Burnettit

Mineral aus der Pyroxen-Gruppe

Das Mineral Burnettit ist ein extrem seltenes Kettensilikat aus der Pyroxengruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CaVAlSiO6.

Burnettit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013-054[1]

IMA-Symbol

Bnet[2]

Andere Namen

Vanadium-Fassait, V-Fassait, IMA 2013-054[3][4]

Chemische Formel CaVAlSiO6
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15
Gitterparameter a = synthetisch: 9,80 Å; b = synthetisch: 8,85 Å; c = synthetisch: 5,36 Å
α = 90°; β = synthetisch: 105,62°; γ = 90°[3][5]
Formeleinheiten Z = 4[3][5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht bestimmt
Dichte (g/cm3) nicht bestimmt
Spaltbarkeit nicht bestimmt
Bruch; Tenazität nicht bestimmt
Farbe grün[6]
Strichfarbe nicht bestimmt
Transparenz nicht bestimmt
Glanz nicht bestimmt
Radioaktivität -
Magnetismus -
Kristalloptik
Brechungsindex n = nicht bestimmt
Doppelbrechung δ = nicht bestimmt
Optischer Charakter nicht bestimmt
Achsenwinkel 2V = nicht bestimmt

Burnettit kristallisiert mit monokliner Symmetrie und bildet Kristalle von wenigen µm Größe.

Bislang (2019) wurde Burnettit nur im Allende-Meteorit nachgewiesen, wo er als Einschluss im Melilit des Calcium-Aluminium-reichen Einschlüsses (CAI) A-WP1 vorkommt. Es gehört zu den ersten Mineralen, die bei der Entstehung des Sonnensystems aus dem präsolaren Nebel auskristallisierten.[5]

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Bereits 1984 wurden Vanadium- reiche Calcium-Pyroxene im Allende Meteoriten von Mineralogen des California Institute of Technology in Pasadena, USA, beschrieben.[7][8] Es folgten Funde Vanadium-reicher Fassaite, das sind Kushiroit-Grossmanit-Davisit-Diopsid-Mischkristalle, im Leoville Chondrit (1992),[6] im CAI des Efremovka-Meteoriten (2002),[9] im Ningqiang kohligen Chondrit (2003)[10] und im Murchison CM2 kohligen Chondrit,[11] bevor 2013 Chi Ma and John R. Beckett den Calcium-Vanadium-Klinopyroxen als neues Mineral beschrieben. Sie nannten es Burnettit zu Ehren des Kosmochemikers Donald S. Burnett vom California Institute of Technology in Pasadena.[3][5]

Verschiedene synthetische Vanadium-Pyroxene, darunter auch das synthetische Äquivalent von Burnettit, wurden bereits 2012 hergestellt und spektroskopisch untersucht.[12]

Klassifikation Bearbeiten

In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Burnettit zusammen mit Augit, Davisit, Diopsid, Esseneit, Petedunnit, Grossmanit, Hedenbergit, Johannsenit, Kushiroit und Tissintit zu den Kalziumpyroxenen in der Pyroxengruppe.[3][5]

Da der Burnettit erst 2013 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er weder in der veralteten 8. Auflage noch in der von der IMA zuletzt 2009 aktualisierten[13] 9. Auflage der Mineralsystematik nach Hugo Strunz zu finden. Auch die Lapis-Systematik nach Stefan Weiß und die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana kennen den Burnettit noch nicht.

Selbst in der von der Mineraldatenbank „Mindat.org“ weitergeführten Strunz-Klassifikation der 9. Auflage (auch Strunz-mindat) ist der Burnettit anhand der chemischen Zusammensetzung bisher nur der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ zugeordnet.[14]

Chemismus Bearbeiten

Burnettit mit der idealisierten Zusammensetzung [M2]Ca[M1]V3+[T](AlSi)O6 ist das Vanadium (V)- Analog von Kushiroit ([M2]Ca[M1]Al[T](AlSi)O6), Esseneit ([M2]Ca[M1]Fe3+[T](AlSi)O6) und Davisit ([M2]Ca[M1]Sc3+[T](AlSi)O6), wobei [M2], [M1] und [T] die Positionen in der Pyroxenstruktur sind.[3][5]

Neben Natalyit ist Burnettit das zweite Vanadium-Pyroxen.

