Chalberhönibach

Wildbach in den Waadtländer Voralpen

Der Chalberhönibach (im Oberlauf frz. Ruisseau de Comborsin) ist ein etwa 9,5 Kilometer langer linker Nebenfluss der Saane im östlichen Teil des Waadtländer Pays-d’Enhaut und im bernischen Saanenland. Er entspringt im Naturschutzgebiet La Pierreuse-Gummfluh im Regionalen Naturpark Gruyère Pays-d’Enhaut.

Chalberhönibach
Ruisseau de Comborsin
Quellgebiet

Quellgebiet

Daten
Gewässerkennzahl CH: 1667
Lage Voralpen

Schweiz Schweiz

Flusssystem Rhein
Abfluss über Saane → Aare → Rhein → Nordsee
Quelle östlich der Pointe de la Videman
46° 26′ 57″ N, 7° 12′ 9″ O
Quellhöhe 1845 m ü. M.
Mündung bei Rübeldorf in die SaaneKoordinaten: 46° 29′ 17″ N, 7° 15′ 41″ O; CH1903: 586394 / 148538
46° 29′ 17″ N, 7° 15′ 41″ O
Mündungshöhe 1005 m ü. M.
Höhenunterschied 840 m
Sohlgefälle 88 ‰
Länge 9,5 km
Einzugsgebiet 12,73 km²[1]
Abfluss[1]
AEo: 12,73 km²
an der Mündung
MQ
Mq
460 l/s
36,1 l/(s km²)
Gemeinden Rougemont, Saanen
Chalberhönibach (Kanton Bern)
Chalberhönibach (Kanton Bern)
Quelle
Mündung
Quelle und Mündung des Chalberhönibachs

Das Quellgebiet des Flusses liegt im Landschaftsschutzgebiet «La Pierreuse-Gummfluh-Vallée de l’Etivaz», das im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung verzeichnet ist.[2]

Name Bearbeiten

Die beiden Gewässernamen des Bergbaches sind so wie andere Bezeichnungen in seiner Umgebung Zeugnisse der Sprach- und Siedlungsgeschichte in diesem Bereich des Alpenraumes. Heute durchschneidet die Kantonsgrenze das Einzugsgebiet des Chalberhönibachs und trennt dessen oberen Teil politisch vom unteren Talabschnitt. Und mit der Kantons- fällt auch die Sprachgrenze zwischen dem deutschen Sprachraum, mit der alemannischen, schweizerdeutschen Mundart, und dem französischen beziehungsweise früher frankoprovenzalischen Sprachraum zusammen.[3] Im deutschsprachigen Berner Oberland sind zahlreiche Namen aus der Siedlungsgeschichte vor der Germanisierung der Region im Mittelalter überliefert, für das Saaneland gerade auch der Name des Talflusses, der Saane.[4]

Deren fünfter grösserer Nebenfluss hat in der romanischen Sprache für seinen ersten Teil hoch im Gebirge den Namen Ruisseau de Comborsin und heisst am Unterlauf Chalberhönibach. Der obere Abschnitt des Bachlaufs liegt im Weideland der Waadtländer Alp Comborsin, und im unteren Abschnitt fliesst der Bach durch den Weiler Chalberhöni. Der Flurname Comborsin ist aus dem frankoprovenzalischen Dialektwort combe für dt. «Tal»[5] und einem Personennamen zusammengesetzt. Er bedeutet «Tal des Ursin».[6] Dem romanischen Wort combe entspricht der deutsche Flurname Gumm,[7] der im Namen des Bergs Gummfluh oberhalb der Quelle des Chalberhönibachs enthalten ist.

Der Ortsname der Siedlung Rüebeldorf an der Mündung des Chalberhönibachs in die Saane ist, so wie auch der Gewässername Rüeblegrabe für einen Seitenbach des Chalberhönibachs, romanischen Ursprungs. Er stammt von einem frankoprovenzalischen Patoiswort, das sich aus dem lateinischen rivulus für «kleiner Bach» entwickelte.[8][9] Aus dem Jahr 1312 ist der Gewässername rublibac erwähnt, 1470 heisst das Tal Rubligraben. «Rüblibach» ist wohl der ältere Name des Chalberhönibachs.[10] Der Begriff enthält die deutsche Übersetzung Bach, angehängt an das ältere romanische Reliktwort rubli, und ist somit ein Pleonasmus aus der Sprachkontaktzone.

