Androide
Androide, auch Android, (abgeleitet von altgriechisch ἀνήρ aner „Mensch, Mann“ und εἶδος eidos „Aussehen“, „Gestalt“ → „einem Menschen (oder Mann) ähnlich“) ist die Bezeichnung für ein Maschinenwesen bzw. einen Roboter, der einem Menschen täuschend ähnlich sieht und sich menschenähnlich verhält. Ein Androide ist somit ein spezieller humanoider Roboter. Ein humanoider Roboter in Form einer Frau wird gelegentlich auch Gynoid(e) (gr.: γυνή gyne „Frau“) genannt.
GeschichteBearbeiten
Der Begriff Androide wurde bereits um 1740 von Eberhard David Hauber verwendet. Laut Hauber hat Gabriel Naudé den Begriff für eine sprechende Bildsäule von Albertus Magnus verwendet.[1] Im 19. Jahrhundert wurden Automaten wie Jacques de Vaucansons Flötenspieler oder auch der Schachtürke als Androiden bezeichnet.[2] Auch Pierre Jaquet-Droz hatte zwischen 1770 und 1774 drei Androiden konstruiert, die Jaquet-Droz-Automaten. Geforscht wurde zu dieser Zeit auch an sprechenden Maschinen, etwa durch Friedrich von Knauss, Valentin Merbitz und Wolfgang von Kempelen. Die Konstruktion eines Sprachautomaten gelang jedoch nicht. Als der Schachtürke als Fälschung entlarvt wurde, ließ auch das Interesse an menschenähnlichen Automaten nach.
In der Literatur wurden menschenähnliche Roboter im frühen 19. Jahrhundert bei Jean Paul (Der Maschinenmann) und E. T. A. Hoffmann (Der Sandmann, Die Automate) thematisiert. Von Julius Stettenheim wurde 1895 (Muckenich’s Reden und Thaten) auch der Begriff Androide verwendet.
Seit dem 20. Jahrhundert werden Androiden regelmäßig in der Science-Fiction-Literatur und der Futurologie beschrieben. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden auch wieder reale Androiden, wie der Repliee Q1 (2003), entwickelt.
Begriffliche AbgrenzungBearbeiten
Ein Androide unterscheidet sich von einem anderen humanoiden Roboter vor allem durch einen noch menschenähnlicheren Körperbau und menschliche Gesichtszüge. Idealerweise besteht der Androide aus Material, das menschlichem Gewebe ähnelt, einschließlich einer der Haut entsprechenden Hülle.[3][4]
Eine abstraktere Unterscheidung zwischen Androiden und anderen humanoiden Robotern erfolgt durch die Betrachtung des Uncanny-Valley-Phänomens.[5][6] Dabei wird die Akzeptanz gemessen, die ein menschlicher Beobachter Robotern entgegenbringt, die einem Menschen mehr oder weniger ähnlich sind. Ist ein (humanoider) Roboter deutlich als solcher zu erkennen und weist er menschliche Eigenschaften auf, wird dies als angenehm und positiv empfunden. Nimmt die Menschenähnlichkeit aber weiter zu, dann beginnt der Beobachter, die vermeintlichen Defizite (in der Bewegungsfähigkeit, bei der Sprache etc.) nach tatsächlichen menschlichen Maßstäben zu beurteilen und die Akzeptanz nimmt ab (das Uncanny Valley).[7] Erst mit stark zunehmender Menschenähnlichkeit und wachsender Perfektion steigt die Akzeptanz wieder. In diesem Bereich hoher Menschenähnlichkeit spricht man von Androiden.
Von einer mechanischen Puppe unterscheidet den Androiden seine besonders hoch ausgeprägte Fähigkeit, sich wie ein Mensch zu bewegen und auf äußere Reize zu reagieren.
Androide ForschungsroboterBearbeiten
Androiden in der Science-FictionBearbeiten
Androiden sind nicht nur wegen ihres dramaturgischen Potentials beliebte Elemente der Science-Fiction. Auch ihre einfache Darstellung durch menschliche Schauspieler machte sie in der Vergangenheit zu attraktiven Figuren für Film und Fernsehen.
Generell lässt sich dabei eine Entwicklung in der Darstellung der künstlichen Menschen erkennen. Während in den 1950er und 1960er Jahren Androiden vor allem rein logisch denkende, vollkommen emotionslose und damit bedrohliche Wesen waren, wurden sie in den folgenden Jahrzehnten zunehmend menschlicher dargestellt. Obwohl sie weiterhin häufig als Antagonisten auftraten, waren sie zunehmend emotionalere Feinde, die Liebe und Hass, Zuneigung und Verachtung empfinden konnten.
