August von Kotzebue

deutscher Dramatiker
(Weitergeleitet von August Kotzebue)

August Friedrich Ferdinand von Kotzebue [ˈkɔtsəbu] (* 3. Mai 1761 in Weimar;[1]23. März 1819 in Mannheim) war ein deutschsprachiger Dramatiker, Librettist, Schriftsteller und Publizist. Er übersiedelte im Alter von 20 Jahren nach St. Petersburg (Russland) und lebte seit 1785 in Reval (heute: Tallinn, Estland). In seinem letzten politischen Amt war er von 1813 bis 1816 als russischer Generalkonsul in Königsberg (Preußen, heute: Kaliningrad, Russland) tätig. Bereits im Ruhestand in Mannheim lebend, fiel er dem Attentat des Burschenschafters Karl Ludwig Sand zum Opfer. Seine Ermordung beeinflusste die Karlsbader Beschlüsse. Kotzebues Cousine Caroline Ludecus war ebenfalls Schriftstellerin (Pseudonym Amalie Berg).

August von Kotzebue
August von Kotzebue (1818)

Leben Bearbeiten

Früher Werdegang Bearbeiten

August Kotzebue kam als Sohn des braunschweigischen Kanzleisekretärs, später sachsen-weimarischen Legationsrats und geheimen Referendärs Levin Karl Christian Kotzebue (1727–1761) und dessen Ehefrau Anna Christine von Kotzebue, geborene Krüger (1736–1828), am 3. Mai 1761 im Gelben Schloss in Weimar (Sachsen-Weimar-Eisenach) zur Welt, das der angesehenen Kaufmanns- und Ratsfamilie Kotzebue als Wohnsitz diente. Sein Vater, der als herzoglich-weimarischer Legationsrat und geheimer Referendar in Diensten der Herzogin Anna Amalia stand, starb[2] wenige Monate nach seiner Geburt. August Kotzebue verlebte im Gelben Schloss einen Teil seiner Jugend und wohnte später in einem Wohnhaus in der Schlossgasse 6. Er besuchte das Wilhelm-Ernst-Gymnasium in Weimar, an dem er unter anderem von Johann Karl August Musäus unterrichtet wurde. Musäus war durch die Heirat mit Juliane Krüger der Onkel von August Kotzebue. 1776 stand der junge Kotzebue als Schauspieler gemeinsam mit Goethe in dessen in Weimar uraufgeführtem Stück Geschwister in der Rolle des Briefträgers auf der Bühne.[3] Im Jahre 1777 legte er die Reifeprüfung ab und begann im Alter von 16 Jahren das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Jena, das er in Duisburg fortsetzte und 1780 abschloss. Anschließend ließ er sich für kurze Zeit als Rechtsanwalt in Weimar nieder.

Durch Beziehungen von Johann Eustach von Görtz, dem ehemaligen Prinzenerzieher und Obersthofmeister am Weimarer Hof sowie preußischen Botschafter am russischen Hof, wurde er Sekretär des Generalgouverneurs in Sankt Petersburg. Er wurde 1783 zum Assessor am Obersten Gerichtshof in Reval berufen und war von 1785 bis 1795 als Präsident des Magistrats des Gouvernements Estland tätig. In den russischen Adelsstand (von Kotzebue) erhoben, heiratete er im Februar 1785 Friederike Julie Dorothea von Essen (1763–1790), die als Tochter des Generalleutnants und des Oberkommandanten von Reval, Reinhold Wilhelm von Essen, dem alten estländischen Adel entstammte.[4]

Erste Werke Bearbeiten

In Reval erwarb er sich Anerkennung durch seine Romane Die Leiden der Ortenbergischen Familie (1785 Teil 1http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DSos9AAAAYAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3DTeil%201~PUR%3D,Teil 2http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DRDI7AAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3DTeil%202~PUR%3D) und Die Geschichte meines Vaters (1788) sowie durch die Dramen Adelheid von Wulfingen (1789, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D62wUAAAAQAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D), Menschenhass und Reue (1790, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DjDZz5dJp9tMC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D) und Die Indianer in England (1790 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DA4RkAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D). Der positive Ruf, der aus diesen Arbeiten erwuchs, wurde jedoch nahezu zerstört durch die drastische zynische Satire Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DgbQsAAAAYAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D), die 1790 (mit dem Namen Knigges auf der Titelseite) erschien. Nach dem Tod seiner ersten Frau zog Kotzebue sich vom Dienst in Russland zurück und lebte eine Zeit in Paris und Mainz. 1795 zog er auf ein Anwesen, das er nahe Reval erworben hatte, und widmete sich der literarischen Arbeit. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war August von Kotzebue publizistisch auch als Theaterkritiker für die Wiener Zeitung tätig.[5][6]