Geographie Bearbeiten

Verlauf Bearbeiten

Der Oberlauf des Wildbachs liegt im Gebiet der Waadtländer Gemeinde Rougemont und der längere Unterlauf in der Berner Gemeinde Saanen. Die Quelle des Baches befindet sich auf 1845 m ü. M. in einer feuchten Mulde östlich des Berges Pointe de la Videman. Nach etwa einem Kilometer nimmt der Bach von rechts den Abfluss aus dem Bergsee Gour de Comborsin auf. Danach fliesst er gegen Osten durch den flachen Talabschnitt Plan de Comborsin und überquert nördlich des Bergkopfs Gummesel, französisch Tête de l’Âne, auf 1515 m ü. M. die Kantonsgrenze. Nach etwas mehr als einem Kilometer erreicht er das offene Tal Bodeguet, das gegen Norden ausgerichtet ist, und fliesst an einer Zwischenstation des Skigebiets Eggli-Videmanette vorbei.[11] Weiter unten im Tal passiert er die Höfe von Chalberhöni und fliesst danach durch Wald zum Quartier Rüebeldorf von Saanen, wo er von links in den Talfluss Saane mündet. Wegen des Schwemmkegels des Chalberhönibachs macht die Saane einen Bogen gegen Norden.

Einzugsgebiet Bearbeiten

Das 12,73 km² grosse Einzugsgebiet des Chalberhönibachs liegt in den Waadtländer Voralpen und wird durch ihn über die Saane, die Aare und den Rhein zur Nordsee entwässert.

Es besteht zu 42,2 % aus bestockter Fläche, zu 44,1 % aus Landwirtschaftsfläche, zu 1,9 % aus Siedlungsfläche und zu 11,9 % aus unproduktiven Flächen.

Die Flächenverteilung

Die mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 1569 m ü. M.[12]

Es grenzt:

  • im Norden und im Osten direkt an das Einzugsgebiet der Saane;
  • im Süden an jenes des Meielsgrundbachs;
  • im Westen an jenes der Gérine;
  • im Nordwesten an jenes des Ruisseau de Martigny und jenes des Gauderlibachs (frz. Ruisseau de Ruble).

Zuflüsse Bearbeiten

Direkte und indirekte Zuflüsse jeweils von der Quelle zur Mündung. Namen nach dem Geoportal Kanton Bern

  • Rüeblegrabe (frz. Chenau de Ruble) (links), 2,4 km, 2,28 km²
    • Ruisseau de la Videmanette (rechts), 2,0 km, 1,19 km²
  • Bürgigrabe (links), 0,6 km
  • Niggisgrabe (rechts), 0,9 km
  • Hinderegggrabe (rechts), 0,8 km
  • Geretgrabe (rechts)
  • Solothurnere Grabe (links)
  • Vordere Spitzegggrabe (links)
  • Rossfälligrabe (rechts)
  • Gmürsgrabe (links)
  • Micheligrabe (rechts)
  • Fanggrabe (rechts)
  • Mattlisgrabe (links)
  • Haldisgrabe (rechts)
  • Hindere Strählsgrabe (rechts)
  • Vordere Strählsgrabe (rechts)
  • Borigrabe (rechts)
  • Hindere Rossbodegrabe (rechts)

Hydrologie Bearbeiten

Abfluss Bearbeiten

An der Mündung des Chalberhönibachs in die Saane beträgt seine modellierte mittlere Abflussmenge (MQ) 460 l/s, und sein Abflussregimetyp ist nival alpin[13].

