Audun-le-Tiche

französische Gemeinde
(Weitergeleitet von Deutsch-Oth)

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Audun-le-Tiche
Audun-le-Tiche (Frankreich)
Audun-le-Tiche (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Moselle (57)
Arrondissement Thionville
Kanton Algrange
Gemeindeverband Pays Haut Val d’Alzette
Koordinaten 49° 28′ N, 5° 57′ OKoordinaten: 49° 28′ N, 5° 57′ O
Höhe 294–452 m
Fläche 15,43 km²
Einwohner 7.180 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 465 Einw./km²
Postleitzahl 57390
INSEE-Code
Website www.audun-le-tiche.fr

Kirche Saint-François-d’Assise in Audun-le-Tiche
Grab der merowingischen Nekropole

Audun-le-Tiche [odɛ̃ lə tiʃ] (deutsch Deutsch-Oth, auch Deutschoth. Deutsch Altheim, luxemburgisch Däitsch-Oth) ist eine französische Gemeinde mit 7180 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Moselle in der Region Grand Est (bis 2015 Lothringen).

Geographie Bearbeiten

Die Gemeinde liegt zwölf Kilometer nördlich von Fontoy (deutsch Fentsch) an der Straße nach Luxemburg und zur Grenze. Unweit des Orts befindet sich die Quelle der Alzette.

Geschichte Bearbeiten

 
Hochöfen in Deutsch-Oth (Bildpostkarte um 1900)

Überlieferte Ortsbezeichnungen sind Audieux, Audeux-le-Thieux (1389), Adud (17. Jahrhundert), Audun-le-Tiche (1756) und Teutsch-Altheim.[1] Der Ort gehört dem historischen deutschen Sprachraum an und bekam seinen Namen zur Unterscheidung von dem nur wenige Kilometer entfernt, westlich von Fontoy, im französischen Sprachraum liegenden Dorf Audun-le-Roman.

Im Süden der Gemarkung des Dorfs, diesseits der Grenze Lothringens, wurde im 19. Jahrhundert an einem Hügel an der Straße zum Nachbardorf Cantebonne (deutsch Kantelbronn) ein Steinsarg-Gräberfeld freigelegt,[1] das dem Zeitalter der Merowinger zugerechnet wird. Auch wurden hier Siedlungsreste aus der Römerzeit gefunden.

Das Dorf hatte zum Herzogtum Bar gehört,[2] das 1766 von Frankreich annektiert worden war. Nach dem Frieden von Frankfurt vom 10. Mai 1871 kam Deutsch-Altheim zusammen mit dem zugehörigen Weiler Hirps und achtzehn weiteren Orten von Französisch-Lothringen durch Gebietsaustausch an Deutschland zurück,[3] wo es dem Kreis Diedenhofen im Bezirk Lothringen des Reichslandes Elsaß-Lothringen zugeordnet war.

Die Geschichte des Ortes ist durch die Eisenindustrie und den Bergbau auf Eisenerz geprägt.[2][4] Im Besonderen der deutsche Montanindustrielle Adolph Kirdorf investierte ab 1892 verstärkt in den Bau und die Übernahme mehrerer Hochofenwerke und Zechenbetriebe. Um die Wende von 19. zum 20. Jahrhunderts erfolgte der Anschluss an das Eisenbahnnetz. Am 1. November 1899 wurde die eingleisige Strecke FentschAumetz eröffnet, das erste Stück einer direkten Verbindung zwischen den Stationen Fentsch und Deutsch-Oth; am 1. Dezember 1901 erfolgte die Eröffnung der eingleisigen Strecke Aumetz – Deutsch-Oth – Berg.[5] Nach dem Ersten Weltkrieg bestimmte der Versailler Vertrag die Abtretung des Orts an Frankreich.

Während des Zweiten Weltkriegs bestand im Sommer 1944 das KZ-Außenlager Deutsch-Oth des KZ Natzweiler-Struthof für den Untertagebau.[6] 1964 wurde der letzte Hochofen stillgelegt. Danach sank die Einwohnerzahl von ehemals über 8500 kontinuierlich. 1997 wurde in Audun-le-Tiche das letzte Eisenerzbergwerk Frankreichs geschlossen.

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung vom 18. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
1793 516 [7]
1821 592 [7]
1841 834 [7]
1866 971 [8][7]
1871 1050 auf einer Fläche von 1490 ha, in 213 Gebäuden mit 268 Familien, darunter eine evangelische Person[2][4][9]
1880 1261 am 1. Dezember, auf einer Fläche von 1542 ha, in 238 Wohnhäusern, davon 1218 Katholiken, 19 Protestanten und zwei Juden[10]
1885 1708 [11][12]
1890 1798 in 267 Häusern mit 421 Haushaltungen, davon 1703 Katholiken, 92 Protestanten, eine jüdische Person und zwei Personen ohne Angabe der Religionszugehörigkeit (eine Militärperson)[12]
1905 5231 [11][12]
1910 6293 auf einer Fläche von 428 ha[13][14][11]
Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2009 2019
Einwohner 8522 7698 6831 6391 5959 5757 6152 7048

Sprache Bearbeiten

Die Einwohner nennen sich Audunois. Außer Audun-le-Tiche gibt es noch Audun-le-Roman. Die beiden Namen stehen für die frühere Sprachgrenze zwischen Deutsch-Lothringen und Welsch-Lothringen. Der frühere Name „Audun-le-Thieu“ besagt wie der jetzige Name, dass dieses Audun (oder Oth oder Altheim) dem deutschen Sprachraum zugehörig war, wie umgekehrt das nur wenige Kilometer entfernte Audun-le-Roman dem romanischen Sprachraum angehört(e). Mit diesen Namen stellen in der französischen Sprache die Gegensatzpaare „tiche“ und „roman“ eine außergewöhnlich seltene und offenbar sehr alte Bezeichnung für „deutsch“ und „französisch“ dar, denn längst hat sich in der französischen Sprache für Deutsch „Allemand“ und für Welsch („Romanisch“) „Français“ durchgesetzt, wie auch bei dem Saarzufluss Nied, der zwei Oberläufe Nied Allemande und Nied Française hat. Es ist unklar, wann sich der Sprachwechsel in Audun-le-Tiche von Deutsch zu Französisch vollzogen hat. Um 1887 konnte Constant This noch Dokumente aus dem Jahr 1581 einsehen. Diese Urkunden waren bereits zweisprachig verfasst.[15]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Sehenswert ist die merowingische Nekropole aus dem 7. Jahrhundert.

