Ernst Jokl

deutsch-amerikanischer Sportmediziner

Ernst Franz Jokl (* 3. August 1907[1] in Breslau; † 13. Dezember 1997 (PDF; 61 kB, englisch).[2] in Lexington, Kentucky, USA) war ein deutsch-amerikanischer Pionier der Sportmedizin.

Ernst Jokl 1992

Leben Bearbeiten

Deutschland (1907–1933) Bearbeiten

Jokl besuchte das Johannes-Gymnasium in Breslau und legte 1925 das Abitur ab. Anschließend studierte er Medizin an den Universitäten Breslau und Berlin. Jokl, der sich zeitlebens für den Sport begeisterte, war als junger Mann selbst Leistungssportler. Als Leichtathlet beim VfB Breslau und Bar Kochba Breslau lief er 1927 die 400 m Hürden in 58,0 Sekunden. Im selben Jahr war er deutscher Vizemeister in der 4-mal-400-Meter-Staffel.[3] Er war als Nachrücker für die olympischen Wettbewerbe 1928 in Amsterdam nominiert, kam aber nicht zum Einsatz.

1928 bestand er das Examen als Sportlehrer. Nach seiner Promotion zum Dr. med. wurde er 1930 Assistent an der Universität Breslau und 1931 im Alter von 23 Jahren Leiter des neu gegründeten Instituts für Sportmedizin an der Universität Breslau, des ersten seiner Art in Deutschland. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten emigrierte er wegen seiner jüdischen Abstammung 1933 nach Südafrika. Einem Ruf, in Nachfolge von Adolf Loewy die Leitung des Schweizerischen Forschungsinstituts für Hochgebirgsklima und Medizin in Davos zu übernehmen, wo er in den Wintermonaten 1930/31 und 1931/32 als Stipendiat gearbeitet hatte, folgte er nicht.[4]

Südafrika (1933–1950) Bearbeiten

Jokl trainierte die Leichtathletik-Mannschaft der Johannesburger Witwatersrand-Universität, die 1935 die nationale Universitäts-Meisterschaft gewann. Daraufhin wurde er 1936 an die Universität Stellenbosch berufen. 1937 besetzte er den neu geschaffenen Lehrstuhl für Leibeserziehung an der Witwatersrand-Universität. Als die südafrikanische Regierung am Ende der 1930er Jahre den Nationalen Beirat für Leibeserziehung (NARLO) einrichtete, nahm Jokl entscheidenden Einfluss auf dessen administrative Struktur und Politik. Unter seiner Leitung wurde 1940 ein einheitlicher Lehrplan für den Sportunterricht ausgearbeitet, der auf den Ideen des dänischen Turnlehrers Niels Bukh (1880–1950) basierte.[1] Er orientierte sich jedoch an der internationalen Entwicklung und legte bereits hier die Basis für sein späteres Netzwerk der Sportmedizin.[5][6] Während des Zweiten Weltkriegs war Jokl als Berater der Südafrikanischen Streitkräfte tätig. Von 1943 bis 1950 war er Ministerialreferent im Ministerium für Medizin und Unterricht in Pretoria. In dieser Position förderte er die Forschung auf den Gebieten der Sportmedizin und der Physiologie des Sports.

USA (1952–1997) Bearbeiten

1950 kehrte Jokl nach Deutschland zurück. Er war kurze Zeit an der Deutschen Sporthochschule Köln tätig, bevor er 1952 an die staatliche Universität von Kentucky in Lexington wechselte, um dort das medizinische Rehabilitationszentrum der Universität aufzubauen. Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1976 blieb er als Professor für Neurologie und Sportmedizin in Lexington.

1954 gehörte Jokl zu den elf Gründern des American College of Sports Medicine (ACSM), der heute größten sportmedizinischen Organisation mit weltweit über 50.000 Mitgliedern und zertifizierten Fachleuten (2016).[7] Er initiierte 1958 die Gründung des Weltrates für Sport und Leibeserziehung bei der UNESCO, 1982 umbenannt in Weltrat für Sportwissenschaft und Leibeserziehung (ICSSPE). Von 1960 bis 1977 leitete er die Forschungskommission dieser Organisation. Jokl war Berater und Mannschaftsarzt des amerikanischen Olympia-Teams.

1973 war er Honorarprofessor der Freien Universität Berlin und 1974 der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Ernst Jokl starb 1997 im Alter von 90 Jahren in Lexington. Seine umfangreiche Bücher- und Zeitschriftensammlung (ca. 5.500 Bände) übergab seine Familie 1998 der Deutschen Sporthochschule Köln.[8]

Familiäres Bearbeiten

Jokl war verheiratet mit der Sportlehrerin Erika Lestmann (Olympiateilnehmerin 1928). Sein Sohn Peter wurde ebenfalls Sportmediziner. Die Tochter Marion Jokl Ball (* 1940) studierte Mathematik und betätigte sich erfolgreich auf dem Gebiet der medizinischen Informatik.

