Digitale Kollekte

Kollekten, die mittels elektronischer Zahlungsmittel erbracht werden

Als Digitale Kollekte werden Kollekten bezeichnet, die bargeldlos mit elektronischen Zahlungsmitteln erbracht werden. Dazu werden die üblichen Vorrichtungen zum Sammeln um elektronische Zahlungsterminals ergänzt oder durch solche ersetzt. Im Unterschied zu einer herkömmlichen Kartenzahlung oder Überweisung bleiben Geber hierbei anonym und erwarten keine Gegenleistung, da es sich um ein liturgisches Opfer handelt. Die Digitale Kollekte hat in Deutschland im Verlauf der COVID-19-Pandemie stark an Bedeutung gewonnen.

Geschichte und Geräte Bearbeiten

 
Digitaler Klingelbeutel der EKBO (2020)

Am 4. Juli 2018 stellte die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) den sogenannten Digitalen Klingelbeutel vor. Das patentgeschützte Gerät umfasst neben dem klassischen Stoffbeutel eine elektronische Einheit für kontaktloses Bezahlen ohne PIN. Der Digitale Klingelbeutel solle als Bestandteil des Gesamtkonzepts der EKBO zur Digitalen Kollekte Tradition und Moderne verknüpfen sowie Kosten einsparen, die sonst bei der Bargeldhandhabung anfielen.[1] Die Einführung der Digitalen Kollekte in der EKBO wurde von einer Änderung des Kirchenrechts begleitet.[2]

Im Dezember desselben Jahres stellte die katholische Pax-Bank ein Gerät mit der Bezeichnung digi collect vor, ein Sammelkörbchen mit integrierter Möglichkeit für elektronische Kartenzahlung ohne PIN. Das Gerät sei aufgrund erhöhter Nachfrage seitens der Gottesdienstbesucher entwickelt worden.[3] Baugleiche Geräte sind seit Januar 2018 auch in Frankreich[4] und seit November 2018 in den Niederlanden[5] im Einsatz.

Im November 2020 verloste die Evangelische Bank mehrere Digitale Spendensäulen, an denen ausschließlich elektronisch gegeben werden kann.[6] Die Spendensäule wurde während der COVID-19-Pandemie als hygienische Alternative zu Bargeld empfohlen (siehe auch Abschnitt COVID-19-Pandemie).[7]

In anderen Ländern waren Sammelboxen für die Digitale Kollekte zudem 2016 von der Royal Bank of Scotland,[8] 2017 von der ING-Diba[9] sowie 2019 von SumUp und der Church of England vorgestellt worden.[10]

Seit April 2020 ist zudem in Berliner Gemeinden die Digitale Kollekte per Smartphone-App möglich.[11] In der Schweiz kann in einigen Kirchgemeinden die Kollekte per Twint vorgenommen werden.[12][13][14]

Technik Bearbeiten

 
Elektronischer Opferstock in der Münchner Bürgersaalkirche (2008)

Zur Entgegennahme von elektronischen Zahlungen werden POS-Terminals eingesetzt. In der schlichtesten Ausführung wird am Aufstellungsort ein vorgefertigtes Handterminal angebracht, dessen Geldeingänge direkt auf ein Spendenkonto laufen. In anderen Fällen werden Terminals als Bauteile in Geräte oder Architektur integriert. Moderne Terminals ermöglichen kontaktloses Bezahlen über Nahfeldkommunikation, auch ohne PIN. So kann zugunsten einer platzsparenden Integration auf den Kartenschlitz verzichtet werden.

Darüber hinaus werden virtuelle Zahlungsterminals genutzt. Sie werden von Zahlungsdienstleistern auf Servern betrieben. Stellt ein geeignetes Gerät, etwa ein NFC-fähiges Smartphone, eine Verbindung zu einem virtuellen Zahlungsterminal her, kann es als Endpunkt fungieren und SEPA-Lastschriftaufträge oder kontaktlose Kartenzahlungen an den Zahlungsdienstleister weiterreichen. Die Person, die das Gerät benutzt, kann so spenden. Auf diesem Prinzip basiert eine Progressive Web App für Kollekten, die in einzelnen deutschen Kirchengemeinden angewendet wird.[15]

Im Gegensatz zu einem kommerziellen Zahlungsvorgang, bei dem Buchungen einem Geschäft und so einer Person zugeordnet werden, muss eine Kollekte anonym bleiben, um ihre Funktion als liturgisches Opfer zu erfüllen. Damit unterscheidet sie sich von einem Tauschgeschäft. Dieser Umstand erfordert zusätzliche Vorkehrungen bei der Zahlungsabwicklung. Gemeinden erhalten beim Eingang einer Buchung zwar Auskunft darüber, wofür eine Kollekte verwendet werden soll („Kollektenzweck“), jedoch nicht, von wem die Zahlung stammt.

