Breiters Wintergarten

Gartenanlage in Leipzig

Breiters Wintergarten war eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts über etwa 30 Jahre existierende und nach ihrem Besitzer Christian August Breiter (1776–1840) benannte Gartenanlage in Leipzig.

Breiters Wintergarten um 1815

Lage und Beschreibung Bearbeiten

 
Die Lage des Gartens auf einem Plan von 1832

Der Garten lag an der Nordostecke der Stadt zwischen dem ehemals zum Georgenhaus gehörenden Georgenvorwerk, dem Hintertor und der Hintergasse. Die heutige Wintergartenstraße markiert etwa die Mittelachse des Gartens.

Der Garten hatte zwei Funktionen. Primär sammelte Breiter Pflanzen aus aller Welt, die er durch Tausch und Kauf erwarb, weshalb er seinen Garten auch als einen botanischen bezeichnete. Die notwendigen Mittel dafür und zum Betrieb der Anlage gewann er als Handelsgärtner, indem er seine Pflanzen in größeren Stückzahlen aufzog, in Katalogbüchern anpries, verkaufte und versandte. Es fanden sich Orangenbäume, Kaffee- und Teesträucher sowie die ausgefallensten Blumen. Auf der großen Freifläche standen Staudengewächse, ausländische Bäume und Sträucher. Zahlreiche Frühbeete dienten der Anzucht der Pflanzen. Auf einem sechsetagigen Gestell standen Topfpflanzen im Freien.

Herzstück der Anlage war eine Reihe von Glashäusern mit einer Gesamtlänge von 170 Metern (600 Fuß)[1] mit einem zweigeschossigen Massivbau in der Mitte. Das rechte Glashaus hatte eine Grundfläche von 42 × 4,5 Meter, eine gläserne Vorderfront von 3,4 Meter Höhe und ein um 45° geneigtes Glasdach. Im Inneren waren drei Bereiche mit unterschiedlichen Temperaturen abgeteilt.[1] Das größte der Glashäuser war das links neben dem Massivhaus. Es war 51 Meter lang, 7,4 Meter breit, 5 Meter hoch und durch Wände mit hohen Glastüren in fünf Bereiche geteilt. Die Rückwand war zum Teil verspiegelt.[1] Auf fünfetagigen Regalen standen in fünf oder sechs Reihen bis zu 25.000 Töpfe mit Blumen und Grünpflanzen.[2] Über der Eingangstür stand „Wintergarten“, was schließlich zum Namen für die Gesamtanlage führte.

Dieser Wintergarten war für Besucher insbesondere während der kalten Jahreszeit vorgesehen. In der Mitte der Einzelräume waren Orangenbäume von einem runden Tisch mit Stühlen umgeben, hier wurde für geringen Preis Kaffee, Tee oder heiße Schokolade ausgeschenkt. Zweimal in der Woche war Konzert. Der Preis für den Gartenbesuch wurde für eine ganze Wintersaison erhoben und betrug zwei Reichstaler.[3]

Geschichte Bearbeiten

In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts ging der sachsen-weimarische Hofgärtner Christian August Breiter nach Leipzig, um eine Gärtnerei zu betreiben. Er nutzte dazu ein Gartengelände am Haus 1221[4], das zuvor einem Carl Andreas Curtius gehört hatte. Die Witwe Curtius wird in den Leipziger Adressbüchern[5] bis 1809 als Eigentümerin des Hauses 1221 geführt und Breiter erst ab 1810. Breiters erster Verkaufskatalog erschien aber bereits 1807.[6] Deshalb kann angenommen werden, dass er den Garten bis 1810 in Pacht oder einer ähnlichen Form bewirtschaftete. Danach wird er bis 1831 als Besitzer der Breiterschen Kunstgärtnerei geführt. In dieser Zeit entwickelte Breiter den Garten zur oben beschriebenen Gestalt.