Verkehr Bearbeiten

 
Bahnhof Audun-le-Tiche (Deutsch-Oth), vor 1914
 
Der Triebwagen der CFL am Bahnsteig in Audun-le-Tiche
 
Viadukt von Audun-le-Tiche

Vom Bahnhof Audun-le-Tiche gingen eine Reihe von Bahnstrecken aus, von denen nur noch eine teilweise in Betrieb ist:

Das Empfangsgebäude von Audun-le-Tiche war zunächst sehr schlicht. Erst 1910 errichteten die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen ein repräsentatives Gebäude. Der Personenverkehr wurde im Bahnhof Audun-le-Tiche 1939 aufgegeben. 1992 nahm ihn die Société Nationale des Chemins de Fer Luxembourgeois (CFL) von Esch-sur-Alzette bis Audun-le-Tiche wieder auf, so dass Audun-le-Tiche heute mit der Bahn an Luxemburg, aber nicht mehr direkt an das französische Schienennetz angebunden ist. Das Empfangsgebäude wird von der Bahn heute nicht mehr genutzt.[16]

Audun-le-Tiche hatte noch einen zweiten Bahnhof, Audun-le-Tiche Mont (in deutscher Zeit: Audun-le-Tiche Berg). Er lag an der Bahnstrecke Fontoy–Esch-sur-Alzette oberhalb der Gemeinde. Von dort führte eine Kehrschleife, ein 360°-Bogen, in den im Tal gelegenen Bahnhof Audun-le-Tiche. Teil der Kehrschleife war das 360 m lange Viadukt von Audun-le-Tiche.

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Audun-le-Tiche unterhält seit 2010 eine Städtepartnerschaft zu der rheinland-pfälzischen Kreisstadt Birkenfeld. Ferner bestehen Partnerschaften seit 1979 mit Gualdo Tadino in Umbrien (Italien), seit 1996 (2011 erneuert) mit Duszniki-Zdrój in der Woiwodschaft Niederschlesien (Polen) und seit 2007 mit dem französischen Loudun im Département Vienne.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Im Ort geboren Bearbeiten

Im Ort haben gewirkt Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Audun-le-Tiche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band III: Kunst und Althertum in Lothringen. Friedrich Bull, Straßburg 1886, S. 89 (Google Books).
  2. a b c Eugen H. Th. Huhn: Deutsch-Lothringen. Landes-, Volks- und Ortskunde, Stuttgart 1875, S. 323–324 (online).
  3. Verzeichnis der Orte von französisch Lothringen, welche in Folge des Frankfurter Friedensvertrages durch Gebietsaustausch an Deutschland gekommen, aber bereits im ersten Abschnitt mit aufgezählt sind. In: Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 77–78 unten (online).
  4. a b Georg Lang (Hrsg.): Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 108 (online).
  5. Elsaß-Lothringische Eisenbahnen, Lexikoneintrag in: Enzykopädie des Eisenbahnwesens (v. Röl, Hrsg.), Band 4, Berlin/Wien 1913, S. 291–300 (Zeno.org).
  6. Liste der Lager (Memento des Originals vom 21. November 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.struthof.fr, Struthof – Die Stätte des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler, abgerufen am 22. März 2015
  7. a b c d Audun-le-Tiche – statistische Angaben der Arbeitsgruppe für Demographie und Geschichte der École des hautes études en sciences sociales (EHESS), Frankreich
  8. Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 1 (Altheim, Deutsch-) (online)
  9. Gustav Neumann: Das Deutsche Reich in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung, Band II, Grg. Ferd. Otto Müller, Berlin 1874, S. 560–562 (online)
  10. Statistisches Büreau des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen: Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. C. F. Schmidts Universitäts-Buchhandlung Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 113, Ziffer 1358.
  11. a b c Michael Rademacher: Landkreis Diedenhofen, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. a b c Statistisches Büreau des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen: Die Bewegung der Bevölkerung in Elsaß-Lothringen, Druck von M. DuMont-Schauberg, Straßburg 1893, S. 106–107, Kanton Fentsch, Ziffer 3 (online).
  13. Deutschoth, Kreis Diedenhofen-West, Lothringen. In: Meyers Gazetteer. Mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Deutschoth (meyersgaz.org).
  14. Kreis Diedenhofen-West – gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  15. Constant This: Die deutsch-französische Sprachgrenze in Lothringen. Heitz & Mündel, Straßburg 1887, S. 20.
  16. Laurent Baudoin: Les gares d'Alsace-Lorraine. Un heritage de l'annexion Allemande (1871–1918). Editions Pierron, Sarreguemines 1995. Ohne ISBN, S. 36f; Eisenbahnatlas Frankreich. Band 1: Nord – Atlas ferroviaire de la France. Tome 1: Nord. Schweers + Wall, Aachen 2015. ISBN 978-3-89494-143-7, Tafel 19 C2.