Christuskirche (Bad Godesberg)

Kirchengebäude in Bonn

Die Christuskirche ist eine evangelische Kirche im Ortsteil Plittersdorf des Bonner Stadtbezirks Bad Godesberg. Die Kirche steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz.[1]

Christuskirche Bad Godesberg, Außenansicht (2014)
Christuskirche Bad Godesberg, Innenansicht (2012)

Geschichte Bearbeiten

Die Christuskirche wurde 1953 nach Entwürfen des insbesondere für den evangelischen Kirchenbau bedeutenden Architekten Otto Bartning unter Mitwirkung von Otto Dörzbach erbaut. Der Bau wurde begonnen am 3. November 1952, die Grundsteinlegung erfolgte am 25. Januar 1953. Am 29. November wurde die Kirche geweiht.[2]

Architektur und Ausstattung Bearbeiten

Die Christuskirche gilt als eine der bedeutendsten von Bartnings Nachkriegskirchen.[3] Der Bau ist als „Flügelkirche“ so gestaltet, dass vier anliegende Gemeinderäume bei Bedarf zur Erweiterung der Kirche genutzt werden können. Sie ist somit gleichermaßen als „Feier- und Werktagskirche“ geeignet.[4] Entsprechend bietet die Kirche für normale Sonntagsgottesdienste etwa 360 Besuchern Platz und kann an Feiertagen durch Öffnung der beweglichen Holzfaltwände auf bis zu 850 Sitzplätze erweitert werden, womit sie die größte evangelische Kirche in Bad Godesberg ist.

Die bemerkenswerte Architektur lenkt den Blick auf den offen und licht gestalteten Altarraum: Er wird dominiert von einem stimmungsvollen, elf Meter hohen Bruchstein-Mosaik des Malers und Bildhauers Willi Sohl, das die „Verklärung Christi“ darstellt. Die Mitte des Altarraumes bildet ein acht Meter hohes Kupferkreuz.[5] Taufschale und Abendmahlsgeräte stammen von Rudolf Koch und wurden gefertigt von der Werkstatt Gotthold Schönwandt in Nordeck/Gießen. Der Ständer für die Taufschale wurde 2002 von der Kunstschlosserei Heinz-Dieter Bastian nach einem Entwurf des Godesberger Architekten Wolfram Stolle gefertigt.[6] Die Kanzel ist ein Werk des Kölner Bildhauers Jochem Pechau. Über dem fünfeckigen Sockel erheben sich vier Bronzegusstafeln mit den Symbolen der vier Evangelisten, darüber die Inschrift: „Wachet und betet“. Ein 2011 vom Godesberger Künstler Eberhard Koch geschaffener Leuchter stellt in kubischer Form eine Weltkugel dar, dessen Mitte Christus als Licht der Welt ist. Die vier Hauptmeridiane und Breitenkreise bilden in allen Berührungspunkten ein Kreuz. An den schlichten Holzseitenwänden der Kirche sind seit 2010 zwei moderne Engelfiguren aus Holz angebracht.

Der schlanke Kirchturm mit offenem Glockenstuhl ist mit der Kirche nicht verbunden, sondern steht deutlich abgesetzt schräg vor dem westlichen Nebeneingang der Kirche.

Die Christuskirche ist Mittelpunkt eines Gemeindezentrums. Auf der südwestlichen Seite der Kirche wurde 1972 eine große Bücherei angebaut. In Längsrichtung schließt sich nördlich das zweigeschossige Gemeindehaus mit Küsterwohnung und ein eingeschossiger Kindergarten (seit 1955, umgebaut und erweitert 2013) sowie ein Jugendraum (1967, Umbau 2013) an. Etwas abgesetzt davon liegen das Pfarrhaus und die Familienbildungsstätte „Haus der Familie“ (1965) mit Mehrgenerationenhaus.