Innerhalb weniger Jahre veröffentlichte er sechs Bände verschiedener Skizzen und Erzählungen (Die jüngsten Kinder meiner Laune, 1793–1796[7]) und mehr als zwanzig Dramen, von denen viele in mehrere europäische Sprachen übersetzt wurden.

Theater- und Direktorenzeiten Bearbeiten

Im Jahr 1798 nahm er den Ruf als Direktor am Hoftheater in Wien an, legte das Amt aber infolge von Meinungsverschiedenheiten mit den Schauspielern bald nieder. Er kehrte in seine Geburtsstadt zurück, aber da zwischen ihm und Johann Wolfgang von Goethe kein gutes Verhältnis bestand und er zudem die romantische Schule angegriffen hatte, wurde seine Position in Weimar unhaltbar.

Im April 1800 beschloss er, für mehrere Monate nach Russland zu reisen, aber auf dem Weg dorthin wurde er wegen des Verdachts, er sei Jakobiner, an der Grenze verhaftet und nach Tobolsk und Kurgan in Sibirien verbannt. Zu seinem Glück hatte er ein Drama (Der alte Leibkutscher Peters III.) geschrieben, das der Eitelkeit des Zaren Paul I. schmeichelte;[8] er wurde infolgedessen bald begnadigt, zurückgeholt und mit einem Gut in Livland entschädigt. Seine Erlebnisse während dieser Zeit hat er in dem autobiographischen Werk Das merkwürdigste Jahr meines Lebens niedergeschrieben. In Sankt Petersburg wurde er Direktor des deutschen Theaters.

Nach der Ermordung des Zaren kehrte er 1801 nach Deutschland zurück. Er vermochte aber nicht in der literarischen Gesellschaft Weimars Fuß zu fassen und ging nach Berlin, wo er in Verbindung mit Garlieb Helwig Merkel (1769–1850) Der Freimütige (1803–1807) herausgab und seinen Almanach dramatischer Spiele (1803–1820) begann. Am Berliner Hof und in der Künstlerszene schätzte man ihn sehr; der König ernannte ihn zum Mitglied der dortigen Akademie der Wissenschaften.

 
Informationstafel an Kotzebues Wohnhaus in Mannheim (Haus steht nicht mehr)

Ruhige Jahre, dann russischer Generalkonsul Bearbeiten

Bereits vor Napoleons Sieg in der Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 ging er zurück nach Russland, wo er im Schutz seines Gutes in Estland zahlreiche satirische Artikel gegen Napoleon in seinen Journalen Die Biene und Die Grille verfasste. Auch einige Romane und Dramen entstammen den folgenden Jahren, außerdem einige sozialkritische historiographische Arbeiten, auf die er sehr stolz war: eine auf archivalischen Studien basierende, wissenschaftliche Geschichte des Deutschen Ordens (Preußische Geschichte, 1808) und eine mehr populär angelegte Reichsgeschichte (1814/1815). Beide blieben unvollendet.

1816 kam er zur außenpolitischen Abteilung in St. Petersburg und ging 1817 mit einem Gehalt von 15.000 Rubeln als Generalkonsul im russischen Auftrag nach Deutschland. Seit 1815 war er auswärtiges korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.[9]

Angriffe auf den deutschen Liberalismus und Nationalismus Bearbeiten

In seinem Literarischen Wochenblatt, das er in Weimar – dank der dort existierenden Pressefreiheit – veröffentlichen konnte, griff er die deutschen Universitäten und vornehmlich die Burschenschaften und Turnerbünde als Brutstätten der Revolution sowie den politischen Liberalismus an (dessen Ziele Volksvertretung und Pressefreiheit waren), verspottete den von den Studenten verehrten Turnvater Jahn und verhöhnte die Ideale der deutschen Nationalbewegung. Auf dem Wartburgfest 1817 wurde im Zuge der dort zelebrierten Bücherverbrennung seine Geschichte des Deutschen Reiches ins Feuer geworfen, worauf er nach Mannheim umzog.

