Brè-Aldesago

Ehemalige Gemeinde und Quartier von Lugano im Kanton Tessin, Schweiz

Brè-Aldesago war von 1953 bis 1972 der Name einer selbstständigen politischen Gemeinde im Kanton Tessin, im Kreis Lugano Ost, im Bezirk Lugano, in der Schweiz. Sie ging 1972 in der Stadt Lugano auf.

Wappen von Brè-Aldesago
Wappen von Brè-Aldesago
Wappen von Lugano
Wappen von Lugano
Brè-Aldesago
Quartier von Lugano
Karte von Brè-Aldesago
Karte von Brè-Aldesago
Koordinaten 719323 / 96325Koordinaten: 46° 0′ 29″ N, 8° 58′ 45″ O; CH1903: 719323 / 96325
Höhe Ø 600 m
Fläche 4,22 km²
Einwohner 855 (31. Dez. 2015)
Bevölkerungsdichte 203 Einwohner/km²
Eingemeindung  1972
BFS-Nr. 519-2001 (Aldesago)
519-2003 (Brè)
Postleitzahl 6974
Gemeindestand vor der Fusion von 1972
Dorf Brè

Heute hat das bis 1953 selbstständige Dorf Brè [ˈbrɛ] (351 Einwohner) vorwiegend touristische Bedeutung als Künstlerdorf, während Aldesago (504 Einwohner) als Villenquartier von Lugano seinen eigenen Charakter hat.

Geographie Bearbeiten

 
Luftbild von Walter Mittelholzer (1919)

Brè liegt auf einem Plateau in 800 m Höhe unterhalb des Monte-Brè-Gipfels (925 m)[1][2], der als Hausberg von Lugano und bekannter Aussichtspunkt mit einer Standseilbahn[3] erschlossen ist. Von Lugano aus verbinden eine Fahrstrasse (circa 9 km) sowie Wanderwege (Treppen-Aufstieg) von Lugano-Cassarate sowie Lugano-Gandria das Dorf mit dem Luganersee circa 500 m unterhalb.

Geschichte Bearbeiten

Brè wird 1280 erstmals unter diesem Namen sowie im 14. Jahrhundert unter anderen Namensvariationen urkundlich genannt. Ausgrabungsfunde (Nekropolen) legen indes bereits eine römische oder möglicherweise vorrömische Besiedlung nahe. Im Mittelalter sind für das Kloster San Abbondio sowie Familien in Como Besitzungen in Brè bezeugt. Das Dorf Brè war durch Viehzucht geprägt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bot dieser Wirtschaftszweig zu wenige Perspektiven, was eine Emigrationswelle der Bewohner als Maurer oder Landwirt insbesondere in die Vereinigten Staaten sowie nach Südamerika nach sich zog.[4]

Bis 1912 war Brè nur mit einem Maultierpfad von Lugano aus erreichbar. Mit dem Bau der Fahrstrasse und der Standseilbahn (1912 beendet) wurde Brè touristisch erschlossen; ein erstes Hotel entstand. In der Folgezeit zog der stille Ort in seiner exponierten Lage hoch über dem See zahlreiche Künstler an; der unter ihnen war Wilhelm Schmid, ein Maler der Neuen Sachlichkeit, der seinen Lebensabend in Brè verbrachte und dem Ort nach seinem Tod 1971 sein Wohnhaus als Museum hinterliess. Auch der ungarische Maler Jozeph Birò und der Sarde Aligi Sassu verbrachten ihre letzte künstlerische Schaffensphase in Brè. Ende des 19. Jahrhunderts in Brè geboren sind die autodidaktischen Maler Pasquale Gilardi und Luigi Taddei. Lebende Künstler vor Ort sind der Graphiker und Bildhauer Marco Prati, Antonio Scoppazini sowie der Theaterregisseur Michel Poletti.

Die Lebensbedingungen für die Dorfbewohner waren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hart. Bis 1950 hatte Brè keinen Anschluss an die städtische Trinkwasserversorgung; Wasser musste aus Brunnen geschöpft werden. Bis circa 1970 war der Zigarettenschmuggel eine aktive Nebenerwerbsquelle. Heute ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige.

Ortsbürgergemeinde Bearbeiten

  • Präsident: Patrick Pizzagalli[5]

Bevölkerung Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung
Jahr 1591 1801 1850 1900 1950 1970 2000[6] 2015 2023[7]
Einwohner 178 244 378 393 400 411 834 855 1068

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Das Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft.[8]

  • Die Pfarrkirche Santi Simone e Fedele (Hinweis auf zwei Märtyrer aus Como) ist erst im Jahr 1591 bezeugt, der romanische Turm belegt indes einen deutlich älteren Ursprung. Die Basilika wurde im 18. Jahrhundert verändert[9]. Das Innere weist barocke Fresken Sant’Antonio abate, San Carlo Borromeo, ein Gemälde Transito di San Giuseppe, aber auch Ausmalungen aus den 1940er Jahren von Jozeph Birò auf. Ein Christophorus-Fresko an der Aussenwand stammt von Luigi Taddei.
  • Kirche, Dorfplatz mit Waschbrunnen (Lavatoio) und die von ihm ausgehenden Strassenzüge bilden das harmonische Ensemble eines in seiner ursprünglichen Anlage bewahrten Tessiner Dorfs[9]
  • Das Wilhelm-Schmid-Museum zeigt eine Auswahl der Werke des Künstlers und dokumentiert sein Leben.[9][10]
  • Der am Kirchenvorplatz beginnende Arredo Artistico führt als Rundweg an zahlreichen Werken der Künstler von Brè vorbei.[9]
  • Kirche des Unbefleckten Herzens Mariens in Aldesago, 1636 erbaut und 1943 wiederaufgebaut, mit Fresken von Luigi Taddei.

