DIZ Emslandlager

Geschichtsverein in Papenburg

Das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager ist aus dem Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager e.V. hervorgegangen, das 1981 mit wesentlicher Unterstützung ehemaliger Moorsoldaten und Häftlinge der Emslandlager gegründet wurde. Das Aktionskomitee ist ein privater, als gemeinnützig anerkannter Verein und Träger des DIZ Emslandlager. Das DIZ Emslandlager setzt sich mit der Geschichte der 15 nationalsozialistischen Zwangslager im Emsland auseinander, erarbeitet die nationalsozialistische Vergangenheit an diesem regionalen Beispiel und bezieht in seine historische Arbeit auch die Auseinandersetzung mit undemokratischen Entwicklungen und neofaschistischen Gefahren der Gegenwart ein.

Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager
(DIZ Emslandlager)
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 1981
Sitz 26871 Papenburg
Zweck Aufbau einer Gedenkstätte zur Erforschung, Aufarbeitung und Darstellung der Lagergeschichte im Emsland während der Zeit des Nationalsozialismus
Vorsitz Habbo Knoch
Mitglieder 360
Website diz-emslandlager.de

Geschichte Bearbeiten

Vorgeschichte Bearbeiten

Bevor sich 1981 der Verein Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager, e.V. gründete, engagierten sich zivilgesellschaftliche Akteure gemeinsam mit Überlebenden für die Erinnerung an die Emslandlager. Eine erste große Veranstaltung der Gedenkstättenbewegung fand 1977 an der Universität Oldenburg statt. Die Veranstaltung stand in engem Zusammenhang mit den Bemühungen, die Universität Oldenburg nach Carl von Ossietzky zu benennen. Überlebende organisierten gemeinsam mit dem Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) der Universität Oldenburg, dem Bund der demokratischen Wissenschaftler, dem Jugendverband des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und dem Stadtschülerrat Oldenburg Seminare und eine erste Ausstellung mit Kunstwerken, unter anderem von Ernst Walsken und Hanns Kralik.[1] Etwa zur gleichen Zeit begannen die Geschichtsstudentinnen Elke Suhr und Oriana Sieling, lebensgeschichtliche Interviews mit Überlebenden zu führen.[2] Im folgenden Jahr veranstalteten die Jungsozialisten im Emsland und Ostfriesland erste Gedenkveranstaltungen auf dem Friedhof Bockhorst/Esterwegen und der emsländische Journalist Hermann Vinke veröffentlichte seine Biografie über Carl von Ossietzky.[3] Die Beschäftigung mit Carl von Ossietzky vereinte die Akteure aus Oldenburg und Emsland/Ostfriesland, so dass sie Anfang 1979 den „Arbeitskreis Carl von Ossietzky Emsland/Ostfriesland“ gründeten. Der Arbeitskreis forderte Ende 1979 ein „Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager“. Sowohl inhaltlich als auch personell war der Arbeitskreis somit der Vorläufer des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager, e.V.[3]

Das DIZ Emslandlager in Papenburg Bearbeiten

Mit der Gründung des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager, e.V. 1981 konkretisierten die Akteure der Gedenkstättenbewegung ihre Ziele. Bemühungen, an den historischen Orten des Geschehens (z. B. auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Esterwegen, das von der Bundeswehr genutzt wurde) eine Gedenkstätte einzurichten, scheiterten zunächst. Deswegen konzentrierten sich die Ehrenamtlichen zunächst auf die Erforschung der Emslandlager und die Bildungsarbeit. In den Jahren 1981 und 1982 organisierte das Aktionskomitee gemeinsam mit dem Service Civil International und dem Bremer Landesjugendamt Workcamps an ehemaligen Lagerstandorten. Das Aktionskomitee bot außerdem Lagerrundfahrten an, organisierte Seminare und Vorträge und erstellte Bildungsmaterialien für Schulen.[4]

