Burson Cohn & Wolfe

US-amerikanische Public-Relations-Agentur
(Weitergeleitet von Cohn & Wolfe)

Burson Cohn & Wolfe (BCW) ist eine weltweit agierende Public-Relations-Agentur der WPP Group. Sie entstand im Jahr 2018 aus der Fusion der beiden Agenturen Burson-Marsteller und Cohn & Wolfe, die bereits zu WPP gehörten. Mit weltweit rund 4.000 Mitarbeitern und Büros in 42 Ländern ist BCW die weltweit drittgrößte PR-Agentur.[1] In Deutschland ist BCW unter anderem an den Standorten Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg und München vertreten. In der Schweiz hat BCW Standorte in Zürich und Lausanne.

Burson Cohn & Wolfe

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Rechtsform LLC
Gründung 2018 (1953)
Sitz New York City Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Leitung Donna Imperato (CEO)
Mitarbeiterzahl 4.000
Branche Public Relations, Lobbying
Website bcw-global.com

Geschichte Bearbeiten

Geschichte von Burson-Marsteller (1953–2018) Bearbeiten

 
Die Gründer Harold Burson und Bill Marsteller

Die Vorgänger-Agentur Burson-Marsteller wurde 1953 von Harold Burson und Bill Marsteller in den USA gegründet und war in mehr als 50 Ländern tätig. Im Jahr 1979 wurde das Unternehmen von der Agentur Young & Rubicam übernommen, die wiederum im Oktober 2000 von der britischen WPP Group übernommen wurde.

In Genf (Schweiz) wurde 1961 die erste Übersee-Filiale eröffnet.[2] 1973 folgten erste Büros in Asien, mit Niederlassungen in Hongkong, Singapur, Kuala Lumpur und Tokio.[3] Nach dem Bhopalunglück im Jahr 1984, bei dem tausende Menschen ums Leben kamen und hunderttausende schwer verletzt wurden, unterstützte Burson-Marsteller die Öffentlichkeitsarbeit des Chemiekonzerns Union Carbide.[4] 1990 unterstützte Burson-Marsteller eine weltweite Produktrückruf-Aktion des Mineralwasser-Herstellers Perrier.[5] In den 90er Jahren beriet Burson-Marsteller McDonald’s nach dem Auftreten der ersten BSE-Fälle.[6] 1997 erfolgte die Übernahme der schweizerischen Agentur Jäggi Communications.[2]

Burson-Marsteller gewann im Jahr 2003 mehr als 125 Preise für seine Arbeit. Im Juni erhielt Burson-Marsteller 2003 den Best of Silver Anvil Award der PRSA (Public Relations Society of America) für eine Kampagne, die das Unternehmen im Auftrag von United States Postal Service konzipiert hatte. Das amerikanische Post-Unternehmen hatte nach den Anthrax-Anschlägen mit einem Vertrauensverlust der Kunden zu kämpfen, nachdem im September und Oktober 2001 insgesamt sieben Briefe mit Milzbranderregern unterschiedlicher Virulenz von unbekannten Tätern an Regierungsstellen und hohe Politiker verschickt wurden.[7]

Das Unternehmen betreute unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit von Cadbury plc, die nach Fällen von Salmonellen-Infektionen im Jahr 2006 ihre Kunden schnellstmöglich zurückgewinnen wollte.[8] Im Mai 2017 wurde die türkische Administration um Recep Tayyip Erdoğan zum Klienten der Agentur.[9]

Geschichte von Cohn & Wolfe (1970–2018) Bearbeiten

Die Vorgänger-Agentur Cohn & Wolfe wurde 1970 von Bob Cohn und Norman Wolfe in Atlanta, Georgia, USA, gegründet. 1984 übernahm Burson-Marsteller die Agentur, die als eigenständiges Tochterunternehmen weitergeführt wurde.[10] Cohn & Wolfe war ebenfalls Teil der Übernahme von Burson Marsteller bzw. Young & Rubicam durch WPP im Jahr 2000.[11] Im selben Jahr kaufte Cohn & Wolfe die französische Agentur Kendo mit Sitz in Paris.[12] Im Jahr 2003 eröffnete Cohn & Wolfe ein Büro in Hamburg.[13] 2008 übernahm Cohn & Wolfe die Agentur AxiCom[14] und die GCI Group.[15] 2015 erwarb Cohn & Wolfe die indische Agentur Six Degrees mit Büros unter anderem in Mumbai, Delhi und Bangaluru.[16]

