Björn Gercke

deutscher Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Björn Gercke (* 5. September 1973 in Göttingen) ist ein deutscher Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Köln. Er ist zugleich Honorarprofessor an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln.

Leben Bearbeiten

Gercke studierte in Göttingen, Paris und Köln. 2001 promovierte er mit einer strafprozessualen Schrift zur Überwachung des Mobilfunkverkehrs bei Klaus Bernsmann. Anfang 2004 erhielt er die Zulassung als Rechtsanwalt. 2006 folgte die Gründung einer eigenen, ausschließlich auf das Strafrecht spezialisierten Kanzlei, die seit 2007 als Gercke Wollschläger firmiert. Nach Lehrtätigkeiten an den Universitäten Köln und Trier wurde ihm am 18. Dezember 2013 die Honorarprofessur der Universität zu Köln verliehen.

Gercke ist Mitglied der Redaktion der Fachzeitschrift Strafverteidiger[1] sowie ständiger Mitarbeiter der ältesten deutschen strafrechtlichen Fachzeitschrift Goltdammer’s Archiv. Er ist Mitglied des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer.[2] Zuvor war er Mitglied des Ausschusses Gefahrenabwehr des Deutschen Anwaltvereins.

Anwaltliche Tätigkeit Bearbeiten

Gercke verteidigte unter anderem einen Bankenvorstand im SachsenLB-Verfahren,[3] den Projektleiter im Loveparade-Verfahren,[4] Alltours-Gründer Willi Verhuven,[5] den Unternehmer Alexander Falk,[6] den Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner im Zusammenhang mit dem Abgasskandal[7] sowie diverse Beschuldigte in sog. Cum-Ex-Verfahren, darunter Sanjay Shah, dem Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe zur Last gelegt wird.[8] In der DFB-Affäre um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 vertrat er Günter Netzer als Zeugenbeistand.[9] Im Skandal um das Kongresszentrum „WCCB“ beriet und vertrat er die Bundesstadt Bonn.[10] Im Rahmen der Missbrauchsvorwürfe einzelner Frauen vertrat er Rammstein-Sänger Till Lindemann strafrechtlich.[11] Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Finanzdienstleister wirecard vertritt Gercke die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY.[12]

Gutachten für das Erzbistum Köln Bearbeiten

Im Oktober 2020 beauftragte ihn das Erzbistum Köln mit einem Gutachten zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln.[13] Ein zuvor bei einer Münchener Kanzlei in Auftrag gegebenes Gutachten wurde aufgrund vermeintlicher äußerungsrechtlicher Mängel vom Erzbistum nicht veröffentlicht.[14] Gercke präsentierte gemeinsam mit seiner Kollegin Kerstin Stirner am 18. März 2021 ein rund 900 Seiten umfassendes Gutachten[15] und kam im Ergebnis zu erheblichen Pflichtverletzungen hochrangiger Verantwortlicher des Erzbistums.[16]

Veröffentlichungen Bearbeiten

  • Bewegungsprofile anhand von Mobilfunkdaten im Strafverfahren – Zugleich ein Beitrag zur Kumulation heimlicher Observationsmittel im Strafverfahren, Berlin 2002 (Duncker & Humblot)
  • Strafprozessrecht – Grundlagen des Strafrechts, Bwv – Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2013 (mit Diana Hembach und Sebastian Wollschläger)
  • Ein „letztes Refugium“ – Der Kernbereich privater Lebensgestaltung als absolute Grenze der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren, in: Goltdammer’s Archiv für Strafrecht 2015, 339
  • Strafverteidigung und Medien, in: Zöller/Esser (Hrsg.): Justizielle Medienarbeit im Strafverfahren, Nomos, Baden-Baden 2019, S. 111–127
  • Arbeitsstrafrecht – Strafrechtliche Risiken und Risikomanagement, 3. Aufl., Heidelberg 2021 (mit Oliver Kraft und Marcus Richter)
  • Handbuch Medizinstrafrecht, Wolters Kluwer, Köln 2020 (mit Dr. Ulrich Leimenstoll und Dr. Kerstin Stirner)
  • Heidelberger Kommentar zur StPO, 7. Aufl., C.F. Müller, Heidelberg 2023 (mit Dieter Temming und Mark A. Zöller)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Redaktion | StV Strafverteidiger. Abgerufen am 6. August 2021.
  2. Bundesrechtsanwaltskammer ~ Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Strauda). Abgerufen am 28. Februar 2024.
  3. SachsenLB: Staatsanwaltschaft klagt Ex-Vorstände an, Verteidiger kritisieren Freshfields-Gutachten. In: JUVE. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  4. Lukas Eberle: Love-Parade-Prozess: Hinterbliebene hoffen auf Sühne. In: Der Spiegel. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  5. Reise-Unternehmer wegen Körperverletzung vor Gericht: Ohne seinen Alltours sagt er nichts. In: Bild.de. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  6. Julia Jüttner: Alexander Falk: Prozessauftakt in Frankfurt. In: Spiegel Online. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  7. Porsche-Durchsuchungen: Manager muss in U-Haft, Strafrechtler mandatiert. In: JUVE. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  8. Anklage wegen Geldwäsche: Der Fall Sanjay Shah: Wie deutsche Cum-Ex-Ermittler ihre dänischen Kollegen überholen. In: Handelsblatt. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  9. DFB-Affäre: Immer mehr Berater bekannt, Kritik an Freshfields-Mandatierung. In: JUVE. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  10. Anwalt verhaftet: Bestechungsvorwürfe rund um Bau des WCC Bonn. In: JUVE. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  11. „Herr Lindemann ist froh und glücklich - alles Weitere sind Fragen der Moral“. In: Focus Online. Abgerufen am 24. Februar 2024.
  12. BGH-Entscheidung: EY-Wirtschaftsprüfer müssen im Fall Wirecard aussagen. In: Handelsblatt. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  13. Gemeinsame Erklärung von Betroffenenbeirat und Erzbistum Köln. In: domradio.de. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  14. LTO: Erzbistum Köln veröffentlicht Missbrauchsstudie nicht. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  15. Erzbistum Köln: Gutachten: Pflichtverletzungen von Diözesanverantwortlichen im Erzbistum Köln im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs zwischen 1975 und 2018. Abgerufen am 27. Februar 2024.
  16. LTO: Missbrauchsvorwürfe: 202 Beschuldigte im Erzbistum Köln. Abgerufen am 4. Juli 2021.