Anthotypie

fotografische Edeldruckverfahren

Die Anthotypie (von griech. άνθος anthos „Blüte“ und τύπος týpos „Abdruck“, auch als Nature Printing bezeichnet) ist ein fotografisches Edeldruckverfahren, das auf der farblichen Veränderung von Pflanzenfarbstoffen unter Lichteinwirkung (z. B. UV-Licht) beruht.[1]

Ahornblatt, Anthotypie mit Sauerkirschsaft, 2 h Belichtungszeit 10×15 cm
Anthotypie, Blätter auf Fotopapier für Drucker, das mit Rotkohlsaft sensibilisiert wurde. Blau entsteht durch den hohen pH-Wert des Fotopapiers.
Ahorn auf Rotwein (Papier wurde mit Rotwein getränkt und getrocknet) - Durch Belichtung wurde die Emulsion hier dunkler.
Yenidze in Dresden, Anthotypie mit Curcuma (Gelbwurz) und Natron: gerastertes Zwischenbild mit Laserdrucker auf Folie, Papierpreparation: alkoholische Lösung von Curcuma in Isopropanol auf Fotopapier für Tintenstrahldrucker, vier Stunden mit UV-Licht belichtet, das gelb-orangene Bild wurde mit Natron behandelt, wodurch es die rotbraune Farbe erhielt.

Die Grundfarbe hängt dabei auch vom PH-Wert der Emulsion und vom Papier ab.[2]

Entdeckt wurde dieses Verfahren wohl um 1816 von Henri August Vogel in Paris. Hinweise auf seine Versuche sind aber bereits in Schweigger’s Journal für Chemie und Physik (1813, IX, Seite 236 ff., Artikel „Herr Vogel in Paris über denselben Gegenstand“) beschrieben, wo er die Lichtempfindlichkeit pflanzlicher Farbstoffe untersuchte.[3]

Auch Sir John Herschel befasste sich im 19. Jahrhundert mit der Anthotypie und veröffentlichte seine Ergebnisse.

Verfahren Bearbeiten

Emulsionen Bearbeiten

Alkoholische Auszüge von geeigneten Pflanzensorten, die Anthocyane, Carotinoide oder andere geeignete Farbstoffe enthalten, wie zum Beispiel Klatschmohn, Chrysanthemen, Dahlien, Ringelblumen, Rotkohl, Möhren, Curcuma und andere[4], werden auf dickeres, nicht zu stark saugendes Papier aufgetragen. Auch Farbstoffextrakte mit Wasser und Fruchtextrakte sind möglich. Unter einem Negativ oder Gegenstand wird dann nach dem Trocknen lange (teils wochenlang) belichtet.

Belichtung Bearbeiten

Der wirksamste Bestandteil ist meist ultraviolettes Licht. Die dem Licht ausgesetzten Pflanzenfarbstoffe bleichen dabei aus, während die lichtgeschützten Bereiche ihre Farbe behalten. (Einige Pflanzenfarbstoffe werden unter Lichteinwirkung auch dunkel.)

Die benötigte Dauer hängt vor allem vom konkreten Farbstoff und von der Sonneneinstrahlung ab, aber auch von Feuchtigkeit, die die notwendige Belichtungszeit zum Teil stark reduziert. In Gegenwart von Feuchtigkeit kann sich als Vorlage verwendetes Pflanzenmaterial aber auch selbst zersetzen.

Lichtempfindlichkeit fertiger Anthotypien Bearbeiten

Die erstellten Bilder (bzw. Fotogramme) können – da keine Fixierung möglich ist – nur lichtgeschützt längere Zeit aufbewahrt werden, weil die Farben unter Lichteinwirkung verblassen. In Dunkelheit sind sie sehr lange haltbar.

Vorlagen Bearbeiten

Als Vorlagen kann man Filmpositive auf Transparentfilm verwenden, wobei helle Stellen durch Ausbleichen hell werden und dunkle durch die Schattierung dunkel bleiben. Auch mit Digitaldruckern ausgedruckte und gerasterte Vorlagen sind möglich. Man kann als Vorlage auch Gegenstände, wie Blätter, Steine, Kämme und viele andere nehmen. Das Ergebnis ist dann ein Fotogramm.

Unter anderem wegen der langen Belichtungszeiten erfolgte keine industrielle bzw. kommerzielle Verwendung.

Weltweiter Tag der Anthotypie Bearbeiten

Seit 2022 gibt es jährlich einen weltweiten Tag der Anthotypie[5], der erste war am 20. August 2022. Dabei entstehen Anthotypien von Künstlern aus zahlreichen Ländern.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Techniken der Radierungen und Edeldruckverfahren – Kapitel Anthotypie
  2. Anja Wernecke: Anthocyane und pH-Wert
  3. https://archive.org/details/journalfrchemie21unkngoog/page/n258/mode/2up Journal für Chemie und Physik by Johann Salomo Christoph Schweigger, Franz Wilhelm Schweigger-Seidel, Publication date 1811
  4. Datenbank mit vielen möglichen Emulsionen und Bildbeispielen, in Englisch. "Anthotype emulsion database"
  5. | Über den weltweiten Tag der Anthotypie, in Englisch. "About World Anthotype Day"