Arbeit als Verleger Bearbeiten

Kotzebue tat sich auch immer wieder als streitbarer Verleger von Zeitungen und Zeitschriften hervor. So erschien unter seiner Ägide Der Freymüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (1803–1806). Hier wandte er sich zusammen mit Garlieb Merkel vor allem gegen die Romantiker und Goethe. 1808/1809 meldete er sich aus seinem Exil in Reval mit der Quartalsschrift Die Biene und 1811/1812 mit dem vierteljährlich erscheinenden Periodikum Die Grille. Der Ton dieser Zeitschriften war durch und durch antinapoleonisch. Sein letztes publizistisches Werk vor seinem Tod war das Literarische Wochenblatt (1819). Danach wurde dies von Friedrich Arnold Brockhaus bis 1826 als Literarisches Conversationsblatt und von 1826 bis 1851 (bzw. bis 1898) unter dem Titel Blätter für literarische Unterhaltung fortgeführt.[10]

Ermordung Bearbeiten

 
Kotzebues Tod (Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich)

Der Jenaer Burschenschafter und Theologiestudent Karl Ludwig Sand folgte August von Kotzebue nach Mannheim und erstach ihn am 23. März 1819 vor den Augen des vierjährigen Sohnes mit den Worten: „Hier, du Verräter des Vaterlandes!“ Ermordet wurde Kotzebue in seinem Wohnhaus in A 2, 5, an dem heute eine Gedenktafel angebracht ist.[11] Kotzebues zum Zeitpunkt des Mordes etwa 20-jähriger Sohn August Julius wurde nach der Ermordung seines Vaters zum Austritt aus der Urburschenschaft gezwungen, in der Sand Mitglied war.[12] Unter anderem mit diesem Mord wurden die im September 1819 vom Bundestag in Frankfurt in Gesetzesrang erhobenen Karlsbader Beschlüsse begründet. Im Mai 1820 wurde Sand wegen des Mordes hingerichtet.[13]

Grabstätte Bearbeiten

 
Kotzebues Totenmaske, abgenommen von Maximilian Joseph Pozzi, Leihgabe des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg an die Universitätsbibliothek Mannheim
 
Kotzebues Grabstein auf dem Mannheimer Hauptfriedhof
 
Grabstein (Rückseite) mit Grabspruch

Das Grab von Kotzebue befindet sich auf dem Hauptfriedhof in Mannheim, wenige Meter von dem seines Mörders Karl Ludwig Sand entfernt. Das Grabmal aus Mainsandstein ist eine Schöpfung des Mannheimer Hofbildhauers Maximilian Joseph Pozzi (1770–1842).[14] Es handelt sich um einen auf die Kante gestellten Würfel mit Grabinschrift und Grabspruch, der von zwei Theatermasken gestützt wird. Pozzi nahm in Mannheim auch die Totenmaske Kotzebues ab und fertigte daraus eine Büste. Die beiden Theatermasken des Grabsteins scheinen ebenfalls Kotzebues Gesichtszüge zu tragen. Der Grabspruch, den Kotzebue selbst verfasst hatte, lautet:

„DIE WELT VERFOLGT’ IHN OHN’ ERBARMEN – VERLÄUMDUNG WAR SEIN TRÜBES LOS – GLÜCK FAND ER NUR IN SEINES WEIBES ARMEN – UND RUHE IN DER ERDE SCHOSS – DER NEID WAR IMMER WACH IHM DORNEN HINZUSTREUEN – DIE LIEBE LIES IHM ROSEN BLÜHEN – IHM WOLLE GOTT UND WELT VERZEIHEN – ER HAT DER WELT VERZIEH’N.“[15]

Ehe und Nachkommen Bearbeiten

August von Kotzebue war dreimal verheiratet.

