Andechser Molkerei Scheitz

deutsches Unternehmen

Die Andechser Molkerei Scheitz GmbH mit Sitz im bayerischen Andechs ist mit rund 190[1] Mitarbeitern und 630 Zulieferern die größte deutsche Molkerei für Bio-Lebensmittel.[1]

Andechser Molkerei Scheitz GmbH

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Rechtsform GmbH
Gründung 1908
Sitz Andechs-Erling, Deutschland
Leitung Barbara Scheitz, Geschäftsführerin
Mitarbeiterzahl 202 (2020)
Umsatz 190 Mio. Euro (2020)
Branche Lebensmittelindustrie
Website www.andechser-natur.de

Geschichte Bearbeiten

Die Urgroßeltern der heutigen Familie Scheitz gründeten 1908 eine Käserei in Erling bei Andechs. Diese wurde 1976 von Georg M. Scheitz[2], Landwirt und Molkereimeister, zu einer Molkerei ausgebaut. Vier Jahre später wurde hier erstmals „ökologisch erzeugte Milch“ verarbeitet. Wegen der gestiegenen Nachfrage wurde 1987 ein neues Molkereigebäude am Ortsrand gebaut, in das man ein Jahr später einzog. Um das Sortiment zu erweitern, begann man 1994, neben Kuhmilch auch Ziegenmilch zu verarbeiten. Das Unternehmen ist in der Biomilchstraße 1 in Andechs ansässig, die Straße wurde also sinngemäß nach der Firma benannt.

Zwischen dem Kloster Andechs und der Andechser Molkerei gab es diverse Gerichtsverfahren.[3][4][5][6]

Seit 1999 war der französische Molkereikonzern Bongrain (heute als Savencia firmierend) mit einem Minderheitsanteil an der Andechser Molkerei beteiligt (zunächst zu einem Drittel, seit 2007 mit noch 24,8 %).[5] Auf Anordnung des Bundeskartellamts gingen am 1. Oktober 2015 alle Anteile wieder in den Besitz der Familie Scheitz über, nachdem die zusätzliche Übernahme der Molkerei Söbbeke durch Bongrain mutmaßlich zu einer Marktverzerrung geführt hätte.[7]

2008 wurde im Rahmen einer Transparenz-Initiative die Rückverfolgbarkeit[8] der Produkte auf der Website eingeführt. Konsumenten können mit der Eingabe des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Website nachvollziehen, aus welcher Region und stellvertretend von welchen Bio-Bauernhof die Milch des Produktes stammt. Zudem stellt die Molkerei online eine interaktive Karte zur Lokalisierung ihrer Biobauern und umfassende Möglichkeiten, sich über die Bio-Landwirtschaft zu informieren, zur Verfügung. So sind zum Beispiel Steckbriefe mit Bildern der Biobauern hinterlegt.

2009 verlor die Andechser Molkerei einen Rechtsstreit gegen die Stiftung Warentest vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe.[9] Die Stiftung Warentest hatte bei einem im Oktober 2008 veröffentlichten Test über 35 Buttermarken die Bio-Sauerrahmbutter Andechser Natur (Bioland) mit der Note „mangelhaft“ bewertet, da diese eine zu geringe Anzahl an Milchsäurebakterien aufwies, die bei der Herstellung von Sauerrahmbutter aber zwingend notwendig ist.[10] Dagegen gewann das Unternehmen einen siebenjährigen Rechtsstreit über mehrere Instanzen gegen das Kloster Andechs, in dem es um die Exklusivität des Namens „Andechs“ für Lebensmittel ging. Das Kloster, das eine bekannte Biermarke unter dem Namen vertreibt, war der Ansicht, der Name habe ursprünglich allein ihren „heiligen Berg“ bezeichnet und dürfe für Butter, Milch und Joghurt nicht benutzt werden, selbst wenn die Produkte aus dem heutigen Ort Andechs kommen.[11]

Seit 2009 verarbeitet die Molkerei 100 % Biomilch. Der Milchpreis wird mit den Biobauern alle acht Wochen persönlich verhandelt. Die Bio-Molkerei honoriert zudem die Weidehaltung der Biokühe mit einer in Deutschland einzigartigen Weideprämie auf den Milchpreis.

2015 wurde die Verwaltung und das Hochregallager im Sinne der Philosophie[12] des Künstlers Friedensreich Hundertwasser gebaut.

Galerie Bearbeiten

Qualitätssicherung und Umweltschutz Bearbeiten

Der Einsatz für Bio-Qualität und Umweltschutz begann 1981, als die Molkerei trotz starkem Widerstand von Seiten des Handels als erstes Unternehmen in Deutschland die pfandfreie, braune Flasche für Milch durchsetzte. Während der Atomkatastrophe von Tschernobyl von 1986 sicherte Georg Scheitz für seine Zulieferbetriebe Futter frei von radioaktivem Fall-Out. 2004 wurde eine moderne PET-Anlage installiert. Seit 2008 ermöglicht das Unternehmen Endverbrauchern, den Weg ihrer Produkte im Internet zu verfolgen.

