Christian Felber

österreichischer Autor

Christian Felber (* 9. Dezember 1972 in Salzburg) ist ein österreichischer Autor und politischer Aktivist. Er ist Gründungsmitglied von Attac Österreich, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie und des Projekts Bank für Gemeinwohl.

Christian Felber (2019)

Leben Bearbeiten

Felber wuchs in Salzburg als Sohn eines Lehrers auf.[1] Er studierte in Wien und Madrid romanische Philologie und Spanisch als Hauptfächer sowie Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie als Nebenfächer. Parallel zum Studium absolvierte er eine Ausbildung als Tänzer. Er beendete sein Studium 1996 mit einem Magister in romanischer Philologie. Seitdem arbeitet er als freier Autor. Im Jahr 1998 erhielt er Arbeitsstipendien des Landes Salzburg und des Bundeskanzleramtes für Literatur.

Politisches Engagement Bearbeiten

Christian Felber war 2000 Mitbegründer von Attac in Österreich, bis 2003 war er im Vorstand und bis April 2014 einer ihrer Sprecher.

2009 war er Mitgründer der Bewegungsstiftung Österreich, die ihre Tätigkeit mit der Starthilfe für das Projekt Demokratische Bank und die Gemeinwohl-Ökonomie beendete. 2014 entstand daraus eine Genossenschaft, deren Ziel die Gründung der Bank für Gemeinwohl war.

2018 war Felber Gründungsmitglied der Bürgerbewegung Finanzwende.[2] Außerdem ist er Mitglied des 2018 gegründeten ECG Management Teams[3] des internationalen Dachverbands der Gemeinwohlökonomie.

Felber schreibt Medien-Kommentare auf Deutsch, Englisch und Spanisch. Er ist Autor und Mitautor von zahlreichen Veröffentlichungen, darunter 15 Bücher[4]. Sein Buch Gemeinwohl-Ökonomie erschien in zwölf Sprachen, die englische Ausgabe enthält ein Vorwort von Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Eric Maskin.

Gemeinwohlökonomie Bearbeiten

2010 initiierte Felber gemeinsam mit einer Runde von mehreren Unternehmern das Projekt Gemeinwohlökonomie.[5] Laut Felber sollen ökonomische Handlungen und deren Erfolgsmessungen auf das Gemeinwohl als übergeordnetes Ziel bezogen werden. Dies sei bereits in verschiedenen demokratischen Verfassungen verankert.[6] Aus Felbers Gedanken zu einer auf sozialen und ökologischen Werten ausgerichteten Wirtschaftsweise entwickelte sich eine zivilgesellschaftliche Bewegung, welche nach eigenen Angaben in 33 Ländern aktiv ist.[7] Als zentrales Instrument zur Veränderung wird eine selbstentwickelte sogenannte Gemeinwohlbilanz vorgeschlagen. Anhand unterschiedlicher Kriterien, wie einer ökologischen Produktgestaltung oder einer innerbetrieblichen Demokratie und Transparenz, sollen Unternehmen eine Bewertung vornehmen und Veränderungsprozesse einleiten. Inzwischen haben 830 kleine und mittelständische Unternehmen eine solche Gemeinwohlbilanz erstellt (August 2022). Insbesondere größere Unternehmen stehen der vorgeschlagenen neuen Bilanzierung kritisch gegenüber, auch da eine „Suffizienzorientierung bei Produkten und Produktion sowie die Solidarität mit Wettbewerbern“ verlangte Punkte, an denen es zu arbeiten gelte, sind.[8] Ein Sprecher der Otto-Group nannte das Konzept einerseits „gut und inspirierend und auch innovationsfördernd“; andererseits sei es abzulehnen, denn es bedeute auch den Verzicht auf betriebliches Wachstum und schaffe somit die Notwendigkeit von Entlassungen.[9]

Wissenschaftliche Arbeit Bearbeiten

Von Herbst 2008 bis 2017 war Felber Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien.[10] Er erhielt weitere Lehraufträge an der Universität Klagenfurt, Universität Graz (Lehrpreis 2013), Universität für Angewandte Kunst Wien, FH Wiener Neustadt, FH Burgenland und Duale Hochschule Baden-Württemberg.

