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Die Randbedingung erster Art[1] ist ein Begriff aus der Mathematik und gehört zum Teilbereich der Theorie der Differentialgleichungen. Sie ist eine spezielle Randbedingung eines Randwertproblems, bei dem die Werte der gesuchten Funktion am Rand ihres Definitionsbereichs vorgegeben sind. Der Begriff findet sowohl bei gewöhnlichen als auch bei partiellen Differentialgleichungen Anwendung. Insbesondere im Bereich der partiellen Differentialgleichungen und dort in der Theorie der elliptischen Differentialgleichungen wird die Randbedingung erster Art auch Dirichlet-Randbedingung[2] genannt. Der Name geht auf den Mathematiker Peter Gustav Lejeune Dirichlet zurück. Genauso geht auch der Name des Dirichlet-Problems - der Prototyp eines partiellen Randwertproblems mit Dirichlet-Randbedingung - auf ihn zurück.[2]

Im Unterschied dazu legt die Randbedingung zweiter Art - auch Neumann-Randbedingung genannt - fest, welchen Wert die Ableitung der gesuchten Funktion am Rand annimmt. Daneben gibt es weitere Randbedingungen wie die gemischte und die schiefe Randbedingung, die beide Ansätze miteinander kombinieren.

Gewöhnliche Differentialgleichung

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Definition der Randbedingung erster Art

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Im Falle einer gewöhnlichen Differentialgleichung wird der Definitionsbereich der Lösung in der Regel als ein abgeschlossenes Intervall festgelegt. Damit besteht der Rand aus den beiden Intervall-Endpunkten. Aufgrund der Struktur gewöhnlicher Differentialgleichungen sind Randbedingungen erster Art nur für Gleichungen zweiter oder höherer Ordnung sinnvoll. Ein Randwertproblem für eine Differentialgleichung zweiter Ordnung hat die Form:

 

Hierbei ist   eine vorgeschriebene Funktion,   und   sind vorgegebene Zahlen für die Funktionswerte der Lösung an den Intervall-Endpunkten.[3]

Beispiel

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Gegeben sei das Randwertproblem

 

auf dem Intervall  .

Mit der Theorie der linearen gewöhnlichen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten erhält man als klassische Lösung der Differentialgleichung:

 

mit zwei frei wählbaren reellen Konstanten   und  . Mit den Randbedingungen können diese Konstanten fixiert werden. Dabei erhält man ein lineares Gleichungssystem in den Unbekannten   und  :

 ,
 .

Bemerkenswerterweise ist dieses System nicht eindeutig lösbar, aber es ist für beliebiges reelles   eine Lösung gegeben durch

 .

Existenz und Eindeutigkeit

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Der folgende Satz wird für homogene ( ) Daten formuliert. Dies ist jedoch keine Einschränkung, denn durch eine Transformation   mit

 

kann ein inhomogenes Problem stets in ein homogenes Problem überführt werden.

Gegeben sei das Randwertproblem

 

Dabei sei   eine stetige Funktion. Außerdem erfülle sie eine Lipschitz-Bedingung, das heißt, es gebe Zahlen  , so dass für alle   und für alle   die Ungleichung

 

erfüllt sei. Weiterhin gelte

 

Sei   eine Lösung von

 

Die Lösung   verschwinde für   und   sei die erste eindeutige Zahl, so dass   für  . Dann hat das zugrunde liegende Problem genau eine Lösung, falls

 [4]

Gilt hingegen  , so muss keine Lösung existieren oder sie muss nicht eindeutig sein. Weiterhin gilt

 

Ist die rechte Seite   der Differentialgleichung jedoch nur stetig und beschränkt, dann garantiert der Satz von Scorza Dragoni die Existenz einer Lösung.

Partielle Differentialgleichungen

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Definition der Dirichlet-Randbedingung

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Bei einer partiellen Differentialgleichung ist die alleinige Angabe von Dirichlet-Randbedingungen nur für elliptische Gleichungen auf einem beschränkten Gebiet   sinnvoll, da die anderen Typen auch Vorgaben der Anfangswerte benötigen.[5] Dabei werden Dirichlet-Randbedingungen auf dem Rand des Gebietes   vorgeschrieben. Wir definieren hier das Dirichletproblem für quasilineare partielle Differentialgleichungen

 
 
 

Hierbei stellt die Funktion   die vorgeschriebenen Funktionswerte der Lösung auf dem Rand dar. Allein die Frage nach der Lösbarkeit eines solchen Problems ist komplex und ist teilweise noch ungelöst.

Beispiel

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Wir betrachten in diesem Beispiel auf dem Gebiet   das folgende Randwertproblem:

 
 
 

Hierbei bezeichnet   den Laplace-Operator. Zunächst stellen wir fest, dass   eine Lösung des Problems ist. Wir wollen noch weitere Lösungen finden. Wir nehmen nun   für   an und machen den folgenden Produktansatz

 

Für die Funktionen   leiten wir gewöhnliche Differentialgleichungen mit entsprechenden Dirichlet-Randbedingungen her. Es folgt

 

Wenn nun die   dem Randwertproblem

 
 
 

genügen, dann ist die oben definierte Funktion   eine Lösung des Dirichlet-Randwertproblems für die partielle Differentialgleichung. Mit dem Beispiel für gewöhnliche Differentialgleichungen erhalten wir

 

und somit

 

als Lösung unseres Problems partieller Differentialgleichungen zu Dirichlet-Randbedingungen. Offen bleibt die Frage, ob es noch weitere Lösungen gibt.

Einzelnachweise

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  1. Randbedingungen. In: Guido Walz (Hrsg.): Lexikon der Mathematik. 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Mannheim/Heidelberg 2000, ISBN 3-8274-0439-8.
  2. a b John David Jackson: Klassische Elektrodynamik. Walter de Gruyter, 2006, ISBN 978-3-11-018970-4, S. 45 (google.de [abgerufen am 26. Februar 2025]).
  3. Andrei D. Polyanin, Valentin F. Zaitsev: Handbook of Ordinary Differential Equations: Exact Solutions, Methods, and Problems. CRC Press, 2017, ISBN 978-1-4665-6940-9, S. 103 (google.de [abgerufen am 26. Februar 2025]).
  4. Nonlinear Two Point Boundary Value Problems (Mathematics in science and engineering, v. 44). Elsevier, 1968, ISBN 978-0-12-073350-7, S. 96.
  5. Viktor Pavlovich Pikulin, S. I. Pokhozhaev: Equations in Mathematical Physics: A Practical Course. Springer Science & Business Media, 2001, ISBN 978-3-7643-6501-1, S. 4 (google.de [abgerufen am 26. Februar 2025]).