Reform UK

nationalistische britische politische Partei
(Weitergeleitet von Brexit Party)

Reform UK (walisisch Ddiwygio DU) ist eine politische Partei im Vereinigten Königreich. Europaskeptische Politiker gründeten sie am 20. Januar 2019 unter dem Namen Brexit Party („Brexit-Partei“), um an der Europawahl 2019 teilzunehmen, nachdem klar geworden war, dass sich der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs („Brexit“) verzögern würde. Nach dem am 31. Januar 2020 endgültig erfolgten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs nannte sich die Partei mit Wirkung vom 4. Januar 2021 in Reform UK um.

Reform UK
Parteivorsitzender Richard Tice
Partei­führer Richard Tice
Entstehung Abspaltung von UKIP
Gründung 20. Januar 2019 (als Brexit Party)
Gründungs­ort London
Haupt­sitz 83 Victoria Street
London
SW1 0HWK
Aus­richtung Pro-Brexit
EU-Skepsis
Rechtspopulismus[1]
Farbe(n) Türkis, Weiß
Britisches Unterhaus
1/650
Britisches Oberhaus
0/795
Kommunalverwaltung
im Vereinigten Königreich

7/19698
Website reformparty.uk

Nigel Farage und Richard Tice gründeten die Partei als Kapitalgesellschaft; statt stimmberechtigten Mitgliedern hat die Partei „Unterstützer“, die lediglich spenden.

Geschichte Bearbeiten

Brexit Party Bearbeiten

Im Jahr 2018 kam es zu einem Rechtsruck in der UK Independence Party. Unter anderem ernannte der seit dem Februar des Jahres amtierende UKIP-Vorsitzende Gerard Batten im November 2018 Tommy Robinson, den Gründer und ehemaligen Leiter der islamfeindlichen English Defence League, zu seinem Berater. Daraufhin traten vormals führende UKIP-Politiker aus der Partei aus. Catherine Blaiklock gründete im Januar 2019 mit Wissen und Unterstützung von Nigel Farage die Brexit-Partei.[2] Kurze Zeit später trat Farage der Partei bei. Er erklärte, es ginge nun darum, dass „das Volk gegen die Politiker“ kämpfen müsse.[3] Gemeinsam mit Farage traten sieben weitere Abgeordnete des Europäischen Parlaments zur Brexit-Partei über. Die anderen Abgeordneten waren Tim Mark Aker, Jonathan Bullock, David Coburn, Nathan Gill, Julia Reid sowie Bill Etheridge, der zuvor für wenige Monate in der Libertarian Party Mitglied gewesen war. Kurze Zeit später folgten die ehemaligen UKIP-Vorsitzenden Paul Nuttall und Diane James.

Nachdem islamfeindliche Aussagen Blaiklocks öffentlich geworden waren,[4] trat sie am 20. März 2019 zurück. Führer der Partei wurde daraufhin Farage.

Finanzierung der Partei Bearbeiten

Die Brexit Party wurde als private Kapitalgesellschaft (Private limited Company)[5] gegründet, Reform UK hat weiterhin dieselbe Unternehmensnummer im Handelsregister von England und Wales (Company number 11694875).[6] Seit ihrer Gründung nimmt die Partei zahlende Unterstützer auf und finanziert sich durch Spenden. Laut ihres Vorsitzenden, Nigel Farage, geht es dabei vor allem um Kleinspenden. Im Juni 2019 geriet die Partei in den Fokus der Aufsichtsbehörde (Electoral Commission), die die Nachvollziehbarkeit aller Spenden anmahnte. Der britischen Zeitung The Guardian zufolge sollte die Partei über einen Betrag von insgesamt GBP 2,5 Mio. ungeklärten Ursprungs Rechenschaft ablegen.[7] Ein Verstoß gegen die Parteispendenrichtlinien (wonach Spenden von über £ 500 nachvollziehbar sein müssen) konnte der Brexit-Partei nicht nachgewiesen werden. Der Politiker Alyn Smith (Mitglied der Scottish National Party) musste sich für seine im Mai 2019 im Nachrichtensender Sky News hervorgebrachte Behauptung, die Brexit-Partei sei eine Frontpartei für Geldwäsche, offiziell entschuldigen. Vermutungen, dass Geschäftsmann Arron Banks hinter der Brexit-Partei steht[8], werden von Parteigründer Farage bestritten. Im Juli 2019 leitete das EU-Parlament eine Untersuchung gegen die Partei ein, wegen des Vorwurfs illegaler Schenkungen von Banks an Farage in Höhe von fast einer halben Million Pfund.[9]

