Corpus Vasorum Antiquorum Deutschland
Das Corpus Vasorum Antiquorum Deutschland ist das deutsche Teilprojekt des internationalen Corpus Vasorum Antiquorum (CVA).
Das Projekt und seine GeschichteBearbeiten
Ziel dieses Projekts ist die Erforschung und Publikation der antiken Keramik in deutschen öffentlichen Sammlungen nach einheitlichen Kriterien. Das Projekt wurde 1920 begründet, Deutschland wurde als Folge des Ersten Weltkrieges erst 1935 aufgenommen. Der erste deutsche Band erschien 1938.
Für das Corpus Vasorum Antiquorum Deutschland ist im Auftrag der deutschen Akademien die Bayerische Akademie der Wissenschaften in München verantwortlich. Diese hat dafür eine eigene Kommission für das Corpus Vasorum Antiquorum eingerichtet. Die Redaktionstätigkeit wird von einem fest angestellten Redaktor geleistet, seit 2006 ist das Stefan Schmidt. Da derartige Grundlagenforschung heute von einzelnen Sammlungen kaum noch geleistet werden kann, da zumeist die finanzielle Ausstattung fehlt, um die Bearbeiter zu bezahlen, ist die zentrale Organisation und Finanzierung ein Garant für den Erfolg des Projektes in Deutschland. Die Bearbeiter der einzelnen Bände werden für die Dauer ihrer Tätigkeit bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und nicht bei den Sammlungen beziehungsweise Museen angestellt. Häufig waren und sind dies junge Klassische Archäologen am Beginn ihrer Karriere, aber auch Museumsmitarbeiter oder schon bekannte Vasenforscher haben Bände verfasst. Somit müssen sie sich als externe Mitarbeiter in das Gefüge der Museen einpassen, auf dessen Ressourcen wie Restauratoren, Fotografen und Zeichner sie angewiesen sind. Derzeitige wissenschaftliche Mitarbeiter des Projektes sind Georg Gerleigner, Bettina Kreuzer, Susanne Pfisterer-Haas, Laura Puritani, Bettina Reichardt, Angelika Schöne-Denkinger und Martin Schulz (Stand Januar 2019).
Leitungsgremium des CVA Deutschland ist der Beirat der Kommission für das Corpus Vasorum Antiquorum. Vorsitzender ist aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften automatisch Paul Zanker. Er sitzt dem Beirat vor, dem zudem derzeit als stellvertretender Vorsitzender Christian Kunze sowie Klaus Fittschen und Bodil Bundgaard Rasmussen angehören. Beratend steht daneben der Ausschuss für das Corpus Vasorum Antiquorum, dem Matthias Steinhart vorsitzt, Stellvertreter ist Martin Bentz, weitere Mitglieder sind Florian Knauß, Stefan Schmidt und Andreas Scholl.
Ein Mitarbeiter benötigt derzeit etwa zwei Jahre für die Erstellung eines Bandes, wenn er diesen in einer Vollzeitstelle erarbeiten kann. Zwischen 1938 und 1944 wurden sechs Bände publiziert, nach dem Krieg erschien 1951 der siebte Band. In den 1950er Jahren wurden 12 Bände veröffentlicht, besonders ergiebig war das Jahr 1959 mit allein fünf publizierten Bänden, darunter drei aus der DDR. Auch in den 1960er Jahren wurden wieder 12 Bände publiziert, je 14 in den 1970er Jahren und 1980er Jahren sowie 13 in den 1990er Jahren. Seit Mitte der 2000er Jahre wurde der Arbeitsaufwand intensiviert, eine Abdeckung der deutschen Museen könnte somit in den 2040er Jahren erreicht werden. Abgesichert ist das Projekt derzeit durch die deutschen Akademien bis ins Jahr 2030. In den 2000er Jahren erschienen 15 Bände, in den 2010er Jahren bislang 14.