Orgeln und Kirchenmusik Bearbeiten

Von 1956 bis 2018 hatte die Kirche eine Orgel von Orgelbaumeister Paul Ott. Sie wurde 2019 ersetzt durch ein Instrument von Claudius Winterhalter. Kantoren der Christuskirche waren Friedrich Ernst Klaffke (1954–60), Dieter Kröker (1961–76), Ernst-Ulrich Scheler (1976–2008), Philipp Christ (2009), Michael Riedel (2010–2013), Barbara Dünne (seit 2013).[7]

 
Die Winterhalter-Orgel der Christuskirche

Winterhalter-Orgel (seit 2019) Bearbeiten

2016 erteilte die Kirchengemeinde dem Orgelbauer Claudius Winterhalter den Auftrag für den Neubau einer Orgel mit 31 Registern auf zwei Manualen und Pedal.[8] Die Disposition entstand in Zusammenarbeit des Orgelsachverständigen Manfred Schwartz mit dem Orgelbauunternehmen.[9] Die Winterhalter-Orgel wurde im Herbst 2018 eingebaut und an Pfingstsonntag, dem 9. Juni 2019 eingeweiht. Das Weihekonzert am gleichen Abend spielte Johannes Geffert.

I Hauptwerk C-a3
01. Bourdon 16′
02. Principal Major 08′
03. Principal Minor 08′
04. Soloflöte 08′
05. Bourdon 08'
06. Salicional 08′
07. Octave 04′
08. Flöte 04′
09. Quinte 0223
10. Octave 02′
11. Mixtur V 02′
12. Cornett V (ab g0) 08′
13. Trompete 08′
Tremulant
II Schwellwerk C-a3
14. Quintaton 16′
15. Geigenprincipal 08′
16. Doppelgedeckt 08′
17. Gambe 08′
18. Vox Coelestis(ab c0) 08′
19. Fugara 04′
20. Traversflöte 04′
21. Quintflöte 0223
22. Flageolet 02′
23. Terz 0135
24. Mixtur IV-V 0113
25. Trompette harmonique 08′
26. Basson Hautbois 08′
Tremulant
Zimbelstern
Pedal C-f1
27. Untersatz (Transmission) 32′
28. Contrabass 16′
29. Subbass 16′
30. Bourdon (= Nr. 1) 16′
31. Octavbass 08′
32. Gedecktbass (= Nr. 29) 08′
33. Violoncello (= Nr. 28) 08′
34. Bassoctave (= Nr. 31) 04′
35. Posaune 16′
36. Trompete 08′
37. Clairon (= Nr. 36) 04′
  • Koppeln II/I (mechanisch), I/P (mechanisch), II/P (mechanisch), SUB II-I (elektronisch), SUPER II-P (elektronisch)
  • Mechanische Spieltraktur
  • Elektrische Registertraktur, elektronische Registersteuerung
  • Midi In/Out

Ott-Orgel (1956–2018) Bearbeiten

Die dreimanualige Orgel mit 44 klingenden Registern und 3170 Pfeifen des Orgelbaumeisters Paul Ott wurde am 15. Juli 1956 eingeweiht. Eine Besonderheit im Orgelbau stellte das in der Emporenbrüstung eingebaute zweite Rückpositiv als Pedalrückpositiv dar. 2015 stellte ein Gutachten der Landeskirche fest, dass eine Restauration der Ott-Orgel nicht sinnvoll war. Die Kirchengemeinde entschied sich daher, sie durch eine neue Orgel zu ersetzen[10]. Im Juni 2018 wurde die Orgel abgebaut. Sie soll ab 2020 in der Kirche Saint Antoine im französischen Lyon erklingen.[11][12]

I Rückpositiv
Gedecktpommer 8′
Musiziergedeckt 8′
Blockflöte 4′
Prinzipal 2′
Waldflöte 2′
Quinte 113
Terzflöte 45
Zimbel II 16
Regal 8′
Tremulant
II Hauptwerk
Quintadena 16′
Principal 8′
Gedackt 8′
Oktave 4′
Rohrflöte 4′
Flachflöte 2′
Quarte 223′+2′
Mixtur V-VI 2′
Trompete 8′
III Oberwerk
Rohrpfeife 8′
Holzflöte 8′
Prinzipal 4′
Gemshorn 4′
Nasard 223
Oktave 2′
Terz 135
Nachthorn 1′
Scharf IV 1′
Krummhorn 8′
Tremulant
Zimbelstern
Pedal
Subbass 16'
Gedacktbass 16'
Prinzipalbass 8′
Holzgedackt 8′
Oktave 4′
Sesquialter III 513
Hintersatz VI 223
Posaune 16′
Trompete 8′
Pedalrückpositiv
Metallgedackt 8′
Offenflöte 2′
Rauschpfeife III 2′
Rankett 16′
Schalmei 4′
Tremulant
  • Koppeln I/II, III/II, II/P
  • Sperrventile für Rückpositiv, Oberwerk, Hauptwerk, Pedal 1, Pedal 2, Rückpositiv-Pedal

Glocken Bearbeiten

Der Kirchturm beherbergt drei Bronzeglocken, allesamt gefertigt 1953 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn.