Daneben werden die elektronischen Übertragungswege verschlüsselt: Von der Karte zum Terminal per P2PE, zwischen Terminal und ausführenden Kreditinstituten per E2EE. Kontaktlose Zahlungen ohne PIN sind zudem auf 50 € Maximalbetrag limitiert und unterliegen weiteren Sicherheitsvorkehrungen.[16]

Für alle Anwendungsfälle der Digitalen Kollekte ist eine stabile Internetverbindung erforderlich. Mehrere evangelische Landeskirchen nutzen für eine WiFi-Abdeckung im Kirchenschiff den sogenannten godspot.[17]

COVID-19-Pandemie Bearbeiten

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie in Deutschland wurden ab Frühjahr 2020 weitreichende Einschränkungen für die Öffentlichkeit beschlossen („Lockdown“), mit dem Ziel, Ansteckungen von Person zu Person vorzubeugen. Religionsausübung wie auch Demonstrationsrecht als Grundrechte wurden bei diesen Maßnahmen zumeist weniger stark eingeschränkt als etwa Freizeitbeschäftigungen. Dennoch waren Gottesdienste weniger stark frequentiert als üblich. Weihnachten 2020 besuchten nur rund 5 % aller Deutschen, rund 4 Millionen Menschen, einen Gottesdienst im Ort.[18] Im vorangegangenen Jahr hatten noch allein 8 Millionen Protestanten an Heiligabend einen Gottesdienst besucht.[19]

Entsprechend sind die Kirchen und kirchlichen Hilfswerke mit Einnahmeneinbußen konfrontiert. Weiter verschärft wird die Situation durch sinkende Einnahmen infolge von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. So prognostizierte die EKD für das Jahr 2020 einen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen um 1 Milliarde Euro gegenüber dem Vorjahr.[20] Diese finanzielle Situation und die wachsende Beliebtheit elektronischer Bezahlmöglichkeiten[21] bewegen Kirchen dazu, für Kollekte durch Banküberweisung oder Digitale Kollekte zu werben.[22][23]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Erster Digitaler Klingelbeutel vorgestellt. In: Pressemeldung auf ekbo.de. EKBO, 4. Juli 2018, abgerufen am 15. Januar 2021.
  2. Kirchliche Kollektenverordnung (KKoV) vom 12. April 2019, KABl. EKBO 2019, 99 und 129.
  3. Reportage: Pax-Bank testet digitalen Klingelbeutel. In: Radiobeitrag auf domradio.de. Bildungswerk der Erzdiözese Köln e.V., 11. Dezember 2021, abgerufen am 15. Januar 2021.
  4. Digitale Kollekte. In: Fotoserie. Katholische Nachrichtenagentur, 21. Januar 2018, abgerufen am 15. Januar 2021.
  5. Esther Raaijmakers: Dutch Church to allow digital payments in collection basket. In: Katholiek Nieuwsblad. 23. November 2018, abgerufen am 15. Januar 2021 (englisch).
  6. Bis 14.11.2020 bei „DigiDonate“ mitmachen und eine digitale Spendensäule gewinnen. In: Fundraisermagazin Online. 5. November 2020, abgerufen am 15. Januar 2021.
  7. Bargeldlose Spendensäule soll Menschen zum Geben anregen. In: evangelisch.de. 5. November 2020, abgerufen am 15. Januar 2021.
  8. Poppy Appeal trials contactless payment. In: CharityDigital. 10. November 2016, abgerufen am 15. Januar 2021 (englisch).
  9. Contactless collection box rolled out by bank. In: CharityDigital. 12. Januar 2017, abgerufen am 15. Januar 2021 (englisch).
  10. Church of England: Contactless collection payments trialled. In: BBC News. 21. Januar 2019, abgerufen am 15. Januar 2021 (englisch).
  11. Digitale Kollektenmöglichkeit für Kirchengemeinden in Stadtmitte. In: Webauftritt des ev. Kirchenkreises Berlin Stadtmitte. KKBS, 17. April 2020, abgerufen am 9. März 2021.
  12. Twint in der Kirche: In Wil kann man die Kollekte bargeldlos zahlen. In: hallowil.ch. 18. August 2020, abgerufen am 4. April 2021.
  13. Joël Weber: Spenden werden vermehrt digital statt bar getätigt. In: nau.ch. 29. Dezember 2020, abgerufen am 4. April 2021.
  14. Kollekte für Fastenopfer - Ökumenische Kampagne 2021. In: fastenopfer.ch. Abgerufen am 4. April 2021.
  15. Jetzt geht der Klingelbeutel virtuell herum. In: Lippische Landes-Zeitung (Paywall). 29. Dezember 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.
  16. Axel Kannenberg: Girocard kontaktlos: Limit für Zahlungen ohne PIN auf 50 Euro erhöht. In: heise online. 30. März 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.
  17. Stefan Krempl: Freies Kirchen-WLAN: Godspot expandiert nach Bayern. In: heise online. 2. Februar 2018, abgerufen am 22. Januar 2021.
  18. Umfrage: Nur fünf Prozent der Deutschen gingen Weihnachten in Kirche. In: katholisch.de. 14. Januar 2021, abgerufen am 22. Januar 2021.
  19. Evangelische Kirche in Deutschland (Hrsg.): Gezählt 2020. Zahlen und Fakten zum kirchlichen Leben. Hannover Juli 2020, S. 14 (ekd.de [PDF]).
  20. Milliardenverlust bei Kirchensteuer. In: zdf.de. 15. November 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.
  21. Welche Bezahlmöglichkeiten ziehst du während der Corona-Pandemie vor? In: Statista. 25. Mai 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.
  22. Kirchliche Hilfswerke werben für Weihnachts-Online-Kollekte. In: pro Christliches Medienmagazin. 16. Oktober 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.
  23. Tim Kanning: Was die Kirchen gegen leere Klingelbeutel an Heiligabend tun wollen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung online. 23. Dezember 2020, abgerufen am 22. Januar 2021.