Naturgemäß entfällt die Mehrzahl der Bände auf die großen deutschen Vasensammlungen. So sind bisher für die Staatlichen Antikensammlungen in München 18 Bände und für die Antikensammlung Berlin 16 Bände erschienen, insgesamt sind bis 2016 100 Bände mit den Beständen deutscher Sammlungen publiziert worden. Aber auch viele kleinere öffentliche Sammlungen (etwa Karlsruhe, Schloss Fasanerie und Schwerin) sind vollständig bearbeitet worden, dazu die Bestände zahlreicher deutscher Universitätssammlungen. Der erste einer österreichischen Sammlung gewidmete CVA-Band erschien nach dem „Anschluss“ 1941 als Band 5 der deutschen Reihe. 1971 beendete die DDR ihre Mitarbeit im von München aus organisierten Projekt und begann eine Reihe mit eigener Zählung der Bände. Davon erschienen zwischen 1972 und 1990 jedoch nur drei Bände. Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten werden auch die ostdeutschen Sammlungen wieder in der Münchener Reihe veröffentlicht.
Die Bände des Corpus Vasorum Antiquorum werden im Verlag C. H. Beck veröffentlicht, mit Ausnahme der neun zwischen 1959 und 1990 erschienenen Bände zu Sammlungen in der DDR, die im Akademie-Verlag herausgebracht wurden.
Text und Tafeln aller deutschen CVA-Bände bis Band 76 sind frei zugänglich im Internet verfügbar. Bis einschließlich des Bandes 72 wurde jeder Band in einzelnen Tafeln, ergänzt durch ein Beiheft mit den erklärenden Texten und Indices in einer Schutzhülle, publiziert. Seit Band 73 sind Tafeln sowie Textteil ein gebundenes Hardcover-Buch.
Nicht in der Reihe werden Sammlungen beziehungsweise Sammlungsbestände erneut publiziert, die schon vor der Erstellung der CVA-Bände in vergleichbarer Qualität veröffentlicht wurden, etwa die 1931 von Wilhelm Kraiker publizierte Teilsammlung attisch-rotfiguriger Keramik der Antikensammlung der Universität Heidelberg.
Redaktoren des deutschen Corpus Vasorum AntiquorumBearbeiten
- 1937–1939 und 1955–1962 Adolf Greifenhagen
- 1962–1966 Dietrich Schulz
- 1966–2004 Heinrich B. Siedentopf
- 1999–2004 Martin Bentz
- 2004–2006 Ralf von den Hoff
- seit 2006 Stefan Schmidt
Vorsitzende der Kommission für das Corpus Vasorum AntiquorumBearbeiten
Qua Amt übernimmt der jeweilige Vertreter der Klassischen Archäologie in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften die Position des Kommissionsvorsitzenden, selbst wenn er keinen direkten Bezug zur Thematik hat.
- 1936–1961 Ernst Buschor
- 1962–1968 Hans Möbius
- 1968–1987 Emil Kunze
- seit 1987 Paul Zanker
Die Bände des Corpus Vasorum Antiquorum DeutschlandBearbeiten
Ostdeutsche Bände aus der Zeit zwischen 1949 und 1970 sind in der Ortsangabe kursiv gehalten.
Corpus Vasorum Antiquorum-Bände der DDRBearbeiten
Band | Ort | Museum | Teilband | Bearbeiter | Jahr | Anmerkungen | ISBN |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Schwerin | Staatliches Museum Schwerin | Schwerin | Gottfried von Lücken | 1972 | Gesamtbestand | |
2 | Leipzig | Antikenmuseum der Karl-Marx-Universität | Leipzig 2 | Eberhard Paul | 1973 | Schwarzfigurige Keramik | |
3 | Berlin | Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung | Berlin 1 | Elisabeth Rohde | 1990 | Attisch-rotfigurige Vasen | ISBN 3-05-001767-8 |
Beihefte zum Corpus Vasorum Antiquorum DeutschlandBearbeiten
Seit 2002 werden zu den Bänden des Corpus Vasorum Antiquorum auch Beihefte veröffentlicht. Die Reihe veröffentlicht Beiträge von Tagungen des CVA, die sich mit Grundsatzfragen und Grundlagenforschungen der antiken Keramik beschäftigen.
