Chinamission

Verbreitung des Christentums in China

Als Chinamission bezeichnet man die Geschichte der Verbreitung des Christentums im Kaiserreich und in der Volksrepublik China.

Missionare um 1900 während der Qing-Dynastie
Katholische Mission in Qingdao
Der Jesuit Johann Adam Schall von Bell (1592–1666) in der Kleidung eines Mandarins

Geschichte Bearbeiten

Die ersten heute noch nachweisbaren Kontakte zwischen dem Kaiserreich China und dem Christentum in chinesischen Quellen datieren auf das Jahr 635 n. Chr. als Missionare der assyrischen Kirche des Ostens bis nach China gelangten. Diese Richtung des Christentums wird Nestorianismus genannt. Auf einer Gedenktafel von 781 n. Chr. wird an die Ankunft des ersten nestorianischen Mönches Alopen erinnert.[1] Sie wurden von Kaiser Tai Zong willkommen geheißen und hatten die Erlaubnis zu predigen. In der Folge kam es zu mehreren Klostergründungen, es wurde christliche Literatur in chinesischer Sprache produziert und es kam zur Errichtung eines Metropolitanats für China. Die meisten Konvertiten dürften jedoch Nicht-Chinesen gewesen sein. Ein kaiserliches Edikt aus dem Jahr 845 untersagte Buddhismus und Christentum und die Unruhen gegen Ende der Tang-Dynastie führten zu einem weiteren Rückgang, sodass Mönche, die im Jahr nach China kamen, keine Spur von Christen mehr vorfanden.

Im 11. Jahrhundert kam es zu neuen Missionierungen durch die Assyrische Kirche des Ostens unter den Keraiten, die praktisch christianisiert waren, und Uiguren. Dschingis Khan verheiratete seinen Sohn Tolui mit der christlichen keraitischen Prinzessin Sorkhatani Beki, die die Mutter von Kublai Khan wurde. Auch die Lieblingsfrau von Kublai Khans Bruder Hülegü war eine christliche keraitische Prinzessin. Im Jahr 1278 erreichte sogar ein Bericht den Papst, dass Kublai Khan getauft worden sei. Unter den Mongolen war China für die Christen wieder offen. Die Assyrische Kirche des Ostens hatte in Peking einen Erzbischof und in mehreren chinesischen Städten gab es Gemeinden und Klöster. Kublain Khan bat den Papst in Rom um hundert gelehrte und christusgläubige Männer.[2]

Die katholische Kirche sandte Franziskaner und Dominikaner als Missionare, und ein italienischer Franziskaner, Johannes von Montecorvino, baute 1305 eine katholische Kirche in Peking, übersetzte das Neue Testament und die Psalmen und gewann etwa 6000 Bekehrte. Die letzten Berichte von franziskanischen Missionaren erreichten den päpstlichen Hof 1353. Fortan isolierte sich China gegenüber dem Westen bis zur Handels-Niederlassung der Portugiesen in Macau.

Im 17. und 18. Jahrhundert reisten vom portugiesischen König entsandte jesuitische Missionare, zum Beispiel Matteo Ricci, ins Land und missionierten unter der Bevölkerung. Besonders ihre wissenschaftlichen und technischen Fähigkeiten waren geschätzt; das Christentum selbst fand in China nur wenig Anklang. Die sogenannte Akkommodation ermöglichte Konvertiten die Beibehaltung eigener Riten, wie zum Beispiel die Ahnenverehrung und die Verehrung des Konfuzius und Laotses. Nach anfänglichen Erfolgen der Missionare führte der sogenannte Ritenstreit zu einem Rückschlag. Als Papst Benedikt XIV. im Jahr 1742 die chinesischen Riten verbot, wurde die Missionstätigkeit in China verboten und das Christentum geriet unter Druck.

Im Jahr 1807 gelangte Robert Morrison, ein Presbyterianer aus Schottland, in die einzige für ausländische Kaufleute offene Stadt Guangzhou. Einige Chinesen bekehrten sich zu Jesus Christus. Morrison widmete sich der Übersetzung der Bibel und war ein wichtiger Wegbereiter.[3] Als Morrison 1834 starb, stellte sich der sprachbegabte deutsche lutherisch-pietistische Missionar Karl Gützlaff dem Handelshaus Jardine-Matheson und 1835 der Britischen Ostindien-Kompanie (British East India Company) als Dolmetscher und Sekretär zur Verfügung. Er nutzte diese Kontakte auch zu missionarischen Tätigkeiten, z. B. der Bibelverbreitung.[4] Im 19. Jahrhundert unterhielten die Engländer mit der Chinesischen Evangelisationsgesellschaft eine Missionsgesellschaft in China. Mit ihr arbeitete ab 1853 auch Hudson Taylor zusammen,[5] der sich jedoch 1857, enttäuscht von den Zuständen und der Arbeitsweise der Missionare, von ihr trennte. Taylor gründete – ohne dabei von irgendeiner Konfession unterstützt zu werden – im Jahr 1865 die China-Inland-Mission, die im 19. Jahrhundert in allen Provinzen Chinas evangelisierte.[6] Im Jahr 1900 begann der Boxeraufstand in China, der auch viele Opfer unter den Mitarbeitern der Missionsgesellschaft Hudson Taylors forderte. 1902 übergab Taylor die Leitung der China-Inland-Mission an E. Hoste.