Produkte Bearbeiten

Seit 2009 stellt die Andechser Molkerei ausschließlich Bio-Produkte her. Diese werden unter der Bezeichnung „Andechser Natur“ vermarktet. Für die Produktion wird ausschließlich Bio-Milch (Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter) von Kühen und Ziegen verwendet, die von 530 Bio-Kuhmilchbauern und 100 Bio-Ziegenmilchbauern bezogen wird. Ihre rund 27.000 Kühe und 14.500 Ziegen liefern pro Jahr ca. 115 Mio. kg Kuhmilch und etwa 9,4 Mio. kg Ziegenmilch. Die von den Bauern ökologisch bewirtschaftete Gesamtfläche beträgt 35.000 ha, das entspricht 15 % der gesamten ökologisch bewirtschafteten Fläche in Bayern (2017).

Das Sortiment der Andechser Molkerei umfasst ca. 150 Bio-Molkereiprodukte[13], zu denen neben Milch, Jogurts und Desserts auch Butter, Rahm, Schlagsahne und Quark sowie Käse zählen. Zudem stellt die Molkerei Produkte für verschiedene Eigenmarken von Einzelhandelsketten her, u. a. für Rewe, Aldi und Lidl.[14] Ihre Rohmilch bezieht die Molkerei vorwiegend aus dem Voralpenland.

Auszeichnungen Bearbeiten

2006 erhielt die Andechser Molkerei den Preis „Renner des Jahres“ für den Andechser Natur Trinkjogurt Himbeer-Lemon in der PET-Verpackung als erfolgreichste Einführung eines Neuproduktes am Bio-Markt.[15]

2017 gewann die Andechser Molkerei Scheitz mit ihrer Marke Andechser Natur den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2018.[16] Die Jury des Nachhaltigkeitspreises würdigte zum einen die professionelle Markenführung und stabile Markenstärke im Nachhaltigkeitsbereich, zum anderen die kreativen Ansätze der Kommunikation. 2018 wurde Andechser im YouGov BrandIndex von YouGov und Handelsblatt für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aus Verbrauchersicht in der Kategorie Molkereiprodukte ausgezeichnet.[17]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Andechser Molkerei Scheitz – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b „Wir wachsen mit“. In: Münchner Merkur. 19. Februar 2018 (merkur.de [abgerufen am 24. März 2018]).
  2. Alles Bio, schon beim Opa. In: Münchner Merkur. 2. Februar 2018 (merkur.de [abgerufen am 9. März 2018]).
  3. Zwangspause im Käsestreit. In: sueddeutsche.de. 9. Dezember 2011, abgerufen am 18. November 2012.
  4. Christine Setzwein: Kein Frieden in Andechs. In: sueddeutsche.de. 14. Februar 2012, abgerufen am 18. November 2012.
  5. a b Alfons Kifmann: Bizarrer Markenstreit spaltet Andechs. In: Wirtschaftswoche. 9. Juni 2012, abgerufen am 18. November 2012.
  6. Bauernaufstand gegen Kloster Andechs. quer, 15. November 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Juni 2013; abgerufen am 18. November 2012.
  7. Blanche Mamer: Wieder in Familienbesitz. In: Süddeutsche Zeitung. 5. Oktober 2015, abgerufen am 13. Dezember 2015.
  8. Rückverfolgbarkeit | ANDECHSER NATUR. Abgerufen am 9. März 2018.
  9. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. März 2009, Az. 6 U 151/08, unveröffentlicht.
  10. Stiftung Warentest gewinnt gegen Andechser Molkerei. 26. März 2009, abgerufen am 20. Oktober 2013 (Pressemitteilung).
  11. Tillmann Neuscheler: Wie kam der Mönch zum Bier? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. März 2016, abgerufen am 20. Mai 2023.
  12. Bio-Pioniere auf gutem Weg. In: Münchner Merkur. 7. Juli 2017 (merkur.de [abgerufen am 9. März 2018]).
  13. Stiftung Warentest: Naturjoghurt im Test - Nicht immer ist drin, was draufsteht - Test - Stiftung Warentest. Abgerufen am 9. März 2018.
  14. Open Food Facts: Produkte mit dem Rückverfolgbarkeitscode DE BY-117 EG. Abgerufen am 10. Januar 2022.
  15. Gudrun Ambros: Biofach 2006: Renner des Jahres. In: Schrot und Korn. 2006, abgerufen am 13. Dezember 2015.
  16. Andechser Molkerei Scheitz GmbH | Deutscher Nachhaltigkeitspreis. Abgerufen am 9. März 2018.
  17. YouGov BrandIndex | yougov.de. Abgerufen am 5. Mai 2018.

Koordinaten: 47° 57′ 49,9″ N, 11° 11′ 18,4″ O