Blutspur

eine kleinere oder größere Menge von Blut

Eine Blutspur ist eine kleinere oder größere Menge von Blut, die auf eine Verletzung, die zu einem Blutverlust führte, hindeutet. Schon seit alter Zeit werden Blutspuren benutzt, um daraus bestimmte Sachverhalte zu folgern, woraus sich die Blutspurenkunde (Hämatichnologie) entwickelte.

Tierblut Bearbeiten

In der Sprache der Jäger wird eine Blutspur als „Schweiß“ bezeichnet und dient zur Verfolgung eines angeschossenen Tieres. Dabei kann die Sichtbarkeit des verlorenen Blutes auf dem Boden oder an Pflanzen als Fährte dienen. Bei Verwendung eines Jagdhundes richtet dieser sich nach dem individuellen Geruch des Tieres und „verweist“ im Idealfall auch sonst unsichtbare Blutspuren („Schweiß“). Von daher stammt auch der Begriff Schweißhund.

Menschenblut Bearbeiten

Brauchtum Bearbeiten

Seit ältester Zeit wird die Blutspur im Betttuch nach der Hochzeitsnacht als Beweis für den Vollzug der Ehe durch die Entjungferung der Braut gewertet. In manchen Regionen der Welt ist es heutzutage noch üblich, dass der Bräutigam seinen Eltern zum Beweis der Jungfräulichkeit seiner Frau ein blutiges Bettlaken vorweisen, oder selbiges gar aus dem Fenster hängen muss. Geht die Frau nicht mehr jungfräulich in die Ehe, wird der Sachverhalt gerne auch mit Tierblut simuliert. Dieser Brauch ist in Europa etwa noch im südlichen Italien verbreitet.

Kriminalistik Bearbeiten

Bereits in der Frühzeit der Kriminalistik wurden Blutspuren benutzt, um auf den Ablauf von Gewaltverbrechen zu schließen.[1] Dazu gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen.

Schlüsse aus der geometrischen Form von Blutflecken oder Blutspritzern Bearbeiten

Siehe auch Hauptartikel: Blutspurenmusteranalyse

Die Beurteilung der geometrischen Form der Blutspuren, ob es sich um runde Tropfen handelt, mit oder ohne Spritzer herum, um langgestreckte Tropfen oder um Blutverschmierungen, erlaubt Rückschlüsse darauf, was geschehen und gegebenenfalls welche Waffe wie bei einem Verbrechen benutzt worden ist. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet war der Berliner Gerichtschemiker Paul Jeserich.

Schlüsse aus der Zusammensetzung Bearbeiten

Bei Vorliegen entsprechender Spuren muss zunächst entschieden werden, ob es sich überhaupt um Blut (und nicht etwa um Rostflecke) handelt und ob dieses von Menschen oder Tieren stammt. Eine erste Methode zum Nachweis von Blut (bzw. Hämin) in Spuren machte 1853 der Krakauer Anatom Ludwik Teichmann bekannt.[2]

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde immer deutlicher klar, dass Blut nicht gleich Blut ist und dass es Möglichkeiten gibt, Unterschiede zweifelsfrei festzustellen. 1901 wurde von Paul Uhlenhuth der mittels Blutserum von Kaninchen[3] durchgeführte Uhlenhuth-Test geschaffen, der erlaubte, Tier- und Menschenblut eindeutig zu unterscheiden. Damit konnte die Schutzbehauptung des Gewaltverbrechers Ludwig Tessnow, dass es sich bei einer Blutspur um Tierblut handle, eindeutig widerlegt werden. Auch im Mordfall Wassing-Falkenberg (1956) konnte erst durch die Unterscheidung von Hunde- und Menschenblut eine falsche Beschuldigung aufgeklärt werden.[4]

Mit der im Jahr 1900 stattgefundenen Entdeckung der Blutgruppen durch den Wiener Karl Landsteiner wurde es möglich, Menschenblut zu unterscheiden und bei unterschiedlichen (von dem Polen Ludwik Hirszfeld benannten) Blutgruppen eine bestimmte Herkunft einer Blutspur auszuschließen.[5]

Die Methoden wurden immer weiter verfeinert, so dass immer geringere Spuren für eine Analyse ausreichten. 1916 fand Leone Lattes, ein Assistent am Gerichtsmedizinischen Institut in Pavia, eine Methode (den Lattes-Test) zur Bestimmung der Blutgruppe von bereits eingetrockneten Blutspuren.[6]

Bessere Möglichkeiten bot die durch den Innsbrucker Gerichtsmediziner Franz Josef Holzer 1930 entwickelte und im 1931 (im Mordfall Mair in Imst) erstmals forensisch angewandte Absorptionsmethode zur Gruppenbestimmung von Blutspuren, womit die Blutgruppeneigenschaften in den roten Blutkörperchen und damit auch bei kleinen Blutmengen kenntlich gemacht werden konnte.[7]

Später (1939) wurde entdeckt, dass neben Blut auch aus dem Speichel (etwa an Zigarettenstummeln) und anderen Körpersekreten die Blutgruppe bestimmt werden kann. So konnte Alexander S. Wiener, der Leiter des serologischen Laboratoriums des Chief Medical Examiners von New York, Milton Helpern, durch die Blutgruppenbestimmung von Sekretflecken den sich 1943 in New York ereigneten Mord an der Griechin Alice Persico aufklären helfen.[8] Bei Experimenten zur Hauttransplantation entdeckte Robin Coombs 1955 das Prinzip der Misch-Agglutination, welches sich bis 1965 zu einem weiteren empfindlichen Test in der kriminalistischen Blutgruppenbestimmung, etwa an winzigen Fasern, entwickelt hatte.[9] Heute kann auch aus einer Blutspur eine DNA-Analyse durchgeführt werden, die den dazugehörigen Menschen eindeutig identifiziert.

Sichtbarmachung von schwachen Blutspuren Bearbeiten

Das älteste, jedoch unsichere Verfahren, ist das Aufbringen von Wasserstoffperoxid auf eine Verdachtsfläche. Dort wo die Flüssigkeit zu schäumen beginnt, befindet sich entweder eine Blutspur, oder eine andere reduzierende Substanz.

Im Kastle-Meyer-Test oxidiert Wasserstoffperoxid reduziertes Phenolphthalein (farblos) rasch zu Phenolphthalein (rot) in Anwesenheit von Blutspuren. Zuverlässiger ist das neue Verfahren, bei dem Luminol auf eine Verdachtsfläche gesprüht wird: Wenn die Spur zu leuchten beginnt, bestätigt sich der Blutverdacht.

Weblinks Bearbeiten

Wiktionary: Blutspur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Jürgen Thorwald: Die Stunde der Detektive. Werden und Welten der Kriminalistik. Droemer Knaur, Zürich und München 1966, S. 31–35.
  2. Jürgen Thorwald: Die Stunde der Detektive. Werden und Welten der Kriminalistik. 1966, S. 31–35.
  3. Jürgen Thorwald (1966), S. 31–62.
  4. Jürgen Thorwald (1966), S. 160 f.
  5. Jürgen Thorwald (1966), S. 62–70.
  6. Jürgen Thorwald (1966), S. 64–81.
  7. Jürgen Thorwald (1966), S. 80 f. und 128 f.
  8. Jürgen Thorwald (1966), S. 128 f. und 160 f.
  9. Jürgen Thorwald (1966), S. 269–274.