Reform UK Bearbeiten

Am 4. Januar 2021 wurde die Namensänderung der Partei in Reform UK von der Wahlkommission genehmigt.[10]

Im Januar 2021 trat die ehemalige konservative Abgeordnete des schottischen Parlaments Michelle Ballantyne der Partei bei, sie wurde von Nigel Farage zur Führerin von Reform UK im schottischen Parlament ernannt.[11]

Im März 2024 trat der von den Tories aus der Fraktion ausgeschlossene Abgeordnete Lee Anderson Reform UK bei und wurde dadurch der erste Vertreter der Partei im britischen Unterhaus. Anderson entschied, keine Nachwahl anlässlich seines Parteiwechsels durchführen zu lassen.[12]

Politische Bedeutung und Wahlergebnisse Bearbeiten

Brexit Party Bearbeiten

Bei einer ersten Umfrage am 10. April 2019 kam die Brexit-Partei auf 10 % bei einer möglichen britischen Beteiligung an der Europawahl 2019.[13] Nachdem eine Verschiebung des Brexits um ein halbes Jahr beschlossen worden war, stieg die Partei Mitte April 2019 in einer Umfrage für die EP-Wahl auf 27 %.[14] Nach einer vom 8. bis 10. Mai durchgeführten Online-Umfrage kam die Brexit-Partei bereits auf 34 % und erreichte damit mehr Zustimmung als Labour (21 %) und Tories (11 %) zusammen.[15] Bei der britischen Europawahl am 23. Mai 2019 erreichte die Brexit-Partei 30,5 % der Stimmen und wurde damit stärkste Kraft des Landes. Zu den Kandidaten gehörten auch ehemalige Kritiker von Nigel Farage und der UKIP.[16]

Mit ihren insgesamt 29 Abgeordneten war die Brexit-Partei die größte Einzelpartei des EU-Parlaments bis zum 31. Januar 2020.

Die ehemaligen 23 Abgeordneten (MEP) bis zum 31. Januar 2020 waren:

Name Constituency Erste Wahl Notizen
David Bull North West England 23. Mai 2019 ehemaliger konservativer Parlamentskandidat
Jonathan Bullock East Midlands 28. Juli 2017 ehemaliger UKIP-Abgeordneter; ehemaliger konservativer Parlamentskandidat
Martin Daubney West Midlands 23. Mai 2019
Nigel Farage South East England 10. Juni 1999 Anführer der Partei; ehemaliger UKIP-Abgeordneter
Claire Fox North West England 23. Mai 2019 ehemaliges Mitglied der Revolutionary Communist Party
Nathan Gill Wales 1. Juli 2014 ehemaliger UKIP-Abgeordneter
James Glancy South West England 23. Mai 2019
Benyamin Habib London 23. Mai 2019
Michael Heaver East of England 23. Mai 2019
Christina Jordan South West England 23. Mai 2019
Rupert Lowe West Midlands 23. Mai 2019 ehemaliger Kandidat der Referendum Party
Belinda De Camborne Lucy South East England 23. Mai 2019
Brian Monteith North East England 23. Mai 2019
June Mummery East of England 23. Mai 2019
Henrik Overgaard-Nielsen North West England 23. Mai 2019
Matthew Patten East Midlands 23. Mai 2019
Alexandra Lesley Phillips South East England 23. Mai 2019 ehemalige UKIP-Medienchefin
Jake Pugh Yorkshire and the Humber 23. Mai 2019
Robert Rowland South East England 23. Mai 2019
John Tennant North East England 23. Mai 2019 ehemaliger UKIP-Stadtrat, derzeitiger Parteichef der Independent Union Party
Richard Tice East of England 23. Mai 2019
James Wells Wales 23. Mai 2019
Ann Widdecombe South West England 23. Mai 2019 ehemaliges konservatives Parlaments- und Regierungsmitglied

Ehemalige Mitglieder (waren danach unabhängige MEP bis zum 31. Januar 2020):

Name Constituency Erste Wahl Notizen
Lance Forman London 23. Mai 2019
Lucy Harris Yorkshire and the Humber 23. Mai 2019
Andrew England Kerr West Midlands 23. Mai 2019
John Longworth Yorkshire and the Humber 23. Mai 2019
Annunziata Rees-Mogg East Midlands 23. Mai 2019 ehemalige Parlamentskandidatin
Louis Stedman-Bryce Scotland 23. Mai 2019

An den Kommunalwahlen in England und Nordirland im Mai 2019 nahm die Brexit Party nicht teil.[17] Bei der Nachwahl zum Unterhaus im Wahlkreis Peterborough am 6. Juni 2019 trat jedoch ein Kandidat der Brexit Party an.[18] Er verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp.[19] Zu den Parlamentswahlen im Dezember 2019 trat die Partei entgegen früherer Ankündigungen nur in Wahlkreisen an, die zwei Jahre zuvor nicht von Kandidaten der Konservativen Partei gewonnen worden waren. Damit wollte man die Opposition in Gestalt der Labour Party und der Liberaldemokraten schwächen. Die Partei erreichte schließlich 2,0 % der Stimmen und keine Parlamentsmandate.