1. ⚭ 23. Februar 1785, Friederike Julie Dorothea von Essen (* 1763; † 1790) (Eltern: Reinhold Wilhelm von Essen (* 1722; † 1788) und Eleonore von Sass (1734–1765)), ihre Kinder:

  • Wilhelm Friedrich Fritz (1785–1813)
  • Otto (1787–1846), ⚭ 1. Dezember 1818 mit Amélie Zweig (1798–1873)
  • Moritz (1789–1861), ⚭ mit Hélène von der Howen (1804–1877)
  • Karoline Friederike Hélène (1790– )
  • Christel (?–?), ⚭ mit Hermann Bluhm, Arzt der Stadt Reval

2. ⚭ 16. Juli 1794 mit Christine Gertrud von Krusenstern (1769–1803) (Eltern: Karl Adolf von Krusenstern (1727–1792) und Anna Magdalena von Bruemmer ( 1745–1781)), ihre Kinder:

  • Amalie Sophie Frederike (Emmy) (1795–1866)
  • Elisabette Emilie (Betty) (1797–1883)
  • August Julius (1799–1876) verheiratet im Jahre 1840 mit Charlotte (Emma) von Tempel (1808–1889)
  • Paul Demetrius (1801–1884), ⚭ 17. September 1837 mit Wilhelmine Elisabeth (Elise Ou Lilly) Manteuffel (1818–1902)
  • Luise (Louisa) (1803–1804)

3. ⚭ 7. August 1804, Wilhelmina Friederike von Krusenstern (1778–1852) (Eltern: Otto Wilhelm von Krusenstern (1740–1820) und Friederike Marie von Ulrich (1754–1841)), ihre Kinder:

  • Karl Ferdinand Constantin Woldemar (Charles) (1805–1896), ⚭ 27. Dezember 1833 mit Molly-Elisabeth von Koskull (1809–1881), Vater von Ernst von Kotzebue, russischer Gesandter in den USA 1895–97
  • Adam Friederich Ludwig (1806–1807)
  • Friedrich Wilhelm (1808–1880)
  • Georg (1810–1875), ⚭ 21. Mai 1843 mit Evelyne von Staal (1824–1871)
  • Wilhelmine Friederike (1812–1851), ⚭ 21. Februar 1832 mit Paul Theodor von Krusenstern (1809–1881)
  • Wilhelm Basilius Vasile (1813–1887), ⚭ 1839 mit Aspasie Cantacuzène (1822–1890)
  • Alexander Ferdinand Wilhelm Franz (1815–1889), ⚭ 1845 mit Charlotte Emilie Jeanne von Krusenstern (1824–1903)
  • Edouard (1819–1852), ⚭ 23. November 1844 mit Margarete Haenschel († 1885)

August von Kotzebues Nachfahren wurden 1874 in den Grafenstand erhoben und am 17. Januar 1906 in den Adelsmatrikel in Bayern einverleibt (für den Kunstmaler Wilhelm von Kotzebue).

Christine Gertrud von Krusenstern und Wilhelmine Friederike von Krusenstern waren beide Kusinen von Adam Johann von Krusenstern, dem Vater von Wilhelmine Friederikes Ehemann Paul Theodor von Krusenstern. Beide waren vor ihrer Ehe mit Kotzebue bereits verheiratet gewesen und geschieden. Der erste Mann von Kotzebues zweiter Frau war ein Cousin von Kotzebues erster Frau gewesen. Zu den Nachfahren gehört auch Auguste Deetjen, die den Regierungspräsidenten Eduard zur Nedden[16] heiratete (Aus der Ehe ging der Theaterwissenschaftler und Schriftsteller Otto C. A. zur Nedden hervor).

Werkgeschichte Bearbeiten

Kotzebue hat als ein Begründer der dramatischen Trivialliteratur gegolten, womit ihm zugleich ein Anteil an der Schaffung einer bürgerlichen Öffentlichkeit im Deutschland des 19. Jahrhunderts als Verdienst verblieb. Heute bemüht man sich, diese einseitige Negativkanonisierung (Simone Winko 1999) zu überwinden und Kotzebues persönlichem Anteil an den politischen Anliegen der Spätaufklärung gerecht zu werden. Hier sind vor allem die jährlichen „Kotzebue-Gespräche“ zu erwähnen, die abwechselnd in Tallinn (Reval) und in Berlin stattfinden und die seit 2012 von der Akademie der Wissenschaften in Berlin/Brandenburg, von der estländischen Botschaft in Berlin und von der Musik- und Theaterakademie in Tallinn veranstaltet werden. Zwei Tagungsbände sind schon erschienen (Gerlach, Liivrand, Pappel (Hrsg.) 2016, und Košenina, Liivrand, Pappel (Hrsg.) 2017).

