Andrzej Zoll

polnischer Richter und Rechtsanwalt

Andrzej Stanisław Zoll (* 27. Mai 1942 in Sieniawa) ist ein polnischer Jurist, Richter und Professor der Rechtswissenschaft. Er war zwischen 1993 und 1997 Vorsitzender des Verfassungsgerichtshofes und in den Jahren von 2000 bis 2006 Beauftragter für Bürgerrechte.

Andrzej Zoll (2015)

Leben Bearbeiten

Im Jahr 1959 beendete er das allgemein bildende Tadeusz-Reytan-Lyzeum in Warschau und absolvierte 1964 ein Studium an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Jagiellonen-Universität. Zoll erhielt 1968 den Doctor iuris und habilitierte im Jahr 1973. 1998 wurde ihm der Professorentitel vergeben. Ab 1991 war er ordentlicher Professor und bis 2013 Vorsitzender des Lehrstuhls für Strafrecht, womit seine berufliche Tätigkeit an der Jagiellonen-Universität endete. Zusätzlich war er Ordinarius an der Hochschule für Recht und Verwaltung Przemyśl/Rzeszów.[1]

Zoll ist Autor von über 150 wissenschaftlichen Abhandlungen, die sich vorwiegend dem Strafrecht, Verfassungsrecht und der Rechtsphilosophie widmen. Er wirkte bei der Entstehung des Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1997 mit. Während seiner Studienzeit war er Kurator der Bibliotheksvereinigung der Jurastudenten an der Jagiellonen-Universität.

Zoll war im Solidarność-Zentrum für Bürgerinitiativen aktiv, das im Zeitraum zwischen 1981 und 1992 Reformen des Rechtssystems ausarbeitete.[2] Weiterhin nahm er bei den Gesprächen am Runden Tisch teil. Auf Empfehlung der Solidarność bekleidete er den stellvertretenden Vorsitz der staatlichen Wahlkommission, den er im Zuge der Parlamentswahl 1989 innehatte.

1989 wurde er in den Verfassungsgerichtshof gewählt. Nebstdem war Zoll im Zusammenhang mit der ersten Präsidentschaftswahl Vorsitzender der staatlichen Wahlkommission und führte das Amt im nun ständigen Wahlorgan in den Jahren zwischen 1991 und 1993 fort. Vom 19. November 1993 bis zu seinem Rücktritt 1997 war er Präsident des Verfassungsgerichtshofes. Zwischen 1998 und 2000 war er Vorsitzender des Gesetzgebungsrates (polnisch Rada Legislacyjna) beim Ministerrat. Daraufhin war er Beauftragter für Bürgerrechte während der regulären Amtszeit vom 30. Juni 2000 bis zum 30. Juni 2005 (er fungierte kommissarisch noch bis zum 15. Februar 2006).

Zoll arbeitete in einem Ausschuss der PAU. Er war ehemals Mitglied und Vorsitzender im „Komitee für Ethik in der Wissenschaft“ bei der Polnischen Akademie der Wissenschaften.[1] Er ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, des polnischen P.E.N.-Ablegers und Ehrenmitglied im Krakauer Rotary Club.[3] Er wirkte als Berater an der Seite von Zbigniew Ćwiąkalski.

Familie Bearbeiten

Andrzej Zoll ist Sohn des AK-Offiziers Fryderyk Zoll (1899–1986), Enkel des Juristen Fryderyk Zoll (1865–1948), Urenkel des Juristen und galizischen Abgeordneten Fryderyk Zoll (1834–1917) und Ururenkel von Józef Chrystian Zoll (Rechnungsrat).[4][5] Sein Sohn Fryderyk Zoll (* 1970) ist ebenfalls Professor der Rechtswissenschaft, konkret für Europäisches und Polnisches Privatrecht sowie Rechtsvergleichung an der Universität Osnabrück.[6]

Auszeichnungen Bearbeiten

Im Jahr 2013 wurde ihm der „Erazm und Anna Jerzmanowski Preis“ verliehen.[13]

Weblinks und Bibliographie Bearbeiten

Commons: Andrzej Zoll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Andrzej Zoll. In: nauka-polska.pl. Abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch).
  2. Kazimierz Barczyk, Stanisław Grodziski, Stefan Grzybowski: Obywatelskie inicjatywy ustawodawcze Solidarności, 1980-1990. materiały i projekty ustaw Centrum Obywatelskich Inicjatyw Ustawodawczych „S“ i Społecznej Rady Legislacyjnej. Wydawnictwo Sejmowe, Warszawa 2001, ISBN 83-7059-503-0 (coiu.pl [PDF; 3,7 MB; abgerufen am 18. März 2023]).
  3. Członkowie Krakowskiego Klubu ROTARY. In: rotary-krakow.pl. Abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch).
  4. Andrzej Zoll. In: sejm-wielki.pl. Abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch).
  5. Provinzial Gesetzsammlung des Königreichs Galizien und Lodomerien für das Jahr 1829, hrsg. auf allerhöchsten Befehl unter Aufsicht des k.k. galizischen Landesguberniums, Band 12. Vgl. S. 184 („Rechnungsrath“) mit S. 185 („radca rachunkowy“)
  6. Professoren nach Rechtsgebieten. Zivilrecht. In: Fachbereich Rechtswissenschaften. Universität Osnabrück, abgerufen am 18. März 2023.
  7. 10542/AB XXIV. GP – Anfragebeantwortung (elektr. übermittelte Version). (PDF) In: parlament.gv.at. 23. April 2012, S. 1145, abgerufen am 2. Januar 2018.
  8. Postanowienie Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej o nadaniu orderów. M.P. z 1998 r. nr 6 poz. 119. In: Monitor Polski auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 1. Dezember 1997, abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch, PDF-Datei s. Tekst ogłoszony).
  9. Postanowienie Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej o nadaniu orderów. M.P. nr 86 poz. 889. In: Monitor Polski auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 1. Juli 2011, abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch, PDF-Datei s. Tekst ogłoszony).
  10. Garbės nariai. Abgerufen am 27. September 2020 (litauisch).
  11. Honorarprofessuren und Ehrenpromotionen. In: jura.uni-mainz.de. Abgerufen am 2. Januar 2018.
  12. Inauguracja roku akademickiego 2005/2006 w Akademii Medycznej. In: umed.wroc.pl. Gazeta Uczelniana, 2005, abgerufen am 27. September 2020 (polnisch).
  13. Nagroda Polskiej Akademii Umiejętności im. Erazma i Anny Jerzmanowskich pod patronatem Województwa Małopolskiego. In: pauza.krakow.pl. Abgerufen am 2. Januar 2018 (polnisch).