Auge (Tauwerk)

Einfache Form in der Knotenkunde, die mit einer Leine durch das Bilden eines kreisförmigen Struktur entsteht

Das Auge bezeichnet in der Knotenkunde eine einfache Form, die sich beim Knoten knüpfen durch das Bilden eines kreisförmigen Struktur auszeichnet. Es entsteht, wenn sich die Beine einer Bucht überkreuzen.[1] Im weiteren Sinn steht es für andere ringförmige Knotenformen, wie Schlaufen und Schlingen.

Auge
Auge
Typ Grundform
Anwendung
Ashley-Nr. 40,49
Englisch Loop
Liste der Knoten

Abgrenzung Bearbeiten

 
A: Bucht
B: Geschlossene Bucht
C: Auge[2]
D: Rundtörn
E: Zwei Rundtörns

Der Begriff Auge ist überladen und steht für viele kreisförmige Strukturen in der Knotenkunde. Windet man ein Seil, Leine oder kurz gesagt generell Tauwerk um einen Gegenstand, so dass sich das Arbeitsende und die stehende Part gegenüber stehen, spricht man in der Knotenkunde von einem Törn. Wenn das Arbeitsende einen Törn um einen Gegenstand macht und von der stehenden Part bekniffen wird, nennt man dies einen Halben Schlag.

Knüpfen Bearbeiten

 
Bei der Benennung der Drehrichtung folgt man auch der Korkenzieherregel. Egal, ob man von unten oder oben auf die Spirale des Korkenziehers schaut, die Drehung ist immer rechtsgängig.
 
L: linksgängige Helix
R: rechtsgängige Helix
Die Gängigkeit der Helix ist absolut, d. h., sie ist unabhängig davon, ob man entlang der Achse von oben oder von unten auf die Helix blickt.

Es gibt nur zwei Richtungen in dem sich ein Auge in einem Seil winden kann. Zur Benennung der Windungsrichtung (Helizität), die das Auge hat, schaut man entlang seiner Achse längs durch die Windungsrichtung; wenn sie sich beim Entfernen vom Betrachter im Uhrzeigersinn windet, ist sie rechtsgängig, andernfalls linksgängig.

Die Gängigkeit eines Auges ist absolut, d. h., sie ist unabhängig davon, ob man entlang der Achse von oben oder von unten auf das Auge blickt[3].

Bei der Benennung der Drehrichtung folgt man auch der Korkenzieherregel. Egal, ob man von unten oder oben auf die Spirale des Korkenziehers schaut, die Drehrichtung ist immer rechts.

Rechts- und linksgängige Augen Bearbeiten

Ein rechts- und ein linksgängiges Auge Bearbeiten

  • Das Auge ist rechtsgängig, wenn es sich im Uhrzeigersinn windet (in der Richtung gesehen, in der es sich vom Betrachter entfernt).
  • Das Auge ist linksgängig, wenn es sich im Gegenuhrzeigersinn windet.

Ein geknüpftes Auge hat Chiralität, d. h. es ist nicht mit seinem Spiegelbild identisch, oder genauer gesagt, man kann es nicht allein durch Drehungen und Parallelverschiebungen auf sein Spiegelbild abbilden.

Es gibt also nur zwei verschiedene Gängigkeiten. Ein Auge kann nur rechtsgängig oder linksgängig sein.

Zwei rechts- und zwei linksgängige Augen Bearbeiten

Für das Benennen der Augen, ob sie rechts- oder linksgängig sind, ist es bei der Praxis des Knüpfens trotzdem hilfreich, ob das Auge nach unten oder nach oben zeigt. Diese zwei zusätzlichen Augen sind aber nur durch Drehung entstanden.

Überhand- und Unterhandaugen Bearbeiten

Ein Überhand- und ein Unterhandauge Bearbeiten

Geoffrey Budworth[4], Mitbegründer der „Internationalen Knotengilde“ („International Guild of Knot Tyers“) schreibt: „Ein einfaches Auge ist ein Überhandauge, wenn die laufende Part über der festen liegt, liegt sie darunter, ist es ein Unterhandauge“.[5] Das heißt, diese Definition beschreibt, ob das Arbeitsende über oder unter die stehende Part läuft. Siehe dazu auch weiter unten: S- und Z-Kreuzung bei Augenformen, die der Definition von Budworth entspricht.