Im Jahr vor der Fusion mit Burson Marsteller verfügte Cohn & Wolfe über Niederlassungen in Asien, EMEA, Süd- und Nordamerika.[17]

Geschichte als BCW (seit 2018) Bearbeiten

Im Februar 2018 hatte WPP die Zusammenlegung von Burson-Marsteller mit Cohn & Wolfe bekanntgegeben. Die Agentur verfügt in der DACH-Region über mehrere Standorte. In Deutschland ist BCW in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und München präsent, in der Schweiz in Bern, Zürich und Lausanne (BCW Sport). Vom ersten Standort in der Schweiz, Genf, hat sich BCW 2018 zurückgezogen.[18]

Profil Bearbeiten

Im Jahr 2019 beschäftigte das Unternehmen mehr als 4.000 Mitarbeiter in 42 Ländern.[19] BCW ist Teil der BCW Group, zu deren Marken gehören: AxiCom, BWR, Direct Impact, GCI Health, HZ, PSB, Prime Policy Group und Goodfuse.[20][21][22][23]

Donna Imperato ist Chief Executive Officer (CEO). Zuvor war sie CEO bei Cohn & Wolfe.[24] BCW ist nach geografischen Regionen gegliedert: Nordamerika, Lateinamerika, Europa und Afrika, der Nahe Osten und der asiatisch-pazifische Raum. Jede Region wird von einem regionalen Präsidenten geleitet, der direkt an die globale CEO berichtet.[25] Zu den weiteren namhaften Mitarbeitern der Gruppe gehören Karen Hughes, ehemalige Beraterin von US-Präsident George W. Bush,[26] und Tom Reed, ehemaliger Kongressabgeordneter aus Corning, New York.[27]

BCW in Deutschland und der Schweiz Bearbeiten

BCW ist in der DACH-Region mit sechs Standorten in Deutschland und zwei Standorten in der Schweiz vertreten. Das Unternehmen beschäftigte im Jahr 2018 rund 170 Mitarbeiter in Deutschland.[28] BCW berät Kunden in Deutschland unter anderem in den Bereichen Public Relations, Krisenmanagement und Public Affairs.[29][28] In der Schweiz ist das Unternehmen zudem im Bereich der Organisation und Ausrichtung von Sportveranstaltungen tätig.[30] BCW Deutschland engagiert sich ehrenamtlich unter anderem bei der Organisation „Netzwerk Chancen“, die sich für Chancengleichheit von Kindern aus finanzschwachen und nichtakademischen Familien einsetzt.[31]

Kritik und Kontroversen Bearbeiten

Burson-Marsteller Bearbeiten

Burson-Marsteller wurde u. a. dafür kritisiert, dass es die Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Regimes und Diktaturen betreute, so zum Beispiel die argentinische Militärjunta oder das Regime des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu. Laut Nina Katzemich von Lobbycontrol würde das Unternehmen vor nichts zurückschrecken. B-M erhalte auch durch die Zusammenarbeit mit EU-Regierungen „zahlreiche neue privilegierte Zugänge“, die sich „bei weiteren Aufträgen von Kunden aus der Privatwirtschaft zu Geld“ machen lassen würden. So habe sich die Agentur beispielsweise während der polnischen EU-Ratspräsidentschaft als Berater der polnischen Regierung dafür eingesetzt, Fracking nicht EU-weit zu regulieren, sondern zu fördern. Gleichzeitig war der Ölkonzern ExxonMobil Kunde von B-M, welcher in Polen Fracking betreibt.[32] Auf Medienanfragen, welche Tätigkeiten B-M für die türkische Regierung erbrachte (diese war seit Mai 2017 Kunde von B-M), ging die Agentur nicht ein.[9]

Burson-Marsteller stand außerdem schon oft im Visier von Umweltschützern, die dem Unternehmen vorwarfen, im Auftrag von Großunternehmen Propaganda für umweltzerstörerische und gesundheitsschädliche Projekte und Techniken zu betreiben.[33] So half B-M bei der Gründung der Global Climate Coalition, einem Interessenverband, dessen Ziel es war, staatliche Maßnahmen zur Senkung der Emission von Kohlendioxid zu verhindern.[34]

