Altnau

Gemeinde im Kanton Thurgau in der Schweiz

Altnau (in einheimischer Mundart [ˈɑ̞ltnɑʊ̯])[6][7] ist eine Ortschaft[8] und eine politische Gemeinde im Bezirk Kreuzlingen des Kantons Thurgau in der Schweiz. Bis 2002 war Altnau eine Einheitsgemeinde.

Altnau
Wappen von Altnau
Wappen von Altnau
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Thurgau Thurgau (TG)
Bezirk: Kreuzlingen
BFS-Nr.: 4641i1f3f4
Postleitzahl: 8595
Koordinaten: 736172 / 275571Koordinaten: 47° 37′ 0″ N, 9° 15′ 0″ O; CH1903: 736172 / 275571
Höhe: 471 m ü. M.
Höhenbereich: 395–519 m ü. M.[1]
Fläche: 6,73 km²[2]
Einwohner: 2347 (31. Dezember 2022)[3]
Einwohnerdichte: 349 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
22,1 %
(31. Dezember 2022)[4]
Gemeindepräsident: Hans Feuz
Website: www.altnau.ch
Oberdorf Altnau
Oberdorf Altnau

Oberdorf Altnau

Lage der Gemeinde
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Karte von Altnau
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Geographie Bearbeiten

Das aus dem Ober- und Unterdorf sowie weiteren Siedlungen bestehende Kirchdorf liegt an der alten Landstrasse RomanshornKreuzlingen in der Nähe des Südufers des Bodensees auf der Moräne des früheren Rheingletschers.[9] Der eigentliche Ortskern von Altnau liegt rund zwei Kilometer vom Bodenseeufer entfernt, auf 471 m. ü. M. Es grenzt an die Gemeinden Güttingen, Langrickenbach und Münsterlingen. Altnau hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Kreuzlingen–Romanshorn.

Geschichte Bearbeiten

 
Altnau im Jahr 1924

Vor dem Weiler Ruderbaum ist eine Station der Horgener Kultur wahrscheinlich, der klassischen Pfyner Kultur aber nur vermutbar.[9] Im Jahr 787 wird das Dorf als Althinouva erstmals urkundlich erwähnt.[10] Der Ortsname setzt sich zusammen entweder aus dem althochdeutschen Personennamen Alto/Aldo oder dem Adjektiv alt und dem Hintergliede ouwa ‚Land am Wasser, Au‘.[6][7] Im 8. Jahrhundert war hier das Kloster St. Gallen begütert. 1155 bestätigte Kaiser Friedrich Barbarossa dem Domkapitel Konstanz die Eigentumsrechte an Hof und Kirche Altnau. Die Vogtrechte über die hochstiftlichen Dinghöfe, die um 1300 den Freiherren von Altenklingen gehörten, gingen im Spätmittelalter an verschiedene Konstanzer Geschlechter über (1378 Schwarz, 1430 Tettikofen, 1468 Mangolt). Von 1471 bis 1798 hatte sie die Stadt Konstanz inne. 1454 wurden die Altnauer ins Appenzeller Landrecht aufgenommen, mussten es auf Klage des Domkapitels aber wieder aufgeben.[9]

 
Evangelische Kirche von Altnau

Die Pfarrrechte gingen 1347 vom Dompropst auf den Domdekan über. Nach der Reformation 1528 wurden die wenigen Katholiken von Konstanz aus betreut, wobei die Kirche simultan gebraucht wurde. 1810 erfolgte die Auflösung des paritätischen Verhältnisses und der Bau zweier Kirchen.[9]

Die Rechte des Dorfes sind erstmals in der Gerichtsoffnung von 1468 überliefert. Vom Kornbau in drei Zelgen gingen die Bauern im 19. Jahrhundert zur Vieh- und Milchwirtschaft über. 1880 entstand eine Sennereigesellschaft. Der vom Mittelalter an betriebene Rebbau ging 1912 ein. In den Vordergrund trat der schon für das 18./19. Jahrhundert belegte Feldobstbau: Nach 1945 wurden die Hochstämme durch ausgedehnte Niederstammkulturen ersetzt. Wie schon die um 1840 gebaute Seestrasse brachte die 1870 eröffnete Seelinie dem Dorf nur wenig Aufschwung, da die Station zu weit weg lag. Das Dorf war bis Mitte des 20. Jahrhunderts stark landwirtschaftlich geprägt. Trotzdem hielt die Industrie Einzug. 1870 bis 1910 arbeiteten zahlreiche Altnauer als Handsticker, 1882 und 1910 entstanden die Stickereifabriken Altwegg bzw. Walser, 1883 bis 1967 bot Strickwarenfabrik Sallmann zahlreiche Arbeitsplätze und beschäftigte 1883 17, 1895 60 und 1923 41 Mitarbeiter. Die 1948 eröffnete Seidenstoffweberei Setafil stellte 1974 ihre Produktion ein. In der 1964 erstellten Bootswerft richtete sich 1977 eine Maschinenbaufirma ein. 1990 zählten, bei 53 % Weg- und 35 % Zupendlern, 35 % der Arbeitsplätze zum zweiten und 47 % zum dritten Wirtschaftssektor.[9]

Wappen Bearbeiten

 

Blasonierung: In Weiss ein rot-schwarz geständertes Kreuz.[11]

