Dragqueen
Eine Dragqueen ist ein Mann, der in künstlerischer oder humoristischer Absicht durch Aussehen und Verhalten eine Frau darstellt.

Eine Dragqueen unterscheidet sich von einem Travestie-Künstler in der Hinsicht, dass dieser in verschiedene Frauenrollen schlüpft und auch prominente Frauen imitiert oder parodiert, während die Dragqueen eine feste Rolle mit eigenem „Drag-Namen“ hat. Dabei sind die Übergänge fließend, und es gibt auch Kombinationen. In beiden Fällen kann ein Mann zeitweise eine Frau darstellen, sich aber weiterhin als Mann definieren. Damit unterscheiden sich Dragqueens und Travestie-Künstler von Personen, deren psychologische Geschlechtsidentität nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt.
Beschreibung
Eine Dragqueen trägt meist sehr weibliche Kleidung, kunstvolles Makeup, Schuhe mit hohen Absätzen und ausladende Perücken. Dragqueens sind vornehmlich in der Schwulenszene der Großstädte zu finden. Bei politischen Umzügen und Festen wie dem Christopher Street Day treten Dragqueens auch für die szenefremde Bevölkerung in Erscheinung.
Viele Dragqueens sehen in ihrem Auftreten ein sozialpolitisches Statement: Sie möchten der Gesellschaft aufzeigen, dass es innerhalb des heteronormativen bipolaren Geschlechtersystems (Mann-Frau) auch eine Art drittes Geschlecht gibt. Somit sind viele Dragqueens der Vergangenheit und Gegenwart nicht nur schrille Diskoqueens, sondern fungieren als Galionsfigur in der Homosexuellenbewegung.
Das Gegenstück, eine Frau, die einen Mann darstellt, ist ein Dragking.
Etymologie
Der Begriff Dragqueen entstand wahrscheinlich um 1900 aus dem britischen Slang und beschrieb effeminierte Homosexuelle in weiblicher Kleidung. Etwas später gesellte sich der Begriff Dragking als Bezeichnung für meist lesbische Frauen in typisch männlicher Kleidung hinzu.
Früher war mancherorts Frauen das Auftreten auf Bühnen noch verboten; Schauspieler verkleideten sich bei Bedarf als Frauen.[1] Laut einer Legende schrieb William Shakespeare an den Rand seiner Bühnenanweisungen Drag, wenn ein Mann als Frau verkleidet auftreten sollte. Deshalb wird der Begriff „Drag“ oft noch als „dressed as a girl“ (etwa: „als Mädchen gekleidet“) interpretiert (und analog bei „Dragking“ als „dressed as a guy“ (als Mann gekleidet)).
Als wahrscheinlicher gilt die Definition des englischen Wortes „drag“ als „schleppen“ wegen der Schleppe an langen Kleidern. – Im Englischen hat sich (anspielend auf die oft sehr aufwändigen, pompösen Kostüme und das auffällige Makeup) der Begriff „doing drag“ als Bezeichnung für jemanden eingebürgert, der mit der Kleidung seine Geschlechterrolle wechselt.[2]
Bekannte Dragqueens
Deutschland
Eine der bekanntesten deutschen Dragqueens ist Olivia Jones alias Oliver Knöbel. 2004 kandidierte er für die Hamburgische Bürgerschaft und erzielte 0,5 % der Stimmen.
