Christian Köckert

deutscher Politiker, MdL

Christian Köckert (* 13. Oktober 1957 in Dölzig) ist ein deutscher Politiker der CDU.

Leben Bearbeiten

Nach einem Studium der evangelischen Theologie übernahm er 1987 die Stelle als Pfarrer im thüringischen Stedtfeld bei Eisenach. Der Ort lag am Rand des Sperrgebietes der innerdeutschen Grenze.

Aufstieg als Kommunalpolitiker Bearbeiten

Mit der im Spätherbst 1989 vollzogenen Wende wurde der engagierte „Neubürger“ von Stedtfeld für die dortige Bevölkerung zum Hoffnungsträger. Da er keine SED-Vergangenheit hatte, wurde er 1991 zum ersten frei gewählten Bürgermeister der Gemeinde gewählt. Seine kirchlichen Kontakte auch in die Altbundesländer und die „gesetzlose Zeit“ Anfang der 1990er Jahre verhalfen ihm in erstaunlich kurzer Zeit, zahlreiche Infrastrukturprojekte und Gewerbeansiedlungen für den Ort zu verwirklichen. Große Teile der Werksanlagen von Opel Eisenach und der Zulieferfirmen befinden sich in der Stedtfelder Flur, das neue Eisenacher Klärwerk, das Gründungs- und Innovationszentrum GIS und die ersten Wohngebiete am Ortsrand wurden mit Köckerts Hilfe beschlossen und realisiert. Stedtfeld wurde in seiner Zeit als Ortsbürgermeister zum Musterdorf für den erfolgreichen Aufstieg nach der Wende, und so war er häufig in den Medien präsent. 1994 wurde Köckert Mitglied des Eisenacher Stadtrates und Abgeordneter im Thüringer Landtag. An seiner Stelle übernahm seine Frau die Stedtfelder Pfarrei. Köckert war direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Wartburgkreis II – Eisenach und seit der Gründung des CDU-Kreisverbandes Eisenach, der 1998 mit dem Kreisfreiwerden der Stadt Eisenach aus dem CDU-Kreisverband Wartburgkreis hervorging, dessen Vorsitzender.

Aufstieg als Landespolitiker Bearbeiten

Von 1995 bis 1999 war er Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag. Er wurde zum Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages gewählt. Innerhalb der CDU-Landtagsfraktion galt Köckert in vielerlei Hinsicht als schwierig und eigenständig, da er sich nicht immer der Mehrheitsfraktionsmeinung beugte, sondern eigene Meinungen vertrat, zudem repräsentierte er den von der beginnenden Opelkrise bereits hart betroffenen Westthüringer Wirtschaftsraum. Dies galt bisweilen als problematisch, da die zu jener Zeit bis zur Landtagswahl 2009 allein regierende CDU Thüringen nur über eine Mehrheit von zwei Stimmen Vorsprung gegenüber SPD und PDS/Die Linke verfügte. Zur Landtagswahl 2009 kandidierte er nicht mehr.

Von 1999 bis 2002 war Christian Köckert Innenminister von Thüringen. Nach einer Reihe von Vorwürfen trat er im November 2002 von diesem Amt zurück. Im September 2009 wurde Christian Köckert zum ehrenamtlichen Beigeordneten und zum ersten ehrenamtlichen Stellvertreter des Oberbürgermeisters der kreisfreien Stadt Eisenach gewählt. Zur Neuwahl des Vorstandes des CDU-Kreisverbandes Eisenach im November 2010 trat er für dessen Vorsitz nicht mehr an, übernahm jedoch eine der drei Stellvertreterpositionen der neuen Vorsitzenden Regina Müller. Zum 31. Dezember 2011 endete seine Mandatstätigkeit in Eisenach, da er nun freiberuflich als Berater tätig sein wollte.[1]

Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme Bearbeiten

Im am 28. Juli 2010 geschlossenen Beratervertrag mit dem Projektentwicklungsunternehmen Juwi, welches einen Windpark auf Eisenacher Gebiet sowie im benachbarten Mihla errichtet, verpflichtete er sich, die wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners gegen ein Entgelt von 700 € pro aufgewendetem Arbeitstag zu vertreten. Er bekam im Dezember 2011 ein Beraterhonorar in Höhe von 4.000 €. Der Beratervertrag endete zusammen mit seiner Mandatstätigkeit zum 31. Dezember 2011.[2] Insgesamt erhielt er für seine Beratertätigkeit während seiner Zeit als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach und Mitglied der regionalen Planungsversammlung für Windkrafträder mehr als 80.000 € Beraterhonorar[3].
Bis zum 31. August 2012 war er Leiter der Thüringer Niederlassung der Juwi Holding AG in Eisenach.[4]

