BeschreibungRede des Rauchwarenhändlers Leonidas Keskari zur Feier der 100jährigen Tradition der Familie und Firma Keskari am 1. September 1956 (Seite 1 von 5).jpg |
Deutsch: Rede Leonidas Keskari, Händler und Produzent in der Pelzbranche, zur Feier der 100jährigen Tradition der Familie und Firma Keskari, gehalten am 1. September 1956
- Abschrift der mit Schreibmaschine geschriebenen Vorlage
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- LEONIDAS KESKARI Hamburg 26,
- i. Fa. L. KESKARI & CO. Curtiusweg 12 Hamburg 1, Spaldingstraße 160, Ruf 24 26 22 Ruf 25 34 53
- Meine sehr verehrten Damen, meine Herren!
- Als die Frage auftauchte, ob wir das Recht hätten ein hundertjähriges Jubiläum zu begehen, hat es einer langen und reiflichen Überlegung bedurft, bis wir uns dazu entschlossen hatten. Im Juni war ich zu dem hundertjährigen Jubiläum einer großen westfälischen Weberei eingeladen. Dort lag der Fall ganz klar: der Urgroßvater der jetzigen Inhaber hatte am 1. Juni 1856 mit seinem Sohn in ihrer Heimatstadt eine Weberei errichtet, die durch vier Generationen denselben Namen trug, dieselben oder ähnliche Artikel lieferte und immer am selben Ort ansässig war. Ganz anders bei uns. Schon der Beginn unserer hundertjährigen Tradition war der Bruch mit der Vergangenheit und ein völliger Neubeginn, als mein Großvater Anfang 1856 aus Ochrida fliehen musste und Ende März die sächsische Grenze überschritt um sich in der Rauchwarenmetropole Leipzig niederzulassen. Er hieß damals Keschar und änderte seinen Namen als er sächsischer Staatsangehöriger wurde, in KESKARI. In diesen 100 Jahren hat der Firmenname öfter gewechselt, aber KESKARI war immer darin enthalten. Da diesen Namen erst mein Großvater führte, ist die Familie Keskari klein. Ja, der Name ist wegen seiner Seltenheit fast ein Steckbrief. Wer ihn sich einmal eingeprägt hat, behält ihn im Gedächtnis.
- Als Rauchwarenhändler hatte Soter Keskari in Leipzig begonnen. Rauchwaren haben wir alle gelernt, mein Vater, mein verstorbener Bruder und ich und ebenso mein Sohn Martin, und die Keskaris bleiben diesem interessantesten Geschäftszweig verbunden, auch wenn die Entwicklung des letzten Dezenniums uns zwang einen anderen Zweig der Pelzindustrie auszubauen und den Rauchwarenhandel selbst zurückzustellen.
- Vor 100 Jahren hat mein Großvater in Leipzig begonnen, wir stehen heute hier in Hamburg und die Fabrik befindet sich im Taunus, in der Nähe von Frankfurt, was in so manchem die Nachfolge von Leipzig angetreten hat. Obgleich das alles sich geändert hat, haben wir uns zu dieser Feier entschlossen. Sie bedeutet für uns, die wir den Namen KESKARI tragen, einen Rückblick auf die vergangenen 100 Jahre und für die, die auch heute noch in der Pelzwirtschaft tätig sind, die Verknüpfung durch diesen Zeitraum mit dem edlen Handwerk der Kürschnerei und dem weltweiten Rauchwarenhandel. So danke ich Ihnen, dass Sie sich zu unserem Traditions-Jubiläum hier eingefunden haben und ich freue mich, dass ich Sie, die Freunde der Familie, die Geschäftsfreunde und alle diejenigen, die den Namen KESKARI tragen, hier begrüßen kann.
- Am 1. April dieses Jahres waren es 45 Jahre her, dass ich bei Emil Zahn als Lehrling antrat und drei Jahre später begann mein Bruder Wilhelm bei Arthur Wohlrab. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges rief mich aus Paris zurück, wo ich bei Leopold Apfel tätig war. Mein Bruder und ich waren beide bis 1918 im Feld. Er hat sich draußen den Keim zu der schweren Krankheit geholt, die ihn Anfang der 30er Jahre von uns nahm. Auch der zweite Weltkrieg hat mich und meine beiden Söhne draußen gesehen. Als wir drei 1945 heimkehrten, war von den beiden Firmen, die unseren Namen trugen, nicht viel übrig geblieben. Bei dem großen Luftangriff am 4. Dezember 1943 waren beide Geschäfte zerstört worden; der größte Teil der Mitarbeiter, die wir bis dahin gehabt hatten, war zu anderen Arbeiten im Kriegseinsatz herangezogen worden. C. Keskari & Co war von meiner Frau in kleinem Rahmen in unserem Grundstück in der Leibnizstraße wieder aufgebaut worden. Wir standen vor der Frage: sollten wir in Leipzig wieder versuchen aufzubauen und auszubauen oder sollten wir im Westen ganz von vorn anfangen? Wir entschlossen uns Leipzig zu verlassen und nach dem Westen überzusiedeln.
- Der Anfang war wie für alle, die ihre Heimat verlassen mussten, schwer. Wir hatten hier wenige Bekannte und Freunde. Aber die wenigen, an die wir uns wenden konnten, und so manche, die wir erst hier kennen lernten, haben uns in selbstlosester Weise mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ihnen allen
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