Bundesregierung (Deutschland)

Regierung der Bundesrepublik Deutschland
(Weitergeleitet von Bundeskabinett)

Die Bundesregierung (BReg),[1] auch Bundeskabinett genannt, ist ein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland und übt die Exekutivgewalt auf Bundesebene aus. Sie besteht gemäß Art. 62 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern.

Bundesregierung
— BReg —
Staatliche Ebene Bund
Stellung Verfassungsorgan
Gründung 15. September 1949
Hauptsitz Berlin, Deutschland
Vorsitz Friedrich Merz (Bundeskanzler),
Lars Klingbeil (Vizekanzler)
Website bundesregierung.de

Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Deutschen Bundestag gewählt, vom Bundespräsidenten ernannt und vom Präsidenten des Deutschen Bundestages vereidigt. Der Bundeskanzler schlägt danach dem Bundespräsidenten die Bundesminister vor. Diese werden ebenfalls vom Bundespräsidenten ernannt und vom Bundestagspräsidenten vereidigt.

Sitz des Verfassungsorgans Bundesregierung ist die Bundeshauptstadt Berlin (§ 3 Abs. 1 Berlin/Bonn-Gesetz). Die Regierung hat Einfluss auf die Legislative, weil sie Gesetzesentwürfe in den Deutschen Bundestag einbringen und zu Gesetzesentwürfen des Bundesrates Stellung nehmen kann.

Regelungen

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Verfassungsrechtlich ist die Rolle der Bundesregierung in Teil VI in den Art. 62 bis 69 des Grundgesetzes (GG) geregelt, wodurch sie zu den Verfassungsorganen zählt. Art. 76 GG erlaubt es der Bundesregierung, Gesetzesvorlagen in den Bundestag einzubringen. Art. 64 Abs. 2 GG schreibt vor, dass die Mitglieder der Bundesregierung bei der Amtsübernahme den Amtseid (gemäß Art. 56 GG) leisten. Ihre Arbeitsweise wird in der Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) und in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) geregelt.

Das Bundeskabinett muss unter anderem über jeden Gesetz- und Verordnungsentwurf der Bundesregierung, die Ernennung von hohen Beamten und Soldaten sowie weitere Angelegenheiten „von besonderer politischer“ oder „erheblicher finanzieller“ Bedeutung entscheiden, wobei vorab eine Beratung zwischen den beteiligten Bundesministerien stattfindet. Nur strittige Punkte werden dann noch im Bundeskabinett selbst debattiert. Das Bundeskabinett ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend sind und trifft seine Entscheidungen mit Mehrheitsbeschluss, die anschließend aber geschlossen nach außen vertreten werden (Kollegialprinzip). Beschließt die Bundesregierung in einer Frage von finanzieller Bedeutung gegen oder ohne die Stimme des Bundesministers der Finanzen, so kann dieser gegen den Beschluss ausdrücklich Widerspruch erheben. Entsprechendes gilt, wenn der Bundesminister der Justiz oder der Bundesminister des Innern gegen einen Gesetz- oder Verordnungsentwurf oder eine Maßnahme der Bundesregierung wegen ihrer Unvereinbarkeit mit geltendem Recht Widerspruch erhebt.

Der Bundeskanzler hat innerhalb der Bundesregierung die Richtlinienkompetenz (Kanzlerprinzip): Er bestimmt die Grundzüge der Politik und ist dafür verantwortlich. Die Bundesminister leiten ihre jeweiligen Aufgabenbereiche im Rahmen der (für sie verbindlichen) Richtlinien des Kanzlers eigenständig (Ressortprinzip), wobei sie ihm regelmäßig berichten müssen. Den Umfang ihrer Aufgabenbereiche bestimmt ebenfalls der Bundeskanzler. Sind zwei Bundesminister sich in einem Punkt uneinig, so entscheidet entweder der Bundeskanzler oder die Bundesregierung. Im politischen Alltag macht der Bundeskanzler aber üblicherweise nicht offiziell von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch, sondern stimmt seine Politik mit den Bundesministern ab. Da diese in der Regel auch aus verschiedenen Parteien bestehen (Koalition), ist dies auch politisch erforderlich, da sonst ein „Koalitionsbruch“ droht. Heutzutage werden die meisten Grundzüge der Regierungspolitik bereits zu Beginn der Legislaturperiode in einem Koalitionsvertrag festgehalten und bei Bedarf im Koalitionsausschuss erörtert, wobei es sich hier nur um informelle Übereinkünfte handelt.

Laut Bundesministergesetz hat ein ausgeschiedenes Mitglied der Bundesregierung Anspruch auf ein Ruhegehalt, „wenn es der Bundesregierung mindestens vier Jahre angehört hat; eine Zeit im Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs bei einem Mitglied der Bundesregierung wird berücksichtigt“, ebenso wie eine „vorausgegangene Mitgliedschaft in einer Landesregierung, die zu keinem Anspruch auf Versorgung nach Landesrecht geführt haben“.