Reform UK Bearbeiten

Reform UK nahm an der Parlamentswahl in Schottland 2021, an der Parlamentswahl in Wales 2021 und an der Wahl zur London-Versammlung 2021 am 6. Mai 2021 teil, wobei Reform UK kein Mandat erreichte.

Wahlergebnisse in der Übersicht Bearbeiten

Die folgende Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Brexit Party bzw. Reform UK.

Jahr Wahl Wähler Stimmenanteil Sitze
2019 Europa  Europawahl 2019 5.248.533 30,52 %
29/73
Vereinigtes Konigreich  Unterhauswahl 2019 642.323 2,0 %
0/650
2021 Schottland  Parlamentswahl in Schottland 2021 5.793 0,2 %
0/129
Wales  Parlamentswahl in Wales 2021 11.730 1,1 %
0/60
England  Wahl zur London-Versammlung 2021 25.009 1,0 %
0/25

Parteiführer Bearbeiten

Name Amtszeit (Beginn) Amtszeit (Ende)
Catherine Blaiklock 20. Januar 2019 20. März 2019
Nigel Farage 22. März 2019 6. März 2021
Richard Tice 6. März 2021

Weblinks Bearbeiten

Commons: Reform UK – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Right-wing populist parties are polling well in Britain. In: The Economist, 15. April 2019.
  2. The new Ukip? Nigel Farage offers ‘full support’ for another Brexit party. independent.ie, 26. März 2019.
  3. „No more Mr Nice Guy“: Nigel Farage fumes over Brexit. sky.com, 23. März 2019.
  4. Alex Wickham, Mark Di Stefano: The Founder Of Nigel Farage’s New Brexit Party Has A History Of Anti-Muslim Comments. buzzfeed.com, 11. Februar 2019.
  5. The Brexit Party limited. Companies House, abgerufen am 23. Januar 2021.
  6. Reform UK. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Januar 2021; abgerufen am 23. Januar 2021 (Die Nummer im Handelsregister findet sich in der Copyright-Angabe am Ende der Seite.).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/reformparty.uk
  7. Syal Rajeev: Brexit party told to check all donations for possible illegal funding. In: The Guardian. 18. Juni 2019, abgerufen am 9. August 2019 (englisch).
  8. Nigel Farage’s funding secrets revealed, Channel 4, 16. Mai 2019.
  9. Crisp James: Nigel Farage claims EU investigation into undeclared gifts from Brexiteer Arron Banks is ‘over and dealt with’. The Telegraph, 3. Juli 2019, abgerufen am 8. September 2019 (englisch).
  10. 2021 Party registration decisions (PDF; Seite 7). In: electoralcommission.org.uk. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Januar 2021; abgerufen am 18. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.electoralcommission.org.uk
  11. Greg Heffer: Michelle Ballantyne: Former Scottish Conservative MSP joins Nigel Farage's Reform UK. In: news.sky.com. 11. Januar 2021, abgerufen am 12. Januar 2021 (englisch).
  12. Lee Anderson: Ex-Tory MP defects to Reform UK BBC, 11. März 2024
  13. Joe Curtis: Poll: Voters would punish Tories for Brexit delay at European parliamentary elections. cityam.com, 10. April 2019.
  14. Peter Mühlbauer: Brexit Party schießt in Umfrage auf Platz 1. telepolis, 18. April 2019.
  15. Brexit party may get more EU election votes than Tories and Labour combined – poll, theguardian.com, 11. Mai 2019.
  16. Fox Claire: Why as a lifelong leftie I’ve joined Team Nigel: CLAIRE FOX explains her reasons for standing as a European election candidate in The Brexit Party. In: Mail Online. Daily Mail, 24. April 2019, abgerufen am 9. August 2019.
  17. Britische Kommunalwahlen: Klatsche für Mays Partei wegen Brexits?, brf.be, 2. Mai 2019.
  18. Kate Devlin: Farage’s Brexit party eyes seat of disgraced ex-Labour MP, Fiona Onasanya. thetimes.co.uk, 30. April 2019.
  19. Brexit-Partei verpasst Einzug ins britische Parlament. Spiegel Online, 7. Juni 2019.