Dave Grossman (Autor)

US-amerikanischer Militärpsychologe

Dave Grossman (* 23. August 1956 in Frankfurt am Main, Westdeutschland) ist ein amerikanischer Autor, der über psychologische Aspekte bei der Tötung von Menschen schreibt und zu diesem Thema Vorträge vor Polizeibeamten und Soldaten hält.

Leben Bearbeiten

Grossman war bis 1998 Dozent für Militärpsychologie und Offizier an der US-Militärakademie West Point.[1]

Als Autor wurde Grossman 1995 bekannt durch sein Buch On Killing. The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society. (Deutsch: Über das Töten: Der psychologische Preis für das Erlernen des Tötens im Krieg und in der Gesellschaft). Es ist laut Grossmans Aussage Pflichtlektüre in der FBI-Ausbildung und an zahlreichen Polizeischulen.[2] Er beschäftigt sich in dem Buch mit verschiedenen Experimenten des US-Militärs, bei denen unter anderem versucht wurde, mittels Konditionierung die Hemmschwelle zu Tötungshandlungen bei Soldaten herunterzusetzen. Er überträgt dabei verschiedene Beobachtungen auf Phänomene in den modernen Massenmedien und hält deren Auswirkung auf Kinder für verheerend. So kritisiert er beispielsweise Horrorfilme und behauptet, dass Kinder sich die darin agierenden Serienmörder wie Freddy Krueger zum Vorbild nähmen.[3] Im Bereich der Computerspiele hält er vor allem die in Spielhallen verbreiteten Lightgun-Schießspiele für gewaltfördernd (violence enabling), da sie mit Schusstechniken beim Militär und bei der Polizei vergleichbar seien.[4] Später weitet er seine Kritik auch auf das Genre der Ego-Shooter aus.

Grossman schuf für seine Arbeit den Begriff der "Killology". Mit diesem bezeichnet er die wissenschaftliche Untersuchung der Reaktionen psychisch gesunder Menschen auf die Anwendung tödlicher Gewalt sowie die Untersuchung der Faktoren, welche die Anwendung solcher Gewalt hemmen oder fördern.[5]

Nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst gründete Grossman die Killology Research Group[6], in der die These, dass gewalthaltige Computerspiele (in der deutschen Debatte auch als „Killerspiele“ bezeichnet) zu gewalttätigem Verhalten führen können, untersucht werden soll. Die Killology Research Group ist Teil der Warrior Science Group[7], eines privaten Unternehmens zur Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften. Sein zusammen mit der Erziehungsberaterin Gloria DeGaetano geschriebenes Buch Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht? fand im deutschsprachigen Raum im Zusammenhang mit der Kontroverse um Zusammenhänge zwischen Gewaltspielen und Tötungsbereitschaft breite Rezeption in den Medien.[8][9][10][11] Kritiker halten Grossmann vor, dass seine Thesen wissenschaftlich nicht belegt sind[12] und dass er die Sachverhalte undifferenziert und unzulässig verallgemeinernd darstellt.[13][14]

Grossman reist durch die Vereinigten Staaten, tritt vor Soldaten, vor Zivilisten und auch vor Polizisten auf. Insgesamt durchliefen vermutlich bis zu mehrere zehntausend Polizeibeamte in den USA seine Ausbildungsveranstaltungen.[2]

Äußerung zum Tod von George Floyd Bearbeiten

Am 25. Mai 2020 starb George Floyd, ein unbewaffneter 46-jähriger Afroamerikaner aus Minneapolis bei einem Polizeieinsatz nach 8 Minuten und 46 Sekunden mit den Worten „Ich kann nicht atmen“. Dave Grossman wandte sich danach an die amerikanische Polizei. „An unsere Schäferhunde, in dieser dunklen Stunde“ beginnt sein Posting bei Facebook.

Dazu stellte er das Gemälde eines amerikanischen Unabhängigkeitskämpfers in Heldenpose, das Hemd offen, die Flagge weht im Wind, das Gewehr erhoben. Darüber steht: „Gott liebt uns, und er will unbedingt etwas tun, um auf diese schlimmen Zeiten zu reagieren. Er hat dich geschickt.“[2]

Publikationen Bearbeiten

  • On Killing. The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society. 1. Auflage. Little, Brown and Company, Boston 1995, ISBN 0-316-33000-0.
  • Dave Grossman, Loren W. Christensen: On Combat: The Psychology and Physiology of Deadly Conflict in War and Peace. Warrior Science Publications, 2008, ISBN 978-0-9649-2054-5
  • Gloria DeGaetano, Dave Grossman: Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht? Freies Geistesleben Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 978-3-7725-2225-3

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bio Dave Grossman. In: killology.com. Abgerufen am 29. Mai 2020 (englisch).
  2. a b c Lenz Jacobsen: Dave Grossman: Er macht Polizisten zu Kriegern, zeit.de, 5. Juni 2020
  3. On Killing. The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society. 1. Auflage. Little, Brown and Company, Boston 1995, ISBN 0-316-33000-0, S. 303, vgl. auch S. 308 ff
  4. On Killing. The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society. 1. Auflage. Little, Brown and Company, Boston 1995, ISBN 0-316-33000-0, S. 315
  5. Dave Grossman: Killology Research Group. In: killology.com. Abgerufen am 16. April 2022 (englisch).
  6. Killology Research Group. In: killology.com. Abgerufen am 29. Mai 2020 (englisch).
  7. Offizielle Website der Warrior Science Group. Archiviert vom Original am 21. August 2013; abgerufen am 20. April 2022.
  8. Interview mit Lt. Colonel Dave Grossman für ”DIE ZEIT” Maria Biel: Gewalt ist lernbar. (PDF) Archiviert vom Original; abgerufen am 20. April 2022.
  9. Petra Hollweg, Michael Klonovsky, Christian Sturm: Amokläufer: Blutrausch im Idyll, Focus 45/1999
  10. Wiener Zeitung: Wie aus Kindern Killer werden@1@2Vorlage:Toter Link/www.wienerzeitung.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2019. Suche in Webarchiven)
  11. Jörg Diehl, Bernd Schwedhelm, Uwe Wojtuschak: Tessin: Blut-Amok ohne Motiv, bild.de, 20. Januar 2007
  12. Arne Birkenstock: Machen Computerspiele aggressiv? (Memento vom 28. Juni 2007 im Internet Archive), Servicezeit Familie vom 13. Dezember 2000 auf sansiwi.san.hrz.uni-siegen.de
  13. Thomas Hausmanninger: Review: Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht? Ein Aufruf gegen Gewalt in Fernsehen, Film und Computerspielen. (PDF; 39 kB)
  14. Rezension von Andrea Rothe: Gute Absicht, schlechte Ausführung (Memento vom 1. Januar 2004 im Internet Archive), Querelle-Net Nummer 11/November 2003, Aggression und Gewalt