Im Jahr 1949 gab es in China 1,2 Millionen Mitglieder protestantischer Kirchen und 3 Millionen Katholiken.[7] Ausländische Missionare arbeiteten wie anderswo auch in China aus Personalmangel darauf hin, dass die chinesischen Gemeinden sich möglichst schnell selber verwalten, sich selber finanzieren und sich selber ausbreiten konnten. Da ausländische Missionare China verlassen mussten, verbreitete sich das Christentum fortan durch chinesische Prediger. Das Drei-Selbst-Prinzip wurde durch die erste nationale christliche Konferenz in China 1954 institutionalisiert und wurde zum Eigennamen der staatlich kontrollierten und von den Kommunisten infiltrierten Kirche.[8] Besonders unter Mao Zedong versuchte die Kommunistische Partei Chinas, auch das Christentum abzuschaffen. Während der Kulturrevolution waren alle religiösen Aktivitäten in den Untergrund gezwungen und es war im Ausland nicht bekannt, ob es in China überhaupt noch Christen gab.

Heute Bearbeiten

Heute gehören Katholizismus und Protestantismus zusammen mit Buddhismus, Daoismus und Islam zu den anerkannten Religionen in China. Die offiziellen Kirchen werden jedoch von der Regierung streng kontrolliert. Angehörige, insbesondere Leiter von nicht offiziell genehmigten Untergrundkirchen, müssen bis heute mit Inhaftierung rechnen.

Seit 1977 ist das Christentum stark im Wachstum begriffen: Die offiziellen protestantischen Kirchen haben jetzt 17 Millionen Mitglieder, die katholische Kirche 12 Millionen, dazu kommen schätzungsweise 45 Millionen Christen in Hausgemeinden der Untergrundkirche.[7] Eine andere Schätzung aus dem Jahr 2000 kommt auf 58 Millionen Christen in der Untergrundkirche.[9]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Irmgard Hansen: Die offene Tür. Aus Berichten der Breklumer China-Mission. Jensen, Breklum 1949.
  • Kilian Pflaum: Die China-Mission der bayerischen Franziskaner in Krieg und Bürgerkrieg. Solanus. Landshut 1950.
  • Johannes Schütte: Die katholische Chinamission im Spiegel der rotchinesischen Presse. Versuch einer missionarischen Deutung. Aschendorff, Münster 1957.
  • George Dunne: Das große Exempel. Die Chinamission der Jesuiten. Schwabenverlag, Stuttgart 1965.
  • Wenchao Li: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert. Verständnis, Unverständnis, Mißverständnis. Eine geistesgeschichtliche Studie zum Christentum, Buddhismus und Konfuzianismus. Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07452-X.
  • Handbook of Christianity in China (= Handbook of Oriental Studies, Section 4: China). Brill, Leiden.
  • Thoralf Klein, Reinhard Zöllner (Hrsg.): Karl Gützlaff (1803–1851) und das Christentum in Ostasien. Ein Missionar zwischen den Kulturen. Institut Monumenta Serica Sankt Augustin, Steyler Verlag, Nettetal 2005.
  • Gary Tiedemann: Reference guide to Christian missionary societies in China. From the 16th to the 20th centuries. M.E. Sharpe, Armonk 2009, ISBN 978-0-7656-1808-5.
  • Rita Haub, Paul Oberholzer: Matteo Ricci und der Kaiser von China. Jesuitenmission im Reich der Mitte. Echter, Würzburg 2010, ISBN 978-3-429-03226-5.
  • Karl-Fritz Daiber: Protestantismus und konfuzianische Kultur. Aspekte ihrer Zuordnung in China und Südkorea. Lit, Berlin 2017, ISBN 978-3-643-13653-4.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Christentum in China – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. David H. Adeney: Gottes Reich in China. Der "lange Marsch" der chinesischen Kirche. Aussaat, Neukirchen-Vluyn 1991, ISBN 3-7615-2477-3, S. 27.
  2. David H. Adeney: Gottes Reich in China. Der "lange Marsch" der chinesischen Kirche. Aussaat, Neukirchen-Vluyn 1991, ISBN 3-7615-2477-3, S. 28.
  3. David H. Adeney: Gottes Reich in China. Der "lange Marsch" der chinesischen Kirche. Aussaat, Neukirchen-Vluyn 1991, ISBN 3-7615-2477-3, S. 30.
  4. Herman Schlyter: Gützlaff, Karl Friedrich August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 292 (Digitalisat).
  5. Stephen Neill: Geschichte der christlichen Mission. Herausgegeben und ergänzt von Niels-Peter Moritzen. Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission, Erlangen 1974, ISBN 3-87214-044-2, S. 221.
  6. Stephen Neill: Geschichte der christlichen Mission. Herausgegeben und ergänzt von Niels-Peter Moritzen. Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission, Erlangen 1974, ISBN 3-87214-044-2, S. 222–223.
  7. a b Patrick J. Johnstone: Gebet für die Welt. Handbuch für Weltmission. 5. deutsche Ausgabe. Hänssler, Holzgerlingen 2003, ISBN 3-7751-3722-X.
  8. Britt Towery: Christen in China. Oncken, Wuppertal/Kassel 1987, ISBN 3-7893-3300-X, S. 35.
  9. Paul Hattaway: Heavenly Man. 2. Auflage. Brunnen, Gießen/Basel 2004, ISBN 3-7655-3788-8, S. 261.