1832 erscheint die Kunstgärtnerei unter dem Namen Heinrich Ferdinand Breiter, vermutlich der Sohn. Für Vater Christian August werden bis 1840 andere Adressen angegeben (Grimmaischer Steinweg, Dresdner Straße). 1837 gehörte die Gärtnerei der Witwe Breiter.[7] Dann verschwindet die Gärtnerei aus den Adressbüchern.

Der Garten fiel der Erweiterung der Ostvorstadt zum Opfer. 1839 wurde auf einem Teilstück das für den neuen Dresdner Bahnhof wichtige Hotel Stadt Rom errichtet, und 1855 quer durch das Gartengelände die Wintergartenstraße angelegt, die heute noch so heißt und damit an die Vorgeschichte erinnert.[8] 1970–1972 entstand auf dem Gelände das Wintergartenhochhaus.

Von 2013 bis 2015 errichtete die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) an der Südseite der Wintergartenstraße ihre neue Geschäftszentrale. Die vorausgehenden archäologischen Grabungen brachten die Struktur der Beete im Breiterschen Garten zutage.[9]

Literatur Bearbeiten

  • Peter Schwarz: Das tausendjährige Leipzig. Vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. 1. Auflage. Band 2. Pro Leipzig, Leipzig 2014, ISBN 978-3-945027-05-9, S. 104.
  • Nadja Horsch: Leipziger Gartenkultur in Zeiten städtebaulichen Wandels. In: Nadja Horsch, Simone Tübbecke (Hrsg.): Bürger. Gärten. Promenaden – Leipziger Gartenkultur im 18. und 19. Jahrhundert. Passage Verlag, Leipzig 2018, ISBN 978-3-95415-072-4, S. 247–249.
  • Christian August Breiter: Hortus Breiterianus oder Verzeichniss aller derjenigen Gewächse, welche im Breiterschen botanischen Garten zu Leipzig gezogen und unterhalten werden: nebst einem Theil der in Deutschland einheimischen Pflanzen nach ihren systematischen Namen und Synonymen, einer Erklärung des Linneischen Systems und geographischen und literarischen Nachweisungen. Verlag C. F. Franz, Leipzig 1817 (Digitalisat)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Hortus Breiterianus
  2. Leipziger Gartenkultur in Zeiten städtebaulichen Wandels, S. 249
  3. Des Handels-Gärtners Herrn Breiters Wintergarten in Leipzig. In: Allgemeines Teutsches Garten-Magazin, Jg. 7 (1810), S. 408–410 (Digitalisat)
  4. Zu dieser Zeit waren die Häuser ohne Straßenangabe durchnummeriert.
  5. Historische Adressbücher Sachsens. Abgerufen am 25. März 2023.
  6. Verzeichniss von Treibhauspflanzen, Orangerie- oder Glashauspflanzen, Bäumen und Sträuchern, perennirenden Pflanzen oder Stauden-Gewächsen, Obstsorten, Englischen Stachelbeeren, Rosensorten, Englischen gefüllten Federnelken und Sommergewächsen, welche um beygesetzte Preise zu bekommen sind bey dem Kunst- und Handelsgärtner August Breiter in Leipzig. Verlag Fischer, Leipzig 1807.
  7. offenbar die Witwe des Sohnes, denn Vater Christian August lebte bis 1840
  8. Gina Klank, Gernoth Griebsch: Lexikon Leipziger Straßennamen. Hrsg.: Stadtarchiv Leipzig. 1. Auflage. Verlag im Wissenschaftszentrum Leipzig, Leipzig 1995, ISBN 3-930433-09-5, S. 225.
  9. Hortus Breiterianus – Spuren eines Gartens unter Kriegsschutt. In: Archiv 2014 des Landesamtes für Archäologie Sachsen. 14. Februar 2014, abgerufen am 23. Januar 2022 (mit Bild).

Koordinaten: 51° 20′ 36,2″ N, 12° 23′ 2,2″ O