Zu Lebzeiten wurden zwei Sammlungen von Kotzebues Dramen veröffentlicht: Schauspiele (5 Bde., 1797); Neue Schauspiele (23 Bde., 1798–1820). Sämtliche dramatische Werke erschienen 1827–29 in 44 Bänden und unter dem Titel Theater 1840–1841 in vierzig Bänden. Eine Auswahl seiner Stücke in zehn Bänden erschien in Leipzig 1867–68. Im Jahre 1972 hat Benno von Wiese eine Auswahl von Kotzebues Theaterstücken eingeleitet, herausgegeben und kommentiert wurde sie von Jürg Mathes. Im Jahre 1999 wurde als Reprint im Modul-Verlag Wiesbaden Kotzebues sozialgeschichtliche Studie Vom Adel von 1792 wieder aufgelegt. Beim Wehrhahn Verlag erscheinen seit 2012 Leseausgaben einzelner Dramen.[17]

Seine autobiografischen Schriften sind:

Die Zahl seiner Lustspiele und Dramen beläuft sich auf mehr als 220; 87 davon inszenierte Goethe mit insgesamt 600 Vorstellungen. Kotzebues Popularität war beispiellos, nicht bloß in Deutschland, sondern auch auf den Bühnen des europäischen Kulturraums. Neben August Wilhelm Iffland war Kotzebue der produktivste und erfolgreichste Bühnenautor seiner Zeit.[18] Sein Erfolg basierte auf seinem Gespür für populäres Theater in Stoff und Gestaltung. Beispiele dafür sind seine Komödien Der Wildfang, Die beiden Klingsberg und Die deutschen Kleinstädter, die eindrückliche Genreschilderungen deutschen Lebens enthalten. Berühmte Komponisten der Zeit vertonten seine Texte: Ludwig van Beethoven komponierte die Musik zu Kotzebues Die Ruinen von Athen (op. 113) sowie zu König Stephan (op. 117) anlässlich der Eröffnung des neuen Opernhauses in Pest im Jahre 1812; Antonio Salieri schrieb die Schauspielmusik zur Wiener Aufführung der Hussiten vor Naumburg (1802/03); und auch der junge Franz Schubert vertonte einige Libretti des Dichters, darunter das Singspiel Der Spiegelritter D 11 (1813) und die „natürliche Zauberoper“ Des Teufels Lustschloss D 84 (1813/14). Albert Lortzing schrieb 1843 sein Libretto zur Oper Der Wildschütz nach Kotzebues Lustspiel Der Rehbock oder Die schuldlos Schuldbewußten.

Werke Bearbeiten

Eigene Werke Bearbeiten

Dramen (Auswahl)
Werkausgabe
Historiographische Arbeiten
  • Preußens ältere Geschichte. 1–4. Riga: Hartmann 1808.
  • Geschichte des Deutschen Reiches von dessen Ursprunge bis zu dessen Untergange. 1–2. Leipzig: Kummer 1814, 1815.
Beiträge
  • Fragmente über Recensenten-Unfug : eine Beylage zu der Jenaer Literaturzeitung. Leipzig 1797 (Digitalisat)

Briefe

Nachdichtungen Bearbeiten

  • Don Ranudo de Colibrados. Lustspiel in 4 Akten. Leipzig 1803 (frei nach Ludvig Holberg).
  • Fanchon, das Leyermädchen. Vaudeville in 3 Akten. Leipzig 1805 (frei nach Jean-Nicolas Bouilly).
  • Die französischen Kleinstädter. Lustspiel in 4 Akten. Leipzig 1808 (frei nach Louis-Benoît Picard)
  • Der Mann von vierzig Jahren. Lustspiel in einem Aufzug. Leipzig 1795 (frei nach Barthélemy Fagans Le rendez-vous).
  • Die neue Frauenschule. Lustspiel in drey Akten. Leipzig 1811 (frei nach August Creuzé de Lessers Le secret de ménage)
  • Der Schauspieler wider Willen. Lustspiel in einem Akt. Leipzig 1803 (frei nach dem Französischen).
  • Der Taubstumme, oder: der Abbé de l’ Épée. Historisches Drama in 5 Akten. Leipzig 1800 (frei nach Jean-Nicolas Bouilly).
  • Der Westindier. Lustspiel in 5 Acten. Leipzig 1815 (frei nach Richard Cumberland)