2018 wurde Felber Senior Fellow am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam. Als Partner-Stipendiat („Affiliate Scholar“) hat er 2019 ein Forschungsprojekt zur nicht-finanziellen Berichterstattung von Unternehmen geleitet und eine Studie mitveröffentlicht.[11] Außerdem ist Felber Mitglied des Beirates des MBA-Studiengangs Zukunftstrends und Nachhaltiges Management der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.[12]

Privates Bearbeiten

1999 veröffentlichte Felber den Gedichtband Von Fischen und Pfeilen.[13] Seit 2004 betätigt sich Felber im Zeitgenössischen Tanz.[14]

COVID-19-Pandemie Bearbeiten

Felber kritisierte – nicht unwidersprochen – während der COVID-19-Pandemie öffentlich die in Österreich ergriffenen Maßnahmen und die Impfstoffe.[15][16][17]

Rezeption Bearbeiten

Felbers Buch Gemeinwohlökonomie wurde ausführlich in deutschsprachigen Medien aufgegriffen, unter anderem der Süddeutschen Zeitung[18], der Neuen Zürcher Zeitung[19] oder dem Deutschlandfunk.[20] Felbers Buch This is not economy: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft wurde in verschiedenen Medien besprochen und erntete sowohl Zustimmung als auch Kritik.[21][22] Darüber hinaus wurde es 2021 von Sebastian Thieme in der Fachzeitschrift Makronom[23], 2019 im Deutschlandfunk Kultur[24] und im Tagesspiegel[25] kritisch rezensiert. Felber behauptete in seinem Werk This is not economy: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft, dass die über 535.000 Studierenden wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtungen in Deutschland rund 6,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen würden – tatsächlich sind das aber nur 0,65 Prozent.[24]

2016 kritisierten 110 Wirtschaftswissenschaftler in einem Offenen Brief an die österreichische Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Nennung Felbers in einem Schulbuch in einem Atemzug mit den Nationalökonomen John Maynard Keynes, Karl Marx, Milton Friedman und Friedrich August von Hayek. Felber sei primär politischer Aktivist, verfüge über keinerlei wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung und könne auch keine Publikation in diesem Feld vorweisen. Die von ihm propagierte Gemeinwohltheorie erfülle nicht die üblichen Kriterien von Wissenschaftlichkeit.[26][27] Daraufhin ersetzte das Bildungsministerium Felber durch den Nobelpreisträger Amartya Sen. Sogar Felber selbst war überrascht von seiner Nennung, erhob aber den Einwand, dass Adam Smith gar kein Ökonom, sondern Moralphilosoph gewesen sei. Smith gilt jedoch gerade als Begründer der Nationalökonomie als Wissenschaft.[28]

2020 erklärt er Steinheim zur „ersten zertifizierten, gemeinwohl-bilanzierenden Stadt Deutschlands“, nachdem er dort drei Jahre zuvor „eine Medaille für Querdenker und Pioniere“ erhielt.[29]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

Monographien und Sammelbände Bearbeiten

Einzelbeiträge Bearbeiten

  • J. Dolderer, C. Felber, P. Teitscheid: From Neoclassical Economics to Common Good Economics. Sustainability 2021, 13(4), 2093.
  • C. Felber, V. Campos & J. R. Sanchis: The Common Good Balance Sheet, an Adequate Tool to Capture Non-Financials? Sustainability 2019, 11, 3791.
  • C. Felber: Vom Bruttoinlandsprodukt zum Gemeinwohl-Produkt, S. 349–358 in: Bernd Schleich, Yvonne Zwick (Hrsg.): Vom betrieblichen Umweltschutz zur großen Transformation Festschrift für Prof. Dr. Maximilian Gege, oekom, Juli 2022.[30]
  • Felber gegen Felbermayr: „Trump ist ein Weckruf“, Streitgespräch mit dem ifo-Ökonomen Gabriel Felbermayr über die Zukunft des Welthandels in trend 22/2017.[31]

