Christian Boßler

deutscher Klassischer Philologe und Direktor des Ludwig-Georgs-Gymnasiums zu Darmstadt

Christian Ludwig Boßler auch Bossler (* 13. Mai 1810 in Darmstadt; † 29. Dezember 1877 ebenda) war ein deutscher Altphilologe, Gymnasialprofessor und Direktor des 1629 von Landgraf Ludwig V. gegründeten Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt.

Herkunft und Leben Bearbeiten

Familie Bearbeiten

Christian Ludwig Boßler entstammte dem ursprünglich forstlich geprägten Teil des südhessischen Familie Boßler. Er wurde in Darmstadt als Sohn des Schuhmachermeisters und Privatiers (Partikuliers) Georg Ludwig Boßler[1] (1784–1863), eines Sohnes des Jägers Georg Konrad Boßler (1743–1793) aus Reinheim, und dessen Gattin Dorothee Boßler geb. Nold (1787–1855), einer Tochter des Schuhmachermeisters Christian Ludwig Nold, geboren.[2][3]

Durch seine mütterliche Großmutter Susanna Margaretha geborene Fahr (1761–1811),[4] zählte Boßler über die Linie der Urgroßmutter einer geborenen Castritius von Stockstadt[5] zu den Nachkommen des Präzeptors am Darmstädter Pädagogium und nachmaligen Pfarrers zu Stockstadt am Rhein Wilhelm Castritius (1641–1681).[6][7]

Seit 1838 war Boßler mit Mathilde Hegar († 1895), der Tochter des hessen-darmstädtischen Hofmedikus Dr. Johann August Hegar (1794–1882), verheiratet. Mit seiner Gattin hatte er die beiden Söhne Ludwig August (1838–1913) und Karl Boßler (1840–1890), die ebenfalls promovierte Gymnasiallehrer waren.[8][9][10]

Über seinen Sohn Karl Boßler war Christian Ludwig Boßler der Großvater des Generaloberarzts Dr. Carl Boßler (* 1872; † 1951), welcher sich in der Stammliste der Kaiser-Wilhelm-Akademie findet.[11] Außerdem war Christian Boßler der Schwager des Gynäkologen Alfred Hegar, dessen Gattin Eva Hegar aus der Familie Merck stammt.[12] Seine Gattin Mathilde gehörte über ihren Großvater den Kommissionsrat Ernst Friedrich Hegar zu den Cousinen der Philosophin und Frauenrechtlerin Louise Dittmar.[13]

Christian Boßler zählte 1847 und 1866 zu denjenigen Staatsbürgern, die den ökonomischen Bedingungen des großherzoglichen Geheimen Staatsministeriums entsprachen, um überhaupt für den hessischen Landtag kandidieren zu dürfen.[14][15]

Studium Bearbeiten

Nachdem Christian Boßler das Abitur am Ludwig-Georg-Gymnasium ablegt hatte, studierte er ab 1827 an der damaligen Ludwigs-Universität Gießen die Fächer Philologie, Altertumskunde und Geschichte bei den Professoren Friedrich Gotthilf Osann und Joseph Hillebrand. Von 1828 bis 1830 setzte Boßler an der Georg-August-Universität Göttingen sein Studium mit Fokus auf die Altphilologie fort.[8]

Der Kreis seiner Freunde in Göttingen schloss sich um Heinrich Ludolf Ahrens, Ernst von Leutsch und Friedrich Wilhelm Schneidewin.[8] Die für Christian Boßler prägenden Professoren seiner Studienzeit in Göttingen waren Karl Otfried Müller und Georg Ludolf Dissen.

Zwei Jahre später zog es Boßler nach Berlin. Dort vertiefte er sich in das Studium der Archäologie. Seine dortigen Professoren waren unter anderen Karl Lachmann, Heinrich Ritter und Georg Wilhelm Friedrich Hegel.[8]

Seine Promotion zum Dr. phil. mit der Dissertation: De gentibus et familiis Atticae sacerdotalibus reichte er als Christianus Ludovicus Bossler am 30. Dezember 1832 an der Universität Gießen ein.

Lehrtätigkeit am Ludwig-Georgs-Gymnasium Bearbeiten

 
Das Waisenhaus in Darmstadt diente von 1831 bis 1944 als Schulgebäude des Ludwig-Georgs-Gymnasiums[16]

Christian Ludwig Boßler wurde nach seiner Promotion Hilfslehrer am Ludwig-Georgs-Gymnasium Darmstadt, der Schule, an welcher er selbst das Abitur abgelegt hatte. 1833 wurde er als ordentlicher Gymnasiallehrer in das Kollegium des großherzoglichen Gymnasiums zu Darmstadt aufgenommen.