Vier Überhand- und vier Unterhandaugen Bearbeiten

Da man aber auch ein Auge von zwei Seiten (die stehende Part ist links oder die stehende Part ist rechts) knüpfen kann, ist es bei dieser Benennung wichtig, auf welcher Seite die stehende Part (oder auch das feste Ende) und auf welcher Seite die laufende Part (oder auch das Arbeitsende) ist.

Beim Knoten knüpfen lassen sich also 8 verschiedene Augen legen, je nachdem es Über- oder Unterhandaugen sind und je nachdem ob sie nach unten oder oben zeigen.

Über- und Unterhandaugen „im“ oder „gegen den Uhrzeigersinn“ Bearbeiten

 
Die Zeiger einer Uhr drehen sich gewöhnlich nach rechts, im Uhrzeigersinn

Bei der Beschreibung eines Überhand- oder Unterhandauges ist diese Theorie aber immer noch nicht eindeutig, da man trotzdem zwei verschiedene Überhand- als auch Unterhandaugen knüpfen kann.

Die IGKT (International Guild of Knot Tyers) empfiehlt eine Benennung[6], die sich darauf ausrichtet, in welcher Form ein Überhand- oder Unterhandauge von der stehenden Part aus verläuft. Im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn. Dabei muss beachtet werden, dass die Gängigkeit eines Auges (also ob es rechts- oder linksgängig ist) keine Rolle spielt.

Da diese vier Augen auch nach unten zeigen können, kann man insgesamt acht verschiedene Augen knüpfen.

Alle acht möglichen Überhand- und Unterhandaugen eindeutig benannt Bearbeiten

Kombination von „Rechts- bzw. Linksgängig“ und „Über- bzw. Unterhandauge“ Bearbeiten

Für diese Kombination der zwei Regeln, bei der es zu jeder der zwei einzelnen Regeln bereits Fachliteratur gibt, findet man für diese Kombination noch keine Quellenangabe. Sie wird somit auch bisher in der Knotenkunde nicht verwendet.

Gibt man die Windungsrichtung zusätzlich zur Angabe Überhand- oder Unterhandauge (oben oder unten) an, also ob man mit dem Arbeitsende das Auge im Uhrzeigersinn (rechtsgängig) oder gegen den Uhrzeigersinn (linksgängig) knüpft, hat man eine definierte Angabe. Mit dieser eindeutigen Beschreibung knüpft man immer auch ohne Bild das „richtige“ Auge.

Man sieht, die Gängigkeit bleibt immer gleich, es wechselt nur die Bezeichnung Überhand- oder Unterhandauge, die angibt ob das Arbeitsende über oder unter dem festen Ende läuft. Da das Arbeitsende in den zwei Bildern wechselt, muss auch die Bezeichnung des Überhand- oder Unterhandauges wechseln.

In der Praxis des Knotenknüpfens würde es hier wahrscheinlich reichen, wenn man anstelle rechts- oder linksgängiges Auge nur rechtes oder linkes Überhandauge oder rechtes oder linkes Unterhandauge sagt.

Schlaufe Bearbeiten

Eine geknüpfte, gespleiß­te oder gepresste Schlaufe bezeichnet die Seemannssprache ebenfalls als Auge.

Tauwerk mit einem Auge am Ende wird Augleine genannt. Bei fertigen Augleinen wird das Auge oft mit einer Kausch verstärkt, um eine Befestigung eines Schäkels oder Hakens zu ermöglichen und dabei mechanische Beschädigung (Schamfilen) zu vermeiden.[7]

S-Schlag und Z-Schlag Bearbeiten

S- und Z-Schlag Bearbeiten

 
Rechte-Hand-Regel. Der Daumen zeigt entlang der Achse, und die restlichen Finger drehen sich nach rechts. Die Drehung ist rechtsgängig.
 
Der Daumen zeigt nach oben und die restlichen Finger zeigen ebenfalls nach rechts. Hier schaut man von unten nach oben. Die Drehung ist rechtsgängig.
 