Wissenschaftliches Werk Bearbeiten

Ernst Jokl war einer der führenden Sportmediziner des 20. Jahrhunderts. Er leistete Pionierarbeit auf mehreren Gebieten seines Faches. Er war Autor oder Herausgeber von 27 Büchern. Er publizierte 261 wissenschaftliche Zeitschriftenartikel.[9]

Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit waren

Ehrungen Bearbeiten

Ernst Jokl wurde für seinen herausragenden Beitrag zur Entwicklung der Sportmedizin mehrfach geehrt. Er erhielt unter anderem folgende Auszeichnungen:

Im April 1986 wurde er Ehrenmitglied der Gesellschaft für Sportmedizin der DDR.

Die Deutsche Sporthochschule Köln verlieh ihm am 12. Januar 1991 die Ehrendoktorwürde. Ein Platz auf dem Campus trägt den Namen Ernst-Jokl-Platz. In seinem Geburtsort Breslau ist ein Ärztehaus nach ihm benannt.

Die US Sports Academy verleiht seit 1994 jährlich den Dr. Ernst Jokl Sports Medicine Award an eine Einzelperson für hervorragende Beiträge auf dem Gebiet der Sportmedizin. Zu den Preisträgern gehören unter anderem Roger Bannister (1994), Jacques Rogge (1996) und Eric Heiden (2003).[10]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • Der Typ des jüdischen Sportsmannes. Eine konstitutionelle Studie. In: Der Makkabi. Organ des Deutschen Kreises im Makkabi-Weltverband, 1929, S. 4f.[11]
  • Zusammenbrüche beim Sport. Manz’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1936
  • Aviation Medicine. Unie-Volkspers Beperk, Kapstadt 1943
  • Alter und Leistung, Springer, Berlin 1954
  • mit M. J. Karvonen, J. Kihlberg, A. Koskela und L. Noro: Sports in the Cultural Pattern of the World: a Study of the 1952 Olympic Games at Helsinki, Institute of Occupational Health, Helsinki 1956
  • The Clinical Physiology of Physical Fitness and Rehabilitation, Thomas, Springfield 1958
  • What is Sports medicine?, Thomas, Springfield 1964
  • Exercise and Altitude, Karger, Basel 1968
  • Physiology of Exercise, Thomas, Springfield 1971

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten

  1. a b Floris Van der Merwe, Ernst Franz Jokl as the Father of Physical Education in South Africa (Memento vom 8. August 2010 im Internet Archive), North American Society For Sport History, Proceedings & Newsletter 1990, S. 81.
  2. Frank Litsky, Dr. Ernst F. Jokl, a Pioneer In Sports Medicine, Dies at 90, New York Times vom 21. Dezember 1997. Der genaue Sterbetag wird nicht explizit genannt. Mit „Last Saturday“ könnte auch der 20. Dezember gemeint sein.
  3. Kurzbiografien der Ehrendoktoren der Deutschen Sporthochschule Köln (Memento vom 19. Oktober 2007 im Internet Archive) (PDF; 763 kB)
  4. Hanns-Christian Gunga, Leben und Werk des Berliner Physiologen Nathan Zuntz (1847–1920), Matthiesen, Husum 1989, ISBN 3-7868-4058-X, S. 277
  5. Arnd Krüger: The History of Middle and Long Distance Running in the Nineteenth and Twentieth Century. In: Arnd Krüger, Angela Teja (Hrsg.): La Comune Eredita´ dello Sport in Europa: Atti del 1 Seminario Europeo di Storia dello Sport, CONI, Rom 1997, S. 117–124.
  6. Daniel Svensson: How Much Sport is there in Sport Physiology? Practice and Ideas in the Stockholm School of Physiology at GCI, 1941–1969. In: The International Journal of the History of Sport 30, Nr. 8, 2013, S. 892–913.
  7. About ACSM. Who we are. beim American College of Sports Medicine, abgerufen am 10. Januar 2016
  8. Nachlass-Sammlung von Ernst Jokl (Memento vom 10. Januar 2016 im Internet Archive) bei der Zentralbibliothek der Deutschen Sporthochschule Köln, 26. März 2008
  9. Frank Litsky: Dr. Ernst F. Jokl, a Pioneer In Sports Medicine, Dies at 90. In: New York Times, 21. Dezember 1997
  10. Dr. Ernst Jokl Sports Medicine Award auf der Homepage des American Sport Art Museum and Archives, abgerufen am 17. Oktober 2015
  11. Deutsche Nationalbibliothek, Signatur ZB 13625; sowie National Library of Israel, Harvard University, Harvard College Library, und New York Public Library System