Beamtete Staatssekretäre und Parlamentarische Staatssekretäre bzw. Staatsminister sowie Bundesbeauftragte unterstützen die Bundesregierung bei ihren Aufgaben und können an Kabinettssitzungen teilnehmen. Gleiches gilt für den Chef des Bundespräsidialamtes, den Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, den persönlichen Referenten des Bundeskanzlers und die Schriftführer.

Das Bundeskabinett tagt in der Regel jeden Mittwoch um 9:30 Uhr im Bundeskanzleramt. Das amtliche Bekanntmachungsmedium ist das Gemeinsame Ministerialblatt (GMBl). Die administrativen Geschäfte der Bundesregierung leitet der Bundeskanzler, der diese an den Chef des Bundeskanzleramtes delegiert.

Zusammensetzung

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Das Bundeskabinett hat am 6. Mai 2025 die Reihenfolge der Regierungsmitglieder beschlossen; daraus ergibt sich die folgende Reihenfolge der einzelnen Bundesministerien:

Zusammensetzung der Bundesregierung seit 6. Mai 2025
Nr. Logo Ressort/Amt Amtsinhaber/in Partei
  Bundeskanzler   Friedrich Merz CDU
1   Stellvertreter des Bundeskanzlers

Bundesministerium der Finanzen (BMF)

  Lars Klingbeil SPD
2   Bundesministerium des Innern (BMI)   Alexander Dobrindt CSU
3   Auswärtiges Amt (AA)   Johann Wadephul CDU
4   Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)   Boris Pistorius SPD
5   Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE)   Katherina Reiche CDU
6   Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR)   Dorothee Bär CSU
7
 
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)   Stefanie Hubig SPD
8
 
Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ)   Karin Prien CDU
9   Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)   Bärbel Bas SPD
10
 
Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS)   Karsten Wildberger CDU
11   Bundesministerium für Verkehr (BMV)   Patrick Schnieder CDU
12   Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN)   Carsten Schneider SPD
13   Bundesministerium für Gesundheit (BMG)   Nina Warken CDU
14   Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMELH)   Alois Rainer CSU
15   Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)   Reem Alabali Radovan SPD
16   Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)   Verena Hubertz SPD
  Bundesminister für besondere Aufgaben
Chef des Bundeskanzleramtes
  Thorsten Frei CDU

Vertretungsreihenfolge in der Bundesregierung

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Die Vertretungsreihenfolge bei Sitzungen der Bundesregierung regelt § 22 der Geschäftsordnung der Bundesregierung.

Bei Abwesenheit des Bundeskanzlers übernimmt der Stellvertreter des Bundeskanzlers den Vorsitz in der Bundesregierung. Ist auch dieser verhindert, so übernimmt derjenige Bundesminister den Vorsitz, der am längsten ununterbrochen der Bundesregierung angehört. Gibt es mehrere Bundesminister, die zur gleichen Zeit Bundesminister geworden sind, so übernimmt der an Lebensjahren älteste den Vorsitz. Diese Regelungen gelten nicht, wenn der Bundeskanzler eine gesonderte Reihenfolge bestimmt.

Daraus ergibt sich derzeit (Mai 2025) folgende Vertretungsreihenfolge:

Vertretungsreihenfolge in der Bundesregierung
Nr. Name (Partei) Beginn der Amtszeit Geburtsdatum Ministerium
Friedrich Merz (CDU) 6. Mai 2025 11. November 1955 Bundeskanzler
1 Lars Klingbeil (SPD) 6. Mai 2025 23. Februar 1978 Stellvertreter des Bundeskanzlers,
Finanzen
2 Boris Pistorius (SPD) 19. Januar 2023 14. März 1960 Verteidigung
3 Johann Wadephul (CDU) 6. Mai 2025 10. Februar 1963 Auswärtiges
4 Alois Rainer (CSU) 6. Mai 2025 7. Januar 1965 Landwirtschaft, Ernährung und Heimat
5 Karin Prien (CDU) 6. Mai 2025 26. Juni 1965 Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend
6 Patrick Schnieder (CDU) 6. Mai 2025 1. Mai 1968 Verkehr
7 Bärbel Bas (SPD) 6. Mai 2025 3. Mai 1968 Arbeit und Soziales
8 Stefanie Hubig (SPD) 6. Mai 2025 15. Dezember 1968 Justiz und Verbraucherschutz
9 Karsten Wildberger (CDU) 6. Mai 2025 5. September 1969 Digitalisierung und Staatsmodernisierung
10 Alexander Dobrindt (CSU) 6. Mai 2025 7. Juni 1970 Inneres
11 Katherina Reiche (CDU) 6. Mai 2025 16. Juli 1973 Wirtschaft und Energie
12 Thorsten Frei (CDU) 6. Mai 2025 8. August 1973 Besondere Aufgaben (Chef des Bundeskanzleramtes)
13 Carsten Schneider (SPD) 6. Mai 2025 23. Januar 1976 Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit
14 Dorothee Bär (CSU) 6. Mai 2025 19. April 1978 Forschung, Technologie und Raumfahrt
15 Nina Warken (CDU) 6. Mai 2025 15. Mai 1979 Gesundheit
16 Verena Hubertz (SPD) 6. Mai 2025 26. November 1987 Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
17 Reem Alabali Radovan (SPD) 6. Mai 2025 1. Mai 1990 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dauer der Regierungsbildung in Deutschland

