Dumortierit

Mineral, Inselsilikat

Dumortierit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der idealisierten Zusammensetzung Al6,5–7[(O,OH)3|BO3|(SiO4)3][3], ist also chemisch gesehen ein Aluminium-Borosilikat mit zusätzlichen Sauerstoff- bzw. Hydroxidionen. Strukturell gehört Dumortierit zu den Inselsilikaten.

Dumortierit
Dumortierit aus Beraketa, Distrikt Bekily, Region Androy, Madagaskar
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013 s.p.[1]

IMA-Symbol

Dum[2]

Chemische Formel
  • Al6,5–7[(O,OH)3|BO3|(SiO4)3][3]
  • Al6(Al,Mg,Fe3+,□)[(O,OH)3|BO3|(SiO4)3][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/B.31
VIII/B.31-020

9.AJ.10
54.01.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[5]
Raumgruppe (Nr.) Pmcn[4] (Nr. 62)
Gitterparameter a = 11,83 Å; b = 20,24 Å; c = 4,70 Å[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Zwillingsbildung Drillinge nach {110}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7 bis 8,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,21 bis 3,41; berechnet: 3,45[6]
Spaltbarkeit deutlich nach {100}, undeutlich nach {110}; Absonderungen nach {001}
Bruch; Tenazität uneben[7]
Farbe blau, grünlichblau, violett, rotviolett bis braunviolett
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz, schwacher Seidenglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,659 bis 1,678
nβ = 1,684 bis 1,691
nγ = 1,686 bis 1,692[8]
Doppelbrechung δ = 0,027[8]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 20 bis 52° (gemessen); 30° (berechnet)[8]
Pleochroismus stark:[6]
X = dunkelblau oder -violett
Y = gelb bis rotviolett oder fast farblos
Z = farblos oder sehr hellblau

In natürlichem Dumortierit ist oft ein geringer Anteil des Aluminiums durch Magnesium (Mg) oder Eisen (Fe) ersetzt (substituiert). Zudem ist dieser Strukturplatz nicht immer vollständig besetzt (□), was allgemein auch mit der Formel Al6(Al,Mg,Fe3+,□)[(O,OH)3|BO3|(SiO4)3][4] ausgedrückt wird.

Das Mineral findet sich meist in Form parallelfaseriger oder radialstrahliger Kristalle und Aggregate von blauer, grünlichblauer, violetter oder rotvioletter bis braunvioletter Farbe bei weißer Strichfarbe. Sichtbare Kristallflächen weisen einen glasähnlichen Glanz auf, in derben Aggregatformen ist Dumortierit dagegen matt.

Die bekannte Natursteinsorte Azul Do Macaubas enthält etwa 15 % Dumortierit, was der Grund für die kräftige Blaufärbung des Steins ist.[9]

Besondere Eigenschaften Bearbeiten

Durch starkes Glühen geht Dumortierit unter Abgabe von Wasser (H2O) und Bortrioxid (B2O3) in das Mineral Mullit über.[10]

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals entdeckt wurde Dumortierit im Steinbruch „Ducarre“ in der Gemeinde Chaponost im französischen Département Rhône und beschrieben 1881 durch M. F. Gonnard, der das Mineral nach dem französischen Paläontologen Eugène Dumortier (1801–1876) benannte.

Klassifikation Bearbeiten

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Dumortierit zur Abteilung der „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen (Neso-Subsilikate)“, wo er zusammen mit Grandidierit die „Dumortierit-Grandidierit-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/B.31 und den weiteren Mitgliedern Boralsilit, Harkerit, Holtit, Kornerupin, Magnesiodumortierit, Ominelit, Prismatin und Werdingit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Dumortierit in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordinationszahl der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate mit BO3-Dreiecken und/oder B[4], Be[4]-Tetraedern, eckenteilend mit SiO4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Holtit und Magnesiodumortierit die unbenannte Gruppe 9.AJ.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Dumortierit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung und gleichnamige Unterabteilung der „Inselsilikate: Borosilikate und einige Beryllosilikate mit (BO3)“ ein. Hier ist er als Namensgeber der „Dumortieritgruppe“ mit der System-Nr. 54.01.02 und dem einzigen weiteren Mitglied Magnesiodumortierit zu finden.

Bildung und Fundorte Bearbeiten

 
Blauvioletter Dumortierit aus Dehesa, San Diego County, Kalifornien, USA (Größe: 6 cm × 3 cm)

Dumortierit bildet sich in aluminiumreichen, regional metamorphosierten, granitischen Pegmatiten, Migmatiten oder Gneisen. Als Begleitminerale treten unter anderem Andalusit, Cordierit, Kyanit, Muskovit, Quarz, Rutil, Sillimanit, Skapolith, Topas und Turmalin auf.