Band | Titel | Herausgeber | Jahr | Tagung | ISBN |
---|---|---|---|---|---|
1 | Vasenforschung und Corpus Vasorum Antiquorum. Standortbestimmung und Perspektiven | Martin Bentz | 2002 | München 2000 | ISBN 3-406-49043-3 |
2 | Attische Vasen in etruskischem Kontext. Funde aus Häusern und Heiligtümern | Martin Bentz, Christoph Reusser | 2004 | Regensburg 2002 | ISBN 3-406-51904-0 |
3 | Konservieren oder restaurieren. Die Restaurierung griechischer Vasen von der Antike bis heute | Martin Bentz, Ursula Kästner | 2007 | Berlin 2006 | ISBN 3-406-56482-8 |
4 | Hermeneutik der Bilder. Beiträge zu Ikonographie und Interpretation griechischer Vasenmalerei | Stefan Schmidt, John H. Oakley | 2009 | München 2008 | ISBN 978-3-406-59321-5 |
5 | Vasenbilder im Kulturtransfer. Zirkulation und Rezeption griechischer Keramik im Mittelmeerraum | Stefan Schmidt, Adrian Stähli | 2012 | München 2010 | ISBN 978-3-406-62567-1 |
6 | Sammeln und Erforschen. Griechische Vasen in neuzeitlichen Sammlungen | Stefan Schmidt, Matthias Steinhart | 2014 | München 2012 | ISBN 978-3-406-66400-7 |
7 | Töpfer – Maler – Werkstatt. Zuschreibungen in der griechischen Vasenmalerei und die Organisation antiker Keramikproduktion | Norbert Eschbach, Stefan Schmidt | 2016 | 2014 | ISBN 978-3-406-66940-8 |
8 | Inszenierung von Identitäten. Unteritalische Vasenmalerei zwischen Griechen und Indigenen | Ursula Kästner, Stefan Schmidt | 2018 | 2016 | ISBN 978-3-7696-3779-3 |
9 | Die Materialität griechischer Vasen. Mikrohistorische Perspektiven in der Vasenforschung | Martin Langner, Stefan Schmidt | 2020 | München, Oktober 2018 | ISBN 978-3-7696-3780-9 |
LiteraturBearbeiten
- Heinrich B. Siedentopf: Corpus Vasorum Antiquorum. In: Akademie-Journal. 1, 1996, ISSN 0942-4776, S. 2–8.
- Martin Bentz (Herausgeber): Vasenforschung und Corpus Vasorum Antiquorum. Standortbestimmung und Perspektiven. (= Corpus Vasorum Antiquorum. Beihefte 1), C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-49043-3 (Digitalisat). Darin:
- Martin Bentz: Zur Geschichte des CVA. S. 9–15.
- Wolf-Dieter Heilmeyer: Keramologie contra Vasenkunde? Das CVA aus Sicht eines Museumsleiters. S. 17–18.
- Martin Schulz: Das CVA als Informationsquelle. Ein Erfahrungsbericht. S. 19–22.
- Myriam Hönig (Redaktion): Sprache, Schrift, Bild. Wege zu unserem kulturellen Gedächtnis. Broschüre zur Ausstellung vom 21. Juni bis 31. August 2007 im Pergamonmuseum und im Alten Museum auf der Museumsinsel Berlin. Herausgegeben von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Staatliche Museen, Berlin 2007, S. 10–13.
- Norbert Eschbach: Scherben bringen Glück. Von Jagdinstinkt und detektivischem Gespür: Anmerkungen zur Arbeit in Museen und Sammlungen für das Corpus Vasorum Antiquorum. In: Akademie Aktuell 2/2015, S. 66–71 (Digitalisat).