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Im Durchschnitt wurde der Kanzler zwischen 1949 und 1976 nach 43 Tagen gewählt. Bei der Bundestagswahl 1976 war unabhängig von der Dauer von Koalitionsverhandlungen aufgrund der bis zu diesem Jahr gültigen Regelung im Grundgesetz über die Dauer der Wahlperiode eine Regierungsbildung erst über zwei Monate nach der Wahl möglich, seitdem ist sie immer spätestens 30 Tage nach der Wahl möglich. Seit 1980 wurde der Kanzler im Durchschnitt nach 54 Tagen gewählt.

Diese Zeitleiste stellt die Dauer zwischen der Bundestagswahl und der Vereidigung des Kabinetts in Tagen dar. Wird die Vereidigung des Bundeskabinetts nicht explizit aufgeführt, fand sie am selben Tag wie die Wahl des Kanzlers statt; dies war bei den Wahlen seit 1998 der Fall.


Diese Zeitleiste stellt die Dauer zwischen der Bundestagswahl und der Vereidigung des Kabinetts in Tagen dar.


Tag der offenen Tür

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Luftblick auf das Regierungsviertel, 2016

Seit 1999 findet jeden Sommer ein Tag der offenen Tür der Bundesregierung statt. An diesem Tag können das Bundeskanzleramt, Bundespresseamt und 14 Ministerien besichtigt werden. Ein Blick in Büros von Referenten und Ministern soll einen Eindruck vom Arbeitsalltag der Politiker vermitteln.[2]

Gästehaus der Bundesregierung

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Seit 2007 ist Schloss Meseberg das Gästehaus der Bundesregierung.[3] Hier finden traditionellerweise die Kabinettsklausuren statt, ferner bietet es oft den Rahmen für informelle Gespräche. Zuvor wurde ab 1990 das weiterhin in Bundesbesitz befindliche Gästehaus auf dem Petersberg in Königswinter bei Bonn in ähnlichem Rahmen durch die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland genutzt, nach dem Regierungsumzug von 1999 in reduziertem Umfang.

Anteil der Volljuristen

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Die bevorzugte Einstellung von Personen mit Befähigung zum Richteramt (Volljuristen) in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes (sogenanntes Juristenprivileg) findet sich auch in der Bundesregierung wieder. Der Anteil der Volljuristen betrug immer mindestens 25 Prozent, mit Ausnahme des Zeitraums 1998 bis 2002 (Kabinett Schröder I).[4][5]

Siehe auch

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Literatur

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  • Volker Busse, Hans Hofmann: Bundeskanzleramt und Bundesregierung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. Achte, neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Nomos, Baden-Baden 2022, ISBN 978-3-8487-7465-4.
  • Heinz Hoffmann (Bearbeiter): Die Bundesministerien 1949–1999. Bezeichnungen, amtliche Abkürzungen, Zuständigkeiten, Aufbauorganisation, Leitungspersonen (= Materialien aus dem Bundesarchiv. Heft 8). Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2003, ISBN 3-86509-075-3 (einschließlich CD-ROM mit dem Buchinhalt).
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Einzelnachweise

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  1. Abkürzungsverzeichnis. (PDF; 49 kB) Abkürzungen für die Verfassungsorgane, die obersten Bundesbehörden und die obersten Gerichtshöfe des Bundes. In: bund.de. Bundesverwaltungsamt (BVA), archiviert vom Original am 28. März 2020; abgerufen am 23. Mai 2017.
  2. Tag der offenen Tür 2023 | Bundesregierung. 20. August 2023, abgerufen am 17. Februar 2024.
  3. Das Gästehaus der Bundesregierung. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  4. Peter Schindler: Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages: 1949 bis 1999. Band 1. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999, ISBN 3-7890-5928-5, Kapitel 1. bis 13. Legislaturperiode, S. 1154 (bundestag.de).
  5. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Michael F. Feldkamp: Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1990 bis 2010 Baden-Baden 2011, ISBN 978-3-8329-6237-1, Kap. 6.9, S. 553 (12. bis 17. Legislaturperiode). (bundestag.de)