Die Zusammensetzung des Burnettit aus der Typlokalität ist

  • [M2]Ca1,04[M1](V3+0,29Sc3+0,24Ti3+0,13Ti4+0,12Al0,09Mg0,08)[T](Si1,01Al0,99)O6.[5]

Es besteht eine vermutlich lückenlose Mischbarkeit von Burnettit mit Davisit, Grossmanit und Kushiroit entsprechend den Austauschreaktionen[5]

  • [M1]V3+ = [M1]Sc3+ (Davisit)
  • [M1]V3+ = [M1]Ti3+ (Grossmanit)
  • [M1]V3+ = [M1]Al3+ (Kushiroit)

Die Magnesiumgehalte gehen auf eine Mischkristallbildung mit Diopsid zurück,

  • [M1]V3+ + [T]Al3+ = [M1]Mg2+ + [T]Si4+ (Diopsid)

und vierwertiges Titan (Ti4+) kann über die gekoppelte Substitution

  • [M1]V3+ + [T]Si4+ = [M1]Ti4+ + [T]Al3+ (Al-Buffonit)

eingebaut werden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Burnettit kristallisiert mit monokliner Symmetrie in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Mischkristalls sind a = 9,80 Å, b = 8,85 Å, c = 5,36 Å und β = 105,62°.[3][5]

Die Struktur ist die von Klinopyroxen. Silicium (Si4+) und Aluminium (Al3+) besetzen die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebene T-Position, Calcium (Ca2+) belegt die oktaedrisch von 6 Sauerstoffen umgebene M2-Position und die ebenfalls oktaedrisch koordinierte M1-Position ist mit Vanadium (V3+) besetzt.[3][5]

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Burnettit ist bislang ausschließlich in Meteoriten gefunden worden,[15] wo er in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAI) auftritt, die reich an hochschmelzenden Oxiden von Scandium, Vanadium, Zirkon und Titan sind. Vanadium-reiche Pyroxene wurden als Krusten um sogenannte Fremdlinge gefunden, meist winzige Aggregate von Vanadium-reichen Magnetit, Scheelit, Molybdänit, Apatit sowie Körnchen von Platinmetallen. Diese unter oxidierenden Bedingungen gebildeten Fremdlinge existierten noch vor der Bildung der Calcium-Aluminium-reichen Einschlüsse, in denen sie ihrerseits eingeschlossen und von denen sie bei extrem reduzierenden Bedingungen teilweise resorbiert worden sind. Das dabei freigesetzte Vanadium wurde in Scandium-Titan-Vanadium-reichen Pyroxenen eingebaut.[7][8]

Eine weitere Art des Auftretens von Burnettit sind kleine Einschlüsse isolierter Kristalle in Melilith. Für sie wird sowohl eine Bildung als frühes Kondensat aus dem abkühlenden präsolaren Nebel diskutiert (vor Melilith), wie auch die Bildung als Rückstand einer teilweisen Aufschmelzung und Destillation von leichter flüchtigen Elementen während einer Erhitzung eines CAI.[10][16]

Typlokalität ist der Meteorit Allende, ein Kohliger Chondrit, der am 8. Februar 1969 nahe Parral in Chihuahua in Mexiko nieder ging. Burnettit wurde hier im CAI A-WP1 entdeckt, wo er im Form weniger µm großer Kristalle als isolierter Einschluss in Melilith auftritt.[5] Auch Fremdlinge mit Vanadium-reichen Pyroxenen am Kontakt zu den Mineralen der CAI wurden im Allende-Meteoriten gefunden.[7][8]

Im Murchison CM2 Chondrit wurde Vanadium-reicher Davisit in dem CAI "MURI" gefunden, wo er zusammen mit Thortveitit, Panguit und Spinell vorkommt.[11]

In dem CAI 101.1 aus dem Efremovka-Meteoriten, einem Kohligen Chondriten des Typs CV3, tritt Vanadium-reicher Davisit als Umkrustung von Perowskit auf, zusammen mit Spinell und Gehlenit-reichem Melilit, in dem sich Einschlüsse von metallischen NiFe finden. Die Geschichte dieser Einschlüsse ist komplex, beginnend mit der frühen Kondensation von Sc,- Zr- und Selten-Erd-reichen Ca-Al-Verbindungen, erneuter Aufschmelzung und Aggregation verschiedener Einschlüsse sowie späterer Oxidation.[9]