Es folgte am 23. Juni 1853 die Verleihung des Professorentitels und am 5. Mai 1858 wurde Christian Boßler zum Direktor der humanistisch geprägten Anstalt ernannt. Er folgte damit auf Julius Karl Friedrich Dilthey und blieb als Direktor bis zum 3. Januar 1876 Leiter des traditionsreichen Instituts.[17] Boßler, der ein Nachfahre des Rechtsgelehrten Matthias Castritius gewesen ist, stand nun dem Gymnasium als Direktor vor, an dem bereits mit Wilhelm Castritius einer seiner Vorfahren lehrte.[18]

Zu seinen vielen Schülern gehörten beispielsweise der Reichskanzler Georg von Hertling[19] und der Generalsuperintendent Wilhelm Baur, der Christian Boßler als den besten Lehrer beschrieb, den er am Gymnasium hatte.[20]

Über Christian Ludwig Boßlers Wirken als Lehrer berichtete ebenfalls sein ehemaliger Schüler Max Rieger folgendes:

„Was er studiert hatte, war bei ihm selbst zur persönlichkeitsbildenden Macht geworden: er war mehr als ein Philologe, er war Humanist.“

Max Rieger: Hessische Biographien – Band 3, Herausgegeben von Herman Haupt.[21]

Maximilian Rieger wiederum war ein Großneffe Friedrich Maximilian Klingers. Seine Tochter Elisabeth ehelichte den Apotheker Emanuel August Merck.[22] Max Rieger hat nach dem Ergebnis der Familienforschung aus dem Odenwald selbst den Mühlenbesitzer Johannes Klinger aus Pfaffen-Beerfurth und dessen Gattin Anna Barbara Boßler als Vorfahren.[23][24]

Ehrungen und Orden Bearbeiten

Nach Christian Ludwig Boßler war ein Stipendium am Ludwig-Georgs-Gymnasium Darmstadt benannt. Die Aula des Gymnasiums zierte außerdem eine Büste des Direktors Boßler, in dessen Amtszeit sich die Anzahl der Schüler an der von ihm geleiteten humanistischen Bildungsanstalt verdreifachte. Seine Schüler nannten den gelehrten Gymnasialdirektor wegen seines gepflegten Auftretens Dopp, was sich auf Pomadentopf bezieht.[25]

Am 25. August 1864 wurde Boßler der Verdienstorden Philipps des Großmütigen im Rang eines Ritterkreuzes I. Klasse verliehen. Zu seiner Pensionierung wurde Professor Dr. phil. Christian Boßler am 3. Januar 1876 in Würdigung seiner Leistungen das Ritterkreuz I. Klasse des Ludwig-Ordens verliehen[26].

Publikationen Bearbeiten

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • De gentibus et familiis Atticae sacerdotalibus. Dissertation, C. W. Leske, Darmstadt 1833, (OCLC 11079246).
  • Metrik in Beispielen; ein Lesebuch zur Einübung der gebräuchlichsten antiken Rhythmen und Versmasse in griechischer, lateinischer und deutscher Sprache, für ober Gymnasialclassen und zum Privatstudium, G. Jonghaus, Darmstadt 1843, (OCLC 24506187).
  • Zum Andenken an Dr. Julius Karl Friedrich Dilthey, Professor und Direktor des Großherzoglichen Gymnasiums in Darmstadt, Darmstadt 1857, (OCLC 761514435).
  • Die Römerstätte bei Vilbel und der im Jahre 1849 daselbst entdeckte Mosaikboden. In: Archiv für Hessische Geschichte und Alterthumskunde. Herausgegeben vom Historischen Verein für Hessen, Bd. 10, Heft 1, Jonghaussche Hofbuchhandlung, Darmstadt 1863, S. 1–35 (Digitalisat).
  • Marcus Fabius Quintilianus Zwölf Bücher Anleitung zur Beredtsamkeit, Band 1–12, Römische Prosaiker in neuen Übersetzungen, J. B. Metzler, Stuttgart 1863–1865, (OCLC 953964273).