Auszeichnungen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Christian Felber – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Stadt Steinheim: Laudatio auf Christian Felber. Abgerufen am 13. August 2022.
  2. Gründungsmitglieder. Bürgerbewegung Finanzwende, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Juli 2020; abgerufen am 6. Juli 2020.
  3. Organization. In: Economy for the common good. Abgerufen am 15. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Bücher - Christian Felber - Internationale Bestseller. In: Christian Felber. Abgerufen am 15. Mai 2021 (deutsch).
  5. ecogood.org Abgerufen am 28. Dezember 2014.
  6. Helmut Janßen-Orth: Einführung in die Gemeinwohlökonomie. In: Gemeinwohlökonomie im Gesundheitswesen: eine zukunftsweisende Perspektive (= Forum Gesundheitsmanagement). Springer Fachmedien, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-37555-3, S. 3–24, doi:10.1007/978-3-658-37555-3_1.
  7. Pia Pentzlin: Christian Felber. In: Tagesspiegel Background. 25. Mai 2022, abgerufen am 6. Februar 2024.
  8. Josefa Kny: Too big to do good? Einblicke in die Forschungsergebnisse zur Gemeinwohlorientierung von Großunternehmen. In: Gemeinwohlorientiert, ökologisch, sozial: Aushandlungen um alternative Wirtschaftspraktiken in der Zivilgesellschaft (= Bürgergesellschaft und Demokratie). Springer Fachmedien, Wiesbaden 2023, ISBN 978-3-658-38503-3, S. 91–113, doi:10.1007/978-3-658-38503-3_4.
  9. deutschlandfunk.de: Gemeinwohl-Ökonomie - Wie viel Nachhaltigkeit lässt die Marktwirtschaft zu? Abgerufen am 6. Februar 2024.
  10. Vorlesungen zum Thema: Gesellschaftlicher Kontext wirtschaftlichen HandelnsGlobalisierungskritik in Theorie und Praxis, Vorlesungsverzeichnis 2010, vvz.wu-wien.ac.at/
  11. Süddeutsche Zeitung: Für bessere grüne Bilanzen. Abgerufen am 19. März 2023.
  12. Michael Scheifele: HfWU-Gastreferent kritisiert ökonomisches System und fordert Gemeinwohl ein: „Wir ordnen die eigentlichen Werte unter“. In: Südwest Presse. 2. Mai 2023, abgerufen am 4. Mai 2023.
  13. Von Fischen und Pfeilen - Christian Felber - Poesie zum Anfassen. In: Christian Felber. Abgerufen am 6. Mai 2021 (deutsch).
  14. christian-felber.at (Memento des Originals vom 18. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.christian-felber.at
  15. Alternativen zu Lockdown und Impfzwang. 9. Juni 2021, abgerufen am 12. November 2021.
  16. „30 Gründe, warum ich mich derzeit nicht impfen lasse“, Nachdenkseiten, 11. November 2021 [1]
  17. Corona-Impfung: Wir haben Christian Felbers Artikel gelesen, damit du es nicht musst. Abgerufen am 16. November 2021.
  18. Süddeutsche Zeitung: Gewinn ist nicht alles. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  19. Gerhard Schwarz: Hohle Kritik an liberaler Marktwirtschaft: Das Gemeinwohl-Argument ist eine Mogelpackung. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  20. Gemeinwohl-Ökonomie - Wie viel Nachhaltigkeit lässt die Marktwirtschaft zu? Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  21. Jonas Voss: Die Fehler des Systems. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  22. Abschied vom Homo oeconomicus? Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  23. Makronom: Ein Bärendienst für die Plurale Ökonomik. In: Makronom. 18. November 2021, abgerufen am 20. November 2021 (deutsch).
  24. a b Ursula Weidenfeld: Christian Felber: "This is not Economy" - Der beleidigte Wirtschaftsrevolutionär. In: Deutschlandfunk Kultur. 14. Dezember 2019, abgerufen am 20. November 2021.
  25. Dieses Buch verkauft esoterische Gemeinplätze als revolutionäre Ideen. In: Der Tagesspiegel Online. 11. Januar 2020, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 20. November 2021]).
  26. Christian Felber als Wirtschaftstheoretiker im Schulbuch: ein offener Brief – Kritisch gedacht. Abgerufen am 22. Januar 2017.
  27. Lukas Sustala: Ökonomen laufen gegen Felber im Schulbuch Sturm. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. April 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2020; abgerufen am 4. März 2020.
  28. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: Ökonomen wollen Ex-Attac-Aktivist Felber aus Lehrbuch streichen. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 22. Januar 2017]).
  29. Gemeinwohl-Ökonomie: Der Geist von Höxter - brand eins online. Abgerufen am 28. Dezember 2023.
  30. Vom betrieblichen Umweltschutz zur Großen Transformation. Abgerufen am 31. Juli 2022.
  31. Felber gegen Felbermayr: „Trump ist ein Weckruf“. Abgerufen am 28. Februar 2023.
  32. Archivierte Kopie (Memento vom 13. März 2016 im Internet Archive)
  33. uvirtual.net: Premio Nueva Civilización 2014 (Memento vom 28. Dezember 2014 im Internet Archive)
  34. getAbstract getabstract.com: International Book Award 2014
  35. fundacionjosenavarro.org
  36. zeit-verlagsgruppe.de
  37. nw.de
  38. catalunyapress.cat
  39. JBZ-Team kürte die Top Ten der Zukunftsliteratur 2017. In: Die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ). 29. November 2017 (jungk-bibliothek.org [abgerufen am 10. Januar 2018]).