Agim Çeku

kosovarischer Ministerpräsident

Agim Çeku (serbokroatisch Агим Чеку Agim Čeku, * 29. Oktober 1960 in Čuška bei Peć, FVR Jugoslawien, heute Kosovo) war von März 2006 bis Januar 2008 Premierminister des damals unter UN-Verwaltung stehenden Kosovo. Zuvor war er Leiter des Kosovo-Schutzkorps, einer von der KFOR initiierten Nationalgarde des Kosovo. Ehemals fungierte er als Generalstabschef der UÇK.

Agim Çeku (2006)

Militärische Laufbahn Bearbeiten

Nach seiner Schulzeit wurde Çeku Artillerieoffizier in der Jugoslawischen Volksarmee und absolvierte die jugoslawische Militärakademie in Belgrad.

Zeit in der kroatischen Armee Bearbeiten

1991 desertierte er und wechselte im Oktober zu der sich neu formierenden kroatischen Armee und begann seine Laufbahn dort als Oberst. Er wurde bis zum Generalleutnant und Kommandeur des 5. Militärdistrikts (Rijeka) befördert. Çeku gilt als einer der maßgeblichen Planer der Militäroperation Oluja, bei der die kroatische Armee 1995 das Gebiet der Republik Serbische Krajina eroberte.

Agim Ceku war ebenfalls maßgeblich an der Militäroperation Medak beteiligt, in der es zu erheblichen Kämpfen mit der dort stationierten kanadischen Armee kam, nachdem die kroatische Armee Massaker an Zivilisten begangen hatte.[1]

Während des Kroatienkrieges wurde er zusammen mit anderen kroatischen Offizieren von amerikanischen Militärberatern ausgebildet. Er erhielt in Kroatien insgesamt neun Auszeichnungen.

Zeit in der UÇK und TMK Bearbeiten

Im Februar 1999 nahm er seinen Abschied aus der kroatischen Armee und wurde kurz darauf als Generalstabschef oberster militärischer Befehlshaber der UÇK.

Seit Herbst 1999 stand er im Range eines Generals an der Spitze des Kosovo-Schutzkorps (TMK). Einzig Çeku durfte innerhalb der TMK einen militärischen Rang bekleiden. Die TMK entstand aufgrund einer Vereinbarung zwischen der KFOR und der UÇK. Die Behauptung, es handelte sich um ein „ziviles Schutzkorps“, wird mindestens durch das Selbstverständnis seiner Mitglieder widerlegt. Sie sehen sich keinesfalls als Katastrophenschutz des Kosovo, sondern als den Kern einer künftigen Armee des Kosovo. Die meisten Freiheitskämpfer der UÇK wurden in die Strukturen der TMK integriert. Die Vereinten Nationen finanzieren das TMK zum größten Teil.

Politische Laufbahn Bearbeiten

Çeku ist Mitglied in der Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), einer von drei Parteien, die als politische Nachfolgeorganisationen der UÇK gelten. Am 10. März 2006 wurde er vom Parlament des Kosovo zum Ministerpräsidenten gewählt; er wurde Nachfolger von Bajram Kosumi. Die westlichen Schutzmächte des Kosovo befürworteten seine Wahl zum Regierungschef, weil er sich in seine Zeit als Kommandeur des Kosovo-Schutzkorps als zuverlässiger Partner erwiesen habe.

Nach der Parlamentswahl vom November 2007 wurde Çeku am 9. Januar 2008 von Hashim Thaçi im Amt des Premierministers abgelöst.

Vorwurf der Kriegsverbrechen Bearbeiten

Die ehemalige serbische Staatsanwaltschaft des Kreisgerichts Priština (derzeit in Niš) wirft Çeku Verbrechen an serbischen Zivilisten in Kosovo vor. Sie erließ am 18. März 2002 einen Haftbefehl gegen ihn, den Serbiens Innenministerium am 4. Juni 2002 an Interpol weiter leitete. Nach Angaben von Interpol sei Çeku zu keinem Zeitpunkt Subjekt eines internationalen Haftbefehls (Red Notice) gewesen, sondern durch eine von serbischen Behörden am 4. Juni 2002 über National Central Bureau (Interpol) in Belgrad übermittelte Verbreitungsanzeige (Diffusion Notice) in einer Interpol-Datenbank als gesuchte Person vermerkt gewesen.[2]

Serbiens Behörden hatten 2003 vergeblich eine Anklage gegen Çeku vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angestrebt.[3]

Am 22. Oktober 2003 wurde Çeku bei der Einreise nach Slowenien auf dem Flughafen von Ljubljana von der slowenischen Grenzwache verhaftet und einen Tag später auf Intervention des UNMIK-Chefs Harri Holkeri freigelassen.[4] Am Tag der Verhaftung forderten mehrere Hundert albanische Demonstranten in Prishtina die Freilassung Çekus.[5]

Am 29. Februar 2004 wurde Çeku auf dem Flughafen von Budapest von der ungarischen Grenzwache festgenommen und kurz darauf auf Intervention Holkeris erneut freigelassen, woraufhin der Justizminister Serbiens Holkeri Amtsmissbrauch und den Bruch internationaler Verträge vorwarf.[6]

UNMIK erachtet den serbischen Haftbefehl gegen Çeku als unbegründet und hinderlich für einen Dialog zwischen Albanern und Serben.[7] Da Çeku am 10. März 2006 zum Premierminister des Kosovo gewählt wurde, genieße er während seiner Amtszeit nach Auffassung von Vertretern internationaler Organisationen aufgrund internationalen Rechts Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung.[2]

Am 24. Juni 2009 wurde Agim Çeku erneut festgenommen, diesmal von bulgarischen Grenzbehörden an der Grenze von Mazedonien nach Bulgarien aufgrund eines von Interpol weitergeleiteten internationalen serbischen Haftbefehls. Er war nach Bulgarien vom ehemaligen Außenminister und Vorsitzenden des Atlantischen Klubs Solomon Passi eingeladen worden.[8] Nachdem die Regierung des Kosovo Bulgarien auf den diplomatischen Status Çekus hingewiesen hatte, wurde er am Abend des 25. Juni 2009 wieder freigelassen.[9]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

  • Biografie. Institute for War and Peace Reporting (englisch)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kosovo: Agim Ceku, the War Criminal Not Wanted by Canada. Global Research, 19. August 2011, Esprit de Corps magazine
  2. a b Interpol statement concerning arrest warrant for Agim Ceku (Memento vom 19. Mai 2013 auf WebCite)
  3. Serbian Minister of Justice: Indictments against KLA leaders must be filed. (Memento vom 1. Juli 2007 im Internet Archive) sr.gov.yu
  4. Former Kosovar Rebel Leader Arrested at Brnik Airport. (Memento vom 12. Mai 2005 im Internet Archive) Slovenia News
  5. Reuters: Kosovo General Released by Slovenian Police. (Memento vom 29. November 2003 im Internet Archive) balkanpeace.org
  6. Serbian Minister of Justice: Holkeri’s intervention to release Ceku is abuse of office. (Memento vom 21. Juli 2004 im Internet Archive) sr.gov.yu
  7. UNMIK on air: Interpol and the warrant issues (Memento vom 16. Mai 2007 im Internet Archive)
  8. Erich Rathfelder: Ein merkwürdiges Spielchen. die tageszeitung, 25. Juni 2009
  9. Bugarska pušta Čekua na slobodu (Bulgarien entlässt Çeku in die Freiheit). B92, 25. Juni 2009
VorgängerAmtNachfolger
Bajram KosumiPremierminister des Kosovo
2006–2008
Hashim Thaçi