S-Schlag (linksgängig) und Z-Schlag (rechtsgängig)

Bei der Benennung der Drehrichtung folgt man der Korkenzieherregel, weshalb kontextabhängig ebenfalls von Händigkeit (engl. right-handed oder left-handed) von einer Rechte-Hand-Regel gesprochen wird. Bei der Angabe der Drehrichtung sind auch folgende Bezeichnungen gebräuchlich:

  • rechtsdrehend oder im Uhrzeigersinn oder in geodätisch positivem Drehsinn;
  • linksdrehend oder gegen den Uhrzeigersinn oder in geodätisch negativem Drehsinn.

In der Knotenkunde spricht man bei der Drehrichtung auch von der Schlagrichtung. Ein Schlag ist die Drehrichtung bei der Herstellung von Tauwerk; S (linksgeschlagenes) und Z (rechtsgeschlagenes) Tauwerk. Beim Arbeiten mit Tauwerk spricht man von einem ein halber Törn, einem Törn oder mehreren Törns, wenn das Seil um einen Gegenstand geschlagen ist.[8][9]

„Rechtsgängiger Korkenzieher: Die gewöhnliche Drehung ist dieselbe wie bei einem rechtsgängigen Korkenzieher. Man nennt das rechts „geschlagen“.“

Clifford W. Ashley: Das Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. 6. Auflage. Edition Maritim, Hamburg 2005, S. 32

Linksgeschlagen: Ist genau das Gegenteil zu rechtsgeschlagen.“

Clifford W. Ashley: Das Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. 6. Auflage. Edition Maritim, Hamburg 2005, S. 33

S- und Z-Kreuzung Bearbeiten

Bei einem Auge kann man auch von einer S- oder Z-Kreuzung sprechen[10], in der das Arbeitsende die stehende Part kreuzt. Hier spricht man nicht von einem rechts- oder linksgängigen Auge. Man benutzt das S hier in dem Sinne, ob das Auge von der stehenden Part gegen den Uhrzeigersinn (S = links) oder im Uhrzeigersinn (Z = rechts) verläuft. Wie oben bei den den Über- und Unterhandaugen „im“ oder „gegen den Uhrzeigersinn“. Bei den folgenden Bildern ist das rot gekennzeichnete Seilende die stehende Part und das gelbe Ende die laufende Part.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Clifford W. Ashley: Das Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. 6. Auflage. Edition Maritim, Hamburg 2005, S. 23 (' 32). Titel der amerikanischen Originalausgabe: Clifford W. Ashley: The Ashley Book of Knots. Doubleday & Company, inc., Garden City, New York 1944
  2. a b Clifford W. Ashley: Das Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. 6. Auflage. Edition Maritim, Hamburg 2005, S. 23 (# 49)
  3. Dr. Harry Asher: The Alternative Knot Book. First published 1989, Seite 22 (engl.)
  4. Biografie von Geoffrey Budworth auf International Guild of Knot Tyers, abgerufen am 3. Februar 2024
  5. Geoffrey Budworth: Knoten. Das Praxis-Handbuch. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2009, S. 26. Titel der englischen Originalausgabe: Handbook of Knots and Knot Tying, Anness Publishing Limited, UK. 1999
  6. Robert G Birch «A Glossary for Practical Knot Tyers» Online; auf igkt.net (International Guild of Knot Tyers), P. 1, Englisch, Version 1.9 2019, abgerufen am 5. Febr. 2024
  7. Ulrich Scharnow: Lexikon Seefahrt. 5. Auflage. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1988, ISBN 3-344-00190-6, S. 38.
  8. Clifford W. Ashley: Das Ashley-Buch der Knoten. Über 3800 Knoten. Wie sie aussehen. Wozu sie gebraucht werden. Wie sie gemacht werden. 6. Auflage. Edition Maritim, Hamburg 2005, S. 606 (Glossar)
  9. J.C. Turner und P. van de Griend: History and Science of Knots (Series on Knots and Everything Volume 11) First published 1996. Google Books, abgerufen am 4. Februar 2024 (Seite 46).
  10. J.C. Turner und P. van de Griend: History and Science of Knots (Series on Knots and Everything Volume 11). First published 1996. Google Books, abgerufen am 4. Februar 2024 (Seite 47).