Edouard Diodati

Schweizer evangelischer Geistlicher, Bibliothekar und Hochschullehrer

Alexandre-Amédée-Edouard Diodati (* 31. Juli 1789 in Genf; † 12. Juli 1860 in Perroy) war ein Schweizer evangelischer Geistlicher, Bibliothekar und Hochschullehrer.

Leben Bearbeiten

Familie Bearbeiten

Edouard Diodati entstammte der Notabelnfamilie Diodati[1] und war der Sohn Politikers Jacques-Amédée Diodati († 9. März 1838)[2], Mitglied des Rats der Zweihundert, und dessen Ehefrau Sophie († 854), Tochter von Daniel-Alexandre de Morsier; seine Schwester Sophie-Elisabeth Diodati (* 13. Januar 1792; † 13. Februar 1878) war mit dem Politiker Charles-Léonard Lullin (1781–1847)[3] verheiratet.

Seit 1815 war er mit Charlotte-Susanne, Tochter des Politikers Isaac Vernet (1770–1850)[4], verheiratet; gemeinsam hatten sie vier Kinder:

  • Marie-Salomon-Théodore Diodati (* 8. November 1816; † 28. April 1878)[5], verheiratet mit Edouard Sarasin (1823–1906), ihre Tochter Alberte-Emma Diodati war mit dem Physiker Édouard Sarasin verheiratet[6];
  • Charles-Elisee-Adolphe Diodati (* 20. Oktober 1823; † 22. Oktober 1839);
  • Charles-Aloys Diodati (* 27. Mai 1826; † 1896), Oberstleutnant, Komponist und Pianist;
  • Charles-Gabriel Diodati (* 24. November 1828 in Genf; † 14. Juli 1914 ebenda), Architekt.

Werdegang Bearbeiten

1807 immatrikulierte sich Edouard Diodati an der Académie de Genève zu einem Theologiestudium[7]; 1811 erfolgte seine Ordination[8].

Von 1815 bis 1819 war er Pfarrer in Cartigny und darauf von 1820 bis 1845 Leiter der Bibliothèque publique von Genf; sein Porträt befindet sich heute auf der Haupttreppe der Bibliothek[9]. Von 1828 bis 1840 war er zugleich Gefängnisgeistlicher und in dieser Zeit 1837 Moderator der Compagnie des pasteurs.

Er unterrichtete Ästhetik und Moderne Literatur von 1839 bis 1840, sowie Homiletik und Apologetik von 1840 bis 1860 an der Académie de Genève.

Geistliches und berufliches Wirken Bearbeiten

Von 1846 bis 1851 war Edouard Diodati Mitglied der Genfer Synode.

Er betonte die Autorität der Bibel als Wort Gottes sowie die Freiheit in deren Auslegung; dabei war er irritiert über Zweifel der Bibelkritiker an der Grundlage seines Glaubens.[10]

Er beschäftigte sich auch eingehend mit der schulischen Ausbildung und veröffentlichte hierzu Publikationen[11], eine seiner französischen Schriften wurde 1828 mit Ueber Kinder-Schulen, eine neue, für Deutschland sehr empfehlungswerthe Erziehungsanstalt ins Deutsche übersetzt.[12]

 
Villa Diodati

Trivia Bearbeiten

Edouard Diodati war der Besitzer der Villa Diodati[13] am Genfersee, die er 1816 an den englischen Dichter Lord George Gordon Byron vermietete[14]. Lord Byron traf sich dort mit der britischen Schriftstellerin Mary Godwin, dem Romantiker und Marys späteren Ehemann Percy Bysshe Shelley, und mit seiner schwangeren Exgeliebten Claire Clairmont (Marys Halbschwester) sowie dem Arzt und Schriftsteller John Polidori. Aufgrund des schlechten Wetters (siehe auch: Jahr ohne Sommer) konnte die Gesellschaft nur selten das Haus verlassen; aus den dann, während des Aufenthaltes im Haus, gehaltenen Gesprächen und Disputen entstanden später die Geschichte von Frankenstein und das Werk Der Vampyr, das auch zu Bram Stokers Dracula führte.[15]

Mitgliedschaften Bearbeiten

  • Edouard Diodati war Mitglied der 1838 gegründeten Société d'histoire et d'archéologie de Genève.[16][17]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Micheline Tripet, Ekkehard Wolfgang Bornträger: Diodati. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 23. Juni 2004, abgerufen am 5. Januar 2021.
  2. Jacques Augustins Galiffe: Notices généalogiques sur les familles genevoises depuis les premiers temps jusqu'à nos jours. S. 735. J. Jullien, 1892 (google.de [abgerufen am 5. Januar 2021]).
  3. Jean de Senarclens, Ernst Grell: Charles-Léonard Lullin. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 28. August 2006, abgerufen am 5. Januar 2021.
  4. Jacques Barrelet, Barbara Erni: Isaac Vernet. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 17. Oktober 2011, abgerufen am 5. Januar 2021.
  5. Edouard Alexandre Amédée Diodati b. 1789: Geneagraphie - Families all over the world. Abgerufen am 5. Januar 2021.
  6. Family tree of Alexandre Amédée Edouard Diodati. Abgerufen am 5. Januar 2021 (englisch).
  7. Université de Genève, Charles Guillaume Le Fort: Le livre du recteur: catalogue des étudiants de l'Academie de Genève de 1559 a 1859. Fick, 1860 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  8. Secretan: Galerie suisse. G. Bridel, 1876 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  9. Portrait d'Edouard Diodati (1789-1860). Abgerufen am 5. Januar 2021 (französisch).
  10. Carl Ullmann: Theologische Studien und Kritiken, in Verbindung mit D. Gieseler, D. Lücke und D. Nitzsch herausg. von C. Ullmann und F.W.C. Umbreit. 1831 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  11. Verhandlungen der Schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft (über Erziehungswesen, Gewerbfleiß und Armenpflege). Huber, 1829 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  12. Diana Franke-Meyer: Kleinkindererziehung und Kindergarten im historischen Prozess: ihre Rolle im Spannungsfeld zwischen Bildungspolitik, Familie und Schule. Julius Klinkhardt, 2011, ISBN 978-3-7815-1783-7 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  13. Leslie Marchand: Byron: A Portrait. Random House, 2013, ISBN 978-1-4481-3786-2 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  14. Up at a villa - Literary criticism. In: TLS. Abgerufen am 6. Januar 2021 (britisches Englisch).
  15. Kulturgeschichte: Die Geburt des Monsters. In: DER SPIEGEL 22. 2016, abgerufen am 5. Januar 2021.
  16. Edouard Favre: Mémorial des cinquante premières années de la Société d'histoire et d'archéologie de Genève, 1838-1888. Julien, 1889 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2021]).
  17. Société d'Histoire et d'Archéologie de Genève | Plus d’un siècle et demi d’existence. Abgerufen am 6. Januar 2021 (französisch).