Christit

Mineral aus der Gruppe der Sulfosalze

Christit ist ein sehr selten vorkommendes Thallium-Quecksilber-Mineral mit der chemischen Zusammensetzung TlHg[AsS3][3] und damit chemisch gesehen ein Thallium-Quecksilber-Arsenid. Aufgrund der chemischen Verwandtschaft der Arsenide mit den Sulfiden gehört der Christit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“.

Christit
Christit (dunkelrot) in einer Matrix aus hellrotem Realgar und gelbem Auripigment aus Shimen, Provinz Hunan, China
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1976-015[1]

IMA-Symbol

Cri[2]

Chemische Formel TlHg[AsS3][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/E.12
II/E.12-030

2.HD.15
03.04.10.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[4]
Raumgruppe P21/n (Nr. 14, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/14.2[3]
Gitterparameter a = 6,11 Å; b = 16,19 Å; c = 16,19 Å
β = 96,7°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,15; berechnet: 6,37[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}, sehr gut nach {110} und {001}, gut nach {101}[5]
Farbe hellorange bis dunkelkarminrot
Strichfarbe hellorange bis gelb
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Diamantglanz

Christit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, konnte aber bisher nur in Form kleiner, wenig entwickelter Kristallkörner bis etwa einem Millimeter Größe gefunden werden. Das Mineral ist durchscheinend bis undurchsichtig und von helloranger bis dunkel-karminroter Farbe. Sie ähnelt der von Realgar, ist aber dunkler. Auf der Strichtafel hinterlässt Christit einen hellorangen bis gelben Strich.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals entdeckt wurde Christit in der „Carlin Gold Mine“ bei Elko im Lynn District, Eureka County im US-Bundesstaat Nevada. Beschrieben wurde das Mineral 1977 von Arthur S. Radtke, Frank W. Dickson, John F. Slack und Kevin L. Brown, die das Mineral nach Charles Louis Christ (1916–1980) benannten, um seine herausragenden Beiträge auf den Gebieten der Kristallographie, Mineralogie und Geochemie zu würdigen.

Klassifikation Bearbeiten

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Christit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfosalze“, wo er zusammen mit Ellisit, Erniggliit, Hatchit, Laffittit, Routhierit, Sicherit, Stalderit und Wallisit die unbenannte Gruppe II/E.12 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Christit ebenfalls in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“, dort allerdings in die neu definierte Abteilung der „Sulfosalze mit SnS als Vorbild“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Thallium (Tl)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.HD.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Christit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfosalze“ ein. Hier ist er zusammen mit Laffittit und Daliranit in der unbenannten Gruppe 03.04.10 innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis 3 > z/y und der Zusammensetzung (A+)i (A2+)j [ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Christit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/n (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/14.2 mit den Gitterparametern a = 6,11 Å; b = 16,19 Å; c = 16,19 Å und β = 96,7° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Struktur besteht aus AsS3-Pyramiden, die durch HgS4-Tetraeder zu einer zweidimensionalen Schicht parallel {010} verbunden sind. Die Thallium-Atome liegen zwischen den Schichten und halten diese durch schwache Bindungen zusammen, was auch die beobachtete vollkommene Spaltbarkeit nach {010} erklärt.[6]

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Christit bildet sich meist mit Realgar, Auripigment und Lorándit vergesellschaftet in hydrothermalen Baryt-Adern sowie in mineralisierten, kohlenstoffhaltigen und schlammigen Dolomitgesteinen und in thallium-reichen Erzlinsen in schichtgebundenen Quecksilberablagerungen. Weitere Begleitminerale sind unter anderem Getchellit, Markasit und Pyrit.

Da Christit zu den sehr seltenen Mineralbildungen gehört, konnte er bisher (Stand: 2018) nur in wenigen Proben aus weniger als 10 Fundorten dokumentiert werden. Neben seiner Typlokalität „Carlin Gold Mine“ bei Elko trat das Mineral in den USA noch in der „Getchell Mine“ bei Adam Peak im Humboldt County (Nevada), in der Lanmuchang Tl-(Hg)-Lagerstätte im Kreis Xingren in der chinesischen Provinz Guizhou, in der „Zareh Shuran Mine“ bei Takab in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan sowie bei Allchar (Alsar) im mazedonischen Bezirk Roszdan.[7]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Arthur S. Radtke, Frank W. Dickson, John F. Slack, Kevin L. Brown: Christite, a new thallium mineral from the Carlin gold deposit, Nevada. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 421–425 (minsocam.org [PDF; 479 kB; abgerufen am 4. Juni 2018]).
  • Kevin L. Brown, Frank W. Dickson: The crystal structure of synthetic christite, HgTlAsS3. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 144, 1976, S. 367–376 (arizona.edu [PDF; 434 kB; abgerufen am 4. Juni 2018]).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Christite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 121.
  4. Webmineral – Christite (englisch)
  5. a b Christite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 4. Juni 2018]).
  6. Kevin L. Brown, Frank W. Dickson: The crystal structure of synthetic christite, HgTlAsS3. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 144, 1976, S. 367–376 (arizona.edu [PDF; 434 kB; abgerufen am 4. Juni 2018]).
  7. Fundortliste für Christit beim Mineralienatlas und bei Mindat