • Fünfzig Jahre Laienspiel der Jugend, Hrsg. Bund der Freunde des städtischen Realgymnasiums Königstein im Taunus e. V., Lutzeyer, Frankfurt am Main 1957.[19]
  • 1946–1957. In: Taunusschule Gymnasium Königstein/Ts. Einweihung des Neubaus am 22. September 1962. Zusammengestellt von StR Dr. Seiler. Druck Ludwig Oehms, Frankfurt am Main o. J. (1962), S. 20–27.

Literatur Bearbeiten

  • Rudolf Bonnet: Das Lessing-Gymnasium zu Frankfurt am Main. Lehrer und Schüler 1897–1947. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1954.
  • Manfred Capellmann: Ernst Majer-Leonhard, Direktor des Lessing-Gymnasiums 1926-1933. In: „Nachforschung der Wahrheit“ - von der alten Lateinschule zum Lessing-Gymnasium in Frankfurt am Main. Festschrift zum 500-jährigen Jubiläum der Schule. Hrsg. Bernhard Mieles, Carolin Ritter, Christoph Wolf. Societäts Verlag, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-95542-379-7, S. 311–338.
  • Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon (= Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission. Band XIX, Nr. 2). Zweiter Band: M–Z. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-7829-0459-1.
  • Manfred Capellmann: Aus dem Schularchiv: Vor 80 Jahren, 1933, Säuberung am linken Lessing-Gymnasium. In: Lessing-Gymnasium, Jahresbericht 2013 (PDF auf bund-der-freunde.de, abgerufen am 5. Juli 2022), S. 156–159.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h Reinhard Frost: Majer-Leonhard, Ernst. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe auf frankfurter-personenlexikon.de). 17. Juni 1992, abgerufen am 3. Juli 2022.
  2. Manfred Capellmann: Aus dem Schularchiv: Vor 80 Jahren, 1933, Säuberung am linken Lessing-Gymnasium. In: Lessing-Gymnasium, Jahresbericht 2013 (PDF auf bund-der-freunde.de, abgerufen am 5. Juli 2022), S. 156–159.
  3. a b Thomas Stillbauer: Christen oder Juden, es war eine Frage von Leben oder Tod, auf fr.de (Frankfurter Rundschau, 31. Januar 2022, abgerufen am 5. Juli 2022).
  4. Ernst Majer-Leonhard: 1946–1957. In: Taunusschule Gymnasium Königstein/Ts. Einweihung des Neubaus am 22. September 1962. Zusammengestellt von StR Dr. Seiler. Druck Ludwig Oehms, Frankfurt am Main o. J. (1962), S. 20–27, hier S. 24.
  5. Ernst Majer-Leonhard: 1946–1957. In: Taunusschule Gymnasium Königstein/Ts. Einweihung des Neubaus am 22. September 1962. Zusammengestellt von StR Dr. Seiler. Druck Ludwig Oehms, Frankfurt am Main o. J. (1962), S. 20–27.
  6. mk: „mundWERK 2.0“ aus der WERKstatt – ein gelungenes MeisterWERK. In: taunus-nachrichten.de. Hochtaunus Verlag GmbH, 1. September 2021, abgerufen am 3. Juli 2022 (Enthält u. a. Bericht zu einem Vortrag von Lokalhistoriker Hermann Groß über den „Lehrer aus Leidenschaft“ Direktor Ernst Majer-Leonhard und das „Schülchen“.).
  7. Signatur: „Eike 95“. Vgl. Ernst Majer-Leonhard auf statues.vanderkrogt.net, abgerufen am 3. Juli 2022.
  8. Ernst Majer-Leonhard. In: statues.vanderkrogt.net. René & Peter van der Krogt, 27. September 2014, abgerufen am 3. Juli 2022.
  9. Schulprogramm. In: taunusgymnasium.de. Abgerufen am 3. Juli 2022.
  10. Bibliotheksbeleg auf nrw.digibib.net, abgerufen am 3. Juli 2022.
  11. Bibliotheksbeleg auf opac.k10plus.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  12. Bibliotheksbeleg auf opac.k10plus.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  13. Bibliotheksbeleg auf d-nb.info, abgerufen am 3. Juli 2022.
  14. Bibliotheksbeleg auf opac.k10plus.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  15. Bibliotheksbeleg auf kvk.bibliothek.kit.edu, abgerufen am 3. Juli 2022.
  16. Bibliotheksbeleg auf portal.kobv.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  17. Bibliotheksbeleg auf opac.k10plus.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  18. Bibliotheksbeleg auf portal.kobv.de, abgerufen am 3. Juli 2022.
  19. Bibliotheksbeleg auf d-nb.info, abgerufen am 3. Juli 2022.