Übersetzungen Bearbeiten

Rezeption Bearbeiten

Auf die Figur des armen Poeten Lorenz Kindlein aus dem Kotzebue-Schauspiel Der arme Poet wird 1845 in den Fliegenden Blättern Bezug genommen in den satirischen und obrigkeitskritischen Beiträgen Eisenbahnvermessung[20] und Väterliches Regiment.[21]

Literatur Bearbeiten

  • Leif Ludwig Albertsen: August von Kotzebues dramaturgisches Wirken an der Ostsee. In: Michael Schwidtal, Armands Gūtmanis (Hrsg.): Das Baltikum im Spiegel der deutschen Literatur. Carl Gustav Jochmann und Garlieb Merkel. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 2001, ISBN 3-8253-1216-X, S. 109–117.
  • Johannes Birgfeld, Julia Bohnengel, Alexander Košenina (Hg.): Kotzebues Dramen. Ein Lexikon. Wehrhahn Verlag, Hannover 2011, ISBN 978-3-86525-227-2.
  • Julia Bohnengel, Thomas Wortmann (Hg.): „Die deutsche Freiheit erdolcht“. Neue Studien zu Leben, Werk und Rezeption August von Kotzebues. Wehrhahn Verlag, Hannover 2023, ISBN 978-3-86525-955-4.
  • Peter Brückner: „… bewahre uns Gott in Deutschland vor irgendeiner Revolution!“ Die Ermordung des Staatsrats v. Kotzebue durch den Studenten Sand. Wagenbach, Berlin 1975, ISBN 3-8031-2006-3 (Wagenbachs Taschenbücherei. 6).
  • Otto-Heinrich Elias: August von Kotzebue als politischer Dichter. In: Heinrich Bosse, Otto-Heinrich Elias, Thomas Taterka: Baltische Literaturen der Goethezeit. Königshausen & Neumann, Würzburg 2011, ISBN 978-3-8260-3617-0, S. 255–289.
  • Otto-Heinrich Elias: August von Kotzebue als Historiker. In: Klaus Gerlach, Harry Liivrand, Christel Pappel (Hg.): August von Kotzebue im estnisch-deutschen Dialog (= Berliner Klassik, Bd. 23). Wehrhahn Verlag, Hannover 2016, ISBN 978-3-86525-593-8, S. 117–142.
  • Otto-Heinrich Elias: August von Kotzebue als Romancier. In: Alexander Košenina, Harry Liivrand, Kristel Pappel (Hg.): August von Kotzebue. Ein streitbarer und umstrittener Autor (= Berliner Klassik, Bd. 25). Wehrhahn Verlag, Hannover 2017, S. 67–85, ISBN 978-3-86525-492-4.
  • Armin Gebhardt: August von Kotzebue. Theatergenie zur Goethezeit. Tectum-Verlag, Marburg 2003, ISBN 3-8288-8482-2.
  • Gerhard Giesemann: Zur Entwicklung des slovenischen Nationaltheaters. Versuch einer Darstellung typologischer Erscheinungen am Beispiel der Rezeption Kotzebues. Trofenik, München 1975, ISBN 3-87828-083-1 (Geschichte, Kultur und Geisteswelt der Slowenen. 13).
  • Carola L. Gottzmann / Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. 3 Bände; Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2007. ISBN 978-3-11-019338-1. Band 2, S. 716–749.
  • Timo Jouko Herrmann: Antonio Salieri und seine deutschsprachigen Werke für das Musiktheater. Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig 2015, ISBN 978-3-87350-053-2.
  • Hiltrud HäntzschelKotzebue, August von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 624 f. (Digitalisat).
  • Peter Kaeding: August von Kotzebue. Auch ein deutsches Dichterleben. Union Verlag, Berlin (DDR) 1985, ISBN 3-372-00064-1; Dt. Verl.-Anst., Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06252-8.
  • Alexander Košenina, Harry Liivrand, Kristel Pappel (Hg.): August von Kotzebue. Ein streitbarer und umstrittener Autor (= Berliner Klassik, Bd. 25). Wehrhahn Verlag, Hannover 2017, ISBN 978-3-86525-492-4.
  • Rostislav von Kotzebue, Paul von Kotzebue: History and Genealogy of the Kotzebue Family. Hervas, Paris 1984, ISBN 2-903118-11-6.
  • Doris Maurer: August von Kotzebue. Ursachen seines Erfolges, konstante Elemente der unterhaltenden Dramatik. Bouvier, Bonn 1979, ISBN 3-416-01501-0 (Bonner Arbeiten zur deutschen Literatur. 34).
  • Jörg F. Meyer: Verehrt. Verdammt. Vergessen. August von Kotzebue. Werk und Wirkung. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-631-53521-X (Historisch-kritische Arbeiten zur deutschen Literatur. 38).