Der modellierte monatliche mittlere Abfluss (MQ) des Chalberhönibachs in l/s[14]

 
Saanen von Norden; Tal des Chalberhönibachs oben

Hochwasser Bearbeiten

Der Wildbach hat wiederholt mit Hochwasser bei Rüebeldorf, einem Quartier von Saanen, Schaden angerichtet, letztmals im Juli 2010.[15] Bei Rübeldorf liess die Schwellenkorporation Saanen in den 2010er und 2020er Jahren im Tal oberhalb der Siedlung einen Geschiebe- und Schwemmholzsammler bauen und in der Ortschaft die Bachsohle vertiefen und den Gewässerraum mit Dämmen und einem mobilen Wehr sichern. Der Kanton Bern gewährte 2012 einen Kostenbeitrag von 576'000 Franken an das Projekt.[16] Ein vom Chalberhönibach beim Hochwasserereignis von 2010 in das Gewerbegebiet von Rüebeldorf geschwemmter Findling erinnert als Denkmal an das Hochwasser.[17][18]

Schutzgebiete Bearbeiten

Das Quellgebiet des Flusses liegt in Schutzgebieten mehrerer Kategorien. Die Gebirgszone rund um die Gummfluh mit einer Fläche von über 6000 Hektar ist als Landschaftsschutzgebiet «La Pierreuse-Gummfluh-Vallée de l’Etivaz» im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung verzeichnet. Der Bergwald mit der Umgebung des Gour de Comborsin ist als Waadtländisches Waldreservat «Réserve forestière naturelle de la Pierreuse» geschützt. Das Pierreuse-Massiv ist ein Schutzgebiet von Pro Natura. Im Berner Talabschnitt ist die Bergflanke über dem Bach bei Chalberhöni von Moorflächen «Fäng/Hinder der Egg/Göüch» bedeckt.[19]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Chalberhönibach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
  2. Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung, Objekt Nr. 1510: La Pierreuse – Gummfluh – Vallée de l’Etivaz.
  3. Jakob Zimmerli: Die deutsch-französische Sprachgrenze in der Schweiz. Drei Bände, Basel 1891–1899.
  4. Sarine auf henrysuter.ch.
  5. Combe im Glossaire des patois de la Suisse romande.
  6. Comborsin auf henrysuter.ch.
  7. Jakob Früh: Zur Kritik einiger Thalformen und Thalnamen der Schweiz. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1896, S. 318 ff. (PDF; 539 kB).
  8. Rüeblihorn auf sac-cas.ch.
  9. This Fetzer: Dent de Ruth, Tschingel, Gertrudspitz, Piz Buin. Zu Form und Funktion von Bergnamen in der Schweiz. In: Sprachspiegel. 72. Jg., 2016, S. 131 (PDF; 551 kB).
  10. J. Zwahlen: Alte Flur- und Personennamen in Saanen. In: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde. 21. Jg., 1959, S. 115–134, 122 (archiviert in E-Periodica der ETH Zürich).
  11. Eggli-La Videmanette auf gstaad.ch.
  12. Topographische Einzugsgebiete Schweizer Gewässer: Chalberhönibach auf admin.ch.
  13. Martin Pfaundler, Rolf Weingartner, Robert Diezig: «Versteckt hinter den Mittelwerten» – die Variabilität des Abflussregimes. In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung. Nr. 3, Juni 2006, S. 116 (PDF; 3,2 MB).
  14. Mittlere Abflüsse (l/s) und Abflussregimetyp für das Gewässernetz der Schweiz: Chalberhönibach auf admin.ch.
  15. Der Chalberhönibach trat über die Ufer und richtete viel Schaden an. In: Anzeiger von Saanen. 10. Juli 2010.
  16. Kantonsbeiträge an die Gemeinde Saanen. In: Simmental Zeitung. 1. März 2012.
  17. Fritz Leuzinger: Hochwasserschutz: Das ist am Chalberhönibach neu geplant. In: Berner Oberländer. 30. April 2015, abgerufen am 29. November 2022.
  18. Kerem S. Maurer: 10 Jahre später – noch kein Ende in Sicht. In: Anzeiger von Saanen. 10. Juli 2020, abgerufen am 30. November 2022.
  19. Objektblatt BE3040 «Fäng/Hinder der Egg/Göüch» im Bundesinventar der Flachmoore von nationaler Bedeutung.