Ansamycine sind makrocyclische, antibiotisch wirksame Naturstoffe, die strukturell charakterisiert sind durch eine aromatische Komponente, bei der nicht benachbarte Positionen durch eine aliphatische Kette zur Ausbildung einer cyclischen Struktur verbrückt sind (ansa-Verbindung, Phan). Einer der aliphatisch-aromatischen Verbrückungsstellen ist immer eine Amidbindung.

Der Name geht auf Vladimir Prelog und Wolfgang Oppolzer zurück und leitet sich vom lateinischen „ansa“ (Henkel, Griff) ab.

Vorkommen Bearbeiten

Ansamycine kommen in Streptomyces, Nocardia und Micromonospora vor und wurden auch aus pflanzlichem Material isoliert.

Einteilung Bearbeiten

Die natürlich vorkommenden Ansamycine lassen sich unterteilen je nach Art der aromatischen Komponente (Benzolabkömmling/Benzochinon, Naphthalinabkömmling/Naphthochinon) und der Kettenlänge der aliphatischen Komponente. Circa 120 Vertreter wurden identifiziert und charakterisiert (Stand 2000). Die Hauptgruppe bilden die Vertreter der Naphthalin-C17-Gruppe.

Aromatische Komponente Benzolisch Naphthalinisch
Länge der „Ansa“-Kette C15 C17 C17 C23 C9

Biogene Ansamycine

Ansamitocin
Geldanamycin
Herbimycin
Macbecin
Maytansin

Ansatrienin
Cytotrienin
Mycotrienin
Thiazintrienomycin
Trienomycin

Ansathiazin
Awamycin
Damavaricin
Diastrovaricin
Halomicin
Kanglemycin
Proansamycin
Protorifamycin
Protostreptovaricin
Rifamycin
Streptovaricin
Tolypomycin

Actamycin
Diastrovaricin
Naphthomycin
Naphthomycinol
Naphthochinomycin

Rubradirin
Protorubradirin

Zusätzlich zu den natürlich vorkommenden Ansamycinen wurden auch Varianten aus mutierten Stämmen isoliert oder semisynthetisch hergestellt.

Ausgewählte Vertreter:

Bedeutung Bearbeiten

Vertreter der Naphthalin-C17-Gruppe zeigen eine selektive Wirkung gegenüber Bakterien, indem sie deren RNA-Polymerase hemmen. Therapeutisch bedeutsam sind die Rifamycine. Vertreter der Benzol-C15-Gruppe wie die Ansamitocine und Maytansine wirken antitumoral. Das zytostatische Maytansin-Derivat DM1 (Mertansin) wird als Antikörper-Wirkstoff-Konjugat mit Trastuzumab (T-DM1, Trastuzumab-Emtansin) zur Behandlung von HER2/neu-positivem Brustkrebs eingesetzt.[1]

Literatur Bearbeiten

  • Descriptions on main antibiotic types. In: Barrie W. Bycroft (Hrsg.): Dictionary of Antibiotics & Related Substances. Chapman & Hall, London, New York, 1988. S. xiv. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche )
  • S. Funayama, G.A. Cordell: Ansamycin Antibiotics Discovery, Classification, Biosynthesis and Biological Activities. In: Atta-ur-Rahman (Hrsg.): Studies in Natual Products Chemistry. Band 23: Bioactive Natural Products (Part D) . Elsevier, Amsterdam, 2000. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche )
  • A. Stratmann: Die Biologie der Ansamycine: Beispiel Rifamycin. Anbics Laboratories AG, Martinsried. In: BIOspektrum, 10. Jahrgang (2004), Ausgabe 3, S. 249 (PDF)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. I. Krop, E. P. Winer: Trastuzumab Emtansine: A Novel Antibody-Drug Conjugate for HER2-Positive Breast Cancer. In: Clinical Cancer Research. 20, 2014, S. 15, doi:10.1158/1078-0432.CCR-13-0541.