Bundestagswahl 1957

Wahl zum 3. Deutschen Bundestag am 15. September 1957
← 1953Wahl zum 3. Bundestag 19571961 →
(Zweitstimmen) [1]
 %
60
50
40
30
20
10
0
50,2
31,8
7,7
4,6
3,4
1,0
1,3
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1953[2]
 %p
   6
   4
   2
   0
  −2
  −4
  −6
+5,0
+3,0
−1,8
−1,3
+0,1
−0,1
−4,9

Die Bundestagswahl 1957 zum 3. Deutschen Bundestag fand am 15. September 1957 statt. Die Unionsparteien erhielten mit 269 der 497 Bundestagsmandate (zuzüglich 8 bzw. 22 nicht stimmberechtigte Berliner Abgeordnete) die absolute Mehrheit; Konrad Adenauer wurde am 22. Oktober 1957 erneut zum Bundeskanzler gewählt.

Sitzverteilung im
3. Deutschen Bundestag
nach Fraktionen
     
Insgesamt 519 Sitze
Verhältnis Regierung-Opposition im
3. Deutschen Bundestag
  
Insgesamt 519 Sitze

Bei der Bundestagswahl 1957 konnte erstmals in der Bundesrepublik Deutschland per Briefwahl gewählt werden, was etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten taten.[3]

Hintergrund

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Wahlplakat der CDU
 
Wahlplakat der SPD
 
Wahllokal

Der Wahlkampf wurde polarisiert geführt. Bundeskanzler Konrad Adenauer äußerte auf dem CDU-Parteitag im Juli 1957, ein Sieg der SPD würde das Ende Deutschlands bedeuten. Die SPD, die sich der Kampagne Kampf dem Atomtod angeschlossen hatte, behauptete, es gebe eine klerikal-faschistische Gefahr, einen neuen militaristischen Nationalismus in den Reihen der CDU/CSU. Die oftmals gehässigen Angriffe verdeckten, so Joseph Rovan, dass zwischen den beiden Lagern in der Bundesrepublik allmählich ein breiter Konsens entstanden war. Viele Wähler sahen dennoch oder deswegen keinen Grund, die Regierung auszuwechseln. Adenauer hatte mit dem Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik zum 1. Januar 1957 einen großen Erfolg vorzuweisen, in einer Angelegenheit, die die SPD als ein Argument gegen die Adenauer-Außenpolitik verwendet hatte. Populär war auch Adenauers Rentenreform 1957.[4]

Die Wahl war für die Unionsparteien ihr bis heute größter Erfolg bei einer Bundestagswahl: Zum ersten und bisher einzigen Mal erhielten sie die absolute Mehrheit der Mandate und sogar der Stimmen. Dies gelang bei anderen Bundestagswahlen weder den Unionsparteien noch einer anderen Partei.

Als Kanzlerkandidat der CDU/CSU trat zum dritten Mal der CDU-Vorsitzende und Bundeskanzler Konrad Adenauer an (Wahlslogan: „Keine Experimente“), für die SPD zum zweiten Mal der Partei- und Fraktionsvorsitzende Erich Ollenhauer (1901–1963). Die CDU legte gegenüber 1953 um fünf Prozentpunkte zu, die SPD um drei (28,8 % → 31,8 %). Das SPD-Ergebnis wurde als Niederlage rezipiert.

Die DP erhielt 3,4 % der Zweitstimmen. Die CDU hatte zu ihren Gunsten in einigen Wahlkreisen auf die Aufstellung von Direktkandidaten verzichtet (Huckepackverfahren), wodurch die DP sechs Direktmandate erzielte. Die DP zog deshalb aufgrund der Grundmandatsklausel – trotz Verfehlens der Fünf-Prozent-Hürde – in den Bundestag ein. Dagegen gelang der Bayernpartei und der Deutschen Zentrumspartei der Einzug nicht, obwohl sie sich zum Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde mit der Deutsch-Hannoverschen Partei zur Föderalistischen Union zusammengeschlossen hatten und die SPD in vier Wahlkreisen auf Direktkandidaten verzichtet hatte.[5][6]

Die KPD war im August 1956 verboten worden und konnte deshalb nicht zur Wahl antreten.

Bei der Bundestagswahl 1957 war erstmals die Stimmabgabe per Briefpost möglich. Die Wahlbeteiligung betrug 87,7 %.[1]

Zum ersten und bisher einzigen Mal traten in einem Bundesland die beiden Unionsparteien gegeneinander an: Im Saarland, das zum 1. Januar 1957 der Bundesrepublik beigetreten war, hatte sich die Christliche Volkspartei des Saarlandes (CVP) der CSU angeschlossen und trat unter dem Namen CSU/CVP gegen die CDU Saar an.