Literatur Bearbeiten

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Eduard Mushacke: Deutscher Universitäts- und Schul-Kalenderauf die Zeit vom 1. Oktober 1871 bis 31. März 1873. Der astronomische und kirchliche Kalender, Band 21, Verlag Wilhelm Schulze, Berlin 1872, S. 275 (Digitalisat).
  • IV. Zur Chronik des Gymnasiums. In: Programm des Großherzoglichen Gymnasiums zu Darmstadt. Darmstadt 1875–1876, S. 15 (Digitalisat).
  • Wilhelm Baur: Lebenserinnerungen – Mit Einleitung und Erläuterungen von Karl Esselborn. Selbstverlag Baur, Darmstadt 1911, S. 293 (Digitalisat).
  • Max Rieger: Unter dem Direktorate Diltheys 1840–1845. In: Schulerinnerungen ehemaliger Darmstädter Gymnasiasten – Zur Dreihundertjahrfeier des Ludwig-Georgs-Gymnasiums. Herausgegeben von Karl Esselborn, Wintersche Buchdruckerei, Darmstadt 1929, (OCLC 174395430), S. 236–242.
  • Karl Esselborn: Dilthey. – Boßler. In: Hessische Biographien, Band 3. Herausgegeben von Herman Haupt, Dr. Sändig Verlag, Walluf bei Wiesbaden 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 109–113.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hofbuchdruckerei Ernst Bekker (Hrsg.): Adress-Buch der Residenz Darmstadt. Hofbuchdruckerei Bekker, 1854, ZDB-ID 984680-3, S. 11 (Digitalisat).
  2. Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 109–110.
  3. Wilhelm Stuckert: Reinheimer Hausplätze innerhalb der ehemals befestigten Stadt und Ihre Besitzer. Hrsg.: Evangelische Kirchengemeinde Reinheim. Reinheim 2008, OCLC 263434037, S. 98.
  4. Gebohrne, Getaufte, Copulirte und Verstorbene in voriger Woche. In: Ludwig Wilhelm Wittich (Hrsg.): Darmstädtisches Frag- und Anzeigungs-Blättgen. 17. September 1781, ZDB-ID 3112513-X (Digitalisat).
  5. Gebohrne, Getaufte, Copulirte und Verstorbene in voriger Woche. In: Gottfried Eylau (Hrsg.): Darmstädtisches Frag- und Anzeigungs-Blättgen. 23. Oktober 1760, ZDB-ID 3112513-X (Digitalisat).
  6. Jörg Hartung: Familienbuch Stockstadt am Rhein 1643 – 1900. Forum Verlag, Riedstadt 2005, ISBN 3-937316-09-4, S. 40–42.
  7. Wilhelm Diehl: Beiträge zur Geschichte hessischer Pfarrerfamilien. In: Karl Kiefer (Hrsg.): Frankfurter Blätter für Familiengeschichte. Dritter Jahrgang. Englert & Schlosser, Januar 1910, ZDB-ID 983030-3, 83. Castritius, S. 1–2 (Digitalisat).
  8. a b c d Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 110.
  9. Eduard Mushacke (Hrsg.): Deutscher Schul-Kalender für 1873. XXII. Jahrgang. II. Theil. Wilhelm Schulze, 1873, ZDB-ID 2959628-2, S. 72, 268 (Digitalisat).
  10. Ludwig Boßler (Hrsg.): Jahresbericht über das Collegium zu Weissenburg im Elsass für das Schuljahr 1871–1872. Verlag Wentzel, Weissenburg 1872, S. 5 (Digitalisat).
  11. Paul Wätzold: Stammliste der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungs-Wesen – Im Auftrage der Medizinal-Abteilung des Königlichen Kriegsministeriums unter Benutzung amtlicher Quellen. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1910, S. 392 (Digitalisat).
  12. Karl Hegar: Alfred Hegar, seine Abstammung und seine Familie. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 1930, DNB 1168420601, S. 62.
  13. Bernhard Koerner (Hrsg.): Hessisches Geschlechterbuch. Band 6Band 66 der Gesamtreihe des Genealogischen Handbuchs bürgerlicher Familien. Starke Verlag, 1929, ZDB-ID 2252-4, Dittmar, aus Breitendiel in Franken, S. 29–30.
  14. Großherzoglicher Staatsverlag (Hrsg.): Großherzoglich-Hessisches Regierungsblatt. 1847, ZDB-ID 2713438-6, S. 224 (Digitalisat).
  15. Großherzoglicher Staatsverlag (Hrsg.): Großherzoglich-Hessisches Regierungsblatt. 1866, ZDB-ID 2713438-6, S. 442 (Digitalisat).
  16. Ludwig-Georgs-Gymnasium (Hrsg.): 325 Jahre Ludwig-Georgs-Gymnasium Darmstadt. Darmstadt 1954, OCLC 81634760, S. 28–29.
  17. Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 111.
  18. Wilhelm Uhrig: Geschichte des Großherzoglichen Gymnasiums zu Darmstadt. Hrsg.: Historischer Verein für das Großherzogthum Hessen. Hofbuchhandlung Klingelhöffer, Darmstadt 1879, OCLC 614361237, S. 107 (Digitalisat).
  19. Winfried Becker: Georg von Hertling 1843–1919. Jugend und Selbstfindung zwischen Romantik und Kulturkampf. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1981, ISBN 3-7867-0882-7, S. 29.
  20. Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 112.
  21. Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 113.
  22. Rieger, Friedrich Maximilian Heinrich Leonhard. Hessische Biografie. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  23. Heinrich Wolf: Familienbuch Reichelsheim 1643–1875. Hrsg.: Andreas Stephan. 1. Auflage. Band 2 – Mit Pfaffen-Beerfurth, Reichelsheim, Rohrbach, Unter-Ostern und den Verzeichnissen. GENDI-Verlag, Otzberg 2018, ISBN 978-3-946295-61-7, S. 969 f.
  24. Marcel Boßler: Der berühmte Sturm-und-Drang-Dichter Friedrich Maximilian von Klinger aus Frankfurt mit geklärten Odenwälder Wurzeln. In: Hessische familiengeschichtliche Vereinigung e. V. (Hrsg.): Hessische Genealogie. Jahrgang 3, Heft 2, 2020, ISSN 2626-0220, S. 28.
  25. Karl Esselborn, Georg Lehnert: Hessische Biographien. Hrsg.: Herman Haupt. Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1934. Band 3. Dr. Martin Sändig oHG, Walluf 1973, ISBN 3-500-26830-7, S. 111, 113.
  26. Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt, Verlag der Großherzoglichen Invalidenanstalt, Darmstadt 1876, S. 56 (Digitalisat).