Alois Mailänder

deutscher Mystiker und Okkultist

Alois Mailänder (* 25. März 1843 in Weissenau/Donaukreis[1]; † 25. Januar 1905 in Dreieichenhain[2]) war ein deutscher Mystiker und Okkultist.

Alois Mailänder in den letzten Lebensjahren
Stehend: Franz Gustav Gebhard, Friedrich Eckstein, Gregor Gabele, sitzend Alois Mailänder, Nikolaus Gabele 1895
Bruderheim in Dreieichenhain

Leben Bearbeiten

Alois Mailänder, ursprünglich katholisch, war der uneheliche Sohn der Anna Mailänder aus Südtirol. Er war einfacher Herkunft und von Beruf Webergeselle. In diesem Beruf arbeitete er anfangs in einer mechanischen Weberei in Kempten als Vorarbeiter. Im Jahre 1877, im Alter von 33 Jahren, soll er durch einen Schreiner namens Prestel in eine „spirituelle Lehre“ eingeweiht worden sein.[3] Die mühselige Arbeit in der Weberei stellte ihn nicht zufrieden und er ging mit seinem Schwager Nikolaus Gabele in Richtung Norden, wo die Textilindustrie eine größere Verbreitung gefunden hatte. In Vohwinkel/Elberfeld angekommen, bekam er eine Arbeit in der Fabrik des Seidenfabrikanten Franz Gebhard.[4]

Marie Gebhard l'Estrange, die Ehefrau des Unternehmers Gustav Gebhard, versuchte ihn zu überreden und in die Nähe Elberfelds zu ziehen. Dort blieb er jedoch nicht lange, da ihm die Berge fehlten und er Heimweh hatte. Zu welchem Zeitpunkt er Elberfeld verließ, ist nicht bekannt. Da die Familie Gebhard ihre Wohnung und Fabriken aufgeben wollten, war die Gelegenheit, sich nach einer anderen Arbeit umzusehen, günstig. Mailänder und Gabele hatten nämlich gehört, dass in Hallein bei Salzburg eine große Papierfabrik aufgebaut werde. Besonders für Mailänder war diese Möglichkeit attraktiv, da der Ort näher zu seinen Freunden in der Heimat lag. Die nächsten Jahre von 1886 bis 1890 verbrachte er in Wien.[5] Im Jahre 1890 wurde im Raum Frankfurt ein Gebäude zum Kauf angeboten, das für Mailänders und Gebhards Zwecke gerade richtig schien. Die Frau des Unternehmers ersteigerte das Gebäude und vermachte es Mailänder und Gabele.[6]

Im Jahre 1890 gründete Mailänder in Dreieichenhain bei Frankfurt eine mystische Gemeinschaft christlich-theosophischer Ausrichtung (Der Bund der Verheißung),[7], wobei er sich den Ordensnamen Johannes zulegte. Mailänder war einer der Häupter dieser Gemeinschaft. Versammlungsort war das sogenannte „Bruderheim“[8] Mailänders und seines Schwagers Nikolaus Gabele. Mailänder wirkte in Dreieichenhain auch philanthropisch und bestimmte in seinem Testament, dass nach Auszahlung der Legate seiner Verwandten der Rest seines Vermögens – es waren fast 10.000 Mark – zu gleichen Teilen den armen Leuten in Dreieichenhain und der zu errichtenden Kleinkinderschule als Stiftung[9] zugutekommen solle. Als Mailänder im Jahre 1905 starb, löste sich der Kreis um Johannes auf.

Bekanntestes Mitglied dieser Gesellschaft war der Schriftsteller Gustav Meyrink. Aus der Zeit seiner Mitgliedschaft, die am 23. Oktober 1892 begann und 13 Jahre währte, sind 44 Briefe erhalten geblieben. Schließlich distanzierte Meyrink sich von der Gruppe und ihrem Leiter Johannes, einerseits, weil er deren Aktivitäten als „Spiritismus“ und „christliche Frömmelei“ zu betrachten begann, andererseits, weil er die von Bruder Johannes verordneten Übungen für die Ursache eines langwierigen Rückenmarksleidens hielt.[10]

Außer Meyrink sollen auch Karl Weinfurter, Wilhelm Hübbe Schleiden und Franz Hartmann der Gruppe angehört haben. Auch Friedrich Eckstein und Franz Gustav Gebhard waren oft im Bruderheim in Dreieichenhain zu finden (Foto).

Werke Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Alois Mailänder: 44 [Vierundvierzig] Briefe an Gustav Meyrink. Hrsg. u. kommentiert von Erik Dilloo-Heidger. Norderstedt 2020. ISBN 978-3-7519-5388-7
  • Hartmut Binder: Gustav Meyrink. Ein Leben im Bann der Magie. Vitalis Verlag, Prag 2009, ISBN 978-3-89919-078-6, S. 177–199.
  • Hans-Jürgen Glowka: Bund der Verheißung (Alois Mailänder). In: ders.: Deutsche Okkultgruppen 1875-1937. Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen, München 2003, ISBN 3-921513-54-5, S. 105–107
  • Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. München 1979, S. 267
  • Frans Smit: Gustav Meyrink : auf der Suche nach dem Übersinnlichen. Langen Müller, München 1988, S. 151–153

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. In der Sterbeurkunde Nr. 2/1905 des Standesamts Dreieichenhain ist als Geburtsort Eschach, Oberamt Ravensburg angegeben. Eschach gehörte zur vormaligen Sternberg-Manderscheidschen Herrschaft Weißenau, die durch Kaufvertrag vom 30. März 1835 an den württembergischen Staat übergegangen war. Der bei Mailänder oft ebenfalls genannte Geburtsort Fidazhofen gehörte als Ort bzw. Weiler zu Eschach.
  2. Evangel. Kirchenchronik Dreieichenhain, Eintragung 1905
  3. Mailänder, Alois: 44 Briefe an Gustav Meyrink. Hrsg. von Erik Dilloo-Heidger, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7519-5388-7, S. 27.
  4. Mailänder, Alois: 44 Briefe an Gustav Meyrink. Hrsg. von Erik Dilloo-Heidger, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7519-5388-7, S. 24.
  5. Sam, Martina Maria: Der Bund der Verheißung um Alois Mailänder und seine Bedeutung für die frühe theosophische Bewegung in Deutschland. In: Archivmagazin: Beiträge aus dem Rudolf Steiner Archiv. Basel 2021, ISBN 978-3-7274-8211-3, Nr. 11, Dezember, S. 105–149.
  6. Mailänder, Alois: 44 Briefe an Gustav Meyrink. Hrsg. von Erik Dilloo-Heidger, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7519-5388-7, S. 29.
  7. Hans-Jürgen Glowka: Bund der Verheißung (Alois Mailänder). In: ders.: Deutsche Okkultgruppen 1875–1937. Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen, München 2003, ISBN 3-921513-54-5, S. 105–107
  8. Bruderheim, Solmische-Weiher-Straße 22, Dreieichenhain. Vgl. Roger Heil: Okkultische Sekte im Dreieichenhain der Jahrhundertwende. In: Landschaft Dreieich, Jahresband 1990, S. 120–125.
  9. Hein, Ludwig: Mailänders Stiftung für die Kleinkinderschule 1905. In: Evangelische Kirchenchronik Dreieichenhain, Eintragung 1905
  10. Meyrink, Gustav: Fledermäuse. München 1981, S. 241f