1984 mietete das Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager, e.V. mit eigenen Mitteln in Papenburg ein Haus an und konnte über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zwei Mitarbeitende beschäftigen. Diese erarbeiteten in Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg eine erste provisorische Dauerausstellung, die 1985 eröffnet wurde. Ausgestellt wurden auch Selbstzeugnisse von ehemaligen Häftlingen und Gefangenen der Emslandlager, die Überlebende und Angehörige dem DIZ zur Verfügung stellten.[5]

„Von Beginn an wird die Arbeit durch ehemalige Häftlinge unterstützt, sowohl politisch und finanziell wie auch durch die Abgabe persönlicher Dokumente, in den Lagern entstandener Briefe und Postkarten, Zeichnungen oder Schnitzereien.“

Flyer des DIZ

Einrichtung der Dauerausstellung 1993 Bearbeiten

Der Landkreis Emsland stellte mit finanzieller Unterstützung durch das Land Niedersachsen und der Stadt Papenburg dem DIZ ein neues Gebäude zur Verfügung. Die Eröffnung fand im September 1993 im Rahmen eines internationalen Treffens ehemaliger Häftlinge statt. Hier waren Texttafeln und Lesepulte zum Thema „Lagerleben“ aufgestellt. Zahlreiche Exponate zeigten die Geschichte der Lager und ihrer Häftlinge. In einem zweiten Ausstellungsraum wurden Sonderausstellungen anderer Institutionen und eigene Ausstellungen zu verschiedenen nationalsozialistischen Aspekten im Wechsel angeboten.

Kündigung des Büros des DIZ in der Gedenkstätte Bearbeiten

Die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen hat dem DIZ Emslandlager kurzfristig zum 15. Juni 2023 sein Büro in der Gedenkstätte gekündigt. Dadurch ist die Existenz des DIZ akut gefährdet.[6]

Gedenkstätte Esterwegen Bearbeiten

Ab 2009 wurde auf dem Gelände des KZ Esterwegen die Gedenkstätte Esterwegen eingerichtet. Durch ihre Gestaltung soll der Eindruck einer endlosen Moorlandschaft, einer „öden Heide“[7] geschaffen werden. Durch unterschiedliche Körnung des Schotters auf den Wegen werden die Todesstreifen sichtbar gemacht.

Nach dreijähriger Aufbauzeit wurde auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Strafgefangenenlagers Esterwegen am 31. Oktober 2011 die Gedenkstätte neu eröffnet, die für alle 15 Emslandlager steht. Sie haben von 1933 bis 1945 in wechselnder Funktion bis in die Grafschaft Bentheim hinein existiert. Im Beisein des Niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister wurde die Gedenkstätte in einem feierlichen Festakt offiziell eingeweiht.

Die Kosten zur Errichtung der Gedenkstätte in Höhe von 5,8 Millionen Euro teilten sich der Bund (2,5 Mio. €) sowie Landkreis Emsland, Niedersachsen und verschiedener niedersächsischer Stiftungen.[8][9][10]

Mit der Eröffnung der Gedenkstätte gab das DIZ Emslandlager nach 26 Jahren Gedenkstättenarbeit seinen Standort in Papenburg auf. Die Mitarbeiter leisten seitdem mit der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen die Arbeit gemeinsam in Esterwegen.

