Argumentum e silentio

Schlussfolgerung aus dem Schweigen

Als Argumentum e silentio (lat.) wird in der Logik und in der Geschichtswissenschaft eine Schlussfolgerung aus dem Schweigen bezeichnet.[1] Die Nichtrealität eines Faktums oder eines Ereignisses wird daraus gefolgert, dass es in einem Kontext nicht erwähnt wird, in dem seine Erwähnung andernfalls sicher zu erwarten wäre. Schlussfolgerungen dieser Art sind niemals zwingend, können aber zusammen mit anderen Indizien die Plausibilität einer These verstärken. Da ihr Gewicht von der Deutung des Kontextes abhängt, sind sie auch für Konstrukte und Verschwörungstheorien besonders geeignet. Häufig wird das Argumentum e silentio aber auch als Scheinargument angeführt.[2]

Beispiele Bearbeiten

  • Josephus, jüdisch-hellenistischer Historiker und Chronist der Verbrechen des Herodes, schweigt über den Kindermord in Bethlehem, folglich hat er nicht stattgefunden, denn sonst sei Josephus ein zuverlässiger Historiker in der Überlieferung negativer Nachrichten über Herodes.[3]
  • Die griechischen und römischen Historiker, die hauptsächlich über das Leben und Werk Alexanders berichtet hatten (Arrian, Diodor, Plutarch und Curtius), übergingen die kurze Periode, die Alexander laut Josephus in Palästina verbracht haben soll[4] in fast ausnahmslosem Schweigen, deshalb hat das Ereignis nicht stattgefunden, denn trotz der geringen Bedeutung, die das damalige jüdische Volk für die Griechen hatte, kann eine Erwähnung erwartet werden.[5]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Johannes Hanselmann, Samuel Rothenberg, Uwe Swarat (Hrsg.): Fachwörterbuch Theologie. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1987, ISBN 3-417-24083-2, S. 20: „argumentum e silentio (lat.) Beweis »aus dem Schweigen«, aus der Nichterwähnung.“
  2. Albert Bock: Häufige Scheinargumente. (pdf) 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Juni 2019; abgerufen am 2. August 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/homepage.univie.ac.at
  3. Monika Konigorski: Herodes - Rehabilitierung eines verhassten Herrschers. In: Tag für Tag. Deutschlandfunk, 26. Dezember 2014, abgerufen am 2. August 2019. Thomas Schumacher, Neutestamentler an der Universität Fribourg in der Schweiz, wird darin wie folgt zitiert: „In der bibelwissenschaftlichen Diskussion gibt es eine gewisse Tendenz, diese Historizität des Kindermordes eher kritisch zu bewerten. Ein Hauptgrund liegt darin, dass Flavius Josephus vor allem in seiner Schrift ‚Jüdische Altertümer‘ sehr bemüht ist, sämtliche Schandtaten des Herodes zu überliefern. Und ausgerechnet vom Kindermord berichtet er nichts.“
  4. Flavius Josephus: Wie Alexander in Jerusalem einzog, und welche Wohltaten er den Juden erwies. In: Jüdische Altertümer. Dr. Heinrich Clementz, S. 11.8.1-11.8.7 / 11.304-11.347, abgerufen am 2. August 2019.
  5. Ory Amitay: Samaritans past and present: current studies. Hrsg.: Menachem Mor, Friedrich V. Reiterer. De Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-019497-5, The Use and Abuse of the Argumentum e silentio - the Case of Alexander in Jerusalem, S. 59–60 (englisch).