Adele Rautenstrauch

deutsche Mäzenatin und Stifterin (1850-1903)

Anna Maria Adele Rautenstrauch, geb. Joest (* 23. Februar 1850 in Köln; † 30. Dezember 1903 in Neustrelitz) war eine deutsche Mäzenatin und Stifterin. Sie schenkte der Stadt Köln die ererbte ethnologische Sammlung ihres Bruders Wilhelm Joest, die noch heute den Grundstock des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln bildet.[1]

Leben Bearbeiten

Adele Joest wurde am 23. Februar 1850 als Tochter von Maria Wilhelmina Eduarda Joest, geb. Leiden und dem Zuckerfabrikanten Eduard Joest in Köln geboren. Sie heiratete 1872 den Kaufmann Eugen Rautenstrauch (1842–1900)[2], der das väterliche Importgeschäft von Tierhäuten weiterführte.[3] Das Ehepaar Rautenstrauch sammelte antike und völkerkundliche Exponate. Adele Rautenstrauchs jüngerer Bruder Wilhelm unternahm zahlreiche Weltreisen und baute dadurch eine umfangreiche ethnologische Sammlung auf. Nach seinem Tod 1897 in Ureparapara erbte seine Schwester die außergewöhnliche Sammlung des Bruders, die sie nach Köln bringen ließ.[4] Gemeinsam mit ihrem Mann Eugen – der nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch die Verfügungsgewalt über das Erbe seiner Frau besaß – schenkte sie die Sammlung ihres Bruders, die über 3400 Exponate umfasste, am 28. Juni 1899 der Stadt Köln, um sie der Öffentlichkeit und ganz besonders den Studenten der Handelshochschule zugänglich zu machen.[5]

 
Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring, um 1910

Nachdem Eugen Rautenstrauch am 18. Mai 1900 verstorben war, stiftete sie am 1. August 1900 zum Andenken an ihren Mann das Kapital zum Bau eines neuen Völkerkundemuseums in Höhe von 250.000 Reichsmark mit der Auflage, dass das neue Museum den Namen Rautenstrauch-Joest-Museum tragen sollte. Gleichzeitig schuf sie die finanziellen Voraussetzungen zur Einstellung eines renommierten Museumsdirektors. Sie stiftete für zehn Jahre das Gehalt für den ersten Museumsdirektor Willy Foy. Kurz vor ihrem überraschenden Tod im Dezember 1903 kündigte Adele Rautenstrauch an, das neue Museumsgebäude am Ubierring unter Verwendung des Baufonds auf ihre Kosten errichten zu lassen. Wenige Tage später verstarb sie in Neustrelitz.

 
Grabmal der Familie Rautenstrauch auf dem Friedhof Melaten

Nach ihrem Tod in Mecklenburg wurde Adele Rautenstrauch nach Köln überführt und auf dem Friedhof Melaten auf der sogenannten Millionenallee (zwischen HWG und Lit. P) begraben.[6]

Das Ehepaar hatte drei Kinder, Theodor Damian (1873–1907) Bauherr von Schloss Birlinghoven[7], Marie Emma Adele Wilhelmine, spätere Gräfin von Bernstorff (1876–1945) und der 1908[8] nobolitierte Eugen Adolf Wilhelm von Rautenstrauch (1879–1956),[9] Teilhaber des Bankhauses Delbrück von der Heydt & Co.,[10][11] sowie Gutsbesitzer und Fideikommissherr als Erbe seines Bruders im nordbrandenburgischen Darsikow auf 1580 ha Land.[12]

Die Kinder ließen den Museumsbau auf Kosten der Familie ausführen. Am 12. November 1906 wurde das von Adele Rautenstrauch initiierte Museumsgebäude am Ubierring im Beisein ihres Sohnes Eugen und ihres Schwiegersohnes Georg Ernst von Bernstorff eröffnet.[13]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ulrich S. Soénius (Hrsg.), Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2007, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 438–439.
  2. Eduard Prüssen (Linolschnitte), Werner Schäfke und Günter Henne (Texte): Kölner Köpfe. 1. Auflage. Univ.- und Stadtbibliothek, Köln 2010, ISBN 978-3-931596-53-8, S. 48.
  3. Konrad Adenauer und Volker Gröbe: Straßen und Plätze in Lindenthal. 1. Auflage. J. P. Bachem, Köln 1992, ISBN 3-7616-1018-1, S. 130 f.
  4. Ulrich S. Soénius (Hrsg.), Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2007, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 267.
  5. Irene Franken: Adele Rautenstrauch, geb. Joest - Stifterin. In: Der historische Stadtführer. Frauen in Köln. J. P. Bachem, Köln 2008, ISBN 978-3-7616-2029-8, S. 262 f.
  6. Josef Abt & Joh. Ralf Beines: Melaten - Kölner Gräber und Geschichte. Greven, Köln 1997, ISBN 3-7743-0305-3, S. 210.
  7. Baugeschichte, Bauherr, Besitzer, Hrsg. Fraunhofer-Institutszentrum Schloss Birlinghoven IZB, Sankt Augustin, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. München.
  8. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser. 1909. In: "Der Gotha". 3. Auflage. Rautenstrauch, II. Linie. Justus Perthes, Gotha Oktober 1908, S. 613–614 (uni-duesseldorf.de).
  9. Walter v. Hueck, Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser B (Briefadel) 1968, Band VIII, Band 41 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Ausschuss für adelsrechtliche Fragen/Dt. Adelsarchiv, C. A Starke, Limburg an der Lahn 1968, S. 331. ISSN 0435-2408
  10. Kölner Stadt-Anzeiger (KStA): Prominenten auf dem Melaten-Friedhof, DuMont Mediengruppe, Köln.
  11. 26. August 1966, 8:00 Uhr. Zeit-Online
  12. Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht, GF Hofgrefe: Niekammer`s Landwirtschaftliches Adreßbücher, VII, Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha. Nach amtlichen Angaben. In: Paul Niekammer Nachfolge (Hrsg.): Letzte Ausgabe des Standardwerkes eines Landwirtschaftlichen Adressbuches. 4. Auflage. Reg. - Bez. Potsdam, Kreis Ost-Prignitz. Niekammer Adressbuch Verlag GmbH, Leipzig 1929, S. 67 (martin-opitz-bibliothek.de).
  13. Kölner Tageblatt: Die Eröffnungsfeier. Rautenstrauch-Joest-Museum, 13. November 1909, abgerufen am 2. Februar 2016.