Die Pfeffermühle

ehemaliges Kabarettensembles aus München, später im Exil in Zürich und New York

Die Pfeffermühle war der Name eines legendären politischen Kabarett-Ensembles, das am 1. Januar 1933 in der Münchner Bonbonniere, in der Nähe des Hofbräuhauses, sein erstes Programm aufführte und per September desselben Jahres nach Zürich in die Schweiz umsiedelte, wo es zu einem der führenden Exilkabarette deutscher Sprache wurde.[1]

Geschichte Bearbeiten

 
Erika und Klaus Mann 1927. Foto von Eduard Wasow
 
Therese Giehse und Magnus Henning 1936. Foto von Annemarie Schwarzenbach

Die Gründer waren Klaus und Erika Mann sowie Therese Giehse und Magnus Henning, der der Initiator des Kabaretts war. Zu den Textern gehörten außer Erika und Klaus Mann Walter Mehring und Wolfgang Koeppen, zu den Darstellern unter anderen Therese Giehse, Lotte Goslar, Sybille Schloß, Cilli Wang und Igor Pahlen. Magnus Henning komponierte und spielte Piano. Erika Mann schrieb viele Texte selbst und trat als Conférencière und Darstellerin oft in einem weißen Clownskostüm auf.

Den Namen Die Pfeffermühle hat Erika Manns Vater Thomas Mann erfunden, der bei einer Familiendiskussion über den Namen von Erikas geplantem Kabarett am Esstisch auf die Pfeffermühle zeigte und fragte: „Wie wär’s denn damit?“

Nur wenige Wochen nach der höchst erfolgreichen Premiere musste die Truppe vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen.

Die Pfeffermühle nahm ihren Spielbetrieb als Exilkabarett am 30. September 1933 in Zürich im Hotel Hirschen wieder auf. Das zweite Exilprogramm wurde am 1. Januar 1934 mit deutlicheren Bezügen, aber ohne ausdrückliche Namensnennung, auf das Dritte Reich gestartet. Die deutsche Gesandtschaft wandte sich am 6. Januar 1934 „wegen des Auftretens von Erika Mann“ an die Schweizer Bundesanwaltschaft. Sie nannte es „wünschenswert“, wenn der Vortrag ihrer „gegen Deutschland gerichteten Darbietungen verhindert würde“. Die Bundesanwaltschaft lehnte umgehend ab. Sie verwies darauf, dass es sich lediglich um satirische Bemerkungen handele.[2]

Es folgte das dritte, noch schärfere Exil-Programm am 3. Oktober 1934 im Clublokal der Gruppe 33 in Basel. Ein Zürcher Gastspiel im November löste Krawalle von Schweizer Nationalsozialisten aus, sodass die Vorstellungen nur unter Polizeischutz weiter geführt werden konnten. Die Aufführungen ernteten 1934 auch Kritik von der Neuen Zürcher Zeitung, und verschiedene Kantone erließen sogar Aufführungsverbote.[3] Eine wichtige Gönnerin des Exil-Kabaretts war die Schweizerin Annemarie Schwarzenbach, die Die Pfeffermühle finanziell unterstützte. Außerdem war es Schwarzenbach, die ihre Bekannte, Valeska Hirsch, später Ehefrau des Regisseurs Leopold Lindtberg, als Pianistin für das Kabarett gewann.[4]

Die Pfeffermühle kehrte der Schweiz den Rücken und begab sich ab 1935 auf Tournee durch die Tschechoslowakei und die Benelux-Länder.

1935 wurde Erika Mann als „geistiger Urheberin“ des „deutschfeindlichen“ Kabaretts die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Bis zur letzten Aufführung in Europa am 14. August 1936 gab die Pfeffermühle 1034 Vorstellungen. Als der Druck der Nationalsozialisten in Europa zu stark wurde, versuchte Erika Mann Anfang 1937 ohne Erfolg, mit The Peppermill in New York Fuß zu fassen. Nach wenigen Aufführungen war das Kabarett finanziell am Ende, ein reicher Gönner beglich die Schulden.[5]

Therese Giehse und Magnus Henning kehrten nach Europa zurück. Lotte Goslar und Sybille Schloß blieben in Amerika, ebenso wie Erika Mann, die durch Vortragsreisen versuchte, die Amerikaner über die Gefahr, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausging, aufzuklären.

Zitat aus dem zweiten Exil-Programm Bearbeiten

„Warum sind wir so kalt? / Warum, – das tut doch weh!
Warum? Wir werden bald / Wie lauter Eis und Schnee!
Beteiligt Euch, – es geht um Eure Erde! / Und Ihr allein, Ihr habt die ganze Macht!
Seht zu, daß es ein wenig wärmer werde / In unserer schlimmen, kalten Winternacht!“

Erika Manns Song aus Kälte, 2. Folge des Exilprogramms der „Pfeffermühle“ am 1. Januar 1934[6]

Literatur Bearbeiten

  • Daniela Chana: Erika Mann und die 'Pfeffermühle'. Dadaismus und die Anfänge des Cabarets in der Schweiz. danzig & unfried, Wien 2015, ISBN 978-3-902752-10-9.
  • Christian Jauslin: Die Pfeffermühle, Zürich ZH. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1404 f.
  • Helga Keiser-Hayne: Erika Mann und ihr politisches Kabarett „Die Pfeffermühle“ 1933–1937. Texte, Bilder, Hintergründe. Erweiterte Neuausgabe. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1995, ISBN 3-499-13656-2
  • Irmela von der Lühe: Erika Mann: Eine Biographie, Campus Verlag, Frankfurt/Main; New York City 1993. Sonderband der Reihe: Geschichte und Geschlechter. ISBN 3-593-34917-5. Von der Autorin überarbeitete Ausgabe bei Fischer, Frankfurt/Main 1996, ISBN 3-596-12598-7
  • Erika Manns „Pfeffermühle“ – auf den Spuren des legendären Exilkabaretts 1933–1937. CD. Martin Heim und das Orchester Odeon Central, Ltg. Alexander Goretzki, duo-phon-records, Berlin

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Künste im Exil: Neubeginn der Pfeffermühle im »Hotel Hirschen« in Zürich (1933) abgerufen am 19. Februar 2023.
  2. Thomas Sprecher: Die «Pfeffermühle». In: ders.: Thomas Mann in Zürich. Wilhelm Fink Verlag, Zürich 1992, S. 65–71, hier S. 68, S. 69 ISBN 3-7705-2822-0.
  3. Susanne Gisel-Pfankuch: Erika Mann. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 16. November 2007, abgerufen am 13. Juni 2019.
  4. An­ne­ma­rie Schwar­zen­bach, Gönnerin der Pfeffermühle. Abgerufen am 4. April 2024.
  5. Thomas Sprecher: Die «Pfeffermühle». In: ders.: Thomas Mann in Zürich. Wilhelm Fink Verlag, Zürich 1992, S. 65–71, hier S. 71.
  6. Aus Kälte, aufgeführt von Erika Mann am 1. Januar 1934 im Hotel Hirschen. Zitiert nach Helga Keiser-Hayne: Erika Mann und ihr politisches Kabarett „Die Pfeffermühle“ 1933–1937, S. 108