Als eher seltene Mineralbildung kann Dumortierit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand 2013) rund 200 Fundorte.[11] Neben seiner Typlokalität, dem Steinbruch „Ducarre“, konnte das Mineral in Frankreich noch in der ebenfalls zum Département Rhône gehörenden Gemeinde Saint-Laurent-de-Chamousset sowie bei Rouquié (Gemeinde Lamontélarié) im Département Tarn gefunden werden.

In Deutschland trat Dumortierit unter anderem bei Egerten in Baden-Württemberg, Drachselsried und Ahornberg in Bayern, Rockeskyll (Eifel) in Rheinland-Pfalz sowie im Ratssteinbruch nahe Hartmannsdorf (bei Chemnitz) und bei Waldheim in Sachsen auf.

In Österreich konnte das Mineral bisher am Arlinggraben bei Kötsch (Gemeinde Wolfsberg), am Ladinger Spitz und bei Bad St. Leonhard im Lavanttal in der Kärntener Saualpe; bei Meidling (Gemeinde Paudorf), am Unterkienstock nahe Rossatz-Arnsdorf und am Zwettler Leiten nahe Felling (Gemeinde Gföhl), Ebersdorf (Gemeinde Leiben) und bei Amstall in Niederösterreich sowie am Kuppergrund bei Osterwitz, am Wildbachgraben und bei Schwanberg in der Steiermark gefunden werden.

In der Schweiz kennt man Dumortierit bisher nur vom Fornogletscher in Kanton Graubünden, aus dem Pontetal und Crodolotal nahe Brissago TI sowie aus Castione TI im Kanton Tessin.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, Australien, Österreich, Bolivien, Botswana, Brasilien, Bulgarien, Chile, Finnland, Indien, Italien, Japan, Kanada, Madagaskar, Mosambik, Namibia, Neuseeland, Norwegen, Peru, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz, der Slowakei, Südafrika, Südkorea, Tschechien, der Ukraine, im Vereinigten Königreich (England) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Alaska, Arizona, Kalifornien, Main, Montana, Nevada, New Mexico, New York, North Carolina, Pennsylvania, Utah, Washington).[12]


Kristallstruktur Bearbeiten

Dumortierit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pmcn (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/62.5 mit den Gitterparametern a = 11,83 Å; b = 20,24 Å und c = 4,70 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Verwendung Bearbeiten

Als Schmuckstein Bearbeiten

Ähnlich wie Sodalith und Lapislazuli findet auch Dumortierit vorwiegend Verwendung als Schmuckstein. Für dichte Aggregatformen werden dabei Cabochon- und andere Glattschliffe und für Kristalle verschiedene Facettenschliffe bevorzugt. Daneben werden Aggregatformen auch zu verschiedenen kunstgewerblichen Gegenständen wie beispielsweise Tierskulpturen verarbeitet.

Aufgrund seiner farblichen Ähnlichkeit mit Sodalith und Lapislazuli sowie in Kristallform mit Azurit, Blauquarz besteht eine gewisse Verwechslungsgefahr mit diesen Mineralen. Blauquarz mit Einschlüssen aus Dumortierit wird präziser auch als Dumortieritquarz bzw. Dumortierit-Quarz bezeichnet.[13][14]

Als Rohstoff Bearbeiten

Gelegentlich wird Dumortierit als keramischer Rohstoff für Isolatoren und Laborgeräte verwendet.[15]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • M. F. Gonnard: Note sur l´existance d´une espèce minérale nouvelle, la dumortiérite dans le gneiss de Beaunan, au-dessus des anciens aqueducs galloromains de la vallée de l´Izeron (Rhône), In: Bulletin de la Société Minéralogique de France, Band 4 (1881), S. 2–5 (PDF 224,2 kB)
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 686 (Erstausgabe: 1891).
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 703.
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 495.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 209 (Dörfler Natur).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Dumortierite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  4. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 561.
  5. Webmineral - Dumortierite
  6. a b Dumortierite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 74,3 kB)
  7. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 209 (Dörfler Natur).
  8. a b c Mindat - Dumortierite
  9. Friedrich Müller: Gesteinskunde, Ebener Verlag, 2005, ISBN 3-87188-122-8, S. 158
  10. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 703.
  11. Mindat - Anzahl der Fundorte für Dumortierit
  12. Fundortliste für Dumortierite beim Mineralienatlas und bei Mindat
  13. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten der Welt. 1600 Einzelstücke. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. BLV Verlags-GmbH., München u. a. 2002, ISBN 3-405-16332-3, S. 198.
  14. Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 2005, ISBN 3-89060-025-5, S. 53.
  15. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 495.