Burson-Marsteller geriet auch in die Kritik durch den Einsatz des sogenannten Astroturfing, bei dem der Eindruck einer spontanen Graswurzelbewegung vorgetäuscht wird. So heuerte Burson-Marsteller 1999 eine Gruppe von Demonstranten an, die im Auftrag des Biotech-Unternehmens Monsanto für den Einsatz von Genmanipulation protestieren sollten. Der Vorfall wurde nach einem Bericht der New York Times bekannt, die einige der Demonstranten interviewt hatte.[35][36][37]

Im Mai 2011 wurde bekannt, dass Burson-Marsteller USA einen verdeckten Auftrag von Facebook für eine Kampagne gegen Google mit Hilfe scheinbar neutraler Presseberichte angenommen hatte.[38][39][40] So wurde etwa ein bekannter US-amerikanischer Aktivist für Privatsphäre von Burson-Marsteller anonym angeschrieben und gebeten, einen Google-kritischen Gastkommentar in verschiedenen großen Zeitungen zu schreiben.[41]

Auch wurde Burson-Marsteller von der Fraport AG, Lufthansa AG sowie Condor Flugdienst beauftragt, eine Gegeninitiative zu den Fluglärmprotesten am Frankfurter Flughafen zu starten. Die sollte in Form einer Gegendemonstration unter dem Motto Ja zu FRA! erfolgen.[42]