Veranstaltungen Bearbeiten

  • AiEP Avventure in Elicottero Prodotti[11]

Bilder Bearbeiten

Persönlichkeiten Bearbeiten

 
Aligi Sassu: San Fedele, Fresko an einer Gebäudewand in Brè
  • Pasquale Gilardi, genannt Lelèn, (* 26. November 1885 in Brè; † 1934 in Lugano), Dichter[12]
  • Wilhelm Schmid (Maler) (1892–1971), ein Schweizer Maler
  • Luigi Taddei (* 27. August 1898 in Brè; † 24. Januar 1992 in Albonago), Lehrer für Zeichnen, Maler und Graveur. Er schuf Wandmalerei, Mosaik, Illustration, Landschaften, Genreszenen und religiöse Themen[13]
  • József Biró (Maler) (* 16. März 1887 in Pókakeresztúr (Siebenbürgen); † 13. Januar 1975 in Castagnola TI), Maler[14][15]
  • Aligi Sassu (* 17. Juli 1912 in Mailand; † 17. Juli 2000 in Pollença), Maler, Bildhauer[16][17]
  • Julio Taddei Dominguez (* 25. Oktober 1938 in Brè-Albonago; † 11. August 2010 ebenda), Maler schuf Wandmalerei, Fresko. Lebt seit 1941 in Uruguay. Zwischen 1970 und 1981 im Kanton Tessin tätig.[18]
  • Corinne Hofmann (* 1960) genannt Masai bianca, deutsche Buchautorin.
  • Marco Prati (* 1955 in Viganello), Bildhauer. Nach seinem Maturitätszeugnis als Grafiker besuchte er die Accademia di Belle Arti di Brera, wo er 1984 sein Studium beendet hat[19]
  • Francesco Gilardi, Politiker, Dichter[20]
  • Antonio Scopazzini, Artist, Maler, Photograph[21] Im Zentrum von Brè hat Antonio Scopazzini ein kleines Freilichtmuseum mit vielen Gegenständen der lokalen Tradition eingerichtet.
  • Patrick Pizzagalli (* 1977), Politiker (Lega dei Ticinesi), Präsident der Ortsbürgergemeinde, Gemeinderat von Lugano[22].

Literatur Bearbeiten

  • Antonio Gili: Brè-Aldesago. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 8. Dezember 2011.
  • Peter Lehner: Zur Geologie des Gebietes der Denti della Vecchia, des Monte Boglia, des Monte Bré und des Monte San Salvatore bei Lugano. In: Eclogae geologicae Helvetiae. Vol. 45. 1952, Nummer 1, Basel 1952.
  • Simona Martinoli u. a.: Brè. In: Guida d’arte della Svizzera italiana. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, S. 320, 321.
  • Celestino Trezzini: Brè In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 2, Biondetti – Brupbacher, Attinger, Neuenburg 1924, S. 345 (Digitalisat), (abgerufen am 2. Juli 2017).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Brè – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Monte Brè auf portal.dnb.de (abgerufen am 22. November 2016).
  2. Monte Brè (Berg) auf portal.dnb.de (abgerufen am 22. November 2016).
  3. Standseilbahn auf portal.dnb.de (abgerufen am 22. November 2016).
  4. Antonio Gili: Brè-Aldesago. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 8. Dezember 2011.
  5. Ortsbürgergemeinde Brè (Memento des Originals vom 22. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lugano.ch (italienisch) auf lugano.ch/citta-amministrazione/patriziati (abgerufen am 22. November 2016).
  6. Antonio Gili: Brè-Aldesago. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 8. Dezember 2011.
  7. Bevölkerung Bre-Aldesago Ende 2023 auf statistica.lugano.ch/site/demografia/
  8. Liste der Ortsbilder von nationaler Bedeutung (Memento des Originals vom 10. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bak.admin.ch, Verzeichnis auf der Website des Bundesamts für Kultur (BAK), abgerufen am 10. Januar 2018.
  9. a b c d Simona Martinoli u. a.: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S. 320–321.
  10. Wilhelm-Schmid-Museum
  11. AiEP Avventure in Elicottero Prodotti
  12. Pasquale Gilardi auf luganobre.ch/de (abgerufen am 22. November 2016).
  13. Luigi Taddei. In: Sikart
  14. József Biró. In: Sikart
  15. Joseph Birò auf luganomontebre.ch/index/de/jozsef-biro/ (abgerufen am 22. November 2016).
  16. Aligi Sassu auf luganomontebre.ch/index/de/Aligi-Sassu (abgerufen am 22. November 2016).
  17. Siehe: Aligi Sassu. [1] auf it.wikipedia.org
  18. Julio Taddei Dominguez. In: Sikart
  19. Marco Prati auf luganomontebre.ch/index/de/marco-prati (abgerufen am 22. November 2016)
  20. Francesco Gilardi auf rsi.ch/rete-due/programmi/cultura/colpo-di-poesia/ (abgerufen am 22. November 2016).
  21. Antonio Scopazzini Artist auf luganomontebre.ch/index/arte-e-cultura/ (abgerufen am 22. November 2016).
  22. Patrick Pizzagalli auf ticinonews.ch (italienisch)