Im CAI NQW1–20 des Kohligen Chondrit Ningqiang findet sich Burnettit als isolierter Einschluss in Gehlenit.[10]

Titan- und Vanadium-reicher Davisit wurde auch im CAI "R3C-01-U1" des RBT-04143-Chondrits vom Roberts-Massiv in der Antarktis beschrieben. Auch hier handelt es sich um isolierte Einschlüsse sehr kleiner Kristalle in Gehlenit.[16]


Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2023, abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 24. April 2023]).
  3. a b c d e f g P. A. Williams, F. Hatert, M. Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC). Newsletter 17. In: Mineralogical Magazine. Band 77, 2013, S. 2997–3005 (rruff.info [PDF; 101 kB; abgerufen am 24. April 2023] Burnettite ab S. 3002).
  4. IMA Database of Mineral Properties – Burnettite. In: rruff.info. RRUFF Project, abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
  5. a b c d e f g h i j Chi Ma, John R. Beckett: Burnettite, CaVAlSiO6, and paqueite, Ca3TiSi2(Al2Ti)O14, two new minerals from Allende: Clues to the evolution of a V-rich Ca-Al-rich inclusion. In: Lunar and Planetary Science. Band 47, 2016, S. 1595 (hou.usra.edu [PDF; 963 kB; abgerufen am 24. April 2023]).
  6. a b C. L. V. Caillet, P. R. Buseck: The "White Angel": A Wollastonite-Bearing Refractory Inclusion in the Leoville Chondrite. In: Meteoritics. Band 27, 1992, S. 208, bibcode:1992Metic..27R.208C.
  7. a b c J. T. Armstrong, A. El Goresy, G. P. Meeker, G. J. Wasserburg: Willy: a Prize Noble Fremdling. In: Lunar and Planetary Science. Band 15, 1984, S. 13–14, bibcode:1984LPI....15...13A.
  8. a b c A. El Goresy, J. T. Armstrong, G. J. Wasserburg: Allende 5241: Anatomy of a Fremdlinge-Rich CAI. In: Lunar and Planetary Science. Band 15, 1984, S. 242–243, bibcode:1984lpi....15..242e.
  9. a b Ahmed El Goresy, E. Zinner, S. Matsunami, H. Palme, B. Spettel, Yangting Lin, M. A. Nazarov: Efremovka 101.1: A CAI with ultrarefractory REE patterns and enormous enrichments of Sc, Zr, and Y in Fassaite and Perovskite. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 66, Nr. 8, 2002, S. 1459–1491, doi:10.1016/S0016-7037(01)00854-7 (presolar.physics.wustl.edu [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 24. April 2023]).
  10. a b c Yangting Lin, Makoto Kimura, Daode Wang: Fassaites in compact type A Ca-Al-rich inclusions in the Ningqiang carbonaceous chondrite: Evidence for partial melting in the nebula. In: Meteoritics & Planetary Science. Band 38, Nr. 3, 2003, S. 407–417 (onlinelibrary.wiley.com [PDF; 6,5 MB; abgerufen am 24. April 2023]).
  11. a b Chi Ma, John R. Beckett, Oliver Tschauner, George R. Rossman: Thortveitite (Sc2Si2O7), the first solar silicate? In: Meteoritics and Planetary Science. Band 46, S1, 2011, S. A144 (authors.library.caltech.edu [PDF; 96 kB; abgerufen am 24. April 2023]).
  12. Michail N. Taran, Haruo Ohashi: Optical absorption spectroscopy study of three synthetic V3+-bearing clinopyroxenes. In: European Journal of Mineralogy. Band 24, Nr. 5, 2012, S. 823–829, doi:10.1127/0935-1221/2012/0024-2220.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
  14. Classification of Burnettite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
  15. Fundortliste für Burnettit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 24. April 2023.
  16. a b Takashi Yoshizaki, Daisuke Nakashima, Tomoki Nakamura, Changkun Park, Naoya Sakamoto, Hatsumi Ishida, Shoichi Itoh: Nebular history of an ultrarefractory phase bearing CAI from a reduced type CV chondrite. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 252, 2018, S. 39–60, doi:10.1016/j.gca.2019.02.034 (online verfügbar bei researchgate.net [PDF; 18,2 MB; abgerufen am 24. April 2023]).