Besonders konsequent zeigt sich diese Entwicklung in den Star-Trek-Serien. Während in der Originalserie Raumschiff Enterprise (TOS, 1966–1969) Androiden und künstliche Intelligenzen durchgehend als gefühllose Bedrohung dargestellt wurden, trat in Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (TNG, 1987–1994) mit Data ein Android als Besatzungsmitglied und Sympathieträger auf, der in einigen Folgen und in den Star-Trek-Kinofilmen sogar (durch einen „Emotions-Chip“) über Emotionen verfügt. Wenn man den holographischen Arzt aus Star Trek: Raumschiff Voyager (VOY, 1995–2001) trotz seines nicht dauerhaft physischen Körpers als Androiden auffasst, bildet er den Abschluss dieser Entwicklung der Androiden hin zum Menschlichen. Der Android ist nicht mehr nur – wie zuvor bereits Data – rechtlich und sozial mit den humanoiden Besatzungsmitgliedern gleichgestellt, sondern verfügt auch charakterlich über eine vollkommen menschliche Persönlichkeit mit allen Begleiterscheinungen wie Ärger oder Eitelkeit.
Häufig werden Androiden als eine äußerlich fast perfekte Imitation des Menschen dargestellt, weswegen sie von anderen Charakteren nicht als Android erkannt werden. In Battlestar Galactica (2003) geht die physikalische und selbst psychische Ähnlichkeit bis zu dem Punkt, an dem die Androiden über sich selbst nicht wissen, dass sie Androiden sind. Im Director’s Cut von Blade Runner (1982) ist es nicht eindeutig, ob es sich bei dem Protagonisten um einen Androiden handelt oder nicht. Selbst dem Zuschauer bleibt die Wahrheit verborgen.
Beispiele in Film und FernsehenBearbeiten
RechtlichesBearbeiten
In Deutschland ist gemäß § 131 des Strafgesetzbuches (StGB) die Darstellung von Gewalt gegen „menschenähnliche Wesen“ seit dem 1. April 2004 jener gegen Menschen gleichgestellt. Damit ist auch die Darstellung von Gewalt gegen Androiden, die unter diesen Begriff fallen, strafbar, sofern sie „grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten“ gegen diese „in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt“.
Siehe auchBearbeiten
LiteraturBearbeiten
- Philip K. Dick: Blade Runner. Heyne, ISBN 3-453-21728-4
- Robert Silverberg (Hrsg.): The Androids Are Coming: Philip K. Dick, Isaac Asimov, Alfred Bester, and More. ISBN 1-58715-240-1
- Michaela Krützen: Der perfekte Vater und der ideale Sohn. Zwei Maschinenmenschen im Film. In: Neue Rundschau, 114. Jahrgang, 2003, Heft 1, S. 36–46
- Frank Wittig: Maschinenmenschen: zur Geschichte eines literarischen Motivs im Kontext von Philosophie, Naturwissenschaft und Technik. Königshausen & Neumann, 1997. ISBN 978-3-8260-1242-6
WeblinksBearbeiten
- Android World: nahezu allumfassende Seite zum Thema (englisch)
- MIT Artificial Intelligence Laboratory – Humanoid Robotics Group (englisch)
- Humanoider Muskelroboter ZARx
- Telepolis: Intelligente Systeme (Memento vom 16. November 2013 im Internet Archive)
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Eberhard David Hauber: Der Android des Albertus Magnus. Auszug (Memento vom 14. April 2014 im Internet Archive) auf physiologus.de
- ↑ Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. F. A. Brockhaus, Leipzig 1833
- ↑ Jeff Prucher: Brave new words: the Oxford dictionary of science fiction. Oxford University Press, 7 May 2007, ISBN 978-0-19-530567-8, S. 6–7 (Abgerufen am 22 November 2011).
- ↑ Tim Van Der Horst: Anthropologische und Ethische Aspekte Von Ki-Technologien. 2009, S. 14.
- ↑ Mori, Masahiro: Das unheimliche Tal. Übersetzung aus dem Japanischen: MacDorman, Karl F.; Schwind, Valentin. in: Haensch, Konstantin Daniel; Nelke, Lara; Planitzer, Matthias (Hrsg.): Uncanny Interfaces. Textem Verlag, Hamburg 2019. S. 212–219. ISBN 978-3-86485-217-6
- ↑ MacDorman, Karl F.: Masahiro Mori und das unheimliche Tal: Eine Retrospektive in: Haensch, Konstantin Daniel; Nelke, Lara; Planitzer, Matthias (Hrsg.): Uncanny Interfaces. Textem Verlag, Hamburg 2019. S. 220–234. ISBN 978-3-86485-217-6
- ↑ Mori, Masahiro; MacDorman, Karl F., Kageki, Norri: The Uncanny Valley. 2012, IEEE Robotics & Automation Magazine, 19, S. 98–100, doi:10.1109/MRA.2012.2192811 [autorisierte Wiederveröffentlichung]
- ↑ In der Neuverfilmung 2004 sind die Frauen hingegen Cyborgs.