Im März 2011 schloss Köckert einen weiteren Beratervertrag mit einem anderen Unternehmen bezüglich der Unterstützung bei der Bauleitplanung hinsichtlich der geplanten Ansiedelung eines Elektrofachmarkts in Eisenach. Er verpflichtete sich hier, für eine geänderte Planung und für eine Aufhebung eines dem entgegenstehenden Beschlusses zu stimmen. Entsprechend stimmte er bei der Abstimmung des Stadtrates am 24. Juni 2011 ab.[2]

Rücktrittsgründe als Minister Bearbeiten

Vorwürfe, die zum Rücktritt führten, waren zum einen eine verloren gegangene CD mit vertraulichen Daten, unter anderem Protokolle des Thüringischen Verfassungsschutzes und der Parlamentarischen Kontrollkommission. Köckert gab den Datenträger seinem Pressesprecher, damit er die Daten mit einem Bericht in der Zeitung Freies Wort verglich. Anschließend nahm Köckert die CD wieder unter Verschluss – später aber war sie verschwunden. Weiterhin hatte der Thüringer Verfassungsschutz mehrere Jahre lang den Neonazi Thomas Dienel als V-Mann geführt. Dieses begann zwar weit früher, unter Köckerts Amtsvorgänger Richard Dewes, wurde aber 2001 von der Opposition entdeckt und Köckert angelastet. Außerdem wurde Köckert durch den von ihm suspendierten Verfassungsschutzpräsidenten Helmut Roewer vorgeworfen, im Jahr 2001 zwei Kommunalpolitiker einer freien Wählergemeinschaft in Blankenhain vom Verfassungsschutz bespitzelt haben zu lassen, um die Wahlchancen der dortigen CDU zu erhöhen.[5] Ein Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags konnte zwar feststellen, dass vom Verfassungsschutz Informationen über die beiden Kommunalpolitiker eingeholt worden waren, nicht aber, wer Auftraggeber war.

Am 15. September 2002 war er mit seinem Dienstwagen auf der Bundesautobahn 4 bei Gera mit stark überhöhter Geschwindigkeit gestoppt worden, nachdem er zuvor dort ein neues Polizeigebäude eingeweiht hatte.[6]

Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen 2012 Bearbeiten

Am 23. Februar 2012 wurden auf Anordnung eines ermittelnden Staatsanwaltes die Büroräume von Christian Köckert sowie in der Eisenacher Stadtverwaltung und bei weiteren Personen durchsucht. Eisenachs Beigeordneter Christian Köckert soll vertrauliche Daten an eine Windkraftfirma weitergegeben haben. Im gleichen Zusammenhang wurden auch strafrechtlich relevante Vorgänge im Trink- und Abwasserzweckverband Eisenach–Erbstromtal genannt, daher wurden auch dort sowie in betreffenden Firmen und Büros zeitgleich Durchsuchungen angeordnet.[7] Bei der Durchsuchung von Köckerts Wohnhaus stießen die Ermittler außerdem unerwartet auf Unterlagen aus dem Thüringer Innenministerium.[8] Am 8. Januar 2014 verurteilte ihn das Landgericht Meiningen wegen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit zu 15 Monaten Haft auf Bewährung.[9] Der Bundesgerichtshof hat am 17. März 2015 das Urteil wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme bestätigt, das Verfahren allerdings wegen eines Fehler bei der Strafzumessung an das Landgericht Meiningen zurückverwiesen.[10]