Literatur Bearbeiten

  • Das Dokumentation- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager in Papenburg. Auf der Suche nach den Moorsoldaten, Flyer des DIZ, o. J.
  • Werner Boldt: Über einen Versuch, Erinnerung zu organisieren: Projekt Emslandlager. 1. Auflage In: Geschichte in der Öffentlichkeit: Tagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik vom 5.–8. Oktober 1977 in Osnabrück, im Auftrag der Konferenz hrsg. von Wilhelm van Kampen, Stuttgart: Klett, 1979. S. 41–54. ISBN 3-12-920221-8 – (Anmerkungen und Argumente zur historischen und politischen Bildung ; 23)
  • Elke Suhr, Werner Boldt: Lager im Emsland 1933–1945 : Geschichte und Gedenken. Oldenburg: Bibliotheks- u. Informationssystem d. Univ., 1985.
  • Kurt Buck: Das neue Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager (DIZ) in Papenburg. In: Kriegsende und Befreiung, [Hrsg.: KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Red.: Kurt Buck …]. Bremen: Edition Temmen, 1995, S. 154–156. ISBN 3-86108-266-7 (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland; 2).
  • Susanne Brandt: „Die geistige Welt kennt hier keine Stacheldrähte“: Literatur in den Emslandlagern. In: DIZ-Nachrichten/ Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e.V. – Papenburg. 2003, Nr. 24, S. 46–49 : Ill.
  • Werner Boldt: Emslandlager: zur „Kriegsgräberstätte“, zum Bundeswehrdepot, zur Justizvollzugsanstalt, zum Kartoffelacker, 1. Auflage, In: Die vergessenen KZs?: Gedenkstätten für die Opfer des NS-Terrors in der Bundesrepublik, Detlef Garbe [Hrsg.]. Mit Beitr. von: Werner Boldt .. – Bornheim-Merten: Lamuv-Verl., 1983. – S. 69–92 (Lamuv-Taschenbuch; 26).
  • Kurt Buck: Auf der Suche nach den Moorsoldaten. Die Emslandlager 1933–1945 und die historischen Orte heute, Papenburg, 6. Aufl. 2008.
  • Habbo Knoch: Betr.: Esterwegen: Planungen für eine neue Gedenkstätte zur Geschichte der Emslandlager. In: DIZ-Nachrichten/ Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e.V. – Papenburg. 2006, Nr. [26], S. 10–14: Ill.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Werner Boldt: Über einen Versuch, Erinnerung zu organisieren. Projekt: Emslandlager. In: Wilhelm van Kampen (Hrsg.): Geschichte in der Öffentlichkeit. Tagung der Konferenz für geschichtsdidaktik vom 5.-8. Oktober 1977 in Osnabrück. Klett, Stuttgart 1979 (41-54 S.).
  2. Elke Suhr: Die Emslandlager. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung der emsländischen Konzentrations- und Strafgefangenenlager 1933-1945. Temmen, Bremen 1985.
  3. a b Habbo Knoch: Performanz in der Provinz. Partizipatorischer Aufbruch und demokratische Erinnerungskultur in der sozialliberalen Ära. In: Stefanie Coché, Hedwig Richter (Hrsg.): Legitimierung staatlicher Herrschaft in Demokratien und Diktaturen. Festschrift für Ralph Jessen. Bonn 2020 (139-183 S.).
  4. Werner Boldt, Lioba Meyer, Hella Otten, Heinz-Gerd Rieke, Elke Suhr, Hanne Weißmann: Emslandlager - Zur 'Kriegsgräberstätte', zum Bundeswehrdepot, zur Justizvollzugsanstalt, zum Kartoffelacker... In: Detlef Garbe (Hrsg.): Die vergessenen KZs? Gedenkstätten für die Opfer des NS-Terrors in der Bundesrepublik. Bornheim-Merten 1983, ISBN 3-921521-84-X, S. 69–92.
  5. Kurt Buck: Das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager (DIZ) in Papenburg. In: Zu Arbeit in Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Ein internationaler Überblick (= Schriften zu Arbeit in den Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus). Band 1, 1988, S. 178–186.
  6. Pressemitteilung des DIZ
  7. siehe Text des Liedes Die Moorsoldaten (Lagerlied von Börgermoor). Aktionskomitee DIZ Emslandlager in der Gedenkstätte Esterwegen, 1933, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Oktober 2019; abgerufen am 20. Oktober 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.diz-emslandlager.de Text des Moorsoldatenliedes
  8. Kulturstaatsminister Bernd Neumann eröffnet Gedenkstätte Esterwegen. In: Archiv von bundesregierung.de. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 31. Oktober 2011, abgerufen am 20. Oktober 2019.
  9. Gedenkstätte Esterwegen. 6. Oktober 2011, archiviert vom Original am 6. Oktober 2011; abgerufen am 20. Oktober 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gedenkstaette-esterwegen.de
  10. Gedenkstätten. 6. Juni 2011, archiviert vom Original am 6. Juni 2011; abgerufen am 20. Oktober 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.niedersachsen.de