Alexander Seitz (Mediziner)

deutscher Mediziner und Dramatiker

Alexander Seitz (* um 1473 in Marbach am Neckar; † nicht vor 1545) war ein deutscher Arzt, Fachautor und Dramatiker, der wegen seiner revolutionären Umtriebe ins Exil flüchten musste.

Titelblatt des Traumbuchs 1515

Leben und Wirken Bearbeiten

Akademische Prägung Bearbeiten

Seitz studierte von 1488 bis 1495 Theologie und Medizin in Tübingen, wo einige gesellschaftskritische Dozenten wirkten.[1] Unter den Tübinger Theologen hatte sich, geprägt durch Professoren wie Gabriel Biel, Konrad Summenhart, Johann von Staupitz oder Paul Scriptoris, der 1501 wegen Häresie seiner Ämter an der Universität und im Franziskanerkonvent enthoben wurde, eine „vorreformatorische“ Schule herausgebildet, die sich kritisch mit Fehlentwicklungen in Kirche und Klöstern, Staat und Wirtschaft auseinandersetzte und auch Martin Luther maßgeblich beeinflusst haben soll.[2] Zeitgleich mit Seitz studierte hier auch Reinhard Gaißer, der später als Grüninger Dekan ebenfalls den „Armen Konrad“ unterstützte. Nach weiteren Studienaufenthalten in Como und Padua ließ sich Seitz in Württemberg als Arzt nieder und wirkte unter anderem in Wildbad und Marbach am Neckar. 1507 veröffentlichte er eine Abhandlung über die Syphilis.[3]

Rädelsführer des Armen Konrads Bearbeiten

Wegen seiner maßgeblichen Beteiligung am Aufstand des „Armen Konrads“ drohte Seitz, der auch den „Marbacher Städtetag“ der rebellischen Bürger im Unterland koordiniert hatte, 1514 die Todesstrafe.[4] Doch Seitz konnte sich rechtzeitig absetzen, floh zunächst in die Schweiz und hielt sich später in mehreren süddeutschen Städten außerhalb Württembergs auf.

Wanderjahre im Exil Bearbeiten

Im Exil blieb Seitz seiner revolutionären Gesinnung treu: Seine politischen Aktivitäten und sein Engagement für die Reformation führten immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Oberen. Es folgten daraus mehrere Prozesse und Verbannungen.

1519 bis 1521 war Seitz als Stadtarzt in München tätig. In den folgenden Jahren veröffentlichte er diverse medizinische Abhandlungen. In den 1520er- und frühen 30er-Jahren folgten mehrere Aufenthalte in Basel und Straßburg. Während dieser Zeit lernte Seitz die ehemalige Nonne Margreth vom Grutt kennen, die er später heiratete.

Als Seitz 1533 in Basel einen Witwer dazu verpflichten wollte, mit einer vermeintlich wegen fehlenden Geschlechtsverkehrs erkrankten Witwe zu schlafen, wurde er verhaftet, schwor seinen Heilmethoden nach einigen Wochen ab, musste Basel aber für immer verlassen.[5]

Publikationen (Auswahl) Bearbeiten

Seitz veröffentlichte zahlreiche Schriften und gesellschaftskritische Dramen. Unter anderm:

Rezeption Bearbeiten

Im Zuge einer Wanderausstellung des Hauptstaatsarchivs Stuttgart zum Armen Konrad, die 2015 in Marbach präsentiert wurde, wurden auch Seitz und Gaißer gewürdigt.

Literatur Bearbeiten

  • Franz Joseph Grienwaldt: Album Bavariae Jatricae [...], München 1733, S. 177f. (MDZ München).
  • Albert Moll: Doktor Alexander Seitz aus Marbach und seine Schrift über die Lustseuche vom Jahr 1509. Stuttgart 1852 (Google Books).
  • Gottlieb Linder: Doktor Alexander Sytz. Ein Lebensbild aus der Reformationszeit. In: Zeitschrift für Allgemeine Geschichte, Kultur-, Literatur- und Kunstgeschichte 3 (1886), S. 224–232 (Internet Archive).
  • Julius Pagel, Johannes BolteSeitz, Alexander. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 33, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 653–655.
  • Karl Schottenloher: Doktor Alexander Seitz und seine Schriften. Ein Kleinbild aus dem Münchner Ärzteleben des XVI. Jahrhunderts. München 1925 (Internet Archive).
  • Peter Ukena (Hrsg.): Alexander Seitz. Sämtliche Schriften. 3 Bände. de Gruyter, Berlin, New York.
    Band 1: Medizinische Schriften. 1970.
    Band 2: Politische und theologische Schriften. Beigefügt: Monucleus Aureus. Briefe. 1975, ISBN 3-11-005715-8.
    Band 3: Tragedi vom grossen Abentmal. 1969.
  • Peter Ukena: Solutus cum soluta. Alexander Seitz' Thesen über die Notwendigkeit des Geschlechtsverkehrs zwischen Unverheirateten. In: Gundolf Keil, Peter Assion, Willem Frans Daems, Heinz-Ulrich Roehl (Hrsg.): Fachprosa-Studien. Beiträge zur mittelalterlichen Wissenschafts- und Geistesgeschichte. Berlin 1982, S. 278–290.
  • Anton Mößmer: Ärzte, Bürger, Herzöge. Eine Dokumentation der Medizinalgeschichte der Stadt Landshut. Landshut 2004, S. 148 ISBN 3936511128
  • Martin Widmann: Neues zu den Reutlinger Ärzten und Apothekern der frühen Reichsstadtzeit. In: Reutlinger Geschichtsblätter NF 52 (2013), S. 9–55, hier S. 21–24 (doi:10.15496/publikation-24423).

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Immatrikuliert am 19. November 1488 als „Alexander Sytz“ de Marpach. Siehe Heinrich Hermelink: Die theologische Fakultät in Tübingen vor der Reformation 1477-1534, Stuttgart 1906, S. 73. Die Immatrikulation erfolgte in der Regel im Alter von 14 bis 15 Jahren.
  2. Hermann Römer: Markgröningen im Rahmen der Landesgeschichte I. Urgeschichte und Mittelalter. Markgröningen 1933, S. 201f.
  3. Titel: Ein nützlich Regiment wider die bösen Frantzosen mit etlichen clugen Fragstücken. Pforzheim, 4 Blätter, Reprint von Moll, Stuttgart 1852.
  4. Hermann Römer: Markgröningen im Rahmen der Landesgeschichte I. Urgeschichte und Mittelalter. Markgröningen 1933, S. 213ff.
  5. Peter Dinzelbacher: Sexualität: Vom Arzt empfohlen, von der Kirche gedulded. In: Medizin im Mittelalter. Zwischen Erfahrungswissen, Magie und Religion (= Spektrum der Wissenschaften. Spezial: Archäologie Geschichte Kultur. Band 2.19), 2019, S. 66–69, hier: S. 68.

Weblinks Bearbeiten