Amtliches Endergebnis

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ListenErststimmenZweitstimmenMandateBerliner
Abg.
Stimmen%+/-MandateStimmen%+/-MandateAnzahl+/-
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)11.975.40039,7+4,914711.875.33939,7+3,468215+247
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)9.651.66932,0+2,5469.495.57131,8+2,9123169+1812
Christlich-Soziale Union (CSU)3.186.15010,6+1,7473.133.06010,5+1,7855+3
Freie Demokratische Partei (FDP)2.276.2347,5–3,212.307.1357,7–1,84041–72
Gesamtdeutscher Block/
Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten
(GB/BHE)
1.324.6364,4–1,51.374.0664,6–1,3–27
Deutsche Partei (DP)1.062.2933,5–0,461.007.2823,4+0,11117+2
Deutsche Reichspartei (DRP)290.6221,0+0,2308.5641,0±0,0
Föderalistische Union (FU)295.5331,0N/A254.3220,9N/A–31
Bund der Deutschen,
Partei für Einheit, Frieden und Freiheit
(BdD)
37.3290,1N/A58.7250,2N/A
Deutscher Mittelstand (Mittelstand)3.0240,0N/A36.5920,1N/A
Südschleswigscher Wählerverband (SSW)33.4630,1–0,132.2620,1–0,1
Deutsche Gemeinschaft (DG)16.4100,1N/A17.4900,1N/A
Vaterländische Union (VU)2.2500,0N/A5.0200,0N/A
Partei der guten Deutschen (PdgD)3560,0N/AN/A
Wählergruppen/Einzelbewerber8450,0–0,1
Freie Deutsche Volkspartei1
Gesamt30.156.21410024729.905.428100250497+1022
Ungültige Stimmen916.6803,0–0,41.167.4663,8+0,5
Wähler31.072.89487,8+1,831.072.89487,8+1,8
Wahlberechtigte35.400.92335.400.923
Quelle: Der Bundeswahlleiter

Ergebnisse in den Bundesländern

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Erststimmenmehrheiten in den Wahlkreisen:
  • SPD
  • CDU/CSU
  • DP
  • FDP
  • Bundesland Wahl-
    berechtigte
    Wähler Wahl-
    beteiligung
    CDU CSU / CSU/CVP SPD FDP GB/BHE DP DRP
    Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit
    Baden-Württemberg 04.857.815 4.097.575 84,4 53,4 52,8 26,6 25,8 13,8 14,4 4,3 4,7 01,0 01,3 0,5 0,6
    Bayern 06.240.499 5.470.347 87,7 57,9 57,2 25,1 26,4 04,8 04,6 6,8 6,8 00,7 00,7 0,5 0,5
    Bremen 00.467.250 0.414.498 88,7 30,7 30,4 46,5 46,2 05,5 05,8 1,8 2,0 13,9 13,8 1,3 1,4
    Hamburg 01.328.657 1.185.178 89,2 38,2 37,4 46,2 45,8 09,1 09,4 1,3 1,5 04,2 04,7 0,7 0,8
    Hessen 03.214.856 2.863.092 89,1 38,6 40,9 38,8 38,0 08,8 08,5 5,4 5,6 07,0 05,5 1,2 1,2
    Niedersachsen 04.438.885 3.950.248 89,0 37,3 39,1 33,4 32,8 05,8 05,9 7,5 7,6 13,2 11,4 2,3 2,3
    Nordrhein-Westfalen 10.407.006 9.158.928 88,0 55,0 54,4 34,1 33,5 05,9 06,3 2,3 2,5 01,2 01,6 0,6 0,7
    Rheinland-Pfalz 02.237.023 1.976.225 88,3 54,0 53,7 30,7 30,4 09,7 09,8 1,4 1,5 01,4 01,6 2,4 2,7
    Saarland 00.659.971 0.589.578 89,3 33,8 33,3 21,1 21,3 25,1 25,1 18,1 18,2 0,2 0,3 00,7 00,7 0,6 0,6
    Schleswig-Holstein 01.548.961 1.367.225 88,3 50,2 48,1 30,9 30,8 05,0 05,6 7,4 8,3 03,2 03,8 0,6 0,7
    Mögliche Koalitionen Sitze
    Absolute Mehrheit 249
            CDU/CSU, DP 294
        CDU/CSU 277

    SPD und FDP bildeten die Opposition. Erich Ollenhauer blieb Partei- und Fraktionsvorsitzender der SPD, verzichtete aber bei der Bundestagswahl 1961 auf eine erneute Kanzlerkandidatur.

    Mit 50,2 % der Wählerstimmen erlangten die Unionsparteien das beste Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und als bis heute einziges Bündnis eine absolute Mehrheit, bildeten aber dennoch eine Koalition mit der DP (Übergroße Koalition). Durch den Austritt der beiden Minister der DP am 1. Juli 1960 und ihren Beitritt zur CDU am 20. September 1960 wurde die Koalition faktisch beendet.

    Siehe auch

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    Literatur

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    Commons: 1957 Germany Bundestagswahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. a b Wahl zum 3. Deutschen Bundestag am 15. September 1957 Der Bundeswahlleiter
    2. Wahl zum 2. Deutschen Bundestag am 6. September 1953 (Memento vom 29. März 2009 im Internet Archive) Der Bundeswahlleiter
    3. Frank Brettschneider, Jan W. van Deth, Edeltraud Roller: Die Bundestagswahl 2002: Analysen der Wahlergebnisse und des Wahlkampfes. Band 10 der Schriftenreihe des Arbeitskreises „Wahlen und Politische Einstellungen“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft. VS Verlag, 2004, ISBN 3-8100-4123-8
    4. Joseph Rovan: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie. Fischer, Frankfurt 1980 (Paris 1978), S. 221.
    5. Wenn die SPD verliert. In: Die Zeit, Nr. 34/1957
    6. Ergebnis der Wahl zum 3. Deutschen Bundestag am 15. September 1957 nach Wahlkreisen. (Memento vom 27. Juli 2013 im Internet Archive) Bundeswahlleiter