1-Methylcyclopropen

ungesättigter, cyclischer Kohlenwasserstoff

1-Methylcyclopropen (1-MCP) ist ein gasförmiger, ungesättigter, cyclischer Kohlenwasserstoff aus der Gruppe der Cycloalkene.

Strukturformel
Strukturformel von 1-Methylcyclopropen
Allgemeines
Name 1-Methylcyclopropen
Andere Namen

1-MCP

Summenformel C4H6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 3100-04-7
EG-Nummer (Listennummer) 608-567-1
ECHA-InfoCard 100.130.871
PubChem 151080
ChemSpider 133162
Wikidata Q161651
Eigenschaften
Molare Masse 54 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Schmelzpunkt

unter −100 °C[1]

Siedepunkt

4,7 °C[1]

Dampfdruck

2·105 Pa (25 °C)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Darstellung und Gewinnung Bearbeiten

1-Methylcyclopropen kann durch eine Cyclisierung von Methacrylsäurechlorid mittels Natriumamid in flüssigem Ammoniak hergestellt werden.[3] Die Umsetzung von 3-Chlor-2-methylpropen mit Natriumamid ergibt ebenfalls die Zielverbindung.[4]

Verwendung Bearbeiten

1-Methylcyclopropen wird im Obst- und Gemüsebau zur Verzögerung der natürlichen Alterung der geernteten Produkte eingesetzt. Auch bei der Produktion von Schnitt- und Topfblumen wird es zur Verlangsamung des Welkevorgangs verwendet.[5] Bereits eine einmalige Begasung verhindert durch Belegung der Ethylen-Rezeptoren in den Zellmembranen eine Aufnahme des den biochemischen Reife- oder Welkungsprozess auslösenden Gases Ethylen durch die Zelle, da 1-MCP bereits in Konzentrationen von wenigen ppb wirksam ist.[6] Der weitere Reifungs- und Welkeprozess wird deutlich verlangsamt. Dabei bleibt die Wirkung so lange erhalten, wie die behandelten Produkte gekühlt werden; nach einer Temperaturerhöhung können neue Ethylen-Rezeptoren gebildet werden und der Reife- oder Welkungsvorgang setzt sich fort.[7]

 
Wirkung von 1-MCP: Links unbehandelte Birne, rechts mit 1-MCP behandelte; die Lagerzeit war jeweils gleich lang

Apfellagerung Bearbeiten

Der Einsatz bei Äpfeln ist in der EU und der Schweiz zugelassen, die Verwendung muss nicht gekennzeichnet werden.[8][9] Der Stoff ist nicht bei allen Sorten einsetzbar, da teilweise physiologische Krankheiten gefördert werden.[10]

Geeignet sind:

Bedingt geeignet sind:

Ungeeignet sind:

Kritik Bearbeiten

Nach Begasung mit 1-MCP ist der Verbraucher nicht in der Lage, das Alter des Obstes zu erkennen; ob es beispielsweise eine Woche oder ein Jahr alt ist. Eine Alterung findet dennoch statt, z. B. beim Abbau von Vitamin C.[11]

Zulassungsstatus Bearbeiten

1-MCP ist als Begasungsmittel seit 2005 in der EU, den USA und einigen anderen Ländern weltweit zugelassen[12][13] und wird als Ergänzung und Verbesserung von konventionellen Kühl- und CA-Lagerungsmethoden angesehen.

Handelsformen Bearbeiten

Handelsnamen für Formulierungen des 1-MCP sind SmartFresh, EthylBloc und FreshStart des US-amerikanischen Herstellers AgroFresh oder Fysium des US-amerikanischen Herstellers Pace International LLC. In einer Formulierung von SmartFresh wird das gasförmige 1-MCP in cyclisch geschlossenen Oligosacchariden, den sogenannten Cyclodextrinen verpackt. Diese Cyclodextrine stellen Zuckermoleküle dar, die sich in Wasser auflösen und so das 1-MCP freisetzen.[7] Als Hersteller von Cyclodextrinen ist an der SmartFresh-Formulierung die Firma Wacker Chemie beteiligt, die jährlich rund 5000 Tonnen der Cyclodextrine herstellt.[6]

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i j Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): 1-Methylcyclopropen. Stand Februar 2006 PDF (19 kB).
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 1-methylcycloprop-1-ene im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 18. April 2018.
  3. Okazaki, R.; O-Oka, M.; Akiyama, T.: in J. Am. Chem. Soc. 109 (1987) 5413.
  4. Fisher, F.; Applequist, D.E.: Synthesis of 1-Methylcyclopropene in J. Org. Chem. 30 (1965) 2089–2090, doi:10.1021/jo01017a531.
  5. Serek M, Woltering EJ, Sisler EC, Frello S, Sriskandarajah S: Controlling ethylene responses in flowers at the receptor level., Biotechnol Adv. 2006;24(4):368–381, Review, PMID 16584864.
  6. a b Wacker Chemie: Smartfresh (Memento vom 11. Oktober 2013 im Internet Archive), abgerufen am 7. Oktober 2013.
  7. a b AgroFresh: SmartFresh Technology (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) (in engl. Sprache), abgerufen am 1. Dezember 2015.
  8. Rückstände in Äpfeln – Bio ist besser. In: test.de. 27. Juli 2006, abgerufen am 27. Mai 2019.
  9. Yves Demuth: «Marktfrische» Schweizer Äpfel: «Frisch» vom letzten Jahr. In: beobachter.ch. 19. August 2019, abgerufen am 24. August 2019.
  10. Arbeitstagebuch 2014 der OVA Jork, S. 276
  11. Reinhard Wolff: Uralte Äpfel dauerhaft ganz frisch. In: Die Tageszeitung. Nr. 7851, 21. Dezember 2005, S. 7 (taz.de [abgerufen am 24. November 2022]).
  12. MCP – Auswirkungen in der Apfel-Lagerung. In: obstbau.rlp.de. MUEEF, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Oktober 2013; abgerufen am 8. Mai 2020.
  13. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu 1-methylcyclopropene in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs (Eingabe von „1-Methylcyclopropen“ im Feld „Wirkstoff“) und Deutschlands, abgerufen am 7. Dezember 2019.