Aufruhr in den Augen ist ein Album der Band Pankow, das 1988 auf Amiga veröffentlicht wurde. Es ist das letzte in der DDR produzierte Album der Band, wenn man von der nachträglichen Veröffentlichung des 1982er Mitschnitts von Paule Panke 1989 absieht.

Aufruhr in den Augen
Studioalbum von Pankow

Veröffent-
lichung(en)

1988

Aufnahme

1988

Label(s) Amiga

Format(e)

LP, MC, CD

Genre(s)

Rock

Titel (Anzahl)

11

Länge

40:12

Besetzung
  • Bläser: Fun Horns[3]
  • Slide-Gitarre: Heiner Witte
  • 2. Gitarre: Heiner Witte

Produktion

Rainer Kirchmann
Jürgen Ehle
Klaus Peter Albrecht

Studio(s)

Studio von Sieghart Schubert in Quadenschönfeld[4]

Chronologie
Keine Stars
(1986)
Aufruhr in den Augen Paule Panke (live 1982)
(1989)

Rezeption und Musikstil Bearbeiten

Schon immer war Pankow durch die subversiven und provokanten Texte vielen Kulturfunktionären der DDR ein Dorn im Auge. Mit dem Einsetzen von Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion unter Führung von Michail Gorbatschow ab Mitte der 1980er Jahre waren die Funktionäre der SED bemüht, ihr Land vor ähnlichen Entwicklungen abzuschirmen. Bekannt geworden ist dazu vor allem die Äußerung von Kurt Hager, dem damals Verantwortlichen für Wissenschaft, Volksbildung und Kultur im ZK der SED:

„Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“

Kurt Hager[5]

die bei der sowjetischen Führung und in weiten Kreisen der DDR-Bevölkerung auf Ablehnung und Widerstand stieß.[6]

Das in dieser zeitgeschichtlichen Phase erschienene Album Aufruhr in den Augen mit Texten solcher Songs wie Langeweile oder Gib mir’n Zeichen sowie der provozierende Auftritt von Pankow in westdeutschen Medien zogen Kreise bis in das ZK der SED.[7]

Zeilen wie diese:

„Dasselbe Land zu lange gesehn’ / Dieselbe Sprache zu lange gehört.
Zu lange gewartet, zu lange gehofft / Zu lange die alten Männer verehrt.
Ich bin rum gerannt, / Zu viel rum gerannt. / Zu viel rum gerannt. / Und ist doch nichts passiert“

Textauszug Langeweile[8]

„Komm ich hol dich raus, raus, raus / Dann geh’n wir hier weg.
Gib mir ’n Zeichen, / Die andern brauchen es nicht zu sehn. / Gib mir ’n Zeichen.“

Textauszug Gib mir’n Zeichen[9]

führten zu einer heftigen Replik in den Medien, vorgetragen durch Hans Albrecht, erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Suhl:

„Auf die provokatorischen Verleumdungen gegen unser Land, die Partei, führende Funktionäre und bewährte Kommunisten reagieren Kommunisten und Bürger mit tiefer Empörung, aber z.B. auch darauf, dass am 18. November eine Gruppe Pankow in einer Sendung des Fernsehregionalprogramms der BRD Hessen III auftrat und behauptete, in der DDR könne sie nur singen, wenn das Kultusministerium es gestatte, und sich mit einem Song gegen die Männer unserer Partei produzieren konnte. Es wird dazu gefragt, weshalb in Durchführung des Kulturaustausches solche Gruppen die Möglichkeit für einen Fernsehauftritt in der BRD haben.“

Hans Albrecht[10]

Die Kritik der DDR-Oberen konnte Produktion und Vertrieb des Albums sowie die Aufführung im Rundfunk und bei Konzerten der Band nicht verhindern. Bezeichnend für die sich bereits ändernden Zeiten war die 1989 folgende Tournee mit der Big Band des Stabes der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland durch die DDR, auf der trotz aller Widerstände die Titel des Albums einem breiten Publikum zu Gehör gebracht wurden.[11][7]

Musikalisch sind die Titel auf Aufruhr in den Augen charakterisiert durch komplexe Arrangements unter Einsatz einer Bläsergruppe (Fun Horns), Hintergrundgesang sowie die Unterstützung von Heiner Witte (Engerling), einer der bekanntesten Slide-Gitarristen der damaligen DDR.

Am 12. November 2016 begann im Berliner Frannz-Club die Aufruhr in den Augen reloaded – Tour. Dabei spielen Pankow die Songs des gleichnamigen Albums von 1988 in einer unplugged Version.[12]

Titelliste Bearbeiten

A-Seite Bearbeiten

  1. Aufruhr in den Augen – 3:50 ** / ****
    (K:Pankow/T:Herzberg)
  2. Einsam – 3:04 *
    (K:Kirchmann/T:Herzberg)
  3. Langeweile – 4:16 *
    (K:Kirchmann/T:Herzberg)
  4. Straßenlärm – 3:12 ***
    (K&T:Ehle)
  5. Marilyn – 3:14 * / ****
    (K:Kirchmann,Griese[1]/T:Herzberg)
  6. Gib mir’n Zeichen – 3:50 * / ****
    (K:Ehle/T:Herzberg)

B-Seite Bearbeiten

  1. Ich bin ich – 4:22 *
    (K:Ehle/T:Eckhard Mieder)
  2. Der Ausreißer – 3:57 ***
    (K:Ehle/T:Eckhard Mieder)
  3. Du kriegst mich nicht – 2:45
    (K:Ehle/T:Janus Kopf)
  4. Ich bin bei dir – 3:06
    (K:Kirchmann/T:Herzberg)
  5. Wieder auf der Straße – 4:36 * / ****
    (K:Kirchmann,Ehle/T:Herzberg)

(*) Bläser: Fun Horns[3]
(**) Slide Gitarre: Heiner Witte
(***) 2. Gitarre: Heiner Witte
(****) Chor: Ines Paulke, Anke Schenker

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Plattencover
  2. Götz Hintze: Rocklexikon der DDR. 2. Auflage. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2000, ISBN 3-89602-303-9, S. 228
  3. a b Fun Horns Homepage. Abgerufen am 4. Dezember 2011.
  4. : „Das hat viel Energie freigesetzt“ Interview mit der Band Pankow auf taz.de, abgerufen am 23. August 2020
  5. Interview mit Kurt Hager. In: Neues Deutschland, 10. April 1987, S. 3
  6. Walter Süß: Staatssicherheit am Ende: Warum es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhindern. 2. Auflage. Ch. Links, Berlin 1999, ISBN 3-86153-181-X, S. 79 f.
  7. a b Michael Rauhut: Schalmei und Lederjacke. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1996, ISBN 3-89602-065-X, S. 257 ff.
  8. Text von Langeweile (Memento vom 14. Mai 2010 im Internet Archive)
  9. Text von Gib mir’n Zeichen (Memento vom 14. Mai 2010 im Internet Archive)
  10. Hans Albrecht. In: Neues Deutschland, 3./4. Dezember 1988, S. 7
  11. Jedenfalls Langeweile herrscht hier nicht mehr. In: Berliner Zeitung. 7. November 1989, abgerufen am 20. Januar 2023. (Interview mit André Herzberg)
  12. Termine 2016-17. electrocadero.de, abgerufen am 21. November 2016.