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rita Specht: Christian Köckert sagt der Kommunalpolitik Adieu. Thüringische Landeszeitung (Lokalredaktion Eisenach), 31. Dezember 2011, abgerufen am 31. Dezember 2011: „Die neue Arbeit werde sein Zeitbudget derart in Anspruch nehmen, "dass ich nicht mehr verantwortungsvoll die ehrenamtlichen kommunalpolitischen Aufgaben wahrnehmen kann", begründete Christian Köckert seine Entscheidung. Damit verbunden ist das Niederlegen seines Mandates im Stadtrat, das er für die CDU wahrnimmt. Zugleich entbindet ihn der Schritt von seinen Aufgaben als Ehrenamtlicher Beigeordneter für städtische Beteiligungen. Insbesondere dieses Amt war umstritten. Dass dabei private mit politischen Interessen unzulässig verknüpft werden, war einer der Hauptkritikpunkte der Opposition im Stadtrat. Auch seine Funktion im Vorstand des CDU-Kreisverbandes Eisenach gibt er ab, wo er noch einer der Stellvertreter der derzeitigen Kreisvorsitzenden Regina Müller ist.
  2. a b Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. März 2015, 2 StR 281/14.
  3. Sarah Nitsche: Juwi im Zwielicht: Mehr als ein unmoralisches Angebot? FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, 8. Juli 2013, abgerufen am 18. März 2015: „Der ehemalige Minister Köckert sollte in früheren offiziellen Funktionen – als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach und Mitglied der regionalen Planungsversammlung für Windkrafträder – die Interessen des Projektentwicklers für Anlagen aus erneuerbaren Energiequellen vertreten, dafür kassierte der CDU-Politiker insgesamt mehr als 80.000 Euro.
  4. Ralf Heidenreich: Hintergrund: Besuch vom Staatsanwalt – Unterlagen bei Juwi in Wörrstadt sicher gestellt. Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG, 28. Februar 2012, archiviert vom Original am 3. November 2013; abgerufen am 28. Februar 2012: „Im Visier haben die Behörden dem Vernehmen nach vor allem den ehemaligen Berater und jetzigen Leiter der Thüringen-Niederlassung in Eisenach, Christian Köckert, bis 2002 für die CDU Innenminister in Thüringen. Juwi will auch in Thüringen expandieren und hatte 2011 nach einem geeigneten Regional-Repräsentanten gesucht. Schließlich wurde Köckert als Berater und „Türöffner“ angeheuert – und erhielt dafür ein Beraterhonorar, beispielsweise im Dezember dem Vernehmen nach über 4000 Euro. Dieses Honorar, so der Verdacht, sei möglicherweise eine verdeckte Bestechung, da Köckert, der zu jener Zeit ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach war, vertrauliche Unterlagen zur Ausschreibung eines Windparks in Eisenach an Juwi weitergegeben haben soll.
  5. Steffen Winter: GEHEIMDIENSTE: Munition für den Minister. In: Der Spiegel. Nr. 9, 2002 (online).
  6. https://www.ariva.de/forum/christian-koeckert-cdu-hat-ein-problem-133856
  7. Razzia in Eisenach: LKA durchsucht Stadtverwaltung. Thüringische Landeszeitung (Lokalredaktion Eisenach), 24. Februar 2012, abgerufen am 25. Februar 2012: „Gesucht werde nach Erkenntnissen in drei Verfahrenskomplexen mit insgesamt sieben Beschuldigten, teilte Staatsanwaltssprecher Hannes Grünseisen auf Anfrage mit. Gegen drei Personen werde wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit sowie Untreue und Betrug in Zusammenhang mit dem Trink- und Abwasserverband Eisenach-Erbstromtal ermittelt. Einer dieser Beschuldigten soll im Zusammenhang mit seiner Geschäftsleitertätigkeit mit Mitarbeitern zweier Firmen Geschäfte zum Nachteil des Verbandes abgeschlossen und dafür Gegenleistungen erhalten haben, so Grünseisen. Derselbe Mann soll innerhalb seiner Tätigkeit 600.000 Euro veruntreut haben. In einem dritten Komplex wird gegen vier Personen wegen Bestechlichkeit und Bestechung ermittelt. Dabei handelt es sich nach Informationen der Staatsanwaltschaft um zwei Mitarbeiter der Stadtverwaltung und zwei Mitarbeiter einer Firma, die sich mit dem Einrichten und Betreiben von Windkraftanlagen beschäftigt. Der konkrete Vorwurf hier lautet, dass im Raum Eisenach zur Verschleierung von Schmiergeldzahlungen Beraterverträge geschlossen sowie ausschließlich für den Dienstgebrauch bestimmte Unterlagen weitergegeben wurden, wofür Vorteile gewährt worden seien.
  8. Ludwig Kendzia und Axel Hemmerling: Ex-Minister bewahrte Ministeriumsdokumente privat auf. Nach Hausdurchsuchung bei Köckert. MDR Thüringen, 28. Februar 2012, archiviert vom Original am 9. März 2012; abgerufen am 28. Februar 2012: „Die LKA-Ermittler sollen am vergangenen Donnerstag nicht schlecht gestaunt haben: Im Haus des ehemaligen CDU-Innenministers Christian Köckert bei Eisenach lagen mindestens Tausend lose Blatt Papier vor ihnen. Unterlagen und Dokumente, die alle aus dem Thüringer Innenministerium stammen sollen. Nach Informationen des MDR THÜRINGEN sind die Dokumente teilweise als vertraulich eingestuft. Ein Fahnder sagte, es seien soviel gewesen, dass ein Umzugskarton zu zwei Drittel gefüllt gewesen sei. Unter den Dokumenten sollen sich auch Unterlagen befinden, die einen Bezug zum Thüringer Verfassungsschutz und dessen früheren Präsidenten Helmut Roewer haben. Außerdem sollen die Ermittler vertrauliche Personalunterlagen gefunden haben. Die Erfurter Staatsanwaltschaft hat am Freitag, dem 5. Juli 2013 unter anderem gegen den ehemaligen Thüringer Innenminister Anklage wegen Korruption erhoben.
  9. RP ONLINE: Thüringens Ex-Innenminister war bestechlich: Köckert zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. 8. Januar 2014, abgerufen am 27. Dezember 2023.
  10. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0033/15