Die Zugehörigkeit Altnaus zum Domstift Konstanz (rotes Kreuz) ist seit dem 12. Jahrhundert belegt, und seit 1471 war die Vogtei in den Händen der Stadt Konstanz (schwarzes Kreuz). Altnau führt sein Wappen seit 1950.[11]

Bevölkerung Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Altnau[12]
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Bevölkerungsentwicklung der Orts- und Einheitsgemeinde[12]
Jahr 1850 1900 1910 1920 1970 1980 1990 2000 2010 2018
Einwohner 385 412 558 739 957 1036 1439 1804 1980 2236

Von den insgesamt 2236 Einwohnern der Gemeinde Altnau im Jahr 2018 waren 451 bzw. 20,2 % ausländische Staatsbürger. 920 (41,1 %) waren evangelisch-reformiert und 645 (28,8 %) römisch-katholisch.[8]

Wirtschaft Bearbeiten

Im Jahr 2016 bot Altnau 577 Personen Arbeit (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Davon waren 12,9 % in der Land- und Forstwirtschaft, 27,1 % in Industrie, Gewerbe und Bau sowie 59,9 % im Dienstleistungssektor tätig.[5]

Verkehr Bearbeiten

 
Bahnhof Altnau

Altnau ist durch den ausserhalb des Ortskerns seenah gelegenen gleichnamigen Bahnhof an der Bahnstrecke Kreuzlingen - Romanshorn seit 1871 an das Schweizerische Eisenbahnnetz angeschlossen. 7 Postauto-Haltestellen der Linie 923 und die Schifflände am Bodensee ergänzen das Angebot des Öffentlichen Verkehrs. Die Kantonsstrasse 13 tangiert die Gemeinde im Nordosten.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Schiffsanlegesteg Altnau

Das Dorf Altnau ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz aufgeführt. Erwähnenswert sind:

  • die reformierte Kirche
  • die katholische Kirche[13]
  • der erste Obstlehrpfad der Schweiz. Der neun Kilometer lange Rundweg führt durch die ortsnahen Obstplantagen und erklärt an 16 Tafeln den Weg des Apfels von der Blüte bis zur Frucht.[14]
  • der seit 2010 bestehende Schiffsanlegesteg, der wegen der weiten Flachwasserzone 270 Meter lang ist – und damit der längste Steg am Bodensee ist.[15] Die Altnauer nennen diesen Steg wegen seiner Länge auch Eiffelturm vom Bodensee.

Partnerschaften Bearbeiten

 
Der "Weg" nach Hagnau

Altnau hat mit dem direkt gegenüber am Nordufer des Bodensees gelegenen Hagnau am Bodensee in Deutschland freundschaftliche Kontakte, die aus den Seegfrörnen des Bodensees von 1830, 1880 und 1963 herrühren. Die Hagnauer Gruppen, die zu Beginn der Seegfrörne die Passierbarkeit des zugefrorenen Sees erkundeten, wurden immer freundschaftlich in Altnau (und Güttingen) empfangen. Die Schüler von Hagnau und von Altnau besuchen sich dann gegenseitig.[16]

Persönlichkeiten Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Altnau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  2. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  5. a b Thurgau in Zahlen 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF-Datei; 1,8 MB), abgerufen am 28. April 2020.
  6. a b Eugen Nyffenegger/Oskar Bandle & al.: Thurgauer Namenbuch 1.1: Die Siedlungsnamen des Kantons Thurgau (A–I). Huber, Frauenfeld 2003, ISBN 978-3-7193-1309-8, S. 195 f. Dortige Lautschrift: á͈ltnąu̯.
  7. a b Andres Kristol: Altnau TG (Kreuzlingen) in: Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG). Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, p. 86. Angegebene Lautschrift: [ˈɑltnɑʊ].
  8. a b Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabelle; 0,1 MB), abgerufen am 20. Juni 2022.
  9. a b c d e André Salathé: Altnau. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
    Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS), der gemäss den Nutzungshinweisen des HLS unter der Lizenz Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) steht.
  10. StiASG, Urk. I 97. Online auf e-chartae, abgerufen am 12. Juni 2020.
  11. a b Gemeindewappen. Auf der Webseite des Staatsarchivs des Kantons Thurgau, abgerufen am 8. Dezember 2019
  12. a b Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden. Kanton Thurgau, 1850–2000 (Excel-Tabelle; 0,1 MB),
    Wohnbevölkerung – Wohnbevölkerung der Gemeinden 1990, 2000, 2010 und 2011 (PDF; 1,3 MB) und
    Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019 (Excel-Tabelle; 0,1 MB). Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau, abgerufen am 20. Juni 2022.
  13. Annina De Carli-Lanfranconi, Peter Erni, Regine Abegg: Die Kirchen von Altnau. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 906, Serie 91). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2012, ISBN 978-3-03797-061-4.
  14. Urlaubsideen rund um den Apfel. Lehrpfad, Museen und Feste. In: Bodensee Ferienzeitung. Ausgabe 2/2009. Südkurier GmbH Medienhaus, Konstanz 2009, S. 6.
  15. Schiffanlegesteg Altnau (Memento des Originals vom 21. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.altnau.ch
  16. Friedrich Meichle: Seegfrörne und Eisprozession in Vergangenheit und Gegenwart. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. Nr. 81. Thorbecke, Lindau/Konstanz 1963, S. 155, 159, 161, 162.