- Betty BBQ, Schwarzwald-Dragqueen aus Freiburg im Breisgau
- Georg Preuße alias Mary Morgan
- Reiner Kohler alias Gordy Blanche
- Lilo Wanders
- Nina Queer
- Freifrau von Kö
- Frl. Wommy Wonder
Österreich
International
Kinofilme mit Dragqueens
- 1968: Flesh mit Candy Darling als Candy
- 1972: Pink Flamingos mit Divine als Babs Johnson
- 1975: The Rocky Horror Picture Show mit Tim Curry als Frank N. Furter
- 1978: Ein Käfig voller Narren u. a. mit Michel Serrault als Albin Mougeotte
- 1980: Noch ein Käfig voller Narren u. a. mit Michel Serrault als Albin Mougeotte
- 1981: Polyester mit Divine als Francine Fishpaw
- 1982: Victor/Victoria mit Julie Andrews als Victoria Grant / Victor Grezhinski
- 1985: Ein Käfig voller Narren – Jetzt wird geheiratet u. a. mit Michel Serrault als Albin Mougeotte
- 1988: Das Kuckucksei mit Harvey Fierstein (Arnold), Ken Page (Murray / Marsha Dimes), Charles Pierce (Bertha Venation), Axel Vera (Marina Del Ray)
- 1994: Priscilla – Königin der Wüste mit Terence Stamp (Bernadette Bassenger), Hugo Weaving (Mitzi Del Bra) und Guy Pearce (Felicia Jollygoodfellow)
- 1995: To Wong Foo, thanks for Everything, Julie Newmar mit Patrick Swayze (Vida Boheme), Wesley Snipes (Noxeema Jackson) und John Leguizamo (Chi-Chi Rodriguez)
- 1996: I Shot Andy Warhol mit Stephen Dorff als Candy Darling
- 1996: The Birdcage – Ein Paradies für schrille Vögel u. a. mit Nathan Lane als Albin (US-amerikanische Version von Ein Käfig voller Narren)
- 1999: Makellos mit Philip Seymour Hoffman als Rusty Zimmerman
- 1999: Trick, Clinton Leupp als Miss Coco Peru
- 2001: Sweet November mit Michael Rosenbaum als Brandy
- 2002: Mister Sister – Eine Drag Queen in der Liga mit Miguel A. Nunez junior als Juwanna Mann
- 2004: Connie und Carla mit Nia Vardalos (Connie), Toni Collette (Carla), Stephen Spinella (Robert / Peaches), Alec Mapa (Lee / N’Cream), Chris Logan (Brian / Brianna)
- 2005: Kinky Boots – Man(n) trägt Stiefel mit Chiwetel Ejiofor als Lola
- 2014: Dunkler als die tiefste Nacht mit Davide Capone als Davide, Davide Cordova als Louvre
- 2015: Viva mit Héctor Medina als Jesús
Neben den Filmen, in denen Dragqueens dargestellt werden, gibt es auch noch Filme, in denen sich Männer zwar als Frauen verkleiden, jedoch ohne dass damit Dragqueens dargestellt werden sollen. Einige Beispiele sind:
- 1956: Charleys Tante mit Heinz Rühmann als Dr. Otto Dernburg / Charleys Tante
- 1959: Manche mögen’s heiß mit Tony Curtis als Joe / Josephine und Jack Lemmon als Jerry / Daphne
- 1963: Charleys Tante mit Peter Alexander als Dr. Otto Wilder / Charleys Tante
- 1982: Tootsie mit Dustin Hoffman als Michael Dorsey / Dorothy Michaels
- 1993: Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen mit Robin Williams als Daniel Hillard / Mrs. Euphegenia Doubtfire
Musikvideos mit Dragqueens
- 1979: Hell on Wheels (Promo Video) von Cher
- 1984: I Want to Break Free von Queen
- 1994: Hey Now! (Girls Just wanna Have Fun) von Cyndi Lauper
- 1995: I will Survive von Diana Ross
- 2000: Bathwater von No Doubt
- 2005: Tripping von Robbie Williams
- 2006: Listen Up! von The Gossip
- 2007: She's Madonna von Robbie Williams
- 2008: Morning after Midnight von Adam Green
- 2008: Hot 'n' Cold von Katy Perry
- 2009: Covergirl (put the bass in your walk) von RuPaul
- 2009: I Gotta Feeling von The Black Eyed Peas
- 2009: I like von Keri Hilson
- 2010: Get Away With Murder von Jeffree Star
- 2010: Beauty Killer von Jeffree Star
- 2010: Like A Lady von Monrose
- 2010: Take It Off (K$ n' Friends Version) von Kesha
- 2011: Freak Of Nature von Chris Crocker
- 2012: Prom Night! von Jeffree Star
- 2013: Love To My Cobain von Jeffree Star
- 2014: Rise Like a Phoenix von Conchita Wurst, Siegerlied des Eurovision Song Contest 2014
- 2017: Power von Little Mix
- 2019: Zick, Zack, Zwiebel von Betty BBQ feat. PARTYTIER
Literatur
- Del LaGrace Volcano, Judith Halberstam: The Drag King Book. Serpent’s Tail, London 1999, ISBN 1852426071.
- Betty BBQ, Steph Burlefinger: "MENSCH, Betty! - Das Comicbüchlein zur Krise mit Schwarzwald Drag Queen Betty BBQ", mit Illustrationen von Steph Brulefinger, erschienen im Selbstverlag der Betty BBQ Travestie & Entertainment, Freiburg 2020, ISBN 978-3000659188.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ dies wird z. B. im Film Shakespeare in Love thematisiert
- ↑ Johannes Jakob Arens: Tanzmariechen und Trümmertunte. Transgressionen von Geschlechtergrenzen im öffentlichen Raum Kölns In: Bilder. Bücher. Bytes. Zur Medialität des Alltags, 2009, S. 522