Nr. Liturgisches Amt Masse
(kg)
Schlagton Inschrift
1 Totenglocke 490 gis1 ICH LEBE UND IHR SOLLT AUCH LEBEN (Joh 14,19)
2 Rufglocke 290 h1 O LAND, LAND, LAND HÖRE DES HERREN WORT (Jer 22,29)
3 Gebetsglocke 210 cis2 JESUS CHRISTUS GESTERN UND HEUTE UND DERSELBE AUCH IN EWIGKEIT (Hebr 13,8)

Kirchengemeinde Bearbeiten

Pfarrer der Kirche waren Helmut Kolfhaus (1954–1976), Georg Terpitz (1974–2001), Ernst F. Jochum (2001–2008) und Oliver Ploch (seit 2008). Die Christuskirche gehört seit der Fusion der Christus- und Pauluskirchengemeinde im Jahr 2003 zur Thomas-Kirchengemeinde Bonn-Bad Godesberg. Neben der Christuskirche gehören auch die Pauluskirche in Friesdorf und die Thomaskapelle in Plittersdorf zur Thomas-Kirchengemeinde. Seit März 2010 ist die Kirche die erste offene evangelische Kirche in Bad Godesberg.

Literatur Bearbeiten

  • Hans Werner Hegemann: Die Christuskirche in Bad Godesberg, in: Baukunst und Werkform, Die neue Stadt, Frankfurt/Main 1954.
  • Ursel und Jürgen Zänker: Bauen im Bonner Raum 49–69. Versuch einer Bestandsaufnahme (= Landschaftsverband Rheinland [Hrsg.]: Kunst und Altertum am Rhein. Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn. Nr. 21). Rheinland-Verlag, Düsseldorf 1969, S. 179–180.
  • Ingrid Küster: Otto Bartning als Kirchbaumeister. Dissertation, Bonn 1982.
  • Barbara Kahle: Deutsche Kirchenbaukunst des 20. Jahrhunderts. Darmstadt 1990, ISBN 3-534-03614-X.
  • Peter Jurgilewitsch, Wolfgang Pütz-Liebenow: Die Geschichte der Orgel in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis. Bouvier Verlag, Bonn 1990, ISBN 3-416-80606-9, S. 142–143.
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 120.
  • Eleonore Schuckmann-Tröder: Die evangelische Christuskirche. Erst 64 Jahre alt und schon ein Denkmal. In: Godesberger Heimatblätter: Jahresband des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg. ISSN 0436-1024, Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V., Band 55/2017, Bad Godesberg 2018, S. 165–184 (thomas-kirchengemeinde.de, PDF noch nicht für diesen Artikel ausgewertet).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Christuskirche – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 58, Nummer A 4035
  2. Eintrag im Otto Bartning-Arbeitsverzeichnis Kirchenbau
  3. OBAK: Erlöserkirche Marl (Memento vom 23. Januar 2013 im Internet Archive; PDF; 1,77 MB)
  4. s. dazu Architektur / Kirchenbau: Gott treibt Geometrie. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1953, S. 30 (online23. Dezember 1953).
  5. Eberhard Kenntner: Evangelisch zwischen Rhein, Swist und Erft. Ein Jubiläumsbuch. Rheinbach 2011, ISBN 978-3-87062-117-9, S. 98.
  6. Festschrift 50 Jahre Christuskirche Bad Godesberg 1953-2003, Hrsg. Thomaskirchengemeinde Bad Godesberg, Bonn 2003.
  7. Festschrift Fünfzig Jahre Christuskirche Bad Godesberg 1953-2003, Hrsg. Thomaskirchengemeinde Bad Godesberg, Bonn 2003.
  8. Neue Orgel soll bis Weihnachten 2018 fertig sein General-Anzeiger Bonn vom 22. November 2016
  9. Neue Orgel für Thomas-Kirchengemeinde General-Anzeiger Bonn vom 15. November 2017
  10. 800 000 Euro für Königin der Instrumente General-Anzeiger Bonn vom 26. Februar 2015
  11. Evangelisch in Bad Godesberg, Juni 2018, S. 15
  12. Festschrift: Die Winterhalter-Orgel der Christuskirche, Juni 2019

Koordinaten: 50° 41′ 36,3″ N, 7° 9′ 7,3″ O