  • Otto C. A. zur Nedden: August von Kotzebue, ein berühmter Duisburger Student. In: Duisburger Forschungen, Band 1, Duisburg-Ruhrort 1957, S. 103–123.
  • May Redlich: Lexikon deutschbaltischer Literatur. Eine Bibliographie. Herausgegeben von der Georg-Dehio-Gesellschaft. Verlag Wissenschaft und Politik Berend von Nottbeck, Köln 1989, ISBN 3-8046-8717-2, Eintrag S. 182–190.
  • Franziska Schedewie: Simple voyageur, employé russe. August von Kotzebue und die russische Deutschlandpolitik zwischen Weimar und Wien, 1817 bis 1800. In: Olaf Breidbach, Klaus Manger, Georg Schmidt (Hgg.): Ereignis Weimar–Jena. Kultur um 1800 (= Laboratorium Aufklärung Band 20). Fink, Paderborn 2015, ISBN 978-3-7705-5186-6, S. 89–351.
  • Dies.: Die Bühne Europas. Russische Diplomatie und Deutschlandpolitik in Weimar, 1798–1819. Winter Heidelberg 2015, ISBN 978-3-8253-6427-4.
  • Axel Schröter: Musik zu den Schauspielen von August von Kotzebue. Zur Bühnenpraxis während Goethes Leitung des Weimarer Hoftheaters. Studio, Sinzig 2006, ISBN 3-89564-118-9 (Musik und Theater. Band 4).
  • Hagen Schulze: Sand, Kotzebue und das Blut des Verräters (1819). In: Alexander Demandt (Hrsg.): Das Attentat in der Geschichte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-39436-3, S. 256–276.
  • Heinz-Joachim Simon: Kotzebue. Eine deutsche Geschichte. Universitas, München 1998, ISBN 3-8004-1370-1.
  • Gerhard Stenger: Goethe und August von Kotzebue. Hirt, Breslau 1910 (Breslauer Beiträge zur Literaturgeschichte. 22, N.F. 12).
  • Frithjof Stock: Kotzebue im literarischen Leben der Goethezeit. Polemik, Kritik, Publikum. Bertelsmann Univ.-Verl., Düsseldorf 1971, ISBN 3-571-09296-1 (Literatur in der Gesellschaft. 1).
  • Johannes Strohschänk: William Dunlap und August von Kotzebue – deutsches Drama in New York um 1800. Heinz, Stuttgart 1992, ISBN 3-88099-630-X (American German studies. 7).
  • George S. Williamson: What Killed August von Kotzebue? The Temptations of Virtue and the Political Theology of German Nationalism, 1789–1819. In: Journal of Modern History. 72/2000, S. 890–943.
  • Harry M. Siegert: Carl Ludwig Sand und das Attentat auf August von Kotzebue in: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Band 47, Heppenheim Bergstraße 2014; Verlag Laurissa Lorsch, ISSN 0720-1044
  • Meike Wagner: On the other side of the canon: August von Kotzebue as a popular playwright and controversial public persona. In: Relevance and Marginalisation in Scandinavian and European Performing Arts 1770–1860. Questioning Canons. Hg. v. Randi Margrete Selvik/Svein Gladsø/Annabella Skagen. New York 2021, S. 66–86.
  • Till Gerrit Waidelich: Vielleicht hielt er sich zu streng an das französische Original. Ein Plagiat Kotzebues als Libretto für Walter, Reichardt und Schubert. In: Schubert durch die Brille 16/17, 1996, ZDB-ID 1083172-1, S. 95–109.
  • Simone Winko: Negativkanonisierung: August v. Kotzebue in der Literaturbeschreibung des 19. Jahrhunderts. In: Renate von Heydebrand (Hg.): Theoretische, historische und soziale Aspekte ästhetischer Kanonbildung, J. B. Metzler, Stuttgart, Weimar 1998, S. 341–364, ISBN 978-3-476-01595-2.
  • Henning von Wistinghausen: Freimaurer und Aufklärung im Russischen Reich. Die Revaler Logen 1773–1820. Mit einem biographischen Lexikon. In: Bd. 1–3. Band 3. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2016, ISBN 978-3-412-50131-0, S. 161–163.
  • Susanne Zantop: Kolonialphantasien im vorkolonialen Deutschland (1770–1870), (Philologische Studien und Quellen Heft 158), Erich Schmidt, Berlin 1999, ISBN 3-503-04940-1 (u. a. über Kotzebues Südamerika-Theaterstücke).