2015 geriet Burson-Marsteller in der Schweiz wegen seiner Lobbying-Tätigkeiten für die kasachische Partei Ak Shol in die Kritik. Gestützt auf von Unbekannten im Internet publizierten E-Mails zeigte die Neue Zürcher Zeitung auf, dass Burson-Marsteller für das Organisieren eines parlamentarischen Vorstosses von FDP-Nationalrätin Christa Markwalder über 7000 Franken verlangt hatte.[43] Auf Wunsch der kasachischen Auftraggeber entfernte Burson-Marsteller das Wort Menschenrechte aus dem Entwurf für den Vorstoss. Umstritten ist, wie umfassend die Politikerin über das Vorgehen von Burson-Marsteller informiert worden war.[44][45]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. PR-Journal (28. Februar 2018): Zwangsheirat: WPP fusioniert Burson Marsteller und Cohn & Wolfe.
  2. a b burson-marsteller.ch, Rubrik "über uns" (Memento vom 18. Mai 2015 im Internet Archive), abgerufen am 14. Mai 2015
  3. Rick Hynum: wagging the dog. (PDF) In: Ole Miss Alumni Review. 1. Januar 2012, archiviert vom Original am 17. August 2011; abgerufen am 18. September 2022 (englisch).
  4. Robert D. McFadden: Harold Burson, a Giant in Public Relations, Dies at 98. In: New York Times. 10. Januar 2020, abgerufen am 18. September 2022 (englisch).
  5. Randall Rothenberg: The Media Business: Advertising; Perrier Plans Return With A New Voice. In: New York Times. 29. März 1990, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  6. Facebook hetzt Blogger auf Google. In: WirtschaftsWoche. 13. Mai 2011, abgerufen am 18. September 2022.
  7. Pressemitteilung der PRSA zur Verleihung des Best of Silver Anvil Award 2003 (Memento vom 18. Juli 2010 im Internet Archive)
  8. Salmonellen verderben Cadbury die Bilanz. In: Die Welt. 3. August 2006, abgerufen am 21. September 2022.
  9. a b Public Relations für Despoten: Wie PR-Profis Erdogans Image säubern. In: Spiegel Online. Abgerufen am 14. Juni 2017.
  10. George Lazarus: `Nickel` candy bar is back at payday. In: Chicago Tribune. 2. November 1988, abgerufen am 21. September 2022.
  11. Andreas Hepp, Martin Löffelholz (Hrsg.): Grundlagentexte zur transkulturellen Kommunikation. UVK Verlag, 2002, ISBN 978-3-8385-2371-2, S. 241.
  12. Cohn & Wolfe buys frence Agency Kendo. In: AdAge. 11. Juli 2000, abgerufen am 18. September 2022 (englisch).
  13. Cohn & Wolfe eröffnet Büro in Hamburg. In: Horizont. 9. Oktober 2003, abgerufen am 18. September 2022.
  14. Cohn & Wolfe kauft AxiCom. In: new business. 9. April 2008, abgerufen am 18. September 2022.
  15. Cohn & Wolfe und GCI Group fusionieren zu einer der Top-10 PR-Agenturen weltweit. 4. Juli 2008, abgerufen am 21. September 2022.
  16. Cohn & Wolfe boosts Inda offering with Six Degrees acquisition. In: PR Week. 30. September 2015, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  17. Global Reach. In: www.cohnwolfe.com. Archiviert vom Original am 21. Februar 2018; abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  18. BCW Switzerland - our offices. Abgerufen am 17. Mai 2019.
  19. Aarti Shah: WPP Creates 3rd Largest PR Firm With Burson Cohn & Wolfe. In: PRovoke Media. 27. Februar 2018, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  20. Thomas Moore: Y&R PR rebrands as Goodfuse. In: PR Week. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  21. BCW Group merges two tech firms into AxiCom. In: PR Week. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  22. Lindsay Rittenhouse: WPP's Burson Cohn & Wolfe Acquires Creative Shop HZ. In: ADWEEK. 14. August 2018, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  23. Burson-Marsteller - an optimistic view. In: PR Week. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  24. Bennett Bennett: WPP firms Burston-Marsteller and Cohn and Wolfe merge. In: The Drum. 27. Februar 2018, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  25. Arun Sudhaman: Burson Cohn & Wolfe Names Regional Leadership Following Merger. In: PRovoke Media. 6. März 2018, abgerufen am 21. August 2022 (englisch).
  26. Joe Ciarallo: Former Bush Aide Karen Hughes Joins Burson-Marsteller. In: ADWEEK. 9. Juni 2008, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  27. Aaron Navarro: Republican Tom Reed resigns from Congress. In: CBS News. 11. Mai 2022, abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  28. a b Judith Hörning und Laura Averbeck: Burson Cohn & Wolfe: „Neugierde ist der Schlüssel zum Erfolg“. In: PR Journal. 30. November 2018, abgerufen am 21. September 2022.
  29. Burson Cohn & Wolfe holt Frank Schönrock. In: PR Report. 29. November 2019, abgerufen am 21. September 2022.
  30. BCW SPORTS. In: bcw-global.com. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
  31. Unsere Partnerunternehmen. In: Netzwerk Chancen. Abgerufen am 21. September 2022.
  32. RTL: "Die schrecken vor nichts zurück" – wie Lobbyisten in der EU mitmischen, vom 3. Januar 2013
  33. BUND: Burson Marsteller wäscht sich selber grün / Greenwash. Abgerufen am 3. September 2013
  34. BUND: Burson Marsteller - Klimawandel kein Problem?, vom 2. August 2001
  35. The Guardian: Anti-GM warrior Melchett joins PR firm that advised Monsanto, vom 8. Januar 2002
  36. Der Spiegel: Saatgutkonzern Monsanto: Aggressivität in den Genen, vom 31. Mai 2013
  37. Greenpeace Magazin: Genhirnwäsche, abgerufen am 3. September 2013
  38. Konrad Lischka, Ole Reißmann: Facebook schlittert ins PR-Desaster, Spiegel Online, 12. Mai 2011
  39. netzpolitik.org: Burson-Marsteller im bezahlten Anti-Google-Feldzug, vom 13. Mai 2011
  40. T3N Magazin: Peinlicher PR-Krieg: Facebook versucht Google zu verunglimpfen (Memento vom 26. Juli 2013 im Internet Archive), vom 12. Mai 2011
  41. Süddeutsche Zeitung: PR-Debakel: Flüsterkampagne gegen Google, vom 13. Mai 2011
  42. Jürgen Ahäuser: "Ja zu FRA" beauftragt umstrittene PR-Agentur, Frankfurter Rundschau Online, 21. Februar 2012
  43. Kasachstan-Affäre - «der lange Arm der Lobbyisten ins Bundeshaus» NZZ, 6. Mai 2015
  44. Stellungnahme von Burson-Marsteller, 6. Mai 2015 (Memento vom 10. Mai 2015 im Internet Archive)
  45. FDP-Chef Müller zur Kasachstan-Affäre - «seid bitte vorsichtiger bei Lobbyisten» NZZ, 7. Mai 2015