Weblinks Bearbeiten

Wikisource: August von Kotzebue – Quellen und Volltexte
Commons: August von Kotzebue – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten Bearbeiten

  1. Geburtsangabe in Weimarische wöchentliche Anzeigen vom 9. Mai 1761, S. 75.
  2. am 17. Oktober 1761 (Weimarische wöchentliche Anzeigen vom 17. Oktober 1761, S. 167).
  3. Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 1 Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Begr. von Helmut de Boor … Bd. 7, Teil 1, Das Zeitalter der Französischen Revolution: 1789–1806. 2., neubearb. Aufl., C. H. Beck, München 2000, S. 472.
  4. Anna Ananieva: „Von Adelstolz nicht eine Spur“ (1790): Brief August von Kotzebues an seine Mutter, Christiane Kotzebue geb. Krüger,. In: Kotzebue International. 20. August 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  5. Hermann Schlösser: Der Einzug des Feuilletons in die kaiserlich privilegierte Wiener Zeitung. Eine pressegeschichtliche Fallstudie. In: Klaus Amman, Hubert Lengauer und Karl Wagner (Hg.): Literarisches Leben in Österreich 1848–1890. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2000 (= Literaturgeschichte in Studien und Quellen 1), ISBN 3-205-99028-5, S. 416.
  6. Rebecca Unterberger: Vom Diarium zur Zeitung: Wiener Zeitung auf litkult1920er.aau.at, verfasst März 2017, redaktionell ergänzt Februar 2019
  7. Volltext
  8. Dîlan Canan Çakir, Frank Fischer: Wie ein Einakter Kotzebue aus der sibirischen Verbannung rettete. In: Kotzebue International. 16. April 2022, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  9. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. August Friedrich Ferdinand von Kotzebue. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 27. Januar 2016 (russisch).
  10. Jürgen Wilke: Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. UTB, Köln et al. 2008, ISBN 978-3-8252-3166-8, S. 175.
  11. Wohnhaus von August von Kotzebue. Stadt Mannheim, abgerufen am 19. November 2010.
  12. Peter Kaupp (Bearb.): Stamm-Buch der Jenaischen Burschenschaft. Die Mitglieder der Urburschenschaft 1815–1819 (= Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen. Bd. 14). SH-Verlag, Köln 2005, ISBN 3-89498-156-3, S. 102.
  13. Klaus-Peter Schroeder: Märtyrer der deutschen Freiheitsbewegung? Der Prozess gegen den Burschenschafter Carl Ludwig Sand 1819 auf YouTube, abgerufen am 12. Juli 2019.
  14. Neuer Nekrolog der Deutschen, 20. Jahrgang 1842, Weimar 1844, S. 243 f., zur Urheberschaft des Grabmals.
  15. Die Friedhöfe in Mannheim. Südwestdeutsche Verlagsanstalt, Mannheim 1992, S. 82.
  16. Nedden, Otto C. A. zur. In: Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 884.
  17. Besprechung aller dort erschienenen Dramen (bis auf Die Negerskalven) hier: Schonlau, Anja: Über August von Kotzebue. In: Das achtzehnte Jahrhundert 44/1 (2020), S. 116–121.
  18. Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 1: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Begr. von Helmut de Boor .... Bd. 7, Teil 1: Das Zeitalter der Französischen Revolution : 1789–1806. 2., neubearb. Aufl., Beck, München 2000, S. 467.
  19. Felix Keller: August von Kotzebues Deržavin-Ausgabe von 1793, in Zeitschrift für Slavische Philologie, 1983, S. 259–386 Textanfang; vgl. auch WorldCat
  20. Autor und Illustrator unbekannt: Eisenbahnvermessung, Fliegende Blätter, Band 1 (1845), Heft Nr. 19, S. 149 (Transkription).
  21. Autor und Illustrator unbekannt: Väterliches Regiment, Fliegende Blätter, Band 1 (1845), Heft Nr. 20, S. 158 (Transkription).